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Le Superb

von Karsten Böcker (1:150 Heller)

Le Superb

Zum Original

Die echte Le Superb wurde noch in den letzten Jahren des französischen Königreiches 1782 in Brest auf Kiel gelegt. Der Stapellauf erfolgte im November 1784. Im Rahmen der Revolution stand der Bau zunächst still und wurde erst später wieder aufgenommen, als die neue französische Republik eine schlagkräftige Flotte gegen die englische Flotte brauchte. In den Jahren danach, namentlich 1795, geriet sie in einen Sturm. Dabei wurde sie wohl so leckgeschlagen, dass sie unterging.

Die Le Superb gehörte der Temeraire-Klasse an. Segelschiffe dieser Klasse trugen als sogenannte Linienschiffe der zweiten Klasse an die 74 Kanonen verschiedener Kaliber. Sie wiesen eine Segelfläche von satten 2.485 m² auf. Diese waren als Fregatt-Takelung ausgeführt. Die Verdrängung betrug 3.050 Tonnen. Die Besatzung konnte bis zu 700 Mannschaften betragen.

Le Superb

Zum Modell

Der Bauzeitraum betrug fast 10 Jahre(!) - klingt aber schlimmer, als es war. Ich habe 2007 angefangen, aufgehört und zwischengelagert, weitergebaut, bis mich die Lust wieder verließ. Und das ging solange, bis die Le Superb 2016 fertig war.

Beim Öffnen der der Schachtel fiel mir sofort wieder das leicht chaotische Durcheinander der Bauteile auf. Manche Bauteile waren auch schon lose. Es hat aber nichts gefehlt. Angefangen habe ich mit dem Rumpf. Meine Intention war eine schwimmfähige Le Superb. Deswegen baute ich die Rumpfhälfte erstmal soweit zusammen, dass ich die Schwimmfähigkeit testen und die Klebegewichte hineinkleben konnte. Eine große Hilfe dabei war die schon festgelegte Wasserlinie durch den kupferplattenbeplankten Außenrumpf. Das hat auch wunderbar geklappt. Dann wurden die Kleinteile der später sichtbaren Decks wie Kanonen, Winschen, Deckshäuschen usw. in Angriff genommen. Für die Kanonenrohre habe ich Ersatz aus Messing von Krick verwendet. Das rächte sich später trotz besserer Optik - Stichwort "zu viel Gewicht auf dem Oberdeck". Wo hatten wir das doch gleich auch schon mal beim Original: Ach ja: die Wasa….

Le Superb

All dies war sehr zeit- und arbeitsaufwändig, da der Bausatz schon sehr detailliert ist. Alleine die Vielzahl der Kanonen und ihrer Einzelteile zusammenzufügen und zu bemalen dauert, und dauert…aber irgendwann ist es dann soweit. Die Decks sind farblich bearbeitet, die Planken stechen heraus, die Werg- und Teerfugen sind dargestellt. Die Kanonen haben andeutungsweise ein Tauwerk bekommen und werden an die Positionen geklebt. Interessant ist dann die Platzierung des Tauwerks des stehenden und laufenden Gutes auf den Decks. Denn das muss vor Einfügen der Decks in den nun ebenfalls fertig bemalten Rumpf schon festgelegt und eingeklebt sein. Und die Taue müssen je nach Standort und Aufgabe verschiedene Stärken, Längen und Farben haben. Puh…

Es empfiehlt sich, vor Einfügen der Decks die Innenwände des Rumpfes fertig lackiert zu haben, nachher kommt man nicht mehr ran und man sieht noch viel später.

Auf Grund der Schwimmfähigkeit habe ich das untere Kanonendeck dann geschlossen, d.h., die Stückpforten geschlossen eingebaut. Man sieht noch genug Kanonen auf den oberen Decks. Auch die Außenhaut des Rumpfes sollte zumindest fertig sein. Und dabei kommen auch hier wieder die Taue des stehenden und laufenden Gutes zum Tragen. An der Außenwand des Schiffsrumpfes ist bei Segelschiffen dieser Art sehr viel befestigt oder wird durch Öffnungen von außen nach innen zu den dortigen Nagelbänken geführt. Die muss man auch vor Einfügen der Decks fertig haben. Insgesamt ergibt das ein ganz schönes Wirrwarr an Tauen für die spätere Takelage. Ich musste immer wieder die Taue entwirren. Dann kommt der Moment der Wahrheit, die Decks müssen in den Rumpf. Hat aber gut gepasst. Und immer schön auf die Taue achten. Bis der Rumpf und die Decks in der Klebung getrocknet waren, habe ich die Masten ohne die Rahen zusammengebaut und lackiert. Je höher der einzelne Mast wird, umso zerbrechlicher wird er.

Le Superb

Da ich die Wanten an den Masten nach dem Einbau direkt knüpfe, musste ich vorab die Blöcke für Spannung der Wanten vorfertigen. Da half mir ein Trick, um einen gleichbleibenden Abstand zwischen den Blöcken zu halten. Der Trick stammt aus dem Holzschiffmodellbau: Bürotackerklammer in die Öffnungen der Blöcke stecken und umbiegen. Dann erhält man automatisch einen schönen Abstand. An diese Blöcke kommt dann unten das fallende stehende Gut für die Püttingswanten und oben das aufsteigende Gut für die Wanten an sich, wo später die Steigleinen durchgeführt werden. Und das Ganze über neunzigmal, da wir ja drei Masten mit über 18 Wanten haben. Die Wanten bauen sich von unten nach oben hin auf. Das stehende schwarze Gut wird dabei immer dünner, wie beim Original. Ist ja auch Gewicht, was nach oben gebracht wird.

Hat man die Wanten gewebt, das sonstige stehende Gut und die Stags gespannt, kommt das laufende Gut dran. Ist aber leider auch nicht einfacher. Durch die verschiedenen Aufgaben und Führungen der Taue, die für die Ausrichtung der Wanten, der Segel und deren Spannung notwendig sind, gestaltet sich das selbst bei einem Modell sehr aufwändig. Das laufende Gut wird aus hellem Garn in verschiedenen Stärken gefertigt, je nach Aufgabe und Standort in der Takelage. Betrachtet man das im Rohbau, ist das zunächst ein vollständiges Wirrwarr, das ständig Gefahr läuft sich zu verheddern und zu verknoten. Richtig geführt und gespannt zeigte sich aber bei der Le Superb, dass das Schiff mit einer sauberen Takelage einfach umwerfend gut ausschaut.

Le Superb

Ich musste aber bei der Führung der Takelage und Spannung darauf achten, dass ich die Rahen nicht zu sehr spannte. Das hätte später wie ein gespannter Bogen zum Pfeileschießen gewirkt. Das Problem bei den Rahen ist, dass sie mehrfacher Spannung unterliegen. Zu einem werden die Rahen selber durch laufendes Gut gehalten und angelenkt, zum anderen sorgen die angeschlagenen Segel und deren Spannung für eine weitere Belastung der einzelnen Rahe.

Deshalb bin ich wie folgt vorgegangen: erst das stehende schwarze Gut fertig gemacht. Dann jede Rahe für sich an den vorgesehenen Platz angeschlagen mit dem eigenen laufenden Gut. Und erst dann die selbstgefertigten Segel an den Rahen angeschlagen und deren laufendes Gut so korrekt wie möglich an die vorgesehenen Belegplätze der jeweiligen Nagelbänke geführt. Das hat alles in allem sehr lange gedauert. Immer wieder mussten die Taue entwirrt und entknotet werden. Aber das Ergebnis ist einfach toll. Aus Stabilitätsgründen und der Erfahrung aus früheren Bauten von Segelschiffen heraus habe ich am Besanmast beide Besanruten aus dünnem Messingdraht gefertigt, ebenso den äußersten Bugspriet. Das machte die ganze Sache beim Spannen der Takelage stabiler. Übrigens ist bei diesen Segelschiffen bei gerefften Segeln die Rahe jeweils auch soweit wie möglich heruntergelassen. Also vorher überlegen, ob man gereffte Segel takelt oder Vollzeug auftaktelt. Bei gerefften Segeln sind die Rahen unten knapp über den jeweiligen Mastkörben, bei Vollzeug sind die Rahen in oberster Stellung.

Le Superb

Le Superb

Da Heller wie üblich tiefgezogene Segel aus Kunststoff beigelegt hatte, nahm ich diese Segel lediglich als Muster für echte Stoffsegel aus feiner Seide.Dafür kaufte ich einen Quadratmeter Künstlerseide aus dem Bastelbedarf, nahm die Segelformen von den Kunststoffsegeln und übertrug diese auf die Seide mittels feinen braunem Folienmalstift. Und dann ab damit auf die Nähmaschine, um die Bördelung und Segeltuchbahnen zu imitieren. Nach dem Nähen werden die Bördelungen mit wässrigem Holzleim gegen Ausfasern gesichert. Nach dem Trocken können die Segel ausgeschnitten und an die Rahen angeschlagen werden. Mein Tipp: Die Segel kennzeichnen, die Verwechslungsgefahr der verschiedenen Positionen ist groß.

Le Superb

Irgendwann war ich dann auch fertig mit dem Schiff. Dann kam wie eingangs schon geschildert die Schwimmprobe. Diesmal mit dem fertigen Schiff und vollem Gewicht. Das Schiff schwamm schön an der gedachten Wasserlinie der Kupferbeplankung. Kaum losgelassen, wollte es wegen Toplastigkeit auch schon kentern. Gedanklich zurückrasend fiel mir auch sofort ein, was schief gelaufen war: Das Hauptgewicht im Schiffsrumpf war nicht tief genug in Richtung Kiel geklebt. Ich hatte einen Haufen Messingkanonen auf den oberen Decks (Stichwort Wasa) und der halbe Bugspriet bestand aus einem massiven Messingstab. Die Besanruten fielen da schon gar nicht mehr ins Gewicht. Zudem waren in den Wanten auch zahlreiche Bürotackerklammern verarbeitet. Schiffsbau ist halt nicht so einfach, wenn´s schwimmen soll. Ansehnlich ist das Modell trotzdem geworden, nicht zuletzt auch Dank Fachliteratur aus dem Holzschiffmodellbau.

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Le Superb

 

Fazit

Ein sehr toller Bausatz, der aber auf gar keinen Fall einem Anfänger gegeben werden sollte. Es braucht schon einige Erfahrung und einen langen Atem, bis das Schiff fertig ist.

Karsten Böcker

Publiziert am 23. Februar 2023

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