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Eindrücke aus Ste.-Marie-sur-Mer III: Die Boucherie Roger

Neue Bilder aus einer fiktiven Kleinstadt an der französischen Atlantikküste

von Thomas Ehrensperger (1:35 verschiedene Hersteller)

Eindrücke aus Ste.-Marie-sur-Mer III: Die Boucherie Roger

Den Anfang bildete ein Resinteil einer Ladenfassade von MK35, die es mit anderem Eingang auch für ein Friseurgeschäft gab. Auf jeden Fall konnte ich als frankophiler Modellbauer dem Sonderangebot nicht widerstehen, das offenbar wie Blei im Regal des Versandhändlers lag. Danach fristete das Teil mehrere Jahre in meinem Bastellager, bis aus unklaren Ideen ein konkretes Projekt wurde: Ste.-Marie-sur-Mer.

Eindrücke aus Ste.-Marie-sur-Mer III: Die Boucherie Roger

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Erste Planungen...

...sahen ein normannisches Steinhaus vor, zumal sich die Dämmplatte eines Schweizer Herstellers gut bearbeiten ließ. Und so entstand mit Hilfe einer harten Bleistiftspitze zügig der Rohbau – Stein für Stein. Dann passierte die Sache mit der Grundierung … nicht ärgern … Lehrgeld zahlen … schließlich ist man um eine Erfahrung reicher. Die graue Sprühgrundierung verwandelte die mühevoll gravierte Gebäudefront in Minutenschnelle in eine heftig reagierende Oberfläche unklarer Struktur mit deutlicher Tendenz zum Amorphen. Ich hatte meine Lektion gelernt: Erprobung an einem Reststück oder auf der Innenseite des Modells. Was ich als Sperrschicht aufzutragen gedachte, erwies sich leider genau als das Gegenteil, aggressiv und völlig ungeeignet. Man kann auch am falschen Platz sparen …

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Pragmatismus war gefragt

Modellgips wurde angerührt und Dispersionsfarbe eingerührt, sonst ergibt jede Berührung des Modells eine störende weiße Schadstelle (lebenslanges Lernen!). Nach der Deformierung der ursprünglich angedachten Modelloberfläche wurde diese nun vollständig verspachtelt, was mir im Nachhinein sogar besser gefällt. Dann ging es an die Farbgebung. Ein Beigeton wurde gewählt. Die Ladenfassade wurde nach Vorbildfotos mit braunen Ölfarben auf Holz getrimmt und mit Old Bronze von AK „vergoldet“, um das Meiste gleich wieder abzuwischen. Da das Fassadenteil einen geschlossenen Laden zeigt, habe ich mich auch bei den Fenstern daran orientiert und die Fensterläden geschlossen gestaltet. Vielleicht macht Msr. Roger gerade ein Nickerchen? Es entstand sofort eine Gestaltungsidee: Die Ordonanz von Oberst Schinkenhäger fährt im Kübelwagen vor, um Rogers weithin bekannte Kuttelwurst – die normannische Antwort auf Haggis und Preßsack – für die abendliche „Lage“ zu besorgen; nicht daran denkend, dass Mittwochnachmittag geschlossen ist. Wer auf dem Land wohnt, weiß das vielleicht …

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Einflüsse

Der geschlossene Laden von MK 35 lässt auch ein wenig an die Miniaturen von Emmanuel Nouaillier denken; zumindest erinnert er mich an ihn. Schließlich legte auch Reality in Scale eine kleine Serie französischer Gebäude auf, die Series Emmanuel Nouaillier, deren Mastermodell von Nouaillier selbst gestaltet worden war. Und der Künstler, Fotograf und Modellbauer Nouaillier interessiert sich eben in besonderer Weise für alte, leerstehende Gebäude, an denen der Zahn der Zeit nagt. Wunderschön anzuschauen, aber möchte man darin leben? Lernen kann man bei ihm jedenfalls jede Menge (siehe Lektüretipp). Übrigens auch beim Schweizer Modellbauer Marcel Ackle, mit dem ich aber eher ländliche Szenen verbinde.

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Weitere Arbeiten am Modell

Für das Dach wurden Kartonstreifen rautenförmig ausgeschnitten und übereinander geklebt, grau bemalt und gealtert, Schieferplatten simulierend. Für das Ladenschild hatte ich eine wundervolle Vorlage gefunden, bis sich herausstellte, dass das Motiv als Poster gehandelt wird. Und da ich meine Modelle anderen auch zeigen möchte, blieb nur die Eigenanfertigung, was malerisch gesehen zu keinem überzeugenden Ergebnis führte. Die Lösung des Problems brachte eine Tamiya-Box Livestock II, aus der ich eigentlich nur ein Packpferd benötigte. Dem darin enthaltenen Schwein ging es dann mit einer Feinsäge an den Kragen, so dass nun ein Schweinekopf in Old Bronze der Kundschaft von Maitre Roger entgegengrinst.

Eindrücke aus Ste.-Marie-sur-Mer III: Die Boucherie Roger

Die Fensterläden entstanden aus Rührstäbchen, Beschläge und Scharniere aus Flaschenfolie, die in Frankreich meist noch aus Metall gefertigt wird. Ein Ladenschild für die Charcuterie, bei dessen Alterung ich die neuen Stifte von AK testen konnte, und Rollos für die Schaufenster wurden am PC gestaltet. Die Verglasung der Schaufenster wurde mit Acetatfolie gebastelt. Die hölzerne Dachrinne wurde à la Nouaillier aus Holzleistchen zusammengepfriemelt, das Regenfallrohr entstand aus über einer Kerzenflamme zurecht gebogenen Spritzlingsresten und etwas Metallfolie.

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Kosten

Der Löwenanteil von ca. 15 € entfiel auf das Gussteil von MK 35, einer Firma, die es zu meinem Bedauern offensichtlich nicht mehr gibt. Die Hartschaumplatte von gewaltigen Dimensionen schlug mit ca. 5 € zu Buche und bietet Material für noch etliche Gebäude. Die übrigen Materialien fielen finanziell nicht weiter ins Gewicht, da sie im Haushalt eines Modellbauers vorhanden waren. Schätzen wir den anteiligen Aufwand (u.a. Gips, Farbe, Schweinekopf) auf 5 €, so stehen den Gesamtkosten von etwa 25 € jede Menge Bastelspaß und ein höchst individuelles Ergebnis gegenüber, das meiner Ansicht nach ermutigen kann, mit höchst unterschiedlichen Materialien ein ansprechendes Modell zu bauen.

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Wie es in Ste.-Marie-sur-Mer weitergeht?

Zum einen sei verraten, dass man den Ort auf keiner Karte finden wird, auch wenn man den Namen vielleicht schon einmal gehört zu haben glaubt. Das Ganze ist völlig fiktiv. Ste.-Marie-sur-Mer läge auf der Halbinsel Cotentin, etwa auf halbem Weg zwischen Cherbourg im Norden und dem Mont-St.- Michel im Süden. Westlich davon liegen die Kanalinseln, östlich davon Bayeux und Caen. 1940 kam der Ort unter deutsche Besatzung, 1944 wurde er von alliierten Truppen befreit. Dies soll in verschiedenen Dioramen dargestellt werden.

Als nächstes steht nun die Cidrerie Lacroix auf dem Bauprogramm, die noch auf ein neues Dach wartet, bevor dann dort starke Männer (von Miniart) die Fässer rollen. Auch der Schrotthändler Louis Regal aus Granville wartet sehnlichst auf seinen Ford AA, um dann auf einen Pastis in Ste.-Marie vorbeizuschauen. Auch ein Model T würde mich wieder mal reizen, nachdem dieses noch bis 1927 von Ford France gebaut wurde.

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Lektüretipps:

Emmanuel Nouaillier: Perfekt bis ins Detail. 25 Modell-Bauanleitungen. 2014 (derzeit vergriffen).

Emmanuel Nouaillier: From Reality To Realism – Step by Step Guide for Scale Modelers. 2024 (Text englisch).

Viele Anregungen finden sich auch unter:

Thomas Ehrensperger

Publiziert am 28. August 2024

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