Heinkel He 219 A-7 (A-5/A2 late) "Uhu"(Revell - Nr. 04666)Produktinfo:
Besprechung:Das Original:
Die Heinkel He 219 war das erste deutsche Jagdflugzeug, das von Beginn an als Nachtjäger konzipiert wurde. Nach ihrem Erstflug am 6. November 1942 folgten der He 219V-1 noch eine ganze Reihe Prototypen, ehe ab Juni 1943 die ersten Serienmaschinen vom Typ He 219A-0 ausgeliefert werden konnten. Die weitere Entwicklung führte schließlich im Juli 1944 zur Baureihe He 219A-2. Inzwischen hatte die He 219 längst ihre Feuertaufe mit Bravour bestanden: In der Nacht vom 11. auf den 12. Juni 1943 gelang Major Werner Streib mit einer He 219A-0 des Nachtjagdgeschwaders 1 der Abschuss von fünf gegnerischen Bombern. Während der folgenden Einsätze der Nachtjagd erwies sich die He 219A als ein hervorragendes Jagdflugzeug. Die im Kriegsverlauf eingebrachten Verbesserungen führten schließlich zu einer grundsätzlichen Überarbeitung auf der Basis der A-2; ein Serienbau, der als He 219A-7 geplant wurde. Als Antrieb waren DB 603G Motoren oder schließlich der Jumo 222 vorgesehen. Da jedoch keines der Triebwerke verfügbar war, entschloss man sich dazu, die Serie mit dem DB 603AA anlaufen zu lassen, um später bei Verfügbarkeit der neuen Triebwerke den Standard A-7 zu erhalten (nach einer Textquelle bei Revell.de). Die He 219 war übrigens das erste serienmäßig hergestellte Flugzeug mit eingebauten und einsatzmäßig erprobten Schleudersitzen.
Jede dieser Rumpfhälften misst über einen halben Meter! Der Bausatz:"Ein großer Vogel!", "Der passt gar nicht in die Vitrine!", "Das fertige Modells ist kaum am Stück fotografierbar...", viele Ankündigungen eilten der Revellneuheit voraus. Kurz gesagt: ich habe ein Trumm von einem Bausatz erwartet, und nach dem Öffnen der Box (Applaus, Revell: es ist ein "Toploader"-Karton...) wird das bestätigt - Länge: 52,4cm; Spannweite: 57,8cm... Der Bau des Fliegers beginnt im Cockpit. Anhand von zwölf Baustufen entsteht hier ein kleines Projekt in sich. Die Konsolen sind sauber geformt, die Anzeigen glatt modelliert. Sie können mit den beiliegenden Decals (für die Instrumente) und dank der zahlreichen Farbhinweise realistisch verziert werden. Eine Cockpitseitenverkleidung liegt als transparentes Klarsichtteil bei, um die beim Original über den Sicherungen befindliche Plexiglasabdeckung zu imitieren. Die angegossenen Sitzgurte der Piloten- und Funkersitze im Cockpit sehen recht provisorisch aus und sollten überarbeitet werden. Dafür ist die im hinteren Cockpitbereich befindliche Funkkonsole inklusive Radarscope toll detailliert. Bedingt durch den langen Flugzeugrumpf müssen im dortigen vorderen Bereich gemäß Bauanleitung 70g Gewicht platziert werden. Ich könnte mir vorstellen, dass es zweckmäßig ist, das Gewicht auf die vorderen Bausatzbereiche zu verteilen und entsprechend in den beiden Triebwerksgondeln einzukleben. Die Gewichtsverteilung hätte auch den Vorteil, dass das grazile Bugfahrgestell entlastet würde. Ansonsten sind die beiden Rumpfhälften so aufgebaut, dass längliche Einsätze für die Verkleidung des Rumpfrückens und zur Darstellung des Unterrumpf-Kanonenbehälters vorgesehen sind. Sehr gut auch die in den Rumpf hineneinzusteckenden Spanten, die zur Aufnahme und Stabilität der Flügel dienen. Die außenliegende Cockpit-Trittleiter kann entweder in geschlossenem oder ausgeklapptem Zustand dargestellt werden. Die Flügel ermöglichen die Darstellung von neutralen oder mit 30 oder 45 Grad angestellten Landeklappen. Dahinter ist die Wabenkonstruktion der Innenstruktur erkennbar, die als separate Bauteile eingefügt werden. Die gut durchdachte Konstruktion des Kits wird auch an den Fahrwerkschächten deutlich, deren innere Struktur an den Flügelunterseiten aufgebaut wird und die dann von den beiden Rumpfgondelhälften umschlossen werden. Hier kann man sich nach Herzenslust an einer weiteren Detaillierung ausleben, weil keinerlei Verkabelung oder Druckleitungen dargestellt sind. Ähnlich wie bei den Landeklappen, so sind auch die Querruder in verschiedenen Winkeln anbringbar. Aber auch Höhen- und Seitenruder finden sich als separate Steuerflächen am Gussrahmen und können entsprechend angestellt am Heckleitwerk befestigt werden. Die Darstellung der Dipolantennen ist durchweg gut gelungen, die einzelnen Stabsegmente sind fein abgesetzt und recht filigran, das geht nur noch mit lasergeschnittenen/gedrehten Messingteilen besser. Die an den Seiten der Motorgondeln befindlichen Auspufföffnungen werden von den Flammenvernichterrohren verdeckt und sind deshalb nicht ausgehöhlt. Revell hat weitgehend auf eine Motordarstellung verzichtet und zeigt uns lediglich das abgerundete, vordere Motorgehäuse und die flankierend angebrachten, aus eckigen Elementen zusammengesetzten Kühlerringe sowie die davor liegende Propelleraufnahme. Insgesamt also alles da, was von außen bei genauem Blick in den Motorraum erkennbar sein muss. Das Bugfahrwerk ist geteilt gegossen und muss zusammengeklebt werden. Empfehlung: durch die halbseitige Konstruktion lässt sich eine Metallsehne aus der Grabbelkiste zur Stabilisierung einkleben. Darüber sollte man angesichts des schlanken vorderen Beinchens ernsthaft nachdenken. Auch das Hauptfahrgestell ist halbiert und muss zusammengeklebt und ggf. verspachtelt werden. Dort sollten auch die vorne liegenden Bremsleitungen gem. Vorbildfotos aus Draht angebracht werden. Leider sind die Räder des Bausatzes nicht im belasteten Zustand dargestellt. Während sich dabei durch Eigeninitiative Abhilfe schaffen lässt, sind leider die Details der Felgen etwas seicht und die Felge selbst etwa einen Millimeter zu klein im Durchmesser geraten. Außerdem fehlen jegliche Betriebshinweise (Reifendruck etc.) darauf, die man aber mit Decals aus der Grabbelkiste nachträglich anbringen könnte. Die Bremskabel der Nabe sind deutlich zu dünn ausgefallen, sie können mit einem Stück Draht einfach nachgestellt werden.
Gibt es bei diesem beeindruckenden Modell auch Schattenseiten? Bei dem mir vorliegenden Besprechungsmuster (auf einer Flügelober- und einer Flügelunterseite) ist jeweils eine längliche Sinkstelle im letzten Drittel der Flügelaußenseiten zu sehen, die allerdings nur bei genauem Hinsehen erkennbar ist und sich durch Beischleifen leicht beseitigen lassen dürfte. Ansonsten ist der Guss des Modells tadellos. Ich bin durch verschiedene im Internet nachzulesende Bauberichte auf einige Punkte aufmerksam geworden, die ich hier der Vollständigkeit halber und im Sinne einer differenzierten Besprechung nennen möchte. Ich habe die m.E. konstruktivsten Kritikpunkte zusammengefasst und kurz anhand der mir vorliegenden, u.a. Quellen, bewertet:
Nach dem Sichten von -zig Originalfotos und dem direkten Vergleich mit dem zusammengesetzten Rumpf des Modells wurde mir bei direkter frontaler Ansicht der Bugnase deutlich, dass das Revellmodell ein wenig zu breit proportioniert scheint. Ich kann das nicht in präzise Zahlen fassen, aber ich schätze, dass der Rumpf in seiner relativen Breite etwa ein Achtel breiter ist als das schlankere Original. - "Na, und?" Genau das sage ich auch. Der optische Gesamteindruck der Rumpfform ist nämlich recht stimmig, und dieser Punkt fällt dem Enthusiasten nur dann auf, wenn aussagekräftiges Beweismaterial direkt mit dem Modell verglichen wird. Außerdem ist mir aufgefallen, dass die Struktur der Ringkühlerlamellen, also quasi der kreisrunde, vordere Bereich der Cowling, beim Modell zwar mit versenkten Gravuren, aber nicht wie beim Original wechselweise mit versenkten und aufgesetzten Strukturen versehen ist. Dies lässt sich vielleicht scratch, oder mit Ätzteilen abstellen. Noch hat die Zubehörindustrie diesen Bereich nicht berücksichtigt, vergleiche das Angebot von Eduard. Edit 10/2017: mittlerweile gibt es für den Bereich des Ringkühlers gute Resinteile von Barracuda Studios. Übrigens: gemäß Angaben der Restaurationscrew im Smithsonian National Air and Space Museum (NASM) Washington (DC) ist die transparente Abdeckung des Landelichtes beim Originalvorbild der He 219 lasierend gelb eingefärbt - das ist beim Klarsichtteil des Modells leicht durch eingefärbte Klarlack-Farbbrühe darzustellen. Alles in allem gibt es beim Bausatz meines Erachtens nur einige Kleinigkeiten zu kritteln, die - bis auf den etwas zu breit geratenen Rumpf - zudem recht einfach zu beheben sein sollten. Der in Foren und Fachkreisen geführten Diskussion um die beim gebauten Revellmodell angeblich zu wenig nach vorn geneigten und formenuntreu gestalteten Triebwerksgondeln schließe ich mich übrigens nicht an. Gemäß der mir vorliegenden Risszeichnungen und Originalfotos sind mir derlei Mankos nicht aufgefallen. Edit 10/2017: Oh doch. Mittlerweile bin ich überzeugt davon, dass die Triebwerksgondeln auf den Flügelober- und unterseiten zu flach ausgeformt sind. Dies lässt sich durch Auffüttern mit Spachtelmasse, Schleifen und Gravieren beheben. Die Decals. Interessant: die CL-Markierung (3./ NJG 3) ist auf der Verpackung (Boxart) ROT-schwarz dargestellt. Gelb ist hier aber durchaus korrekt... Mit den revellschen Bemalungshinweisen in der Bauanleitung für die Tarnung der fünf Varianten bin ich insgesamt nicht einverstanden. Diese sind zwar endlich mit RLM-Farbangaben versehen. Aber Vorsicht: Die RLM-Bezeichnungen der Farbtöne "A" und "B" wurden offensichtlich vertauscht - "A" sollte tatsächlich RLM 75 und "B" RLM 76 sein. Alles klar? Leider wird für die Oberseitentarnung des Modells nur ein Bemalungstyp mit unregelmäßigen Flecken in RLM 75 "Grauviolett", eingefasst in RLM 76 "Lichtblau" angegeben. Dieses "Mottling" war aber nur eine von zahlreichen Lackierungsvarianten der He 219- es kann wohl ausgeschlossen werden, dass alle fünf darstellbaren Bausatzvarianten haargenau denselben Oberseitensichtschutz hatten, wie von Revell vorgesehen. Und nun? Das Thema "Bemalung von Nachtjägern" nimmt seit Jahren wissenschaftliche Ausmaße an, auch bei der He 219. Nur so viel: die von Revell gewählte Bemalungsvariante widerspricht der mittlerweile häufig vertretenen Auffassung, dass das gepunktet oder auch gefleckt wirkende Tarnmuster eben nicht durch Aufsprühen von (dunklen) Grautönen auf das lichtblaue RLM 76 entstand - sondern umgekehrt! Das Flugzeug war also mit einer dunklen Oberflächentarnung (grau RLM 74 und/ oder 75) versehen und wurde dann (produktionsmäßig im Werk? provisorisch im Felde?) mit einem hellen Auftrag von RLM 76 versehen. So entstanden verschiedene, auf zahlreichen Originalfotos erkennbare, bizarre Tarnmuster, auch "Mäander" genannt: helle Kringel, verwobene Schleifen, Zick-Zack Barrieren, zopfförmige Schlieren, etc. Dabei wirkten dann die daraus entstehenden dunklen Flächen je nach Variante mal wie hunderte kreisrunder Blasen, mal wie zerklüftete Fetzen, mal wie geometrische Schachbrettmuster etc., mal vernebelt, mal klar zueinander abgegrenzt. Also, eine Fleißarbeit! Hilfreich dabei dürfte dieser Baubericht im Flugzeugforum sein, hier gibt es gute Hintergrundinfos zu den verschiedenen Bemalungstypen. Ich persönlich tendiere grundsätzlich zur Variante des in dieser Besprechung gezeigten, bereits gebauten Modells mit unregelmäßigem, "schleifenförmigem" Auftrag von RLM 76 über RLM 74 und 75. Ansonsten heißt es wohl oder übel: Referenzen wälzen und Bilder sichten, um der jeweiligen Lackierung auf den Flügeloberseiten und den oberen Rumpfabschnitten möglichst nahe zu kommen. Eines noch: im Vergleich mit dem momentan erhältlichen Konkurrenz-Bausatz aus der asiatischen Schmiede Zoukei-Mura (ZM) kommt der Revellbausatz allemal mit einem deutlichen Preisvorteil daher - der Erwerb des Produktes aus Japan dürfte locker das drei- bis vierfache ausmachen, Verfügbarkeit vorausgesetzt. Ein Vergleich beider Bausätze ist grundsätzlich interessant, aber aufgrund des konstruktionstechnisch viel komplexer ausgelegten ZM-Bausatzes und einer anderen Preis-Leistungskonzeption dieses Herstellers nicht unbedingt fair. Nach momentan vorliegenden Bauberichten des Revellmodells im direkten Vergleich mit verschiedenen Prototypen des asiatischen ZM-Bausatzes (siehe "Referenzen" unten) wird wieder mal eines deutlich: einen "perfekten" Bausatz gibt es eben nicht. Mein persönlicher Gewinner heißt daher momentan: Revell. Toller Gesamteindruck, interessante Markierungen, fairer Preis.
Weitere BilderCockpit-Details am Spritzling Darstellbare Maschinen:
Stärken:
Schwächen:
Anwendung: Aufgrund der umfangreichen Teilezahl muss man den Überblick behalten, daher nur bedingt für Anfänger geeignet. Fazit:Maß nehmen und die Vitrine ausräumen! Dieses exotische, schön detaillierte, preiswerte Modell wird eine Vorrangstellung in jeder Sammlung einnehmen. Eine definitive Kaufempfehlung! Weitere Infos:Referenzen:
Anmerkungen: Neben den im Text enthaltenen Linkinhalten nutzte ich auch folgende Quellen:
Diese Besprechung stammt von Alexander Jost - 09. März 2013 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |
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