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kaiserlich-deutscher Fesselballon "Drachen"

Auge der Front

von Theo Peter (1:72 Eigenbau)

Die kaiserlich-deutsche Armee lässt einen Fesselballon zur Beobachtung des eigenen Artilleriefeuers aufsteigen.
Die kaiserlich-deutsche Armee lässt einen Fesselballon zur Beobachtung des eigenen Artilleriefeuers aufsteigen.

Zum Original:

Ballone wurden im Ersten Weltkrieg sowohl von den Mittelmächten als auch von der Entente zur Beobachtung des Feindes, der Frontlinien und zum Steuern des eigenen Artilleriefeuers verwendet. Der hier dargestellte Fesselballon wurde im deutschen Reich als "Drache" bezeichnet. Der Beobachter im Korb war das "Auge der Front". Auswertungen über neue feindliche Gräben erfolgten in der Regel über das Vergleichen verschiedener Luftbildaufnahmen. Allerdings war der Platz im Ballonkorb sehr gefährlich, da der Ballon selbst extrem leichte Beute für feindliche Flieger, die feindliche Artillerie, feindliche Flaks oder auch feindliche Scharfschützen war. Bei der Mobilmachung im Jahre 1914 verfügten die Deutschen über zehn Feldluftschifferabteilungen mit je ein bis zwei Fesselballons.

Auch zwei umgebaute Airfix Offiziere begutachten den Start des 'Drachens',…
Auch zwei umgebaute Airfix Offiziere begutachten den Start des 'Drachens',…

Mit dem Wandel vom Bewegungs- zum Stellungskrieg kam ein erneuter Aufschwung der Fesselballone. Die deutschen Feldluftschifferabteilungen wurden mit neuen Fesselballons ausgestattet. Die Ballone konnten im Stellungskrieg wichtige Informationen bezüglich geplanter Feindangriffe geben. Gleichzeitig wuchs das Ballonvolumen von 600m³ über 800m³ auf bis zu 1000m³, wodurch die Ballons bis auf 1 km Höhe steigen konnten. Im Jahre 1917 führten die Ententemächte einen neuen tropfenförmigen Ballon ein, der die typischen Steuerwulste aufwies. Es dauerte nicht lange, bis diese Ballonform auch in der kaiserlich-deutschen Armee eingeführt wurde. Die Ballone wurden mit mobilen Gasanlagen gefüllt und durch den Einsatz neuerer schnellerer und ebenfalls mobilen Winden konnten die Fesselballone noch schneller eingeholt werden. Ab 1915 gehörte der Fallschirm zur Standardausrüstung der Ballonpiloten und retten dem ein oder anderen Wagemutigen sicherlich das Leben.

…während die Soldaten ihr komplettes Körpergewicht benötigen, um den Ballon zu bändigen.
…während die Soldaten ihr komplettes Körpergewicht benötigen, um den Ballon zu bändigen.

Zum Bau des Fesselballons:

Schon lange nahm ich mir vor, einen Beobachtungs- bzw. Observationsballon zu basteln und sammelte hierzu schon längere Zeit unzählige historische Fotos. Leider gibt es keinerlei (mir bekannte) 1:72 Bausätze zu diesem Themengebiet. Daher musste selbst zu Hammer, Faden, Pappmache und Leim gegriffen werden. Als erstes wurde einer leeren PET-Flasche der Flaschenhals abgeschitten und das entstandene Loch mit Klebeband geschlossen. Die PET-Flasche wurde anschließend mit reichlich Pappmache (Eine Mischung aus Kleister, Papiertaschentüchern, Weißleim und Wasser) umhüllt. Der typische Ballonwulst wurde aus einem Stück Polystyrol geschnitzt und anschließend mit Feile, Raspel und Schleifpapier in die endgültige Form geschliffen. Nachdem der Polystyrolwulst und der Flaschenballonkörper miteinander verklebt waren, wurde alles nochmals dick mit Pappmache überzogen.

Das 'Auge der Front' weist das Bodenpersonal ein.
Das 'Auge der Front' weist das Bodenpersonal ein.

Die Trocknung dieser doch sehr eigenwilligen Konstruktion dauerte mehrere Tage. Erst jetzt konnten zahllose Nähnadeln in den Ballon gesteckt werden. Die Nähnadeln dienen zum Verspannen des Ballons mit dem Ballonwulst mit Hilfe von dünnem braunen Nähgarn. Die unschönen Nähnadelköpfe wurden mit einem dicken Naturfaserfaden überklebt und somit versteckt. Im Anschluss daran folgte eine Bemalung mit matten Revellfarben und dem Pinsel. Nach Trocknung des Grundanstrichs folgte die Alterung mit heller grauer Farbe und dem Trockenmalverfahren sowie die Anbringung der deutschen Symbole (aus dem Drucker). Ebenfalls wurden einige Flecken am Ballonkörper angebracht. Die Flecken wurden damals als Flicken am Ballon angebracht, um Löcher zu schließen.

Der umgebaute Airfix Soldat hält das Seil nur mit seinem Fuß,...
Der umgebaute Airfix Soldat hält das Seil nur mit seinem Fuß,...

Befestigt wurde der Ballon mit zwei dünnen Gewindestangen im Diorama. Zuvor jedoch wurden noch zwei Lufteinlässe aus normalem Papier am Ballon angebracht. Erst als der Ballon in der Endposition im Diorama mit Weißleim fixiert war, wurden die zahlreichen Leinen und Seile (alle aus dünnem braunen Nähgarn) am Ballon befestigt. Diese Arbeiten erwiesen sich als sehr zeitintensiv und erforderten eine extrem ruhige Hand und vor allem eine Eselsgeduld.

...während seine Kameraden den Ballon mit komplettem Körpereinsatz in die richtige Position ziehen müssen!
...während seine Kameraden den Ballon mit komplettem Körpereinsatz in die richtige Position ziehen müssen!

Der Ballonkorb entstand aus dünnem Furnierholz und wurde ebenfalls scratch erstellt und mit dünnem braunem Nähgarn unter die Ballonhülle gehängt. Die Sandsäcke am Ballonkorb wurden aus Knetmasse, die in Pigmentpulver eingestaubt wurden, dargestellt. Alle Ösen und Karabiner wurden aus schwarz eingefärbten Weißleimtropfen dargestellt.

Auch dieser Soldat wurde aus drei verschiedenen Figuren des Airfix-Kits '1:72 WWI Deutsche Infanterie' zusammengesetzt.
Auch dieser Soldat wurde aus drei verschiedenen Figuren des Airfix-Kits '1:72 WWI Deutsche Infanterie' zusammengesetzt.

Das Diorama:

Dargestellt wird eine Szene im Jahre 1918, bei der die kaiserlich-deutsche Armee einen Fesselballon aufsteigen lässt. Zahlreiche Soldaten müssen ihr komplettes Körpergewicht einsetzen, um den "Drachen" kontrolliert aufsteigen zu lassen. Der Beobachter im Ballonkorb beginnt bereits in dieser noch geringen Höhe mit dem Beobachten des feindlichen Grabens. Im Hintergrund versammeln sich einige hochrangige Militärs, die den Aufstieg des Observationsballons beobachten wollen.

Der Soldat im Vordergrund trägt einen Leinenschutzüberzug über seiner Pickelhaube.
Der Soldat im Vordergrund trägt einen Leinenschutzüberzug über seiner Pickelhaube.

Die ca. 30x15cm große Kartongrundplatte wurde mit Polystyrol beklebt, in das die Geländestruktur geschnitzt wurde. Anschließend wurde das komplette Diorama mit einer Art Pappmache überzogen. Nach dem Trocken der Pappmache wurde das komplette Diorama extrem hart. Die Schützengräben wurden mit Holzstäbchen einer alten Tellerunterlage eines bekannten schwedischen Möbelhauses beklebt. Vorteil dieser Methode war, dass die Stäbe bereits die richtige Farbe hatten und sich extrem gut verarbeiten lassen. Mit demselben System wurden auch der Unterstand und die Grabenböden gebaut. Die Sandsäcke wurden aus Knetmasse geformt und anschließend mit Revellfarben bemalt und mit Pigmentpulver bestreut. Die Stacheldrahthalterungen wurden aus einem dünnen Draht gebogen. Der Stacheldraht selbst stellt ein dünnes Drahtseil dar. Das Scherenfernglas stammt von Revell, der Stuhl von Preiser, die Planen von CMK, die Leitern von Preiser, die Werkzeuge von Revell, die Maschinengewehre von Italeri und die Plakate und Wegweiser aus dem Drucker. Die Bombenkrater wurden mit braunem Kunstwasser (Waterdrops von Faller) gefüllt, während das restliche Schlachtfeld mit Holz- und Metallresten übersät wurde.

Erst gegen Ende des Krieges gehörte der Fallschirm zur Standardausrüstung der Ballonpiloten.
Erst gegen Ende des Krieges gehörte der Fallschirm zur Standardausrüstung der Ballonpiloten.

Die Soldaten stammen aus dem Airfix-Kit (1:72 WWI Deutsche Infanterie). Die Airfix Soldaten sind von mäßiger Qualität und leider aus Weichplastik und mussten aufwendig aufbereitet werden. So erhielten fast alle Figuren neue Posen. Vor allem die im Set enthaltenen liegenden Personen wurden auf Rümpfe von stehenden Figuren gesetzt, da diese nun in den Himmel und somit zum Fesselballon aufschauen. Den mit dem Gewehrkolben schlagenden Figuren wurde das Gewehr "geklaut" und durch die Fesselballonleine ersetzt. Um die paar Figuren, die im Display zum Einsatz kamen, darzustellen, wurden fast alle Figuren des Kits benötigt. Nur zwei der gezeigten Soldaten sind noch in der Originalpose zu sehen. Bemalt wurden die Figuren allesamt, wie auch das komplette Diorama, mit matten Revellfarben und dem Pinsel. Im Gegensatz zu den Figuren erhielt das Display im Anschluss noch eine Alterung mit Pigmentpulver und dem Trockenmalverfahren.

Zahlreiche Leinen sollen den Fesselballon bändigen.
Zahlreiche Leinen sollen den Fesselballon bändigen.

Fazit:

Es wäre natürlich wünschenswert, wenn sich die Plastikmodellhersteller auch solchen Lückenmodellen widmen würden, aber dadurch gab es für mich wenigstens die Möglichkeit, ein Modell aus dem "Nichts" zu bauen. Nachdem ich das fertige Modell anschließend betrachtete, war ich selbst überrascht, dass mir die Darstellung doch so gut gelang. Denn es gab in der Bauphase immer wieder den Punkt, an dem das Modell kurz davor stand in den Mülleimer zu fliegen. Doch manchmal muss man über kleinere und auch größere Schönheitsfehler hinwegsehen und dennoch weiter basteln. So machten der Bau des Ballons und das Wiederverwenden des Ford-T Ambulanz-Displays sehr viel Spaß. Der Bau eines sratch gebauten Modells ist aber nur modellbauerfahrenen Bastlern zu empfehlen. Aber hat man erst einmal mit dem Bau von "Eigenbau"-Modellen begonnen, sucht man immer weitere Bauprojekte, die nicht von diversen Herstellern als Modell angeboten werden. Dennoch wird mein nächstes Modell wieder ein "normaler" 1:72-Kit sein. Ich hoffe es gefällt!

Die beiden scratch erstellten Grundkörper entstanden aus einer PET-Flasche und Polystyrol.Blick auf einen Flicken, der ein Einschussloch verschließen soll.Die einzelnen Schritte des BallonbausDie beiden Stahlstäbe halten den Drachen an Ort und Stelle im Diorama.Heftiges Treiben rund um den BallonstartplatzDie deutschen Drachen konnten bis zu 1000 Metern steigen und so einen guten Überblick über die Frontlage geben.Alleine die Anbringung der Leinen dauerte drei ganze Tage und benötigte wirklich ruhige Finger.

Die beiden scratch erstellten Grundkörper entstanden aus einer PET-Flasche und Polystyrol.

Die beiden scratch erstellten Grundkörper entstanden aus einer PET-Flasche und Polystyrol. 

Theo Peter

Publiziert am 22. Juni 2016

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