Vitrinen selbst gebautvon Frank MeißnerWarnung: Bei allen unseren Tipps & Tricks immer an die Sicherheit denken und wenn möglich erst an einem Probestück ausprobieren. Heute möchte ich bei Modellversium mal ein ganz anderes Projekt vorstellen, dass aber eng mit dem Thema Modellbau verbunden ist. Die Frage, die sich jedem Modellbauer stellt, wenn er viele Stunden in den Bau seines Meisterwerks investiert hat ist: “WO STELLE ICH ES HIN?” Wer meine Beiträge auf dieser Webseite verfolgt hat weiß, dass mein bevorzugter Maßstab 1:72 ist. Diesen habe ich unter anderem gewählt, weil die Lagerung der fertigen Modelle nicht so viel Platz beansprucht. Nun gibt es aber auch Fälle, wo “erst kaufen, dann denken” zutrifft. Dies war der Fall, als ich ein Angebot der Flower Class Corvette von Revell im Internet fand. Ebenso wurde mir von Modellbaufreunden berichtet, dass das Schnellboot von Italeri in 1:35 ein imposantes Modell ist. Also habe ich auch dieses bei einer guten Gelegenheit erworben.
Nun also wieder zur Anfangsfrage: wohin damit? Beide Modelle sind ca. einen Meter lang und passen somit nicht in einen üblichen Schrank, der ja in der Regel 80 Zentimeter breit ist. Vor einiger Zeit wurde mein Modell des Revell Schnellbootes S-100 in 1:72 hier vorgestellt. Ich hatte Glück und ein Modellbaufreund hat mir eine Vitrine verkauft, in das das Modell perfekt hineinpasst. Der Gedanke war also, etwas ähnliches, nur viel größer zu benutzen. Eine Recherche im Internet führte zur Ernüchterung, weil keine Vitrienen der benötigten Groesse zu bekommen waren. Als letzte Alternative blieb also nur das Selberbauen von zwei Schaukästen.
Ich selbst habe keine Ahnung, wie das geht und war auf Hilfe angewiesen. Glücklicherweise ist mein Freund Dave Hobbytischler. Er hat hinter seinem Haus in einem extra Gebäude eine vollausgestatte Tischlerwerkstatt mit Polier- und Lackierräumen. Unser Plan sieht jeweils eine Rückwand vor, an die horizontal ein Regal angebracht ist. Dieses wird von drei Stützen gehalten, um das Gewicht dauerhaft abzustützen. Die eigentliche Vitrine besteht aus Acrylglasplatten. In der Konstruktion sind Nuten eingelassen, um einen staubdichten Verschluss zu gewährleisten. Die Dimensionen des eigentlichen Schaukastens betragen 123 cm Länge, 28 cm Breite und 44 cm Höhe. Im ersten Schritt mussten die Materialien beschafft werden. Die Acrylglasplatten habe ich bei TAP Plastics in Nord-Kalifornien bestellt. TAP hat die Platten in der von mir gewünschten Größe zugeschnitten und die Klebekanten behandelt. Es ist unbedingt notwendig, dass diese Flächen absolut gerade und exakt sind. Ebenso ist eine angerauhte Oberfläche der Verbindungsflächen sinnvoll, um die Klebeverbindung der Einzelteile zu erhöhen. Dazu ist ein spezieller Kleber notwendig, den ich ebenfalls von TAP beschafft habe.
Begonnen haben wir mit dem Zusammenbau der Schaukästen, indem wir alle Teile ausgerichtet und mit Klebeband fixiert haben. Der Klebevorgang muss zügig und gleichmäßig erfolgen. Danach beträgt die Wartezeit bis zur vollständigen Aushärtung 24 Stunden. Die Holzplatten, die später an der Wand hängen, wurden zugeschnitten. Am Rand wurde die Nut eingefräst. Ebenfalls wurde eine Nut in 2,5 cm Breite im Bereich des Regals gefräst. Nun wurde das Regal mit den dazugehörigen Stützen eingeklebt. Den Rand der Holzplatten und Regale haben wir dann mit Vollholzlatten umrandet, um einen Abschluss für die Nut zu erhalten. Ebenso verdeckt man so die Schichten des Holzbordes, was dann schöner aussieht.
Der nächste Schritt besteht aus viel Spachtelarbeit! Hier werden alle Unebenheiten ausgeglichen und Klebstoffreste entfernt. Es ist ein sehr gründliches Arbeiten erforderlich, weil sonst später alle Macken deutlich sichtbar wären. Dies muss mehrfach wiederholt werden, bis ein brauchbares Ergebnis entsteht. Jetzt wird der Primer/Grundierung aufgetragen, um die Holzporen zu verschliessen und die Oberflächen für den Beizlack vorzubereiten. Dieser wird in dünnen Schichten aufgetragen. Mit einem Tuch und in den Ecken mittels Pinsel werden Überschüsse entfernt. Dieser Schritt ist ebenfalls bis zum Erhalt einer gleichmäßigen Oberfläche zu wiederholen. Man kann die Wartezeit dann so wie wir es getan haben, mit einer Zigarre und selbstgebranntem Whisky verbringen!
Danach wird die Oberfläche wieder mit sehr feinem Schmirgelpapier aufgeraut und der Glanzlack mit einer Spritzpistole aufgetragen. Zwischen den einzelnen Schichten wird immer wieder geschmirgelt und der Vorgang so lange wiederholt, bis eine absolut glatte und glänzende Oberflaeche entsteht. Als letzter Schritt kommt dann das Anbringen an der Wand. Bei Steinwänden ist das kein Problem.
Hier aber sind die Häuser aus Holzständerwänden gebaut. Bei den Innenwänden werden dazu “2x4s”, also ca. 5 x 10 cm breite Stützen im Normabstand von 41 cm aufgestellt. Diese werden dann mit 122x244 cm großen Spanplatten (plywood) beidseitig verkleidet. Elektro- und Wasserleitungen verlaufen in diesem Zwischenraum. Man sollte dann beim Befestigen die Schrauben in genau diese Stützen eindrehen. Um diese in der Wand zu finden, gibt es einen “studfinder”. Die Schrauben haben wir dann mit kleinen Holzkappen verkleidet.
Insgesamt hat der Bau der Vitrinen zwei Wochen gedauert. Die Kosten pro Vitrine beliefen sich auf ca. 550 USD zuzüglich des Abendessens, zu dem wir meinen Freund und seine Frau eingeladen haben. Obwohl es sich bei diesen Vitrinen um einen “einfachen” Bau handelt, hat dies meine Achtung vor einem guten Tischler und einem gut gearbeiten Moebelstück deutlich gesteigert. Wenn man weiß, wieviel Arbeit notwendig ist, um eine gute Holzarbeit herzustellen, sollte man dies auch zu schätzen wissen.
Frank Meißner Publiziert am 24. November 2021 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |