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Acryl-Farben Anfänge

von Tobias Hennig

Warnung: Bei allen unseren Tipps & Tricks immer an die Sicherheit denken und wenn möglich erst an einem Probestück ausprobieren.


Welsche Farbtypen gibt es?

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Enamel- und Acryl-Farben. Die Enamel-Farben (eigentlich Alkydharzfarben) kennt wahrscheinlich jeder, der früher schon einmal mit Modellbau zu tun hatte. Es gab/gibt sie meistens in kleinen Blechdöschen (deren Deckel sich schwer wieder vollständig verschließen lassen) und sind in Deutschland vorwiegend von Revell oder Humbrol in Umlauf. Der Vorteil ist ein sehr gutes Deckvermögen, eine gute Verfügbarkeit und nach dem Aushärten eine feste und widerstandsfähige Oberfläche. Großer Nachteil sind die enthaltenen Lösungsmittel, welche zu einer starken Geruchsbelästigung führen und nicht gerade "gesundheitsfördernd" sind. Auch fand ich es immer relativ schwer, sie so dünn mit dem Pinsel aufzutragen, dass eine ebene Fläche entsteht und keine Gravuren oder Details verloren gehen. Als Lösungsmittel werden oft Terpentinersatz oder Universalverdünner eingesetzt, obwohl hier auch jeder Hersteller seinen eigenen Verdünner im Angebot hat. Acryl-Farben sind noch nicht so lange in größerem Umfang im Modellbau verbreitet, stehen den Enamel-Farben aber in nichts nach; ganz im Gegenteil. Sie besitzen eine gutes Deckvermögen, härten wesentlich schneller aus und bilden dabei eine gleichmäßige und dünne Schicht. Auch werden sie mit Wasser oder Alkohol verdünnt, was die Geruchsbelästigung stark reduziert oder komplett verhindert. Des Weiteren werden sie oft mit Schraubverschlüssen angeboten, welches das ständige und lästige Austrocknen der Farbtöpfe der Vergangenheit angehören lässt. Einziger Nachteil besteht in der höheren Empfindlichkeit der Oberfläche gegen mechanische Beanspruchung (höhere Kratzempfindlichkeit). 

Acryl-Farben Anfänge

Acryl-Farben im Detail

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen wasser-mischbaren Acryl-Farben und alkohol-mischbaren Acryl-Harz-Lacken. Das ist bedeutsam, da sie unterschiedlich auf diverse Lösungsmittel reagieren (wichtig beim Weathering). Auch sind nicht alle Farben gleich gut mit dem Pinsel oder per Airbrush zu verarbeiten. Aus diesem Grund gibt es auch nicht "die optimale Farbe" von einem Hersteller, mit der man beste Ergebnisse mit dem Pinsel und der Airbrush erzielt. Meistens ist die Farbe, welche gut mit dem Pinsel zu verarbeiten ist, schlecht zu sprühen und andersherum. Für welchen Hersteller man sich letztendlich entscheidet, ist Geschmackssache, da alle ihre Vor- und Nachteile haben. Ich beziehe grundsätzlich alle meine Farben von einigen wenigen Anbietern, da sich die Produkte nicht alle auf die gleiche Weise verarbeiten lassen und jedes seine Eigenarten besitzt. 

Vallejo Model Color

Definitiv eine der besten Acryl-Farben zum Pinseln auf dem Markt, und die Auswahl von über 200 Farbtönen ist einfach überwältigend. Sie besitzen ein gutes Deckvermögen, sind sehr gut beim Trockenmalen und lassen sich dank des intelligenten Verschlusses genau dosieren. Auch sind die angebotenen Metallfarbtöne umfangreich und von guter Qualität. Als Verdünner kann ohne Probleme gewöhnliches Leitungswasser genommen werden (besser ist destilliertes Wasser mit einem Tropfen Geschirrspülmittel), doch erzielt man mit dem hauseigenen "Vallejo Airbrush Thinner" die besten Ergebnisse. Leider sind die Farben nur bedingt für die Airbrush verwendbar und eine größere Auswahl an Grau-Tönen wäre wünschenswert. Zwingend notwendig ist vor der Entnahme das Aufschütteln der Farbe und die Benutzung einer Mischpalette bietet sich an. Das Reinigen der Pinsel funktioniert ebenfalls am besten in destilliertem Wasser mit einem Tropfen Geschirrspülmittel drin.

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Revell Aqua Color

Diese Acryl-Farben wurden bei mir bis jetzt nur mit dem Pinsel verarbeitet. Was erst einmal sehr kurios wirkt, sind die Farbbehälter. Ich musste erst einmal genauer hinschauen, um zu verstehen, wie sie geöffnet werden. Großer Nachteil ist, dass sich die Behälter schwer wieder luftdicht verschließen lassen und die Farben dann relativ schnell austrocknen (jedenfalls bei mir). Auch waren sie schon beim ersten Öffnen sehr dickflüssig, was ein starkes Verdünnen notwendig machte, um die Farben überhaupt streichfähig zu bekommen. Wenn sie aber erst einmal richtig verdünnt wurden, lassen sie sich hervorragend auftragen und besitzen ein sehr hohes Deckvermögen. Weiterer großer Vorteil ist, dass der beste Verdünner und Reiniger ganz normales Leitungswasser ist (ich nutze auch hier destilliertes Wasser mit einem Tropfen Geschirrspülmittel). Da Revell bekanntlich mehr auf Mischen setzt (zum Ärger vieler Modellbauer), beschränkt sich das angebotene Sortiment auf 88 Farbtöne.

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Gunze-Sangyo / Mr.Hobby - Aqueous Hobby Color

Diese Acryl-Harz-Lacke sind die erste Wahl, wenn es um das Lackieren per Airbrush geht. Sie lassen sich hervorragend verarbeiten, liefern das perfekte Endergebnis und die Auswahl von über 160 Farbtönen macht das Mischen eigentlich überflüssig. Leider sind sie nur schlecht mit dem Pinsel zu verwenden (mehr wie kleine Ausbesserungsarbeiten sind nicht drin). Die angebotenen Metallic-Farbtöne haben mich nicht ganz überzeugt. Für Modelle in "Naturmetall" haben andere Anbieter bezüglich Qualität und Sortiment die Nase vorn (z.B. Vallejo Metal Color). Hochwertig sind die Gläschen mit Schraubverschlüssen, da sie ein Austrocknen der Farben sehr gut verhindern. Am besten wird Isopropyl-Alkohol als Reiniger und Verdünner verwendet (erhältlich in Apotheken), wobei auch Spiritus funktionieren soll. Sehr zu empfehlen ist das Werkzeug zum Öffnen der Gläschen, da die Schraubverschlüsse die Angewohnheit haben leicht zu verkleben und sich dann das Öffnen mit den Händen sehr abenteuerlich gestaltet. Vorsicht ist beim Kauf geboten, da der Hersteller Enamel-Farb-Produkte mit einem ähnlichen Namen (Mr.Hobby - Mr.Color) vertreibt und eine Verwechslung schnell passiert ist (die Foren sind voll damit). 

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Tamiya Color Acrylic Paint

Tamiya´s Acryl-Harz-Lacke lassen sich ebenfalls sehr gut per Airbrush verarbeiten und man erzielt beste Ergebnisse damit. Leider setzt Tamiya mehr auf Mischen und das Farbsortiment ist mit etwa 100 Farbtönen nicht ganz so umfangreich. Auch ergibt sich hier wieder die schlechte Verwendbarkeit mit dem Pinsel. Trotzdem bilden sie eine gute Ergänzung zu meinem Farbsortiment, da Farbtöne angeboten werden, die Gunze so nicht im Programm hat. Ebenfalls werden diese Farben am besten mit Isopropyl-Alkohol verdünnt oder alternativ mit Spiritus. 

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Akan Acrylic

Akan-Farben aus Russland sind leider in Deutschland noch nicht so verbreitet und deshalb relativ schwierig zu erwerben. Angeboten werden sie in praktischen 10 ml bzw. 15 ml Fläschchen. Hervorzuheben sind vor allem die Farbtöne des sowjetischen/russischen Militärs der letzten 100 Jahre, welche bisher noch nicht durch Gunze oder Tamiya abgedeckt wurden (z.B. Su-27 Familie). Praktisch finde ich auch die angebotenen Farbensets, die sich an historischen Zeiträumen/Themen oder bestimmten Fahrzeugen orientieren. Die Verarbeitung der Acryl-Farben per Pinsel ist passabel, aber nicht überwältigend, da sie recht stark verdünnt sind (Vallejo-Model-Color Farben haben hier klar die Nase vorn). Dieser Umstand erweist sich aber als sehr praktisch für das Airbrushen. Hier können die Farben ihre volle Stärke ausspielen und das Deckvermögen ist wirklich hervorragend. Beim Airbrushen sollte man unbedingt Isopropyl-Alkohol oder Spiritus als Verdünnung benutzen, da Wasser oder Vallejo-Airbrush-Thinner überhaupt nicht funktionieren (den hauseigenen Akan-Verdünner habe ich nicht getestet). Bei der Bemalung mit dem Pinsel war andererseits Vallejo-Airbrush-Thinner sehr gut (destilliertes Wasser mit einem Tropfen Geschirrspülmittel geht aber auch).

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Klarlacke

Tamiya und Gunze haben hier beide sehr gute Acryl-Harz-Lacke im Angebot. Einziger Unterschied besteht lediglich darin, dass Gunze keinen Halbmatt/Seidenmatt-Klarlack anbietet und im Vergleich zu Tamiya der Matt-Klarlack deutlich matter ausfällt. Wie gewohnt, werden die Lacke mit Isopropyl-Alkohol verdünnt.

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Klarsichtteile tönen - transparente Farben

Eigentlich bietet hier jeder Hersteller ein gewisses Sortiment an transparenten Farben an. Da eine Airbrush zum Tönen von größeren Klarsichtteilen unabdingbar ist, entschied ich mich für Acryl-Harz-Lacke von Gunze. Auch wenn das Tönen von Cockpitscheiben leicht von der Hand geht, sollte es vorher unbedingt an einem Probestück geübt worden sein. Schlägt trotz allem die Lackierung fehl, dann lässt sich die Farbe wieder mühelos mit Isopropyl-Alkohol entfernen und ein neuer Versuch kann gestartet werden. Es ist absolut wichtig, dass die Farbe auf die Innenseite von Cockpitscheiben aufgetragen wird. Auch sollte das Verdünnen mit Isopropyl-Alkohol auf das Minimum beschränkt werden, da sonst die Farbe milchig aushärten könnte. Weitere interessante Anwendungsmöglichkeiten bieten sich im Weathering-Bereich (Schattierungen, ausgebranntes Metall).

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Vallejo Metal Color

Mit diesen Metall-Acryl-Farben hat Vallejo ein Spitzenprodukt auf den Markt gebracht. Es werden 19 verschiedene Farben angeboten, darunter 6 verschiedene Aluminium-Töne und mehrere zum Kolorieren von Schubdüsen und Heißbereich-Teilen. Damit bleiben eigentlich keine Wünsche offen. Zum Auftragen der Farben ist eine Airbrush unabdingbar. Leider sind sie sehr anfällig für Kratzer, was eine gewisse Vorsicht mit der Handhabung von lackierten Teilen erfordert. Das beste Spritzbild habe ich mit Isopropyl-Alkohol als Verdünner erhalten. Auch konnte ich damit dem ewigen Spucken der Airbrush ein Ende setzen (die Farbe trocknete oft schon in der Düse an, welches sich weder mit Vallejo-Airbrush-Verdünner, noch mit Vallejo-Airbrush-Trocknungsverzögerer komplett abstellen ließ). Des Weiteren sollte unbedingt eine Schicht matt-schwarz als Grundierung aufgetragen werden (wie generell bei allen Metall-Farbtönen).

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Vallejo Model Wash

Hierbei handelt es sich um verbrauchsfertige Washing-Lösungen auf Acryl-Basis, welche in 18 verschiedenen Farbtönen angeboten werden. Sie lassen sich sehr gut verarbeiten und man kann sie mit gewöhnlichem Leitungswasser (besser destilliertes Wasser mit einem Tropfen Geschirrspülmittel) weiter verdünnen. Hier sollte als Verdünnung definitiv kein "Vallejo Airbrush Thinner" benutzt werden, da es die vorher mit "Vallejo Model Color" oder "Akan" lackierten Flächen angreift und sich die Farbe dann unter Umständen ablösen könnte (Gunze und Tamiya Acryl-Harz-Lacke werden nicht so schnell angegriffen). Vorsicht ist geboten beim Hervorheben von Blechstößen (Panel Line Wash) auf mit "Vallejo Metal Color" oder "Akan" lackierten Flächen. Das anschließende Entfernen der überschüssigen Farbe mit Verdünner (es funktioniert nur "Vallejo Airbrush Thinner", da die Farbe relativ schnell trocknet), endet zwangsläufig in der kompletten Zerstörung der Lackierung. Hier muss vorher unbedingt eine Schicht Acryl-Harz-Klarlack (Gunze oder Tamiya) aufgetragen werden.

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Vallejo Weathering Effects

Die "Vallejo Weathering Effects" befinden sich noch nicht lange auf dem Markt. Sie bestehen aus 28 Produkten auf Acryl-Basis, um Verschmutzungs-, Alterungs- und Verwitterungs-Effekte realistisch darzustellen. Meine Erfahrungen beschränken sich lediglich auf drei Farben des "Engine Effects" (Oil Stains, Fuel Stains, Engine Grime). Sie können sehr gut mit dem Pinsel verarbeitet werden und sind gebrauchsfertig.

Acryl-Farben Anfänge

Tobias Hennig

Publiziert am 22. März 2022

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