Antonow An-74CCCP-780334von Bernhard Pethe (1:72 Toko)Geschichte:Zwei Episoden am Anfang. Am 14. März 1986 landet eine An-74 auf einer 600 Meter langen, geborstenen Eisscholle bei der driftenden Polarstation SP-27 und bringt acht Teilnehmer dieser Expedition mit ihrer Ausrüstung aufs Festland zurück. Im November 1988 landete und startete erstmals ein Flugzeug mit Radfahrwerk am Kältepol, nahe der russischen Antarktisforschungsstation Wostok in 3488 Meter Höhe über dem Meeresspiegel. Auch dieses Flugzeug war eine Antonow An-74. Die Entwicklungsgeschichte dieser Flugzeugfamilie geht bis auf das Jahr 1972 zurück. Hier erhielt das OKB Antonow einen Entwicklungsauftrag für ein mittleres Mehrzwecktransportflugzeug. Die Leitung über dieses Projekt (Samoljot 200) hatte J.G. Orlow. Von den ersten Projektierungsarbeiten, über den Bau vergingen bis zum Erstflug am 31. August 1977 nur fünf Jahre. Man war bemüht die modernsten Material- und Fertigungstechnologien beim Bau dieser Maschine einfließen zu lassen. Das Flugzeug, die An-72, war ein Schulterdecker in Ganzmetallhalbschalenbauweise mit einem, zur besseren Beladung hochgezogenen Rumpfheck mit einem T- Leitwerk. Das eigentlich revolutionäre an dieser Konstruktion ist die Anordnung der beiden Mantelstromtriebwerke. Diese befinden sich oberhalb des Tragflügelmittelstückes. Der Abgasstrahl der Triebwerke strömt so über die Tragflügeloberseite und wird über die ausgefahrenen Landeklappen nach unten abgelenkt. Man nennt dies den „COANDA- Effekt“, welcher für eine beachtliche Auftriebserhöhung und somit für eine Verkürzung der Start- und Landestrecken verantwortlich zeichnet. Ein Jahr früher flog in den USA die von Boeing nach dem gleichen Prinzip entwickelte YC-14. Auch DeHavilland of Canada experimentierte mit einem ähnlichen Muster. Beide Projekte wurden aber eingestellt und führten zu keinem Serienflugzeug. Als 1984 die Aeroflot Polar Division einen Ersatz für seine veralteten Iljuschin Il-14 Propellermaschinen suchte, erarbeitete man beim OKB Antonow eine spezielle Arktisvariante, die An-72A. Dieses Flugzeug ging im März 1986 in Charkow in Serie und bekam die neue Bezeichnung An-74. Mit seinen außergewöhnlichen Flugeigenschaften wurde die An-74 das Basismuster für eine ganze Reihe von Modifikationen und Sondervarianten. Mit dem fortschreitenden Zusammenbruch der Sowjetunion wurde die Polarforschung fast eingestellt. Daraufhin wurde im Zeitraum von 1992 bis 1995 die An-74 für den internationalen Einsatz überarbeitet und für ausländische Kunden fit gemacht. Damit war die An-74 über einige Jahre das einzige Standbein der ukrainischen Flugzeugproduktion bei Antonow. Zurzeit fliegen etwa 150 Flugzeuge der Baureihe An-71, An-72 und An-74 in den unterschiedlichsten Varianten. Zum Modell:TOKO, einst ukrainischer Formenbauer, kam 1997 mit diesem Modell auf den Markt. Damals eine echte Überraschung, war man doch so große, qualitativ bessere Modelle von einem östlichen Hersteller nicht gewohnt. Den Bausatz gab es in drei Varianten. So konnte man wählen zwischen der An-74 „Coaler“, einer zivilen Transportvariante der Aeroflot, einer An-74 „Polar“ und einer An-74P „Patrol“, einem bewaffneten Aufklärungs- und Patrouillenflugzeug. Für alle diese Varianten lagen entsprechende zusätzliche Bauteile bei. Beim Öffnen des Kartons kommen 138 sauber gespritzte Bauteile zum Vorschein. Die transparenten Teile sind leider zu dick geraden, dafür machen die Reifen aus einem weichen Plastikmaterial einen guten Eindruck. Die kompletten Cockpit- und Frachtraumteile sind ebenso vorhanden wie ein aufwendiger Triebwerksaufbau, an welchen man jedem die Funktion eines Zweistrom- bzw. Mantelstromtriebwerkes erklären kann. Man ist geneigt zu sagen, pädagogisch wertvoll. Überhaupt erinnert mich dieses Modell ein wenig an die alten Plastikart- Modellbaukästen aus der DDR. Etwas für den Anfänger, zum Spielen, mit beweglichen Rudern, Rädern und einer Ladeluke. Andererseits ein Bausatz für den erfahrenen Modellbauer, der mit genügend Eigeninitiative und Detailverbesserungen ein richtig schönes Modell auf die Räder stellen kann. Den Bausatz deswegen schlecht zu reden, zeugt von wenig Professionalität und handwerklichem Unvermögen. Die mehrsprachige, sehr übersichtliche Bauanleitung (computergenerierte Explosionsdarstellung) mit Farbangaben nach Humbrol, lässt keine Unklarheiten bei der Montage des Modells aufkommen. Drei Dinge sind negativ in Erscheinung getreten. Die erhabene Darstellung der Paneellinien geht beim Verspachteln und Schleifen verloren. So blieb mir nichts anderes übrig, als alle Linien zu entfernen. Dann wurde das komplette Modell neu graviert. Die großen Bauteile und die Beschaffenheit der Plaste machten das Anlegen von Lineal und Schablonen einfach. Die Fahrwerksteile sind schlecht oder gar nicht aufeinander abgestimmt. Das Bugfahrwerk ist zu lang und die Hauptfahrwerksbeine sitzen zu tief in ihren Fahrwerksschächten. Um ein optimales Standbild zu erreichen, müssen hier Plastikstreifen untergelegt werden. Das Bugfahrwerksbein ist so tief wie nur möglich einzukleben. Für den Anbau des Skifahrwerkes habe ich mich erst gar nicht entschieden, da ich hier keine genauen Unterlagen hatte und die Konstruktion im Bausatz mir zu simpel erschien. Letzter Kritikpunkt sind die transparenten Plastikteile. Das Cockpitbauteil ist trotz falscher Darstellung der Scheibenstreben noch verwendbar. Die Blister auf der linken Rumpfseite habe ich nach bewährter Tiefziehmethode neu angefertigt. Die wiederum ausgezeichnete Qualität der Decals von Techmod, lässt den Bau einer Aeroflotmaschine und einer Maschine in den ukrainischen Landesfarben zu. In meinem Kit hatten die Zierstreifen für die Rumpfseiten gefehlt. Hier musste der Luftpinsel helfen. Stichwort Pinsel. Den Farbangaben in der Bauanleitung kann man getrost folgen, wenn auch ich für die Außenlackierung Seidenmattfarben benutzt habe. Zur leichteren Handhabung werden Rumpf und Tragflügel getrennt fertig gestellt und erst am Schluss zusammengefügt. Die abschließenden Arbeiten beschränken sich auf das Anbringen der Antennen, der Fahrwerksklappen, sowie das Abplatten der Bereifung auf einem warmen Bügeleisen. Wer im Kampfflugzeugallerlei einmal eine Abwechslung sucht, neue Erfahrungen beim Bau von Zivilflugzeugen inklusive, der wird trotz einiger Nacharbeiten ein einmaliges Modell in seine Sammlung stellen können. Nachdem TOKO als Modellproduzent verschwunden ist, werden die Formen unter Eastern Express vermarktet. Nachdem das Modell bei mir schon drei Jahre fertig war, bekomme ich von meinem Modellbaufreund Axel eine eMail mit einem Foto meiner Maschine am Südpol, mit Pinguinen im Vordergrund. Das war der Auslöser für den Bau dieses Dioramas, welches das Modell wunderbar in Szene setzt. Die Figuren und die Pinguine sind von der Firma Preiser. Für die Grundplatte wurde Styropor mit weißer Wandfarbe bearbeitet. Bernhard Pethe Publiziert am 28. Oktober 2005 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |