Bugatti 100 Racer(Special Hobby - Nr. SH 72457)Produktinfo:
Besprechung:Das OriginalBugatti war und ist auch heute noch ein Synonym für schnelle, kraftvolle und außergewöhnlich elegant konstruierte Automobile. Aber, was nur wenige wissen, Bugatti hat seine Spuren auch im Flugzeugbau hinterlassen. Der Firmengründer und Italiener Ettore Bugatti eröffnete im Jahr 1919 seine Automobilfirma im französischen Molsheim. Mit seinen Rennwagen stand er in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen in Konkurrenz mit deutschen Herstellern. Da der Flugzeugbau immer schnellere Maschinen hervorbrachte und andere Nationen sich bei Rekorden stetig wieder überboten, wollte sich auch Bugatti hier für Frankreich beteiligen und an Flugwettbewerben teilnehmen. 1936 wendete sich Bugatti an den belgischen Ingineur Louis de Monge, der mit ihm das Model 100P entwickelte. 1937 erreichte die Bf 109 V13 einen absoluten Geschwindigkeitsrekord. Da Bugatti kein Freund von Nazideutschland war, war das für ihn Ansporn genug, diesem die Bestmarke wieder abzunehmen. Sein Plan war es, am Rennwettbewerb Coupe Deutsch de La Muerthe 1938 teilzunehmen. Doch wegen des drohenden Kriegsausbruchs und der Nähe seiner Fabrik zu Deutschland verlegte Bugatti 1938 den Bau des Flugzeuges vom Elsass nach Paris. Um genauer zu sein, in den zweiten Stock einer Möbelfabrik. Die Maschine war überwiegend aus verschiedenen Holzsorten gebaut. Als Antrieb sollte zunächst ein Motor verwendet werden. Doch dies wurde dann zu zwei Bugatti-Fahrzeugmotoren T50B geändert, die speziell für dieses Flugzeug gebaut wurden. Die beiden Motoren waren im hinteren Rumpfteil in Schräglage eingebaut. So ging die eine Antriebswelle rechts am Pilotensitz vorbei, die andere links davon. Beide Wellen endeten in einem Getriebe unmittelbar vor dem Sitz. Von dort erfolgte die Kraftübertragung der 2 x 450 PS (2 x 336 kW) über zwei ineinandergesteckte Wellen zu zwei Ratier-Zweiblattpropellern. Zu ihrer Zeit, wo der Flugzeugbau im Umstieg von Doppeldeckern mit starren Fahrwerken zu Eindecker mit einziehbaren Fahrwerken begriffen war, war das Design der Bugatti 100P wahrhaftig futuristisch, selbst für Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg. Für die Maschine wurden auch mehrere Patente angemeldet, so u.a. für die Lufteinläufe an dem Y-förmigen Leitwerk und der Antriebswelle. Da Frankreich auf der Suche nach Flugzeugen war, die der deutsche Überlegenheit des vor der Tür stehenden Krieges Paroli bieten sollten, wurde an Bugatti ein Entwicklungsauftrag eines Jagdflugzeuges auf Basis der 100P vergeben. Der Vertrag beinhaltete auch einen Bonus von einer Million Franc, wenn Bugatti den deutschen Geschwindigkeitsrekord von 1938 bzw. 1939 (755,138 km/h) brechen würde. Hierfür wurden eine leicht verkleinerte Version, die 110P, projektiert. Dieses Projekt kam aber nicht über die Entwicklungssphase hinaus. Zurück zur 100P: kurz bevor die Wehrmacht im Juni 1940 Paris besetzte, war die 100P fast fertiggestellt. Von dort wurde die Maschine und weitere Teile auf einen LKW verladen und zu Bugattis Wohnsitz in Ermeronville, etwa 53 Nordöstlich von Paris, evakuiert und dort in einer Scheune gelagert. Dort blieb sie bis etwa 1960 unentdeckt. Ab 1960 wurde die Maschine mehrfach verkauft und französischen Museen zur Restaurierung angeboten. Doch diese Angebote wurden abgelehnt. Noch bevor die Maschine in die USA verkauft wurde, wurden die beiden Motoren ausgebaut. In Übersee wurde dann mit der Restaurierung begonnen. Dort wurden die Arbeiten von dem ursprünglichen Entwickler Louis de Monge unterstützt, der inzwischen in den USA lebte. 1979 wurde die immer noch unvollendete Maschine an das Air Force Museum übergeben. Von dort wurde das Flugzeug 1996 an die Experimental Aircraft Association (EAA) in Oshkosh/Wisconsin zur Restauration ausgeliehen. Heute ist die fertig restaurierte 100P im EEA Air Venture Museum ausgestellt. Beide Motoren sind heute noch vorhanden, doch in zwei Bugatti Automobile eingebaut. Ab 2009 wurde an einem originalgetreuen Nachbau der 100P gearbeitet, der 2015 seinen Erstflug hatte. Beim dritten Testflug am 6. August 2016 stützte die Maschine kurz nach dem Start ab und tötete den Piloten und Erbauer.
Der Bausatz von Special HobbyQuer durch diverse Maßstäbe (1:24, 1:32, 1:48 und 1:72) gab es von der 100P bis heute nur Resinbausätze. Special Hobby bietet sie jetzt erstmals als Spritzgussbausatz an und macht ihn so erschwinglich für die breite Masse der Modellbauer. Der kleinformatige Karton enthält drei Spritzrahmen mit total 45 Spritzgussbauteilen. Hinzu kommen noch sieben Resinteile und eine Bauanleitung. Die Details der Teile sind sehr gut ausgeformt. Sinkstellen sind augenscheinlich nicht vorhanden. Durch die Vergrößerung der Fotos erscheinen die versenkten Gravuren recht dominant. Da aber die Teile real viel kleiner sind, relativiert sich das wieder. Die Ruderflächen können nicht eingelenkt dargestellt werden. Möglicherweise sind die erhabenen Strukturen auf den Ruderflächen etwas zu stark ausgeprägt. Wer das als störend empfindet, kann dies mit ein- oder zwei vorsichtigen Zügen mit feinem Schleifpapier oder Stahlwolle abmildern. Die einzigen, sofort sichtbaren Unsauberkeiten in Form von „Fischhaut" finden sind an den beiden Propellern. Das kleine Armaturenbrett zeigt erhabene Gravuren. Hier wäre ein farbiges Ätzteil oder ein Nassschiebebild hilfreich gewesen. Obwohl vergleichsweise klein, so entfallen doch die meisten Bauteile auf das Cockpit. Fotos der restaurierten Maschine zeigen, dass an den Cockpitseiten noch einige Hebel, Instrumente und Leitungen montiert waren. Am Modell wurden diese Details aber nur rudimentär nachgebildet. Auch die Form des Pilotensitzes kann ich nach Vergleichen mit Fotos der Originalmaschine so nicht bestätigen. Der Nachbau des Racers hatte Sitzgurte für den Piloten. Ob diese auch am Original vorhanden waren, kann ich nicht beurteilen. Sie war ja noch nicht fertig gebaut gewesen. Die Fahrwerksstreben und deren Abdeckbleche sind schon recht dünn hergestellt. Aber dennoch wirken sie recht rustikal für eine so kleine Maschine. Wer möchte, kann diese noch etwas dünner schleifen oder neu aufbauen. Das Klarteil ist einteilig ausgeführt und schlierenfrei. Im vorderen Teil der Verglasung sind auf der Backbordseite noch zwei Öffnungen vorhanden. Am Klarteil sind die nicht berücksichtigt. Zur Info: Cockpitstreben und Umrandung waren nicht lackiert. Die Resinteile sind für die Lufteinläufe am Leitwerk, die Fahwerksschächte und die Verkleidungen für die Abgasanlage vorgesehen. In Spritzguss wären diese nicht so fein darzustellen.
Die BauanleitungDie Zeichnungen der Bauanleitung habe eine gut Größe und sind leicht verständlich. Im Cockpitbereich hätte ich mir die Zeichnungen etwas größer gewünscht, weil die Bauteile per se schon so klein sind. Nach 18 Baustufen ist das Modell fertig zum lackieren. Die Farben sind nach Mr. Hobby angegeben. Der erste Lackiervorschlag entspricht der Maschine im restaurierten Zustand. Vorschlag zwei ist eine fiktive Lackierung, wie sie hätte bei einem Luftrennen lackiert sein können. Ein Markierungsbogen ist nicht im Lieferumfang enthalten.
Mit Artikelnummer M72035 bietet Special Hobby auch einen sinnvollen Maskierungssatz für das Klarteil und die Reifenfelgen. Stärken:
Schwächen:
Anwendung: Wegen dem Materialmix nicht für Modellbaueinsteiger zu empfehlen Fazit:Ich liebe das Design dieser Maschine!! Für mich ist die Bugatti 100P das wohl formschönste Flugzeug, was Menschhand erschaffen hat. Schon fast ein Kunstwerk... Vielleicht mag das der Grund sein, warum ich bei diesem Modell ein wenig genauer hingeschaut und ein paar Ecken kritisiert habe. Weitere Infos:Referenzen: Eine Bestellmöglichkeit direkt beim Hersteller gibt es hier und die Bauanleitung kann als PDF hier heruntergeladen werden. Weitere Informationen zu Original gibt es im Netz z.B. hier und hier. Diese Besprechung stammt von Bernd Heller - 04. Februar 2022 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |