USS America(Revell - Nr. 05416)Produktinfo:
Besprechung:Das OriginalDie wohl berühmteste Segelyacht der Welt lief im Mai 1851 in New York vom Stapel. In Auftrag gegeben von einer Gruppe amerikanischer Geschäftsleute sollte sie in Regatten gegen englische Yachten segeln und siegen. Ihr Konstrukteur George Steers baute das Schiff mit seinem Bruder in Long Island. Bei der berühmten Wettfahrt waren neben acht ausgebildeten Seeleuten beide an Bord. Das Schiff wurde von Richard Brown kommandiert, einem erfahrenen New Yorker Hafenlotsen. Zu dem berühmten Rennen kam es durch eine Einladung der Royal Yacht Squadron an den New York Yacht Club, NYYC. Drei Monate nach ihrem Stapellauf segelte die America über den Atlantik, kaum erprobt in nur wenigen Wettfahrten gegen die Sloop Maria, damals die schnellste Yacht in amerikanischen Gewässern. Als Preis war der 100 Sovereigns Cup aus der Goldschmiede Garrard in London, bekannt als 100 Guinees Cup, ausgelobt. Die englischen Regattateilnehmer waren sich absolut sicher, den Cup zu gewinnen, galten sie doch als die erfahrensten Segler der Welt. Zu dem galt England bei vielen als das Ursprungsland des Yachtsports. Wie das Rennen schlussendlich ausging zeigt der heutige Name der, vom Heiligen Gral einmal abgesehen, berühmtesten Schale der Welt. Nach dem furiosen Sieg verblieb die Schale 132 Jahre im Besitz der Amerikaner. Für die Briten eine sehr blamable Geschichte, hatte man zuvor den Mund recht voll genommen, verfügte über ausgezeichnete Revierkenntnisse und kannte auch die Tücken der vorherrschenden Winde und Gezeiten um die Isle of Wight. Die America lief um 20:37 Uhr, nach zehnstündiger Fahrt, als erste über die Ziellinie. Nach zwanzig Minuten kam die erste englische Yacht, nach einer weiteren Stunde die nächste. Der 100 Sovereigns Cup hieß seit dem nur noch „Americas Cup". Möglich machten diesen Sieg sicherlich hervorragende Seemannschaft aber auch einige technische Neuerungen bei der Konstruktion von Rumpf und Takelage. Zum Beispiel waren die amerikanischen Gaffelsegel komplett mit Marlschlag am Baum festgelascht, der Segelschnitt der America war für diese Zeit ungewöhnlich flach - die englischen Yachten waren meist einmastige Kutter mit eher bauchigen Segeln und teilweise noch Rahsegeln. Wenige Jahre nach dem berühmten Rennen brach in den USA der Bürgerkrieg aus. Die America wurde an die Konföderiertenmarine verkauft, eine Zeit lang als Blockadebrecher genutzt und schließlich bei Dunns Creek versenkt. Die Unionstruppen hoben die Yacht, reparierten sie und setzten sie ihrerseits als Blockadeschiff ein. Zu diesem Zweck wurde die America mit drei Kanonen, einem 12-Pfünder am Bug und zwei 24-Pfündern mittschiffs ausgerüstet. Das Schiff verblieb bis 1873 bei der Navy und ging dann wieder an private Eigner, die sie auch wieder als Sportyacht nutzten. Sie wurde weiß gestrichen und ihr Rigg mehrfach geringfügig umgeändert. Ihre letzten Jahre verbrachte sie nach kurzer Nutzung als Schulschiff jedoch wenig beachtet im Besitz der amerikanischen Marineakademie. Keine hundert Jahre alt wurde sie 1942 unter den Trümmern eines im Schneesturm zusammenbrechenden Schuppens begraben, ihre verbliebenen Reste drei Jahre später vollständig abgewrackt und zum Teil verkauft. Heute existieren drei Nachbauten dieser berühmten Yacht, zwei liegen in den USA, eine, mit dem Namen „Skythia", ist sogar in Rostock beheimatet und kann von Privatleuten für Kreuzfahrten auf der Ostsee gechartert werden. Der Kartoninhalt
Die Details
Der BausatzDas Modell wurde in den 60er Jahren das erste Mal aufgelegt und angeboten. Seit dem kommt die America alle Jahre wieder ins Revell-Programm. Zu recht, denn wie einige Kollegen schon angemerkt haben, ist dieser Bausatz der einzige wirklich gute Plastikbausatz von einer Yacht des 19. Jahrhunderts. Bereits die erste Auflage war von guter Qualität, es hat sich seitdem nur wenig geändert. Bei dem jetzt neu angebotenen Bausatz besann man sich aber auf den Einsatz der America im Bürgerkrieg, deshalb auch das etwas irreführende Präfix „USS". Wie oben schon erwähnt diente sie auch in der Konföderierten Marine, könnte also auch das „CSS" führen. So ist diese Bausatzvariante mit drei Kanonen ausgestattet. Aus der Kiste heraus gebaut lässt sich schon ein sehr schönes und dem Original entsprechendes Modell erstellen. Dem versierten Modellbauer eröffnen sich aber viele weitere Möglichkeiten das Schiff darzustellen. Bis hin zur Fernsteuerung ist bei dem recht einfachen Rigg alles drin. Für Schiffsmodellbauer also ein echter Gewinn. Das Modell ist nach dem Zusammenbau insgesamt 65 cm lang und 53 cm hoch, damit ein imposanter Zimmerschmuck. Hinsichtlich der Maßstabsangabe ergeben sich Differenzen. Laut Wikipedia hatte die America eine Länge in der Wasserlinie von 27,38 m, der Modellrumpf misst in dieser Ebene 42,2 cm, das entspräche einem Maßstab von etwa 1:65. Möglicherweise basiert die Angabe von Revell also auf einem banalen Zahlendreher. Die 175 Bausatzteile sind auf zwei große Rahmen verteilt, die Segel, wie üblich tiefgezogenes Plastik, sind ebenfalls auf zwei Bögen verteilt. Weiterhin enthält der Baukasten drei Sterne mit Takelgarn in Braun und Schwarz, eine etwa dreißig Zentimeter lange Messingkette für den Anker, die auf Papier gedruckte US-Flagge, die Sicherheitshinweise und natürlich den neu gestalteten, farbigen Bauplan mit Bemalungshinweisen und dem nahezu vollständigen Takelplan. Die Teile sind in braunem Plastik gespritzt, das Material ist sehr fest. Alle Teile sind sauber gespritzt, es gibt keine Fischhaut oder Gussgrate. Lediglich an den Spieren bildeten sich ganz geringe Grate, die aber einfach zu entfernen sind. Die Holzstrukturen an Rumpf und Deck sind nicht so übertrieben dargestellt wie bei anderen Plastikschiffen, tatsächlich wäre es schöner, wenn die Nähte der Decksbeplankung eingetieft statt erhaben wären. Die Kupferbeplankung des Unterwasserrumpfes ist sehr schön wiedergegeben, ebenso die Heckzier mit dem Adler und den Flaggen. Über der Bugzier ist fein erhaben der Schiffsname aufgeprägt. Dem Maßstab geschuldet sind die Spieren etwas dünn. Bei beiden Masten sind die Mastringe angeformt, im Original haben sie einen deutlich größeren Durchmesser als der Mast, um ein schnelles Aufziehen und Herablassen der Segel zu gewährleisten. Die einfache Decksausrüstung ist schnell gebaut, nur der achtere Niedergang besteht aus mehreren Teilen. Das wohl mit Ledersitzen ausgestattete Cockpit ist ebenfalls schön abgebildet. Die Bauanleitung
Neu bei diesem Bausatz, im Vergleich zur letzten Auflage, sind die drei Kanonen. Eine 12-Pfünder wird auf der Back aufgestellt, die beiden 24-Pfünder beiderseits mittschiffs. Für die unten erwähnten Davits muss für den Fall der Geschützaufstellung also ein anderer Platz gesucht werden. Bei den Kanonen handelt es sich um Geschütze mit pivotierten Schlittenlafetten, die über die Bordwand abgefeuert wurden. Die Lafetten waren mit einem Drehzapfen im Deck verankert, konnten also neben der Erhöhung auch seitlich gerichtet werden. Der Pivot war augenscheinlich dicht an der Bordwand befestigt. Die Kanonen sind sehr schön dargestellt, sogar die Schrauben der Richtspindeln liegen als Bauteile bei. Was dann allerdings fehlt sind die eisernen Laufschienen der hinteren Lafettenwalzen auf Deck. Wer aber mit einem Zirkel umgehen kann, für den stellt dies kein Problem dar. Der Segelsatz aus tiefgezogenem Kunststoff enthält fast alle Segel, die die America tragen konnte. Einzig der fliegend gesetzte Aussenklüver fehlt. Im Unterschied zu dem älteren Bausatz fehlt im Flaggensatz bei der neuen Auflage der Stander vom NYYC - aber es soll ja auch der Blockadebrecher der Navy gebaut werden. Mehr oder weniger ein Gag ist das beiliegende „Kieldreieck" - ein Anzeichen dafür, dass Revell bereits in den 60ern eine RC-Option oder zumindest ein schwimmfähiges Modell im Sinn hatte. Brauchbar ist dieses Dreieck bestenfalls zur geringen Vergrößerung des Lateralplans, für das Standmodell ist es obsolet. Auch für den Fahrbetrieb wird es bei weitem nicht ausreichen, um Krängungsstabilität zu erreichen. Alles in allem ist der Bausatz sehr zu empfehlen. Aber wo Licht ist, ist auch Schatten. Bereits bei dem alten Kit fehlten Davits und Beiboote. Auf den zeitgenössischen Abbildungen ist diese Einrichtung zwar nur selten zu sehen, jüngere Fotos aber zeigen zumindest an Backbord Davits und eine kleine Gig. Wahrscheinlicher sind aber Davits und Boote beiderseits und etwa mittschiffs. Das Takelgarn ist ziemlich unbrauchbar aber einfach auszutauschen. Die beiliegenden Blöcke haben revellüblich angeformte Augen. Auch hier bietet der Fachhandel eine Auswahl an geeigneten Blöcken in allen Größen und Formen an. Die tiefgezogenen Segel sollten auch gegen Segel aus Stoff oder Papier ausgetauscht werden. Die Plastiksegel sind das einzig wirklich negative beim Bau ooB. Der Takelplan ist in einigen Details unvollständig. Aufgrund des einfachen Riggs ist dieser Umstand aber einfach zu beheben. Dem aufmerksamen Betrachter werden die Unterschiede bereits zwischen Boxart und Bauplan auffallen. Zu dem hatte die Navy bestimmt etwas andere Ansprüche an ihre Takelagen als ein privater Eigner. Das Aussehen des Riggs während ihrer Marinezeit wird aber schwer zu recherchieren sein. Bei der Stütztakelage sind die Jungfern und das Reep ebenfalls aus einem Stück, es gilt hier das gleiche wie bei den Blöcken. Durch den großen Maßstab ist ein Austausch einfach. Der Maßstab ist zwar sehr groß, mit 1:65 jedoch genau zwischen den Maßstäben, in denen es passende Besatzungsfiguren gäbe. Das ist schade, aber durchaus vernachlässigbar. Dem Bauplan sollten die wichtigsten Punkte in der Karriere der America angefügt werden, der einfache Hinweis auf die kürzeste Phase ihrer Laufbahn in der amerikanischen Marine ist etwas dünn. Stärken:
Schwächen:
Anwendung: Trotz Skill Level 4 auch für Einsteiger geeignet Fazit:Für knapp 40 Euro bekommt der Modellbauer einen schönen Bausatz auf die Werkbank. Gleich ob aus dem Kasten oder erheblich erweitert, um- oder ausgebaut entsteht ein Schmuckstück für Segelschiffreunde. Der ambitionierte Modellbauer hat eine Vielzahl von Möglichkeiten zum Um- und Ausbau der Segelyacht. Praktisch jeder Eigner hat an der America herum experimentiert. Schon die Suche nach Informationen zeigt eine Fülle von Variationen des Schiffes. Aber auch der Anfänger wird durchaus mit dem Bausatz zurecht kommen. Es gibt nur relativ wenig eher große Teile und die Takelage ist nicht so kompliziert wie bei anderen Zwei- oder gar Dreimastern. Unbedingt empfehlenswert! Weitere Infos:Referenzen: Empfehlenswerte Literatur: F. Giorgetti, Geschichte und Entwicklung der Segelyachten F. Rotti und R. Villarosa, Yacht ClubWikipedia, Yacht America W. z. Mondfeld, Schiffsgeschütze
Eine mögliche Bezugsquelle beim Bausatzhersteller gibt es hier. Diese Besprechung stammt von Frank Brüninghaus - 24. Dezember 2016 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |