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T-34/85 der libanesischen Al Mourabitoun-Milizein "Second-Hand-Panzer" in dritter Hand, vor über 40 Jahrenvon Thomas Ehrensperger (1:35 Revell)Der T-34 allgemein
Wieder mal hat mich der Exotik-Virus zum Bau eines Modells angeregt: eines T-34/85 einer libanesischen Miliz; vielleicht eines Tages Mittelpunkt einer städtischen Szene, vielleicht einem Vorort von Beirut im Jahre 1982. Zum historischen Vorbild des mittleren sowjetischen Panzers, der von 1940 bis 1958 produziert wurde, ist schon viel geschrieben worden. Vielleicht doch so viel: er hat den Zweiten Weltkrieg lange überlebt, wurde nicht nur lange Jahre in der früheren DDR gefahren, sondern zählte auch als sowjetisches Geschenk zur Grundausstattung des österreichischen Bundesheeres und wurde noch viele Jahre in den Staaten des Warschauer Paktes eingesetzt, bevor er schließlich seinen Weg über das zerbrechende Jugoslawien in die Krisengebiete der Welt fand, v.a. in den Bürgerkriegen des Mittleren Ostens und Afrikas eingesetzt wurde. Ein Beispiel dafür mag auch das Vorbild des T-34/85 sein, wie man ihn mit dem Revell-Bausatz Nr. 03319 bauen kann. Übrigens sollen selbst im 21. Jahrhundert immer noch T-34 fahren, z.B. im Jemen. Quelle: Wikipedia Das Vorbild
Beim Revell-Modell, das eigentlich aus den Formen von ICM stammt, lassen sich neben zwei sowjetischen Fahrzeugen und einem Beutepanzer der Wehrmacht ein Fahrzeug der nordvietnamesischen Armee sowie einer libanesischen Miliz darstellen. Dabei muss man allerdings anmerken, dass die Angaben zum libanesischen Vorbild in der Bauanleitung – wie bei scalemates – nicht ganz korrekt sind. Es handelt sich nicht um ein Fahrzeug einer prosyrischen Miliz, sondern um einen T-34 der sunnitisch-nasseritischen (panarabischen) Miliz „Al Mourabitoun“; Embleme und Beschriftung lassen sich an Hand von zeitgenössischen Fotographien als Vorlagen für die Decals zweifelsfrei nachweisen (Anmerkung 1). Zum historischen Hintergrund
Mit der Vertreibung der PLO (Palästinensische Befreiungsorganisation) aus Jordanien begann vielleicht nicht alles, aber vieles. Die PLO wurde im Libanon zum Staat im Staate. Der libanesische Staat war militärisch schwach und ohnehin von inneren Zwistigkeiten zerrissen. Nahezu jede Partei, jede Religions- und Volksgruppe hatte ihren eigenen militärischen Arm. Es soll im Libanon unzählige Milizen und Unterfraktionen gegeben haben; teilweise nur einige hundert Mann stark, teilweise aber auch mehrere Tausende, die - mit Ausnahme der christlichen Phalange und der Südlibanesischen Armee (SLA) - nur die Feindschaft zu Israel mehr oder weniger verband. Beirut, das Paris des Orients, war im Prinzip eine zweigeteilte Stadt, im Westen der muslimische Teil, im Osten der christliche (Anmerkung 2).
Die PLO nutzte ihre neue Heimat zur Fortsetzung ihrer Angriffe auf Israel, so dass die israelische Armee 1982 im Libanon einmarschierte, nachdem der Nachbar Syrien bereits zuvor in den libanesischen Bürgerkrieg eingegriffen hatte, um die prosyrische Amal-Miliz vor einer Niederlage zu bewahren. Schließlich entsandten die USA, Frankreich, Großbritannien und Italien ein militärisches Kontingent in den Libanon, um den Abzug „fremder Mächte“ aus dem Libanon zu überwachen. Legendär: die Beschießung syrischer Stellungen im Libanon durch das Schlachtschiff USS New Jersey, einem Veteranen des Zweiten Weltkriegs. Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Multinational_Force_in_Lebanon Die PLO zog nach Tunesien ab. Die schweren Waffen der PLO blieben im Libanon zurück, teilweise von den libanesischen Milizen – als Geschenk – übernommen, soweit sie nicht bereits vorher zu Zielscheiben für israelische Centurions, M-60 und Merkava der ersten Generation wurden. Ein Beispiel für die Waffenhilfe an die PLO ist der vorliegende T-34, der aus Ungarn stammte, wieder einmal ein Geschenk (Anmerkung 3). Das Modell …
… ließ sich schnell und relativ problemlos aus der – zumindest bei mir – unbeliebten Faltschachtel heraus bauen. Wenig Nacharbeiten, kaum Passprobleme, insgesamt keine allzu großen Herausforderungen, wie man heute so sagt. Nach dem Prinzip „Klappe zu, Affe tot“ wurden die beiden Sitze für Fahrer und Frontgunner erst gar nicht eingebaut. Übrigens kann man Sägen, Schaufeln sowie Hecktanks getrost weglassen; für die PLO waren eine Werkzeugkiste, Abschleppseile – wie üblich aus Maurerschnur hergestellt –, gelegentlich einige Kettenglieder völlig ausreichend. Die Bemalung …
… erfolgte nach dem Bauplan von Revell als grüngrauer Anstrich mit nachlässig aufgemalten Tarnstreifen/-flecken in einem hellgrauen Farbton (Helloliv und Weiß im Verhältnis 1 : 4). Dabei zeigten zwei farbige Vorbildaufnahmen kein so eindeutiges Farbbild, wie die Bauanleitung vorschlägt. Zum einen mögen zwar die Farbveränderungen des Bildmaterials zu einem gewissen Rotstich geführt haben. Allerdings waren die übernommenen PLO-Fahrzeuge in anderen Farbtönen gespritzt als von Revell dargestellt – vgl. die Miniart-Modelle des PLO-T-34 (#37069). Nach genauem Studium der Fotographien entschied ich mich trotzdem für den von Revell vorgeschlagenen Farbmix. Mehrere Washes mit sandgelber Ölfarbe und einem Wash für Fahrzeuge des Afrikakorps (AK) glichen die unterschiedlichen Farbvorschläge einander an, bis ich weitgehend zufrieden war. Die Staub-Pigmente werden später beim Einbau in ein Diorama den Rest erledigen. Die Decals …
… wurden erst relativ spät aufgebracht und versiegelt, handelt es sich doch beim Vorbild nicht gerade um ein fabrikneues Exemplar, das erst in seiner Spätphase „dekoriert“ wurde. Die relativ farbenfrohen Decals des Revell-Bausatzes entsprechen gewissermaßen einer Feiertagsvariante eines Panzers, der nach seiner Eroberung nach Israel transportiert wurde. Im Normalfall wurde lediglich direkt aus der Farbdose der Schriftzug „Al Mourabitoun“ auf die PLO-Lackierung aufgebracht, unspektakulär aus dem Handgelenk. Auch mit dem Pinsel wurde gearbeitet: Auf einem Foto sieht man sogar noch einen Farbkübel auf dem Panzer stehen. Recht häufig wurde zusätzlich ein Plakat mit dem Konterfei des Milizenchefs auf dem Fahrzeug angebracht (Anmerkung 4). Das Weathering …
… soll nach vielen Einsatzjahren keinen taufrischen Eindruck machen, wobei Rost klimatisch bedingt nicht unbedingt das erste Mittel der Wahl ist, aber durchaus vorkommt: ein sommerheißes Mittelmeerklima, ergiebige mediterrane Winterregen und nächtliche Kondensation in heißen Sommern sorgen dafür. Allerdings dominieren dunkler Schmutz und heller Staub in einem städtischen Einsatzgebiet mit all seinen Trümmern. Auch Beschädigungen am Fahrzeug wurden nachgebildet, wobei bemerkenswerterweise bei gebauten T-34-Modellen oft die Außentanks Beschädigungen aufweisen, was im Original offensichtlich eher nicht vorkam. Dafür wurden bei der PLO die Hecktanks teilweise weggelassen (vgl. auch Miniart-Modell). Bevorzugt waren Beschädigungen an den seitlichen Umläufen und an den Fendern, wenn sie nicht gleich ganz den Fahrkünsten der Panzerfahrer zum Opfer fielen. Mit Feinsäge, verschiedenen Zangen und einer Diamantfeile ging es ans Werk … auch an die Gummibandagen der Laufrollen wurde mit dem Skalpell herzhaft Hand angelegt, bis das Ergebnis recht rustikal aussah. Die entfernten Fender wurden allerdings teilweise wieder angebracht, da sich die Vinylketten über den Leit- und Treibrädern unschön wölbten; sie sind nämlich deutlich schmaler als die Laufräder. Ein modellchirurgischer Eingriff als Voraussetzung für den Einbau von Friul-Ketten bleibt der nahen Zukunft vorbehalten und wird allen Nachbauinteressierten dringend präventiv empfohlen, der Bausatz verdient es. Auch mit Miniart-Kunststoffketten müsste man bessere Ergebnisse erzielen können als mit den im Bausatz vorgesehenen „Gummibändern“. Ausblick
Das Fahrzeug soll einmal in einer Straßenszene eines Beiruter Vorortes an einer Straßensperre stehen, einem Checkpoint einer Miliz, die den Zugang zu „ihrem“ Stadtviertel kontrolliert. Anregungen dazu liefert der Spielfilm „Spy Game“, der zum Teil in Beirut spielt: Die Trümmer, die Ruinen, die allgegenwärtige Gewalt. Mitten drin der Kriegsfotograf Tom Bishop mit seinem CIA-Führungsoffizier Nathan Muir. Vielleicht ein Thema für einen Büsten-Künstler? (Anmerkung 5) Von weiteren Szenen kann man auch bereits träumen: Die multinationale Task-Force: Ein Landungsfahrzeug LVTP-7/AAVP7 (Tamiya, Hobby Boss) der US-Marines begegnet einem M113 des italienischen „Battaglione San Marco“ (Italeri #8753), der gerade in die Läden gekommen ist. Auch die vielfältigen UNO-Truppen im Libanon wären ein dankbares Thema, wenn man es weniger waffenstarrend mag. Anmerkungen
Anmerkung 1: „The emblem and lettering "Al Mourabitoun" are clearly visible.“ Siehe: Samer Kassis: 1982. Invasion of Lebanon. Ohne Ort [Logroño] 2019, S. 213 ff Anmerkung 2: Vgl. Samer Kassis, 2019, S. 4 Anmerkung 3: Vgl. Zack Sex & Bassel Abi-Chahine: The Lebanese Civil War. From 1975 to 1991 and beyond. Ohne Ort [Logroño] 2021. (= Modern Conflicts Vol. II), S. 156, 192, 201 Anmerkung 4: Vgl. Samer Kassis, 2019, S. 213 ff Anmerkung 5: Spy Game (dt. Der finale Countdown), 2001, Regie: Tony Scott. Mit Robert Redford, Brad Pitt und Catherine McCormack. Thomas Ehrensperger Publiziert am 29. Januar 2025 Du bist hier: Home > Galerie > Militärfahrzeuge Modern > T-34/85 der libanesischen Al Mourabitoun-Miliz © 2001-2025 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |