Ford Flivvervon Bernhard Schrock (1:48 Williams Bros.)Vermutlich wird kaum jemand von Ford noch nie gehört haben: Kein Wunder, denn seit 100 Jahren ist dieser Name untrennbar mit Automobilen verbunden. Henry Ford war es, der die Fließbandproduktion erfand. Dass er auch in der Luftfahrt tätig war, wissen dagegen vermutlich wenige. Neben der relativ bekannten Trimotor gab es noch eine weitere Konstruktion, eine Art Model T mit Flügeln, welche aber wegen eines Unfalls in der Erprobungsphase nicht in Serie ging. Nur zwei in der Auslegung leicht unterschiedliche Flugzeuge wurden gebaut, von welchen die Variante mit Fullspan-Querrudern bei einem Unfall im Jahr 1928 verloren ging und den Testpiloten Harry Brooks in den Tod mitriss. Das gesamte Programm wurde deswegen eingestellt. Seitdem ist die verbleibende Maschine im Henry Ford Museum in Michigan ausgestellt. Bis zum 18. Oktober des Jahres 2007 gab es für mich kaum ein Modellbauprojekt, das zu kompliziert oder langwierig schien. Weder scheute ich vor Plastikklumpen-Bausätzen zurück, auch noch so aufwändige Umbauten stellten keine Abschreckung dar. Kleine und unscheinbare Bausätze, erworben in der Anfangsphase der Begeisterung für den Modellbau, wie die Ford Flivver von Williams oder die Howard Ike von Testors, wurden lange Zeit nicht einmal eines Blickes gewürdigt. Dann wurde aber unser Sohn Alexander geboren, und so trat ich Anfang 2008 den Gang nach Canossa an und bat im Keller alle kleinen und unscheinbaren Bausätze um Vergebung. Es galt nun für den Wiedereinstieg ein einfaches und überschaubares Projekt zu finden, welches das knappe Zeitbudget eines frischgebackenen Papas nicht mit der Detaillierung von Fahrwerkschächten à la Hellcat sprengen sollte. Ein Glück also, dass es auch Flugzeuge mit festem Fahrwerk gab.Der Bausatz ist ein typisches Produkt aus dem Hause Williams: gut recherchiert anhand eines vorhandenen Originals und garniert mit sauber und dünn gedruckten Abziehbildern. Eine informative Bauanleitung mit detailliertem 3-Seitenriss sagt dem Modellbauer, wo es lang geht und erzählt ein wenig über die Geschichte des Originals. Das wertvollste an diesem Bausatz ist aber die schlichte Tatsache, dass er nur aus 30 Teilen besteht! Auch wenn man alle Kleinteile neu anfertigen wollte, wäre es mit wenigen Stunden getan. Das Original wurde von einem Anzani-Motor mit drei Zylindern angetrieben. Williams hat an dieser Stelle wirklich gute Arbeit geleistet und den Zylindern feine und vor allem viele Rippen spendiert. Entgraten, Zusammenkleben und den Zylindern höchstens neue Stößel spendieren: mehr muss nicht sein. Für einen Kleinserienbausatz ist die Passung beachtlich: benötigt wurde kein Spachtel, sondern nur ein wenig Sekundenkleber. Nur an einer Stelle musste ich ein wenig schnitzen, nämlich im Bereich der Tragflächenwurzel vorne, welche am Rumpf zu massiv ausgebildet ist. Viel Nacharbeit versprachen die nicht ganz optimal gegossenen Teile für das Fahrwerk. Daher wurden sie kurzerhand durch Rundprofile und Rohre (Dämpfer) ersetzt. Hierbei wurden auch gleichzeitig in der Tragfläche die plumpen Aufnahmelöcher geschlossen und durch 0,25 mm starke und ca. 0,5 mm herausschauende Drahtstücke ersetzt. Passend zu dieser „Konstruktion“ wurden alle Strebenenden flachgequetscht, leicht angewinkelt und mit 0,3 mm starken Bohrungen versehen. Holz lässt sich im Modell am besten durch...Holz darstellen. Soweit wollte ich aber wirklich nicht gehen, und so wurde dem Plastikteil mit Hilfe zweier Brauntöne die Holzstruktur verpasst. Die Mischung aus „Kupfer“ und „Dunkelbraun“ tut so, als sei sie an den Kanten Kupferblech.Die Farbgebung des einzigen Originals ist attraktiv, aber dennoch durch einen an einem schnellen Ergebnis interessierten Papa einfach zu meistern. Vorausgesetzt, er nimmt einigermaßen brauchbare Farben. In der ovalen Plastikbox (vom Mövenpick-Vanilleeis) mit Blautönen fand sich allerdings nur eine Dose Humbrol seidenmatt Lufthansablau mit mehreren Dutzend Öffnungsvorgängen auf dem Buckel. Mit der Euphorie des Wiedereinstiegs („es wird schon irgendwie gehen“) wurde die Farbe dennoch auf dem Rumpf verteilt. Mit, wie sich später herausstellen sollte, katastrophalen Folgen. Es ging natürlich irgendwie, wie vermutet - aber voll in die Hose: Das Ergebnis war matt, porös sowie mit unzähligen Klümpchen übersät und benötigte eine halbe Stunde Zuwendung unter Zuhilfenahme von Mikromesh! Das Aluminium war hingegen kein Problem und wurde wie bei mir üblich mit einer Mischung aus Testors Metallizer und Sealer geairbrusht. Mit dem 4000er Poliertuch von Mikromesh wurde anschließend der Oberfläche ein wenig Leben eingehaucht. Auch das Aufbringen der Decals war kein Problem, da diese bei Williams wie gewohnt sehr gut sind und willig mit Mikro Set und Mikro Sol kooperieren.Metall lässt sich im Model am besten durch... Metall darstellen. Aus diesem Grund habe ich an dieser Stelle gesponnen. Aus zwei 0,1 mm starken verzinnten Drähten entstand mittels des heimischen Webstuhls (Minibohrmaschine) ein dünnes Seil für die Verspannung. Die Höhenflossen bilden im Bausatz zwecks einfacherer Montage zusammen mit dem Rumpfrücken-Endstück ein Bauteil. Da beim Original aber die Flossen zwecks Trimmung separat und verstellbar waren, habe ich das Bauteil in seine drei „Bestandteile“ zerlegt. Auch einer weiteren Versuchung konnte ich nicht widerstehen, und habe alle Steuerflächen herausgetrennt. Die Querruder wurden interessanterweise mit Steuerseilen nur unten angelenkt. Bei der Anbringung der Buchstaben F und R sowie der Ziffern 2 und 6 ist Vorsicht geboten: Durch den sehr sparsam gedruckten Trägerfilm und die Hinterschneidungen neigen die Elemente zum Einreißen.
Bernhard Schrock Publiziert am 07. Juli 2009 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |