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Passat

(Revell - Nr. 5626)

Revell - Passat

Produktinfo:

Hersteller:Revell
Sparte:Schiffe Zivil
Katalog Nummer:5626 - Passat
Maßstab:1:250
Kategorie:Bausätze (Plastik)
Erschienen:2007
Preis:ca. 25 €
Inhalt:Vier Spritzlinge, zwei Rumpfschalen, tiefgezogene Segel, drei Rollen Takelgarn, Anleitung, Decalbogen.

Besprechung:

Original:

Die „Passat“ ist einer der berühmten acht Flying-P-Liner der Reederei F. Laeisz und noch heute als Museumsschiff in Travemünde erhalten. Sie ist 1911 bei Blohm & Voss in Hamburg erbaut worden und diente fortan auf der berühmten Südamerikaroute. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie zu Ausbildungszwecken zusammen mit der Halbschwester Pamir erneut in Dienst gestellt und umrundete in ihrer gesamten Karriere 39 Mal das Kap Horn. Aus Rentabilitätsgründen und aufgrund des schlechten Zustandes, der nach der Pamir-Katastrophe als nicht mehr vertretbar galt, wurde sie 1957 endgültig außer Dienst gestellt und anschließend als Museumsschiff erhalten.

Technische Daten:

 

  • Länge 115m über alles, Breite: 15,50m
  • Tiefgang: 7m
  • Verdrängung: 3.181 BRT
  • Ladekapazität: 4500 tons
  • Hilfsmaschine: zunächst keine; seit 1951: 6 Zyl. Krupp-Diesel (früherer U-Boot-Diesel) mit 900 PS für 6,5kn

Revell - Passat

Der Bausatz

Aus dem Hause Revell halten wir ein neues Segelschiff in den Händen. Mit der Passat hat Revell eine Wiederauflage gebracht, die sich teilweise an die heutige Formentechnik anlehnt. Die Auswahl des Schiffes ist sehr gut gelungen. Schade nur, dass sich Revell für einen Box-Scale Maßstab entschieden hat und so das Modell in keinem typischen Sammlermaßstab vorliegt.

Öffnet man den großen Pappkarton, fällt einem revellüblich ein Sammelsurium von eingeschweißten Bauteilrahmen in die Hände, die sicher auch in einen kleineren Karton gepasst hätten. Dies interessiert allerdings nicht weiter, denn es gehört zur selbstverständlichen Verkaufsstrategie einen möglichst ansprechenden Karton zu liefern. Der wird dann von Kinderhänden nicht zuletzt aufgrund des sehr ansprechenden und geschehensgeladenen Titelbild gegriffen. Allerdings sollte Revell dabei fair bleiben und auf dem Karton ein Bild des fertig gebauten Modells ohne wesentliche Modifikationen anbieten. Anstelle dieser üblichen Bilder findet man auf der Baukastenseite 5 Bilder des heutigen Zustandes des Museumsschiffes.

Revell - Passat

Der Schiffskörper: 

Der Rumpf wird von Revell in zwei großen Teilen geliefert, die das Unterwasserschiff gleich mit abdecken. Diese müssen nur verklebt werden, wobei übermäßige Spachtelarbeit aufgrund der guten Passgenauigkeit nicht anfallen dürfte. Sinkstellen finden sich erfreulicher Weise nicht. Allerdings befinden sich auf der Innenseite der Schanzkleider ärgerliche Auswerfermarkierungen, die auch an zahlreichen anderen Stellen des Bausatzes auffallen. Die Plattenstruktur des Schiffskörpers ist schön wiedergegeben, allerdings nur beim Überwasserschiff. Warum dies beim Unterwasserschiff weggelassen wurde, bleibt unerklärlich. Die Struktur ist nicht unbedingt maßstabsgerecht, aber auch nicht erkennbar falsch. Auch an die Bugzier und diverse Wasserablaufklappen wurde gedacht.

Wie üblich in diesem Maßstab liegen dem Bausatz zwei Sätze tiefgezogene Segel bei, die ausgeschnitten werden müssen.
Wie üblich in diesem Maßstab liegen dem Bausatz zwei Sätze tiefgezogene Segel bei, die ausgeschnitten werden müssen.

Revell - Passat

Das Deck wird in drei Teilen dargestellt. Es soll einfach in den Rumpf verklebt werden. Hierbei ist die erste wirklich entscheidende Ernüchterung des Bausatzes festzustellen. Die Deckstruktur, die in die Urform des Modells mit handelsüblichen Holzleisten in der Form fünf mal fünf Millimeter eingelassen zu sein scheint, zerstört den vorerst passablen Eindruck des Bausatzes völlig. Auch dem unerfahrensten Schiffsinteressierten und dem jüngsten Modellbaufreund wird auffallen, dass hier nicht an Authentizität gedacht wurde. Die einzelnen Deckplanken sind im Modell unglaubliche fünf bis sieben Millimeter breit und ca. einen Zentimeter lang. Diese sind zu allem Überdruss auch noch mit einer Holzmaserung im Maßstab 1:1 versehen. Dies würde umgerechnet im Original bedeuten, dass man ca. 1,50m breite Deckplanken vorfinden würde. Zum Vergleich: Darauf bringt es die durchschnittliche Eiche nicht!

Dies wird auch für den engagierten Modellbauer praktisch nicht zu beheben sein, es sei denn, man wechselt das gesamte Deck aus und beginnt die Passat praktisch von Grund auf zu scratchen.

Revell - Passat

An dieser Stelle verkommt der Bausatz leider zu reinem Kinderspielzeug, was auch durch die folgenden teilweise positiven Aspekte der kleineren Teile nicht mehr auszugleichen ist. Auch an der farblichen Auswahl des Gussmaterials lässt sich erkennen, welche Zielgruppe angesprochen werden sollte. Der Rumpf ist schwarz, das Deck hingegen braun. Alle Aufbauten und Kleinteile sind weiß. Ein Zusammenbau ohne Farbe wirkt so auch ausreichend.

Revell - Passat

Aufbauten und Kleinteile:

Die zahlreichen Kleinteile sind teilweise gut detailliert. Hier zeigen sich die modernen Möglichkeiten des Formenbaus. Viele runde Teile wie Spills oder Masten sind in einem Guss gefertigt. Allerdings überwiegt wieder die Zahl der wenig bis gar nicht detaillierten Teile, die auch nur unter größtem Aufwand zu korrigieren wären. Das Relingsteil mit der eingelassenen Schiffsglocke zum Beispiel sieht sehr schön aus, wogegen die Beiboote jedes Detail vermissen lassen und an Spritzgussbausätze des Anfangs des Plastikmodellbaus erinnern.

Dieser Eindruck, gerade bei diesen Teilen, wird durch die Auswerfermarkierungen in der zentralen Mitte der Boote unterstrichen.
Dieser Eindruck, gerade bei diesen Teilen, wird durch die Auswerfermarkierungen in der zentralen Mitte der Boote unterstrichen.

Revell - Passat

Das Rigg:

Das Rigg besteht aus dem stehenden Gut in Form der Masten und Wanten und dem laufenden Gut aller prinzipiell beweglichen Tampen und Leinen der Takelage.

Die Masten sind ausreichend dargestellt. Allerdings dürfte das richtige Verkleben der Rahen mit den Möglichkeiten im Kinderzimmer nicht gelingen. Hier ist eine Menge Fingerspitzengefühl erfordert, welches beim laufenden Gut noch stärker gefordert sein müsste. Revell bietet an, die dem Bausatz beiliegenden drei Garnsorten zu verwenden. Diese sind weiß und schwarz. Sie müssen zigfach geknotet werden und sollen an einigen Stellen mit dem aus dem Hause Revell stammenden empfohlenen Kunststoffkleber verleimt werden. Dies dürfte allerdings auch nicht gelingen, da dieser Kleber schlicht ungeeignet zur Befestigung von Garnen ist da er viel zu lange abbindet.

Spätestens hier dürfte die Euphorie jedes Modellbauanfängers enden, worauf Revell allerdings auch mit dem höchsten Schwierigkeitsgrad hinweist.

Revell - Passat

Die Wanten, welche im Original höchst filigran sind, werden hier durch die Möglichkeiten der Spritzgusstechnik nur rudimentär dargestellt und dürften wie ein überdimensioniertes Gitter wirken.

Revell - Passat

Der Bauplan und die Decals:

Der Bauplan ist übersichtlich und informativ. Mehrsprachig findet man alle Informationen die für den Bau erforderlich sind. Zum Umsetzen dieser ist allerdings Erfahrung im Modellbau von historischen Segelschiffen erforderlich.

Die Decals bilden die Namenszüge des Schiffes und aller Beiboote ab sowie die verschiedenen Eignerflaggen.

Revell - Passat

Stärken:
  • Schöne Auswahl des dargestellten Schiffes
  • Gute Bauanleitung
Schwächen:
  • Rudimentäre Detaillierung
  • Falsche Deckstruktur
  • unüblicher Segelschiff-Sammlermaßstab
  • Teilweise Auswerfermarkierungen an sichtbaren Stellen
  • Für den erfahrenen Modellbauer zu viele Schwächen
  • Für den Anfänger zu schwer

Fazit:

Von Revell haben wir durchaus schon besseres gesehen. In Anbetracht dessen, was in China und allgemein Asien zur Zeit in Bezug auf Spritzguss mit allerhand Beilagen zum Modell zu einem moderaten Preis vorgelegt wird, muss sich Revell in Punkto ernsthafter Modellbau leider in der Zukunft warm anziehen. Der Bausatz ist qualitativ nicht überzeugend und viel zu schwer und frustrierend für Anfänger im Modellbauhobby, es sei denn er hat entsprechende Hilfe eines erfahrenenden Modellbauers. Der Schiffsmodellbauenthusiast wird an diesem Bausatz, ob der vielen Unstimmigkeiten sicher keine Freude haben.

Diese Besprechung stammt von Torben Keitel - 09. September 2013

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