Plastikmodellbau Online-Kurs für Anfänger LI

Alte (engl. = Vintage) Bausätze

von Thomas Lutz

Zu Beginn unseres Online-Kurses für Anfänger haben wir in Teil I in der Historie auf den Anfang des Plastikmodellbaus hingewiesen und einige Beispiele alter Bausatzhersteller genannt - siehe... In diese Thematik möchten wir jetzt, in diesem Teil des Kurses noch etwas mehr Informationen und Hinweise geben.

Anfänger im Plastikmodellbau werden sich in aller Regel die ersten Bausätze aus dem aktuellen Lieferprogramm der derzeitigen Hersteller beschaffen. Das läuft über den Onlinehandel, Auktionsplattformen oder beim Händler vor Ort. Im Ladengeschäft gibt es bestenfalls auch eine Kaufberatung von (manchmal) fachkundigem Personal. Modellbausätze gibt es aber auch von Privat, von Sammlern, als Geschenke oder vom Flohmarkt und in diesen Fällen kann es auch mal vorkommen, dass man sehr alte Bausätze in die Hände bekommt. 

Vintage

Vintage-Bausätze beginnen zeitmäßig circa in den Jahren vor 1970 und können als wahre Raritäten unter Umständen bis in die 1940er Jahre zurückgehen. Was aber ist nun bei solchen alten Bausätzen zu beachten?

Wer einen alten Bausatz hat, sollte sich zunächst überlegen, ob man ihn zum Modell baut oder es vielleicht einen neueren Basuatz zum gleichen Vorbild gibt. Ein alter Bausatz kann durchaus zur wertvollen Rarität werden und man könnte für den Erlös gleich mehrere neue Bausätze für sein Hobby erstehen. Das sollte aber jeder für sich selbst entscheiden.

Die ersten Bausätze ab 1936 wurden noch aus Celluloseacetat gefertigt. Ab 1949 wurden die Bausätze aus den Werkstoffen Polycarbonat und Polystyrene gemacht, Kits aus Polystyrol kamen ab 1954 auf den Markt. Keine Bange muss man haben, dass derlei alte Schätzchen heute noch chemische Stoffe ausdünsten. 

Decals

Wasserschiebebilder (engl. = Decals) sind sehr empfindlich gegen Feuchtigkeit, Nässe, Hitze und Sonneneintrahlung. Im Online-Kurs Teil 21 „Decals“ haben wir bereits sehr ausführlich darüber berichtet und auch in Teil 27 „Bausätze lagern“ sind Tipps dazu enthalten. Im Normalfall ist aber davon auszugehen, dass bis zu 50 Jahre alte Decals nicht mehr zu gebrauchen sind.  

Reifen

In vielen Fahrzeugbausätzen der früheren Jahrzehnte waren die Reifen ebenfalls wie die anderen Teile aus Plastik. Zumindest ab den 60er Jahren gab es dann Reifen aus Vinyl, einem sehr weichen Kunststoff. Diese Reifen enthielten eine gehörige Portion Weichmacher und dünsteten stark aus: der Weichmacher „kroch“ zudem in das Plastik der Felgen, die sich dann mit den Reifen zusammen verformten. Wer solche Reifen noch in alten Bausätzen vorfindet, sollte sie entweder austauschen oder als Kriechsperre in das Felgenbett Alustreifen einkleben.

Plastik

Die im Plastikmodellbau verwendeten Kunststoffe haben eine Halbwertszeit von mind. 450 Jahren, trotzdem sind einige Bauteile nicht vor Schäden sicher. Bei falscher oder unsachgemäßer Lagerung von Bausätzen treten bei langen Rahmenteilen von Trucks, Seitenwänden von Anhängern oder Flügeln von Flugzeugen auch schon mal Krümmungen auf oder die Teile verbiegen sich. Die meisten Bauteile an den Gießästen behalten aber Form und Qualität auch nach Jahrzehnten noch ohne Probleme.

Originaler Inhalt oder Betrug

Fangen wir beim Preis an: findet sich ein Vintage-Bausatz auf dem Flohmarkt oder online für 5 bis 10 Euro, dann ist es relativ egal, ob der Inhalt original oder ausgetauscht neu ist. Für diesen Preis kann man nichts falsch machen und Hauptsache, der Inhalt passt zu dem, was außen drauf steht. Ersteht man eine so vom Verkäufer angepriesene Rarität, die 50 bis 100 Euro (oder mehr) kostet, sollte schon der originale Inhalt von damals auch drin sein. Falls der Inhalt ausgetauscht wurde, ist das schon Betrug. 

Da ich keinen dieser uralten Bausätze besitze und auch von anderen Sparten, außer Cars und US-Trucks keine Ahnnung habe, darf ich für diesen Beitrag meine eigene Sparte als Beispiel wählen. Wie die ersten und sehr alten Bausätze außen und innen verpackt waren und auf welche Merkmale zu achten sind, wissen vermutlich nur einige Experten und / oder Sammler. Im Bereich der Stock Car-Bausätze gab es einige eindeutige Sachverhalte. Als Beispiel dient der Monogram Bausatz Nr. 2917 für den #46 „City“ Chevrolet Lumina. In diesem Kit müssen original die Bauteile gelb sein, beim Bausatz Nr. 2920 #18 „Hardees“ Lumina war der Kunststoff in Orange und beim Nr. 2466 für den #75 „Factory Stores“ Ford Thunderbird (siehe Foto) waren die Teile blau. Bekommt man also einen dieser Bausätze mit weißen Plastikteilen drin, wurden die Innenbeutel ausgetauscht. Auch wenn der Inhalt wahrscheinlich aus den korrekten Chevrolet Lumina und Ford Thunderbird besteht, entsprechen die Bausätze nicht mehr dem Original. Rechtlich gesehen gilt das bereits als Betrug.

Die Limited Edition NASCAR Kits von Revell hatten einen höheren Kaufpreis und werden dementsprechend auch als Gebrauchtware höher gehandelt. Im Karton muss sich dann aber auch ein Zertifikat befinden, ein Hochglanz-Farbfoto des Autos oder Fahrers und Reifen mit bereits aufgedruckter „Goodyear“-Beschriftung. 

Rarität

Die Definition des Begriffes Rarität lautet: Etwas sltenes und wertvolles oder kostbares. Dabei muss eine Rarität nicht zwangsläufig auch etwas altes sein oder gar eine höhere Qualität aufweisen. Bei manchen Produkten kommt es auch auf die Menge an, die am freien Markt noch verfügbar ist. 

Wer beurteilt nun, was eine Rarität ist und was nicht? Das kann z.B. von Experten (wie bei Bares für Rares), seriösen Sammlern oder auch von Auktions- und Pfandhäusern gemacht werden, aber auch vom sich selbst regulierenden Markt. 

Mancher Verkäufer schmückt seine Angebote gerne mit dem Zusatz „Rarität“. Das dient dazu, einen höheren Preis einzustellen, aber oft ist das nur eine Finte, um potentielle Käufer in die Irre zu führen. Nicht alles, was als Rarität angeboten wird, ist auch tatsächlich eine. Stellen wir drei Beispiele vor:

Der MPC Bausatz Nr. 1-7503 „1975 Pontiac Ventura Sprint“ erschien 1975 und kostete damals wahrscheinlich weniger als 10 Dollar. Beim Umzug von MPC und AMT in die Fabrikhallen von Ertl nach Dyersville, Iowa, gingen dann einige Pressformen verloren. Der Pontiac Ventura wurde nie wieder aufgelegt und wurde auch von anderen Herstellern nicht angeboten. Das machte diesen Bausatz schnell zur echten Rarität. Falls ein Bausatz in den USA überhaupt einmal auftauchen sollte, dürfte sich der Preis für einen originalverpackten Kit in einem dreistelligen Bereich bewegen.

Modellbaufreunde, die eine Vickers Wellington im Maßstab 1:72 bauen wollen, haben eine große Auswahl an verfügbaren Bausätzen von diversen Herstellern - darunter auch den Bausatz von Airfix, der erstmals im Jahr 1959 mit der Artikelnummer 1419 aufgelegt wurde. Noch älter war im Übrigen ein Bausatz von Frog Models aus dem Jahr 1939. Airfix legte diesen Bausatz mit nachgearbeiteten oder neueren Spritzgussformen im Laufe der Jahre bis heute mindestens zehnmal wieder auf. Natürlich hat der Bausatz von 1959 bei Sammlern einen höheren Wert, aber wer das Flugzeug bauen möchte, sollte keine Rarität kaufen, sondern eine aktuellere Auflage.

Sammeln

Reine Sammler von Modellbausätzen sind eher selten. Viele Modellbauer werden im Laufe der Jahre des Hobbies von selbst zu Jägern und Sammlern. Beim Sammeln von Bausätzen ist alleine zur Werterhaltung und dem Zustand der Kartons einiges zu beachten. In unserem Online-Kurs Teil 27 „Bausätze lagern“ haben wir dazu bereits viele Tipps und Ratschläge gegeben. Einfach nochmal durchlesen und dem Sammeln steht nichts mehr im Weg!  

Thomas Lutz

Publiziert am 30. November 2025

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