Plastikmodellbau Online-Kurs für Anfänger XVIX.

Airbrush

von Thomas Lutz

Francis Edgar Stanley patentierte im Jahr 1876 mit dem US-Patent Nr. 1822389 einen „Zerstäuber“ der als das erste Patent einer Airbrushpistole gilt. Weitere Patente in den USA und England von Abner Peeler, Charles Burdick, Jens Paasche und Dr. Allen DeVilbiss waren Weiterentwicklungen für einen Zweistoff-Zerstäuber.

Dr. DeVilbiss war ein HNO-Arzt und entwickelte den Airbrush, um seinen Patienten besser Medikamente verabreichen zu können. Paasche und DeVilbiss Airbrushes werden bis heute produziert.

Brauche ich überhaupt einen Airbrush?

Bevor wir losziehen und uns für viele Euronen ein solches Präzisionsgerät „Airbrush“ zulegen, sollte man nochmal überlegen. Betrachten wir den Bereich der Automodelle. Eine These, die man aufstellen könnte, wäre: Je kleiner der Maßstab, desto eher ist ein Airbrush geeignet. Nach meiner persönichen Meinung gilt das aber nur bedingt. Im Maßstab 1:120 und kleiner mit einem Airbrush zu arbeiten erscheint mir überdimensioniert. Bei so kleinen Modellen sollte man mit Pinselbemalung und u.U. mit Drybrush (Trockenmalmethode) schon beste Ergebnisse erzielen können. Für die Maßstäbe ab 1:87 bis 1:20 kann man mit dem Airbrush gut arbeiten, wobei es schon eine arge Quälerei sein kann, einen 1:24 Trailer komplett zu Brushen. Da bleibt schon die Frage ob man, selbst mit viel Übung, den Farbauftrag einheitlich hinbekommt. Ab dem Maßstab 1:12 und größer sollte man, zumindest für die großen Flächen, mit Spraydosen oder einer Niederdruck-Lackierpistole besser bedient sein, aber das soll natürlich jeder für sich selbst entscheiden.   

Airbrushtechnik

Die Funktionsweise einer Airbrushpistole ist es, Farbe und Luft zu vermischen und trocken in trocken auf ein Medium aufzubringen. Das ist der wesentliche Unterschied zu Lackierpistolen, die nass in nass arbeiten.

Badger 200 Single Action (Saugsystem)

Es werden drei Funktionstypen unterschieden. Beim Single Action Airbrush wird nur die Druckluftmenge über einen Bedienhebel geregelt. Die Farbmenge wird vorher festeingestellt.

Iwata CR-3 Double Action (Fließsystem)

Die Double Action-Pistole steuert Luft- und Farbmenge über den Bedienhebel. Durch Herunterdrücken wird die Luftzufuhr reguliert und durch gleichzeitiges Zurückziehen die Menge der Farbe.

Efbe Control Double Action (seitliches Fließsystem)

Drei deutsche Hersteller (Harder & Steenbeck, Efbe und Gabbert) bieten Control Double Action Geräte an, bei denen die Funktionen nur durch das Ziehen des Bedienhebels geschehen.

Bei allen Systemen gibt es noch den Unterschied der Farbzufuhr. Bei einer Fließbecherpistole fließt die Farbe allein durch die Schwerkraft entweder aus einem offenen Farbraum oder aus einem oben liegenden Farbbecher zur Farbdüse. Pistolen mit Saugbecher haben einen hängenden Behälter, aus dem die Farbe mit Unterdruck zur Farbmischung gelangt. Pistolen mit Seitenanschluß, bei dem der Farbbehälter seitlich angebracht ist, gibt es sowohl als Fließ- oder als Saugsystem. Efbe Airbrushes gibt es auch mit einem drehbaren Seitenbecher mit Deckel, womit theoretisch sogar Arbeiten über Kopf möglich sind. 

Efbe Professional Control Double Action (drehbarer Becher)

Einfache Pistolen arbeiten meistens mit einer Außenmischung, bei der Farbe und Luft vor der Düse vermischt werden. Höherwertige Airbrushes zerstäuben innerhalb des Gehäuses.

Airbrushes wurden zuerst in der Medizintechnik und der Fotoillustration, Fotoretusche, der Werbung und von Künstlern benutzt. Lackierer, Porzellanmaler und Modellbauer kamen später als Anwender dazu.

Das Arbeiten mit einem Airbrush erfordert einiges an Übung, kann aber von jedem erlernt werden. Anfängerkurse werden von Volkshochschulen, Läden aus dem Bastlerbereich und von Profi-Airbrushern angeboten. Der Autor hat vor Jahren an einem Airbrushkurs an der Handwerkskammer Aschaffenburg (vier Samstage) teilgenommen, zusammen mit Autolackierern und Porzellanmalern.

Ein Kurs ist auf jeden Fall empfehlenswert, um die Grundtechniken, Funktionen, Materialkunde und Handhabung - auch durch praktische Übungen - zu erlernen. Danach geht es ans Üben, Üben, Üben.  

Die Anschaffung eines Airbrushes (Tip: Wenn dann richtig) mit Zubehör, einem Kompressor, einer Absauganlage und weiterer Technik hat, bei entsprechender Qualität, selbstredend auch ihren Preis. Wer eine Möglichkeit in erreichbarer Entfernung hat, sollte sich im Fachhandel beraten lassen.

Einsteiger-Sets

Von z.B. Revell, Badger, Tamiya und anderen gibt es Einsteigersets mit einer einfachen Single Action Airbrush mit Außenmischung, einer Druckluftflasche und einem Grundfarbensortiment ab etwa 40 Euro. Von diesen netten Angeboten nehmen wir bitte gleich mal Abstand, denn das ist rausgeworfenes Geld.

Als ersten Airbrush darf es gerne eine Single Action Pistole sein, die zwar günstiger als eine Double Action, aber eigentlich weniger geeignet für Modellbau sind. Dazu kommt ein Kompressor, der einen über ein Manometer regelbaren Drucktank verfügt und mit einem Öl-und Wasserabscheider ausgestattet ist. Kolbenkompressoren sind billigeren Membrankompressoren vorzuziehen, da sie eine gleichmäßigeren Luftstrom erzeugen. 

Hansa Single Action (Saugsystem offener Becher)

Einsteiger-Single Action Airbrushes in guter Qualität gibt es von Iwata, Badger, Tamiya, Harder & Steenbeck, Triplex und Hansa bereits ab 100 Euro.

DeVilbiss Double Action DGR 501

Wer gleich mit den höherwertigen Double Action-Pistolen anfangen möchte, kann wählen von den o.g. Herstellern und Pistolen von Gabbert, Efbe, Thayer & Chandler, DeVilbiss und Paasche oder der innovativen Aztek von Testors. Wer sich eine gebrauchte Airbrush zulegen möchte, sollte unbedingt darauf achten, dass die Rückzugnadeln nicht verbogen sind, der Farbraum keine festgebackenen Farbreste enthält und die Dichtungen erneuert wurden.

Testors Aztek Airbrush

Special:

Alle bisher vorgestellten Airbrushes wurden ursprünglich für Künstler, Lackierer, Retuschierer oder industrielle Anwendungen konstruiert und gebaut. Hobbykünstler und Modellbauer haben diese Präzisionswerkzeuge übernommen und sich zu Nutze gemacht. Die Revell-Airbrushes sind Patentprodukte von Badger, USA. Die typischen Airbrushes, also Lackierstifte mit Metallgehäuse, Bedienhebeln und Dosiernadeln aller Hersteller ähneln sich in Form und Konstruktion. Der erste wirkliche speziell für den Modellbau, konstruierte Airbrush wurde von Testors auf den Markt gebracht. Das Gerät unterscheidet sich bereits stark von den seitherigen Airbrushes durch sein ergonomisch geformtes Kunststoffgehäuse und durch die Art der Düsen, die in Modulbauweise gewechselt werden können.  

Zur Airbrush-Grundausstattung kommen noch weitere Anlagen und Zubehör dazu. Für Innenräume ist eine Absauganlage Pflicht, die in einer Airbrush-Spritzkabine integriert werden kann. Ein Haltesystem für die Modelle z.B. von Tamiya der Spray Work Holder, ein Drehsockel (selbstgebaut geht auch) und ein Spritzbehälter für Farbreste. Ein Tischhalter, um den Airbrush kurz abzulegen, ist ebenfalls eine sinnvolle Anschaffung. Im Handel gibt es speziellen Airbrushreiniger und Reinigungsstäbchen für den Farbraum.

Die Sicherheitshinweise für das Lackieren gelten auch fürs Airbrushen, auch wenn mancher denkt, dass der niedliche Airbrush keines Atemschutzes erfodert. Derjenige denkt leider falsch und gefährdet seine Gesundheit. Auch wenn die Airbrushfarben auf Wasserbasis sind und die Farbmenge geringer ist wie beim Lackieren, ist doch das Aerosol feiner und die Pigmente finden ihren Weg in die Atemwege. Es gilt die goldene Regel: Grundieren, Lackieren und Airbrushen immer nur mit Atemschutzmaske!

Im zweiten Teil 19b des Online-Kurses stellen wir noch die Farben und Zusatzmittel vor. Fortsetzung Coming soon ...

Thomas Lutz

Publiziert am 16. Februar 2025

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