Nieuport IV(Amodel - Nr. 7266)Produktinfo:
Besprechung:HistorischesNieuport ist vor allem durch seine Jagdflugzeuge im 1. Weltkrieg bekannt geworden. Weniger bekannt ist, dass Nieuport vor 1914 nur Eindecker herstellte. 1909 wurde Nieuport von Edouard de Niéport gegründet. Die Nieuport IV wurde erstmalig im März 1911 in der Olympiahalle in London gezeigt, als Weiterentwicklung seiner bisherigen Maschinen. Die Maschine zeigte hervorragende Leistungen und wurde von verschiedenen Armeen gekauft, u. a. Frankreich, Italien, Schweden und Russland. Zu ihren herausragenden Leistungen zählen im Zivilen diverse Rennsiege, dabei der Sieg im Gordon Bennett Rennen von 1911. Als Militärpilot flog Pjotr Nikolajewitsch Nesterow 1913 als erster einen Looping. Dadurch wurde er berühmt und der Erfinder des Kunstflugs, auch wenn seine damaligen Vorgesetzten dieses Manöver nicht so toll einschätzten und er dafür erst einmal in Arrest genommen wurde. BausatzNesterows Looping ist wohl vor allem der Grund dafür, dass die Nieuport IV als Modellflugzeug erschien. Dabei bezieht sich die Aufschrift auf der Packung vor allem auf das Jahr 1914, Militärmaschinen aus dem 1. Weltkrieg verkaufen sich wohl besser als Zivilmaschinen aus der Anfangszeit der Fliegerei. Dem Bausatz liegen Decals für zwei Versionen bei: Einmal Nesterows Version von 1914, mit der er ums Leben kam, indem er ein feindliches Flugzeug rammte und es zum Absturz führte, dabei aber sein eigenes Flugzeug auch zerstörte, und eine schwedische Militärmaschine. Auch hier wird das Jahr 1914 angegeben, auch wenn sie bereits 1912 vom schwedischen Militär gekauft wurde. Die Decals weisen am Rand keine scharfen Grenzen auf und die Korkarden sind nicht 100% konzentrisch. Die Bauanleitung zeigt einen anderen Zuschnitt der Decals, so dass hier anscheinend zwei Versionen existieren. Der Bausatz besteht aus drei Spritzlingen mit insgesamt 38 Teilen aus hellgrauem Plastik. Die Spritzlinge sind in typischer Short Run Qualität, d.h. mit sehr dicken Angüssen und etwas Formenversatz. Dafür aber auch mit feinen versenkten Gravuren. Durch die Angüsse muss praktisch jedes Teil intensiv nachbearbeitet werden. Dafür wartet der Bausatz mit einer Inneneinrichtung im gehobenen Standard auf: Fußpedale und Steuerknüppel sind vorhanden, ebenso wie Tank, Sitz etc. Der Rumpf besteht nicht, wie üblicherweise, aus zwei Hälften, sondern das Oberteil ist an der einen Hälfte angegossen, während das Unterteil an der anderen Hälfte enthalten ist. Dadurch kann man sehr gut die Inneneinrichtung komplett montieren, eine sehr intelligente Aufteilung! Der Rumpf enthält eine an den Innenseiten aufgeprägte Innenstruktur, hat aber recht dicke Seitenwände. Die Flügel erscheinen etwas dick, was am Spritzling wahrscheinlich mehr auffällt, als beim fertigen Modell. Das Seitenruder und das Höhenruder besitzen angegossene Ruderhörner, die aber etwas zu kurz geraten sind. Der Tankeinfüllstutzen ist nur als Gravur vorhanden, obwohl er im Original deutlich hervorgehoben ist. Hier ist also Nacharbeit angesagt. Beim Motor sind die Kühlrippen kaum erkennbar, die Stößelstangen sind aufgeprägt. Diese Fehler bzw. Ungenauigkeiten sind noch tolerierbar, aber was hat sich Amodel nur bei den Rädern gedacht? Die Nieuport IV hatte unverkleidete Speichenräder! Auf der Bausatzpackung, allen je gesehenen Fotos im Internet, bei allen Museumsmaschinen kann man dies sehen. Warum werden dann vollkommen falsche, verkleidete Räder beigelegt? Nur weil diese leichter zu modellieren sind? Damit ist es praktisch ausgeschlossen OOB ein korrektes Modell zu bauen! Die Hersteller von Zurüstsätzen wird es freuen. Ebenfalls nicht ganz korrekt ist das Fahrgestell, denn hier sind die Streben kreisrund wiedergegeben, während sie im Original einen ovalen Zuschnitt hatten. Die Bauanleitung besteht aus einem beidseitig bedruckten oder kopierten Zettel, ist aber übersichtlich und führt in vier Schritten zum fertigen Modell. Es ist aber kein Hinweis enthalten, dass das Modell vorne mit einem Gewicht versehen werden sollte, denn die Nieuport hat keinen Sporn und liegt auf ihrer Kufe des Fahrwerks auf. Ob ein Gewicht nötig ist, weiß ich noch nicht, ich würde aber auf jeden Fall eins in den Tank einbauen, da das praktisch die einzige Möglichkeit ist. Die Bemalungsanleitung gibt die Farben in Humbrolcodierung an, ist aber im Bereich des Fahrwerks zumindest für die schwedische Maschine falsch. Das Fahrwerk bestand bei ihr, wie bei den meisten Nieuport IV, aus Metallrohren und darf somit nicht holzfarbig lackiert werden. Für die schwedische Maschine gibt es gute Farbfotos einer überlebenden Museumsmaschine im Netz, für Nesterows Maschine ist man auf Schwarzweißfotos angewiesen. Wer die Maschine, mit der der Looping geflogen wurde, nachbauen will, sollte die Korkarden weg lassen, denn diese waren 1913 noch nicht vorhanden. Stärken:
Schwächen:
Fazit:Wie bei Bausätzen der kleineren Hersteller häufig der Fall, ein interessantes Vorbild in einer nicht ganz perfekten Ausführung. Aber eine gute Basis für ein schönes Modell. Meines Wissens nach der einzige Kunststoffspritzgussbausatz aus aktueller Produktion, mit dem sich ein Flugzeug aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg bauen lässt, auch wenn dieses verschwiegen wird. Diese Besprechung stammt von Jürgen Wagenknecht - 20. Februar 2012 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |