Junkers D.Ivon Roland Sachsenhofer (1:48 Roden)
Welche der zahlreichen Geschichten, die mit dem erstaunlichen Leben und Schaffen Hugo Junkers verbunden sind, man auch aufnimmt, eines Eindrucks kann man sich dabei sicher sein: ob als Aachener Professor für Thermodynamik, Unternehmer, Innovator des Flugzeug- und Flugmotorenbaus oder als politischer Mensch, Hugo Junkers´ Persönlichkeit scheint in zielgerichtet-schöpferischer, manchmal gar revolutionärer Weise „gegen den Strich“ des Erwarteten und Herkömmlichen gebürstet gewesen zu sein. Die hier im Modell gezeigte Junkers D.I sollte eigentlich perfekt geeignet sein, dies zu illustrieren.
Wie revolutionär ein vollkommen aus Metall gefertigtes Flugzeug in jenen Tagen, als das Fliegen schwerer als Luft gerade einmal gut zehn Jahre alt war, wirken musste, ist wahrscheinlich nur schwer einzuschätzen. Die tonangebenden Experten waren überzeugt, dass zur Steigerung der Flugleistungen vor allem ein Kriterium wichtig bleiben würde: die Konstruktion musste möglichst wenig wiegen und ein Höchstmaß an „Trag-fläche“ in die Strömung halten können. Leichtgewichtige Konstruktionen aus Holz und Leinen, deren fragile Strukturen mit ausuferndem Strebewerk und Draht zusammengespannt werden mussten, dominierten seither die Szene. Bezahlt wurden der so gewonnene Auftrieb und die konstruktive Leichtigkeit allerdings mit einer aerodynamisch widersinnigen großen Stirnfläche. Wellblech
Hugo Junkers, seit Mitte der 1890er Jahre Professor für Thermodynamik an der Uni Aachen sowie Inhaber einer Gasofenfabrik, hatte zu dieser Thematik eigene Ideen. Schon 1910 meldete er ein Patent auf ein „dickes Tragflächenprofil“ an - aus Metall. Anfangs belächelt und von den führenden Stimmen nicht ernst genommen, begann er beharrlich die Idee eines Ganzmetallflugzeuges fortzuentwickeln und Wirklichkeit werden zu lassen. Seiner Meinung nach würde sich merkbare Leistungssteigerungen nur über die aerodynamisch verfeinerte Gestalt eines Eindeckers erlangen lassen, dieser müsste aus Gründen der Festigkeit aus Metall sein. Um dieses schwere Material effizient einsetzen zu können, adaptierte er die Technik des Wellblechs für den Flugzeugbau. Erste Versuche mit selbstfabriziertem Wellblech fanden in Junkers´ Badeofenbetrieb noch mit Stahlblech statt, später kam das leichtere Dural-Aluminium zum Zug. Das Wellblech sollte ab nun zu einem Markenzeichen des Junkers-Flugzeugbaues werden. Die Junkers D.I
Der beginnende Weltkrieg brachte Dynamik in die Junkers-Flugzeugentwicklung - aber bald auch eine staatlicherseits verordnete „Zwangsehe“ mit Fokker, die erst nach der Niederlage 1918 wieder aufgelöst werden konnte. 1915 wurde die J1 präsentiert, mit der das Konzept des Metallflugzeuges überzeugend bestätigt werden konnte. Über die Entwicklungsstufen der Entwürfe J2 und J3 gelangte man zur J4, einem gepanzerten doppelsitzigen Schlachtflugzeug. Unter der militärischen Bezeichnung Junkers J.I sollte dies die erste Junkers-Ganzmetallmaschine sein, die in Serie produziert und ab 1917 zum Kampfeinsatz gekommen ist. War die J4 zwar ein schwer gepanzertes Ganzmetallflugzeug, aber konstruktiv noch ein Doppeldecker, sollte der Entwurf der nachfolgenden J7 nur mehr eine Tragfläche aufweisen, um die Wendigkeit und Geschwindigkeit eines Jagdflugzeugs bieten zu können.
Im März 1918 zum ersten Mal beim Vergleichsfliegen des Idflieg in Adlershof vorgestellt, wusste der Entwurf trotz aller Vorbehalte gegenüber Metallflugzeugen zu beeindrucken. Nach weiteren Vergleichsfliegen im Mai und Juni wurde die J7 sowie eine zweisitzige Variante, die Junkers J8, schlussendlich unter den militärischen Bezeichnungen Junkers D.I beziehungsweise Junkers CL.I in die Serienfertigung befohlen. Etwa 40 Maschinen sind bei Junkers-Fokker („JFa“) bis Kriegsende noch produziert worden, die Quellen belegen deren Auslieferung an die fliegenden Verbände im Westen, ob die Junkers D.I aber tatsächlich dort noch zum Kampfeinsatz gekommen ist, bleibt fraglich. Die Maschine konnte jedoch in den dem Waffenstillstand folgenden Kämpfen im Baltikum noch sein Potential unter Beweis stellen. Viele der Fotografien, die die Junkers D.I zeigen, wurden im Umfeld des Baltikum-Einsatzes gemacht - nicht jedoch die Aufnahmen, welche die Existenz der hier im Modell gezeigten D.I belegen. Die Vorbildmaschine: Junkers D.I 5188/18 „11“
Das hier gezeigte Modell zeigt eine Junkers D.I, wie sie im Oktober 1918 fotografiert worden ist. Die einzige Markierung abseits der Kreuze an Flächen und Rumpf ist die Ziffer „11“ an beiden Seiten des Rumpfhecks, so dass die genaue Identität und das weitere Schicksal des Flugzeugs leider unbekannt bleiben muss. Interessant sind an dieser unlackierten Maschine die „Tigerstreifen“ an den Flächen: diese zeigen durch leichte Helligkeitsunterschiede die Nahtstellen, wo die einzelnen Wellblech-Profilstreifen zu einer ganzen Tragfläche zusammengefügt worden sind.
Die Motorisierung der Maschine geht aus dem erhaltenen Bildmaterial nicht klar hervor. Es könnte sich also sowohl um den Daimler Benz D.IIIa mit 180 PS oder um den 200 PS starken DB.IIIaü handeln. Beide genannten Pferdestärken haben die D.I jeweils auf rund 180 km/h beschleunigt; andere Quellen sprechen auch von bis zu 240 km/h, was ein zeitgenössischer Spitzenwert gewesen wäre. Bei einem Ganzmetallflugzeug ist das Gewicht natürlich besonders interessant: hier erlebt man eine Überraschung! Bei einer Spannweite von 9 Metern und einer Länge von 6,70 Metern bringt die Junkers D.I 835 Kilogramm maximales Abfluggewicht auf die Waage. Zum Vergleich: eine Fokker D.VII wog 910 kg beladen und erreichte knapp 190 km/h Spitze. Zu Bausatz und Bauprozess
Das attraktive Naturmetallfinish dieser Maschine war zwar ein Grund, dass ich dieses Flugzeug im Modell gebaut habe, allerdings half noch ein anderer Umstand kräftig mit: unliebsame Erfahrungen mit Decals von Roden haben mich auf die Suche nach alternativen Markierungen gehen lassen. Ich wurde bald auf der Wingnut Wings-Homepage fündig: hier sind ja nach wie vor die Bauanleitungen aller ihrer Modelle zu finden. Bei der Junkers D.I begegnet einem viel interessantes Material - und eben auch die Dokumentation zu dieser Markierung.
Auch wenn ich den Decals von Roden nicht vertraue, so schätze ich die Bausatzformen dieses Herstellers dagegen sehr. Tatsächlich gibt es auch hier viel zu loben: die Passgenauigkeit der Teile wie auch deren präziser Guss - bei der Darstellung von Wellblech besonders wichtig - wissen ebenso zu gefallen, wie der durchaus angemessene Grad der Detailierung. Trotzdem habe ich, angeregt durch die Bauanleitung der großen Schwester in 1:32, im Innenraum etwas nachgebessert. Schon mit wenigen richtig platzierten Längen Stahldraht lässt sich da der Eindruck verbessern, ein weiterer nützlicher und bei einem offenen Cockpit eigentlich unentbehrlicher Zusatz sind die Sitzgurte, hier als Ätzteile von Eduard. Eine schlagende Verbesserung gegenüber den Bausatz-Originalteilen ist der Austausch der beiden Spandau-MGs gegen zwei Resin-Exemplare von Gaspatch. Auch die gegurteten Patronen an den (hier offensichtlich geladenen) Maschinengewehren stammen aus dem Gaspatch-Set.
Zu guter Letzt kamen die gefürchteten Roden-Decals doch noch zur Verwendung - zumindest ein Teil davon: ich wollte, ehrlich gesagt, versuchen, ob ich mir das Abkleben der sechs Balkenkreuze ersparen könnte. Zu meinem Erstaunen hat alles auf Anhieb funktioniert, was ist umso erstaunlicher ist, als Schiebebilder, die sich in die Mulden von „Wellblech“ legen müssen, tatsächlich sehr gefordert sind.
Der angenehm zügige und vergnügliche Bau dieses interessanten Flugzeuges war für mich vor allem wegen der Herausforderungen des Wellblechs von Interesse. Das hat einen ganz bestimmten Grund: als nächstes Projekt wollte ich zwei von Mikro Mirs neuen Junkers F 13 in Angriff nehmen - und da würde etwas Erfahrung mit der anspruchsvollen Darstellung von gewelltem Dural nützlich sein! Ob mich die Praxis mit der Junkers D.I tatsächlich auf die große Junkers F 13 vorbereiten hat können, wird eine andere, bald nachfolgende Geschichte sein.
Wenn Ihr Euch selbst ein Bild vom Bausatz und dem Bauprozess machen möchtet, kommt Ihr hier zu einem ausführlichen Baubericht auf „Scalemates. Wie immer stehe ich für Anregungen und Fragen offen: ro.sachsenhofer@gmx.at
Roland Sachsenhofer Publiziert am 23. September 2024 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |