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Die zweite Karriere von alten Bausatzfiguren

von Thomas Ehrensperger

Warnung: Bei allen unseren Tipps & Tricks immer an die Sicherheit denken und wenn möglich erst an einem Probestück ausprobieren.


Immer wieder sind einem Bausatz Figurenmodelle beigelegt, was den Modellbauer grundsätzlich freut. Häufig, vor allem bei älteren Bausätzen, hört oder liest man immer wieder: „taugen nur noch für die Tonne“. Tatsächlich sind die Figuren meist nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit, was z.B. Mimik, Gestik, Faltenwurf der Uniform anbelangt. Auch die Körpergröße ist ein Thema. So muten die beiden Kameraden aus dem alten Opel-Blitz-Bausatz von Italeri eher wie Crash-Test-Dummies auf einer Parade an. Wer vorschnell zur Tat – sprich Entsorgung – schreitet, sollte unbedingt innehalten und überlegen, was davon noch zu gebrauchen ist. Gut, die Feldmützen und Stahlhelme … sehr bedingt.

Die zweite Karriere von alten Bausatzfiguren

Die Stiefel

… lassen sich noch als Fußspuren-Stempel verwenden - mit Säge und Skalpell abgetrennt, auf ein Holzklötzchen mit Draht und etwas Sekundenkleber montiert. Man kann so ein Teil auch kaufen. 3D-Druck mit Schuhnägeln auf der Sohle; damit kann man natürlich nicht konkurrieren. Aber auch Altes lässt sich weiterverwenden statt es wegzuwerfen. Nachhaltigkeit sagen die einen, Sparsamkeit die anderen.

Auch das Unterteil einer Figur kann einen Kameraden vom Wartungstrupp darstellen, der sich reparierend unter einem Fahrzeug liegend befindet, vielleicht auf einem Rollbrett (die Bundeswehrler finden eines bei Dolp, die anderen müssen basteln …). Nur die Beine ragen unter dem Fahrzeug hervor, der Rest ist sowieso nicht zu sehen. Eine Werkzeugkiste macht die Illusion perfekt.

Die zweite Karriere von alten Bausatzfiguren

Der Oberkörper

Bei der vom Opel Blitz übriggebliebenen Figur setzt man mit der Feinsäge im Bereich Hals an und sägt entlang des Kragens, so dass ein Torso entsteht. Wenn die Figur aus einzelnen Komponenten besteht (Kopf, Oberkörper, Beine), umso besser, das vereinfacht das Ganze. Der so gewonnene Torso soll einmal als Halbfigur die Luke eines Panzerfahrers zieren (finnischer T-50 von Mirage). Eigentlich brauchen wir den Oberkörper dabei nur als Träger für einen neuen Kopf, der zum Thema passend gewählt wurde. Sind die Feldjacke und die Arme optisch akzeptabel, kann man auch an eine Turmluke denken, zumal finnische Uniformen teilweise an deutsche Uniformteile erinnern mögen.

Sitzproben im T 50
Sitzproben im T 50

Sitzproben im T 50
Sitzproben im T 50

Sitzproben im T 50
Sitzproben im T 50

Die Köpfe

Ich bevorzuge eigentlich Hornet-Köpfe, von Roger Saunders gestaltet und in großer Auswahl erhältlich, nur der hat eben keine Finnen. An den Figuren schätze ich besonders die akzentuierten Gesichtszüge und die „langen“ Hälse, die mir viel Spielraum beim Einbau lassen. Die Miniaturen sind in Resin gefertigt und schnell – will heißen ohne viel Nacharbeit – einbaubereit. Sie werden im Idealfall nur angepasst, nachdem man die Halsmulde aufgebohrt und wenn nötig, etwas ausgefräst hat, mit Sekundenkleber befestigt. Gegebenenfalls verbindet ein Stück Draht Kopf und Torso. Möglicherweise muss noch etwas Flüssigspachtel einen kleinen Spalt verschließen. Im vorliegenden Fall verwende ich Köpfe finnischer Soldaten im Sommeroutfit von The Bodi Model (#35071), einem ungarischen Hersteller.

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Von links nach rechts: (1) finnische Sommermütze (ursprünglich für Offiziere) (2) Stahlhelm mit deutscher Anmutung* (3) finnische Feldmütze m/36 (4) lederner Panzerfahrerhelm (ähnlich dem sowjetischen Modell) (5) italienischer Stahlhelm m/33

*Die Stahlhelme der finnischen Armee deckten ein breites Spektrum ab; neben heimischen Produkten finden sich auf Photographien verschiedenste Formen von Helmen, die zumindest Ähnlichkeiten mit dem österreichisch-ungarischen M16 und zum deutschen M35 aufweisen. Man nahm offensichtlich alles, was verfügbar war.

Von weiteren Herstellern wie beispielsweise Royal Model aus Italien werden neben Resinfiguren Köpfe, teilweise auch Hände angeboten, die nicht nur zur Variation zeitgemäßer Figuren herhalten, sondern uns auf den Spuren Victor Frankensteins wandeln lassen.

Nicht nur Resin-Figuren liegt häufig ein zweiter Kopf bei, sondern auch bei zeitgenössischen Figurensets in Plastikspritzguss werden gelegentlich Köpfe oder Kopfbedeckungen zur Auswahl mitgeliefert; eine willkommene Bereicherung der Ersatzteilkiste, wie ich finde.

Inzwischen sind auch Figuren und Köpfe erhältlich, die im 3D-Druckverfahren hergestellt werden (z.B. von FC Model Trend). Von den sechs Finnen (#37236) tragen fünf graue Wintermützen, die meist aus Kunstpelz gefertigt waren. Ein Kopf ist wahrscheinlich mit der Fellmütze m/22 ausgestattet. Sie werden eines Tages (vermutlich Ende des Jahres) mit einem erbeuteten T-28 auf einem Diorama durch den künstlichen Schnee „plockern“. Die Köpfe erscheinen mir etwas „flach“, zumindest hatte ich sie mir nach einer Abbildung stärker im Ausdruck vorgestellt, was vielleicht (noch) produktionstechnische Gründe haben mag. Alle zu entfernenden Stützstrukturen sind auf jeden Fall auf der Rückseite der Miniaturen.

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3D-Druck-Köpfe in Winterausführung (turkislakki m/39) – Beim sechsten Kopf (dritter von links) könnte es sich um eine Fellmütze m/22 handeln.

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Zum Vergleich fünf Sikhs von Hornet aus der Werkstatt von Roger Saunders, die einmal auf ein Atlantikwall-Diorama sollen (Wehrmachtfigur + Sikh-Kopf = Indische Legion). Oder doch nach Nordafrika?

Hinweise

Inzwischen gibt es zahlreiche Hersteller von Resinfiguren, von Köpfen und Händen. Nachstehende Auswahl ist nicht vollständig, sie entspricht einzig und allein meinen Vorlieben.

Die Produkte der genannten Firmen lassen sich zum großen Teil über den Modellbauversand in Deutschland erwerben.

Als Referenz zur finnischen Armee, Ausrüstung und Bekleidung ist folgender Link zu nennen:

https://www.jaegerplatoon.net (englisch, mit vielen Abbildungen, sehr empfehlenswert)

Es lohnt sich, sich dort einmal umzusehen - zumal der Mix an Ausrüstungsgegenständen genauso spannend war wie bei Fahr- und Flugzeugen.

Thomas Ehrensperger

Publiziert am 04. Juni 2024

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