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Cutty Sark

Die Zeit der legendären "Tea Races"

von Frank Brüninghaus (1:96 Revell)

Die Hexe Nannie als Galionsfigur der Cutty Sark.
Die Hexe Nannie als Galionsfigur der Cutty Sark.

Die Fertigstellung dieses Modells liegt mittlerweile zwölf Jahre zurück. Trotz damals schon langjährigem Interesse an den alten Segelschiffen und ihrer Modelle war ich '98 ein blutiger Anfänger. Heute bin ich zum Anfänger aufgestiegen.

Der Artikel erschien ähnlich bereits in der ModellFan. Durch den Lauf der Geschichte muss eine kleine Änderung vorgenommen werden. Durch den verheerenden Brand am 21. Mai 2007 ist dieses schöne Schiff nun nicht mehr im Original erhalten. Eigentlich war es das ja sowieso nicht mehr. Zumindest die Takelage wurde mehrfach erheblich verändert und erst in den 1930er Jahren wieder in den „Originalzustand“ versetzt. Glücklicherweise waren Masten und weitere Ausrüstungsteile bei dem Brand nicht an Bord. Auch zur Restaurierung vorgesehenes Teakholz lag außer Gefahr. Die Wiederherstellung dieses zu den schönsten seiner Art gehörenden Segelschiffes wird wohl an die 10 Millionen Pfund kosten. Auch an dieser Stelle der Hinweis auf immer willkommene Spenden. Kontakte gibt's im Netz.

Bug von Steuerbord
Bug von Steuerbord

Ein Blick in die Geschichte

Das Schiff lief 1869 vom Stapel und verdient vollgetakelt unter allen Segeln sicherlich die Bezeichnung Kathedrale der Meere. Sie hat als einzige der ehemals stolzen Teeklipper 140 Jahre überdauert und war bis 2007 in Greenwich/London zu bestaunen. Von diesen 140 Jahren fuhr sie 53 Jahre im Handelsverkehr – länger als jeder andere Klipper. Der Name Cutty Sark ist der von Robert Burns aufgeschriebenen Sage von Tam O` Shanter entlehnt. Er bedeutet etwa „Kurzes Hemdchen“. Der Bauer Tam sieht auf dem Rückweg aus der Kneipe auf dem Friedhof ein paar Hexen mit dem Teufel einen Reigen Tanzen. Die hübscheste und wildeste der Hexen trägt ein kurzes Hemd. Verzückt zügelt Tam sein Pferd und ruft „Bravo, Cutty Sark“! Die Hexen verfolgen nun Tam da sie keine Zeugen brauchen können. Tam gibt seinem Pferd die Sporen und im allerletzten Moment schafft seine alte Mähre den Weg über eine Brücke. Wie wir alle wissen können Hexen nicht über fließendes Wasser fliegen. Cutty Sark schafft es gerade noch mit ausgestrecktem Arm Tams Pferd ein paar Schweifhaare auszureißen. Dieses Bild ist in der Galionsfigur wiedergegeben. Die Matrosen steckten der Galionsfigur oft ein aufgedröseltes Tauende in die ausgestreckte Hand.

Aus Liebe zu Segelschiffen baute und unterhielt der schottische Reeder Old White Hat John „Jock“ Willis einen Segler, zu einer Zeit als längst die ersten Dampfer den kürzeren Seeweg durch den Suezkanal nutzen konnten, der für Segelschiffe unpassierbar war – sie konnten den Kanal nur mit teurer Schlepperhilfe durchfahren. Ein weiterer Grund war sicherlich auch der sprichwörtliche britische Wetteifer. Im Rennen um die schnellste Reise von England nach China und mit frisch geerntetem Tee wieder zurück war die Thermopylae die größte Konkurrentin der Cutty Sark. Lange Zeit war das nach einem griechischen Gebirgszug benannte Schiff tatsächlich der schnellste Teeklipper in den berühmten „Tea Races“. Die Thermopylae wurde ein Jahr vor der Cutty Sark gebaut, beide Schiffe wurden im gleichen Jahr, 1895, an portugiesische Eigner verkauft. Schweren Herzens trennte sich Jock Willis von seinem Lieblingsschiff. Während die Pedro Nunez ex Thermopylae 1907 als Torpedozielschiff versenkt wurde, fuhr die Cutty Sark noch 1922 als Barkentine getakelt und in „Ferreira“ umgetauft im Handelsverkehr. Im Hafen von Falmouth erkannte sie ein pensionierter Kapitän und kaufte sie ihren portugiesischen Eignern ab. Die portugiesischen Matrosen nannten das Schiff im Bewusstsein ihres ursprünglichen Namens „La pequena camisola“. Zunächst als Schulschiff benutzt lag die Cutty Sark seit 1954 als stationäres Museumsschiff in einem Trockendock in Greenwich.

Bug von Backbord
Bug von Backbord

Der Bausatz

Das Modell der Cutty Sark im Maßstab 1:96 von Revell ist eine außerordentlich gute Nachbildung dieses Schiffes. Im Ernst, Holzbausätze für deutlich mehr Geld können in der Abbildungsqualität nicht mithalten. Natürlich gibt es immer was zu nörgeln – oder eine Herausforderung mehr. Die gute Qualität der Abbildung gilt auch für die kleineren Modelle der C. S. von Revell. Neben dem „Bau aus dem Kasten“ bleiben Optionen für einige Änderungen und Umbauten z.B. in verschiedene Takelungszustände bis hin zur Umtakelung zur Barkentine von 1916. Natürlich lassen sich auch Details noch verfeinern – das Tauende in die Hand der Galionsfigur etc. etc. etc. Aber o.o.B. ist das Modell schon sehr schön. Bei einer Gesamtlänge von der Baumnock zur Klüverbaumspitze von 90 cm  und einer Höhe von etwa 55 cm wird es schon ein imposanter Zimmerschmuck. Durch das Hobby eines ihrer Kapitäne, der Fotografie, ist das Schiff sehr gut dokumentiert. Es dürften so ziemlich alle existierenden Bilder im Netz veröffentlicht sein. Das Cutty Sark Museum hilft sicherlich auch gern.

So, zurück zum Bausatz. Die Bau- und Takelpläne sind übersichtlich und leicht verständlich, also auch für Anfänger geeignet. Alle zu klebenden Teile passten sehr gut, Gussgrate hielten sich in Grenzen und waren sehr dünn. Etwas problematisch gestaltete sich das Einpassen der Quarter- und Backdecksplatten. Hier klafften recht große Spalten zwischen Deckskanten und Bordwand. Mit starken Gummibändern war dies aber schnell behoben. Es bietet sich übrigens an, im Schiffsrumpf mit Silicon fixierte Gewichte einzubauen. Weniger um Schwimmfähigkeit herzustellen (aber auch eine Idee…) als ein Umkippen des aus doch recht leichtem Material bestehenden Modells mit der sehr hohen Takelage zu verhindern.

Die mir aufgefallenen Fehler oder Unterlassungen an dem Bausatz sind klein an der Zahl. Der versierte Modellbauer kann sie auch mit Leichtigkeit beheben. Das Original besaß vier Beiboote, dem Bausatz liegen nur drei bei. Ein Boot wurde auf dem vorderen Deckshaus gestaut, die drei anderen lagen auf Klampen zwischen den Davits am mittleren Deckshaus. Über die Bemalung der Boote lagen einer der Kapitäne und ihr Eigner ständig im Streit. Ich entschied mich für die Wünsche des Schiffsführers Richard Woodget, also Weiß. Willis bevorzugte Schwarz. Woodget war es auch der dem Schiff zu großem Ruhm verhalf. Unter seiner Führung absolvierte sie ihre schnellsten Reisen.

Ein weiterer Kritikpunkt sind die Takelblöcke. Ein Schiff von dieser Größe fuhr eine Vielzahl verschiedenster Blöcke. Dem Bausatz liegt nur eine Größe, allerdings in unterschiedlicher Ausführung, bei. Das ist bei Revell aber üblich. Da haben die Columbusschiffe, britische Kohlensegler, amerik. Fregatten und Rennyachten sowie Teeklipper alle die gleichen Blöcke. Auch hier ist also der Modellbauer gefordert – wenn er denn will. Kein Muss aber eine schöne Erweiterung des Bausatzes wäre eine Ausstattung mit allen Leesegeln statt nur der Mars- und Bramleesegel. Vielleicht sogar noch des „Save all“ und Broadwinnertuchs. Die von mir zusätzlich angebrachten Segel sind an Fock- und Großmast die Oberbramleesegel sowie das Vorunterleesegel. Die asymmetrische Takelung war je nach Wind und zu fahrendem Kurs durchaus üblich. Das dreieckige Unterleesegel am Fockmast scheint ungewöhnlich, doch zeigten es die mir zur Verfügung stehenden Abbildungen. Bei Vergleichen mit den zum Teil zeitgenössischen Abbildungen fiel auf, dass die Untersegel wohl etwas zu klein geraten sind. Das Rohmaterial für die Segel entnahm ich dem großen Constitutionbausatz von Revell.

Der Takelplan ist zum Teil unvollständig. So sind zum Beispiel die Schoten der Schratsegel ausnahmslos einfach dargestellt. Diese Segel besaßen aber alle doppelte Schoten mit Belegpunkten an Back- und Steuerbord, um ein schnelles Verholen der Segel zu gewährleisten. Auch fehlten Hinweise zur Takelung der Halsen. Da ich keinen originalen Takelplan hatte, wählte ich sinnvolle Belegpunkte nach Gutdünken.

Hier eine Anmerkung zur Befestigung der Nagelbänke: Der bestmögliche Kleber steht hier an. Vielleicht sollte man auch die Klebeflächen mit gefalztem Plastiksheet vergrößern. Denn der Zug der über hundert Fäden ist nicht eben wenig.

Blick von oben auf das Backdeck
Blick von oben auf das Backdeck

Entgegen den sonst üblichen Takelanweisungen wurden zuerst nur die Wanten getakelt, dann das eng an den Masten und Rahen laufende Gut, anschließend die Stage mit ihren Segeln, danach die Pardunen und zum Schluss die Brassen, Halsen und Schoten der Untersegel. So war es einfacher, die Belegpunkte an den Mastfüßen und im Bereich der Wanten und Pardunen zu erreichen. Alle Rahen waren vor dem Anbau an die Masten vollständig getakelt. Die dem Bausatz beiliegenden Garnrollen wurden, ebenso die Kunststoffwanten, dem Hausmüll beigegeben. Erstens bestanden sie aus glänzendem Synthetikmaterial, zweitens waren sie durch maschinelle Wicklung nahezu flach gewalzt und drittens in zwei kaum brauchbaren Durchmessern. Die Wanten wurden durch dickeres und rundes Garn ersetzt und die Webleinen mit dünnerem Zwirn eingeknotet. Die Wanten fixierte ich mit dünnflüssigem Klebstoff.

Um das fast vollbesegelte Schiff in seinem Element darzustellen wurde es in eine passend ausgeschnittene Styroporplatte gesetzt, das Meer mit Papiermache und Gipsbinden modelliert und mit Abtönfarben und Acryllack gestrichen. Dies war mein erster Versuch, bewegtes Wasser herzustellen – das ist aber ein Thema für sich. Mittlerweile habe ich einige Sachen mit meist zufriedenstellenden Ergebnissen ausprobiert. Silicon gehört allerdings nicht dazu, sieht sch…. aus.

In dem Bericht für ModellFan (Februar 1998) schrieb ich einen Betrag von 170 DM für den Bausatz plus 40 DM für ein weiteres Boot und Takelgarn. Das Namenschild aus Messing hat etwa 10 Mark gekostet. Das Modell steht zum Schutz gegen Staub und neugierige Hände in einem Glaskasten – der hat schätzungsweise 200 DM gekostet. Das Umrechnen in Euro halte ich für müßig. Die Gesamtkosten würden heute inkl. Glaskasten bei etwa 300 € liegen. Eher mehr.

Revell hat den Bausatz in zwei weiteren geringfügigen Variationen auf den Markt gebracht. Einmal als Thermopylae und später dann noch – wie phantasievoll – als Pedro Nunez. Auf einer englischsprachigen Internetseite benutzt jemand den Ausdruck „Cloned Kit“, sehr treffend. Nach eingehender Beobachtung stelle ich fest, alle drei Schiffe sind die Cutty Sark. Aber das ist wohl nichts Neues. Geändert wurde nur das achtere Deckshaus und die Galionsfigur, und natürlich die Bemalungsvorschläge. Dabei sah Thermopylae ganz anders aus als Cutty Sark, aber, wie oben schon gesagt, auch von Holzbausätzen nicht zu übertreffen. Schon gar nicht bei dem Preis.

Ich habe das Schiff noch in 1:140 (?) und 1:350 vorliegen und überlege für den größeren Bausatz einen Umbau in die Barkentine Ferreira bzw. Maria do Amparo. Das kleine Modell könnte man mit einem noch zu suchenden zeitgenössischen Dampfermodell in einem Diorama darstellen. Zukunftsmusik.

Blick von Großskysegelrah
Blick von Großskysegelrah

Groß- und Kreuzmast
Groß- und Kreuzmast

Heckpartie
Heckpartie

Ansicht Backbord vom Beiboot aus
Ansicht Backbord vom Beiboot aus

Weitere Bilder

KreuzmastSteuerbordfockleesegelAnsicht von Backbord vorausAnsicht von Steuerbord vorausAnsicht von Backbord achterausAnsicht von Backbord achteraus

Kreuzmast

Kreuzmast 

Frank Brüninghaus

Publiziert am 23. März 2011

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