Pilatus SB-2 Pelikanvon Markus Stadelmann (1:72 Eigenbau)Die Geschichte der Pilatus SB-2 „Pelikan"Im Zweiten Weltkrieg spannte die schweizer Landesregierung die ETH Zürich (Eidgenössische Technische Hochschule Zürich) aktiv in ihre Pläne zur Förderung einer selbständigen nationalen Flugzeugindustrie in der Schweiz ein. Das Eidgenössische Luftamt (heute Bundesamt für Zivilluftfahrt, BAZL) beauftragte den frisch auf den Lehrstuhl für Flugzeugstatik und Flugzeugbau berufenen Professor Amstutz Eduard mit der Entwicklung eines Spezialflugzeugs, das speziell auf die schweizer Berglandschaft zugeschnitten sein sollte. Am Lehrstuhl wurde daraufhin ein Studienbüro eingerichtet, das vom ETH-Ingenieur Hans Belart geleitet wurde. Er war es auch, der den Entwurf des SB-2 genannten Kleinverkehrsflugzeuges handhabte, Windkanalversuche durchführte und alle mathematischen Berechnungen vornahm. Das Studienbüro wurde 1943 dem schweizerischen Flugtechnischen Verein angegliedert, der als Bindeglied zwischen ETH-Institut, Bundesbehörden und Industrie diente. Die SB-2 verfügte über Langsamflugeigenschaften, eine hohe Steigleistung und war als STOL-Flugzeug (Short Take-Off and Landing) gut geeignet für Berggebiete, in denen nur kurze Start- und Landebahnen zur Verfügung standen. Damit konnten Personen- und Frachttransporte sowie Einsätze in der Landwirtschaft durchgeführt werden. Technische Daten:
Da die ETH-Mitarbeiter vielfach Aktivdienst leisten mussten, verzögerte sich die Konstruktion des Flugzeuges erheblich. Schließlich konnte der Entwurf aber doch für 180.000 Fr. an die im Dezember 1939 neu gegründeten Pilatus Flugzeugwerke in Stans verkauft werden. Als Immatrikulation hatte das Eidgenössische Luftamt die Buchstaben HB-AEP gewählt, die als Symbol für die Zusammenarbeit zwischen der ETH und der Industrie gedeutet werden können: Hans Belart, Amstutz Eduard, Pilatus. Wo gibt es das heute noch? Im Winter 1941 wurde mit dem Bau der SB-2 „Pelikan" begonnen. Es war somit das erste von Pilatus gebaute Flugzeug! Die Pelikan (so getauft wohl in Anlehnung an den Fieseler FI 156 „Storch") wurde als „Langsamflugzeug" konzipiert. Der Erstflug des SB-2 Pelikans fand am 30. Mai 1944 statt. Zu einer Serienproduktion kam es jedoch nie, da Pilatus durch den Bau der P-2 bereits ausgelastet war. Nach eingehender Erprobung kam das einzige je produzierte Flugzeug dieses Typs zur Alpar AG nach Bern. Als die Pelikan bei einer Flugschau in Kirchberg bei Bern am 13. Juni 1948 beim Start an einer nicht markierten Querrinne hängenblieb und sich überschlug, konnte das Flugzeug nicht mehr repariert werden, Totalschaden! Zum Modell in 1:72:Ich brauchte nach Jahren „normalem" Modellbau wieder mal etwas "nicht Baukasten-Mäßiges". Da stieß ich auf das Bild des Pelikan und irgendwie gefiel mir der komische Vogel. Der Entscheid stand schnell fest: Der wird gebaut! Die Suche im Web ergab jedoch außer einer Zeichnung aus dem ETH-Archiv und einigen wenigen verfügbaren Fotos nicht viel her. Im 50 Jahre-Jubiläumsbuch der Pilatus Flugzeugwerke fand ich dann noch eine Konstruktionszeichnung des gesamten Fahrwerks, welche auch den Bereich von Kabine und Motor recht gut darstellte. Das musste reichen. Los ging's! Ich entschied mich, das Flugzeug im Zustand und der Farbgebung während der Werkserprobung bei Pilatus zu bauen, da es doch kleine Unterschiede während seines relativ kurzen Lebens gab. Doch dazu weiter unten. Begonnen habe ich mit dem Rumpf. Fast der gesamte Aufbau erfolgte mit 1mm Plastikplatten. Angefangen mit einem Längsspant in Rumpfmitte, an welchen vorderer und hinterer Kabinenspant sowie der Heckspant quer geklebt wurden. So hatte der Rumpf schon mal sein Skelett. Die Leerräume zwischen den Querspanten wurden dann mit passenden Platten für die ebenen Flächen und in den Radien mit schmalen Längsstreifen verschlossen, um möglichst nahe an der endgültigen Kontur zu sein. Und im vorderen Bereich immer und überall wo es ging Blei einfügen. Vor dem Verschließen des Kabinendachs aus zurechtgebogenen Längsstreifen wurde noch die Inneneinrichtung eingebaut. Hinten fand sich eine passende Dreierbank einer EC135 und vorne zwei Passagiersitze einer Short Skyvan. Instrumentenbrett und Blendschutz im Eigenbau vervollständigten das Innere. Dann das Ganze gut durchtrocknen lassen, da ich alle Spalten sehr großzügig mit Flüssigkleber eingeschwemmt hatte. So wurden durch das Aufquellen auch die verbleibenden Fugen deutlich reduziert. Daraufhin folgte die Feil- Spachtel- und Schleifübung. Der Aufwand hielt sich jedoch durch den gewählten Aufbau in Grenzen, da nirgends viel Material abgetragen werden musste und nach dem Feilen nur noch alle verbleibenden kleinen Spalten zwischen den einzelnen Streifen und Platten zu spachteln und verschleifen waren. Die Flügel baute ich auf einer Grundplatte von 1mm auf. Im Bereich des Hauptholms klebte ich nach oben bis zur notwendigen Profildicke immer schmaler werdende dünne Streifen auf und konnte nach etwas Feilen die obere Flügelwölbung mit einer 0,3mm Platte auf die passend zurechtgefeilten Ein- und Austrittskanten quasi beplanken. Die Festigkeit war da und ich hatte ohne großes Feilen eine saubere Flügelwölbung! Das Anpassen an den Rumpf verlangte etwas mehr Geduld, aber die hat man ja. Etwas mehr Späne flogen dann bei der Herstellung des Profils der Vorflügel, da ich diese wie auch Landeklappen und Querruder in ausgefahrener Position darstellen wollte. Die Herstellung aller dieser Teile erfolgte wiederum aus dem Vollen. Das Höhenleitwerk wurde ebenso aus dem Vollen gefeilt. Und hier gibt es kleine Unterschiede: Auf der ETH-Zeichnung und den Fotos vom späteren Einsatz bei Alpar sieht man das Ruder geteilt. Auf allen Fotos aus der Zeit bei Pilatus ist es jedoch durchgehend. Für die Seitenleitwerke fanden sich zufällig zwei alte, damals nicht verwendete Flügelenden einer (ich glaube Matchbox?) JU87, welche zufälligerweise an den Kanten genau den gleichen Winkel hatten, den die Leitwerke brauchten. So entfiel hier das Profilfeilen, welches ich doch so liebe! Die Fahrwerk- und Flügelstreben waren dann mit normalem Aufwand anzufertigen. Passende Räder inklusive Bugradfederbein gab das Lager her. Für's Bugrad musste ich jedoch noch den eigenartigen Kotflügel mittels eines Stempels tiefziehen. Motor, Propeller und Haube fanden sich ebenfalls passend im Lager. Der fließende Übergang von rechteckig auf kreisrund zwischen Cockpit- und Motorspant wurde nochmals etwas knifflig. Dieses Teil habe ich erst am Schluss aufgebaut, mit Blei gefüllt, zurechtgefeilt und am Rumpf eingepasst. Dann die im hinteren Teil ebenfalls bleigefüllte Motorsektion drauf, noch die Kabinenhaube mittels Stempel tiefziehen, Seitenfenster einpassen, Auspuffrohre biegen und aufbohren und der Rohbau war fast fertig. Die Decals habe ich auf dem PC hergestellt und ausgedruckt. Das Pelikan-Symbol mit dem Schriftzug darunter zeichnete ich anhand einer Bildvorlage groß auf A4-Papier, dann eingescannt und auf die passende Größe gebracht. Bei dieser Verkleinerung fallen auch zeichnerische Ungenauigkeiten überhaupt nicht mehr auf. Die Farbgebung entspricht der Erprobungszeit bei Pilatus ab 1944. also noch während dem Krieg. Deshalb auch die „Neutralitätsbemalung" mit roten und weißen Streifen. Bringt etwas Farbe rein und hat mir besser gefallen. Bei Alpar war das ganze Flugzeug naturmetall mit schwarzem Blendschutz und dem Schriftzug „ALPAR" unter den Seitenfenstern. Alles andere blieb sich gleich. Lackiert habe ich mit der Airbrush und erstmals komplett mit Revell Aquacolor in Rot, Weiß und Alu. Als Untergrund für die Decals und nachher zum Versiegeln des Modells dient mir seit längerem ein Acryllack vom Baumarkt. Kostet so gut wie nichts, hält sich sehr lange in der Büchse und keine halbe Stunde später kann weiter gearbeitet werden. Und er vergilbt auch nicht nach ein paar Jahren. Verdünnen und Pistole reinigen erfolgen mit Wasser. Kleine Überraschung am Ende: Das eingebaute Blei reichte gerade eben nicht! Es fehlte zwar so gut wie nichts, aber der fertige Vogel setzte sich bei der kleinsten Erschütterung auf seinen Hintern. Auch das großzügige Abplatten der Reifen brachte da keine Abhilfe. Da eine Stützstrebe hinten bei diesem Vogel nicht vorbildgerecht ist und auch sonst irgendwie komisch aussieht, kam ich auf den Trick mit dem Radschuh hinter dem linken Fahrwerk. Diesen habe ich am Rad angeklebt und dadurch den Auflagepunkt soweit zurückverlegt, dass die Kiste jetzt so steht wie sie soll. Und es fällt gar nicht auf, da Flugzeuge am Boden fast immer irgendwo Radschuhe rumstehen haben! Unglücklicherweise war während des gesamten Baus meine Kamera nicht einsatzfähig, und ich hatte keine Lust solange zu warten, sodass ich erst das fertige Modell aufnehmen konnte. Darum habe ich leider keine Bilder vom Bau. So, ich hoffe, das Einzelstück (im Original sicher, ob auch im Modell...?) gefällt euch. Fragen oder Bemerkungen gerne unter m punkt stadelmann at datazug punkt ch Markus Stadelmann Publiziert am 07. November 2012 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |