Ju 88A-5(ICM - Nr. 48232)Produktinfo:
Besprechung:
Die Ju 88 war ursprünglich ein schnelles Kampfflugzeug (Horizontal- und Sturzkampfbomber), wurde aber auch als Fern- und Torpedobomber, Minenleger, See- oder Fernaufklärer, Wetterbeobachter, Zerstörer, Nachtjäger, Panzerjäger oder als Erdkampfflugzeug eingesetzt. Die A-5 Variante war eine Mischung aus der Flugzelle der A-4 mit Jumo-211-B/G Reihenmotoren der Ju 88 A-1 und größerer Spannweite und Bombenzuladung. Die A-5, eine Kampfflugzeug-/Bombervariante, wurde vor der Ju 88 A-4 in Dienst gestellt, die wiederum über stärkere Triebwerke (Jumo 211-F/J) verfügte.
Die Ju 88 im Maßstab 1:48 ist mehrfach als Bausatz erschienen. So gab es bis vor Jahren noch Exemplare dieses Luftfahrt-Klassikers von der kanadischen Firma Hobbycraft, die eher in der Rubrik "der Aufwand lohnt nicht..." einzusortieren sind, weil man schon eine ganze Menge Zeit und Arbeit in das wenig maßhaltige und kaum zusammenpassende Modell stecken muss. Bis dato war somit eher der chinesische Hersteller Dragon das Maß aller Dinge. Grundsätzlich vorbildgetreu und gut detailliert, und vor allem in mehreren interessanten Varianten in verschiedenen Konfigurationen auf dem Markt vertreten, war und ist die Ju 88 aus Shanghai ein gutes Replik des Originals. Das Haupt-Manko dieser Bausätze ist jedoch der sprichwörtliche Kampf mit Klebespalten am Rumpf-/Cockpit-Übergang oder mit unpassenden Flügelsegmenten zu den verschiedenen Flügelspitzen, wo oftmals mehrere Millimeter Material aufzufüttern/auszugleichen sind. Und ganz grundsätzlich festgestellt: Dragon bietet keine A-5-Variante an. Umso angebrachter also, das vorliegende Produkt aus der Ukraine mal genauer zu betrachten.
Alles neu - das ICM-Modell:Neuheit von ICM im Oktober 2015: die erste Ju 88 des ukrainischen Herstellers. Es gilt 233 Plastikteile und einen Spritzling mit 18 Klarsichtteilen zu verbauen. Nur wenig davon wandert, je nach dargestellter Variante, in die Restekiste. Die Montage des Modells ist wegen der zahlreichen Bauteile zwar recht komplex. Sehr hilfreich dabei ist, dass die Passgenauigkeit, einem vorliegenden Baubericht zur Folge, recht gut zu sein scheint: die Konstruktion gehe ohne Komplikationen vonstatten, was insbesondere der Cockpitsektion und den dortigen Übergängen der Klarsichtteile zum Rumpf zu Gute kommt. Im Vergeich mit Kagero-Plänen scheint ICM ein gute, realistische Wiedergabe von Konturen und Maßen der Ju 88 gelungen zu sein. Während also der Gesamteindruck stimmt und Panellines und Proportionen passen, findet sich keine einzige (!) Nietdarstellung auf dem Modell. Wer hier die realistische, etwas unebene Oberfläche durch die Nietreihen des Originals nachempfinden möchte, muss das Gravurrädchen auspacken. Das zählt aber nicht als Nachteil - der "mad riveter", den wir von den Produkten einiger meist asiatischer Hersteller kennen, wäre als Graveur hier weitaus schlimmer gewesen. Weniger ist eben oft mehr. Die Vorder- und Rückseite der Bauanleitung. Sehr gut ist die modulare Aufteilung des Modells: alle wichtigen Steuerflächen kommen einzeln daher und sind im angelenkten Zustand darstellbar. Während Höhen- und Seitenruder miteinander verklebt werden müssen, liegen Flaps und Quer-/ Höhenruder einteilig bei und brauchen nur noch in die Aussparungen der Klappen eingeklebt werden. Unter den zusammengefügten Rumpfhälften wird ein Flügelmittelteil zur Stabilisation des Modells eingepasst, bevor die Flügelaußenseiten daran befestigt werden.
Ich bin ganz angetan von der Fahrgestell-Konstruktion des Bausatzes: um den stabilen Hauptholm herum gesellen sich die Kleinteile wie Stabi-, Schub- und Zugstangen. Sie werden samt Hauptholm in eine Blockhalterung aus massivem Plastik eingepasst. Diese Baueinheit wird dann als Ganzes auf die Flügelunterseite geklebt und von den Fahrwerkschächten ummantelt. Klasse! Kein Gefummel mehr, um die Fahrwerkbeine irgendwie in die tiefen Katakomben des Fahrwerkschachtes hinein zu frickeln. Eine sehr stabile und kompakte Lösung. An den entscheidenden Klebeflächen der Rumpf- und Flügelteile finden sich Passstifte, die das korrekte Zusammenfügen ermöglichen. Im Cockpit finden wir, je nach Decalvariante, zwei verschiedene Glaskuppeln (MG-Abwehrstände) im hinteren Bereich und an der nach hinten gerichteten Unterrumpf-Abwehrstation zwei unterschiedliche Kuppeltypen. Am Bug können sogar drei verschiedene Glaskanzeln, entweder mit MGs oder Bombenzielgerät ausgestattet, je nach Decalvariante montiert werden. Die Bauanleitung hilft hier jeweils weiter. Außerdem liegen dem Bausatz vier Bomben als Abwurfmunition bei: jeweils zwei SC 250er und 500er, die an den vier Unterrumpfstationen, die jeweils separat angebracht werden müssen, montiert werden. Die Auspuffanlage: entspricht sie derjenigen der Ju 88 A-4? Ich weiß es nicht... Neben allen sonnigen Aspekten finden wir auch ein wenig Schatten. Für mich am auffälligsten: die sehr einfach detaillierten Räder am Hauptfahrwerk, die augenscheinlich mit ungenauer Felgenstruktur daherkommen. Außerdem sind sie nicht abgeflacht/ im belasteten Zustand dargestellt. Hier liegen Welten zwischen den Bausatzteilen und guten Aftermarket-Produkten, beispielsweise Eduards Brassin-Rädern (early) No. 648130. Außerdem ist auffällig, dass keinerlei Sitzgurte im Cockpit vorhanden sind. Hier werden nur Selbstbau oder die Zubehörindustrie helfen, denn man kann bekanntlich gut in den verglasten "Kampfkopf" der Ju 88 hineinschauen. Wiederum nicht schlimm finde ich, dass das Spornfahrwerk in einem Teil gegossen ist und somit das Spornrad mit dem Schmutzfänger verbunden ist. Eine geschickte Bemalung kann hier trotz der Kompaktheit dieser kleinen Baugruppe viel Realismus herstellen. Ansonsten fällt beim Betrachten der Bausatzteile auf, dass die Kühlerrippen sehr einfach dargestellt sind, denn dort fehlt es ein wenig an Struktur, sie sind glatt und nicht geriffelt modelliert. Da ich einige der (wenigen) Kritikpunkte zum Bausatz aus dem Internet mangels vorliegender Referenzen nicht hundertprozentig nachvollziehen kann, gebe ich sie mal unter Vorbehalt bekannt, weil sie mir im Rahmen von Recherchen zum Modell aufgefallen sind. Größtes Manko sei demnach die Annahme, dass ICM dieser A-5-Variante die Auspufföffnungen einer A-4 spendiert habe. Das könnte man, wenn es so wäre, wohl nur durch Umbau oder Resin-Ersatz korrigieren. Außerdem lässt sich in einigen Berichten nachlesen, dass die Propellernaben des Modells etwas zu rund seien und spitzer zulaufen müssten. Ich halte diesen Punkt aber eh für zu vernachlässigen und, falls nötig, leicht mit ein wenig Spachtelmasse und Schleifpapier zu korrigieren. Ebenso die Online-Anmerkung, dass der Bausatz recht einfache Propellerfassungen habe. Wahrscheinlich ist gemeint, dass die Paddel ohne die Darstellung eines Verstellgetriebes daherkommen. Nun, da ich nicht im Detail weiß, wie die Prop-Fassungen am Original aussahen, kann ich diesen Punkt nicht bewerten. Der kritische Bastler möge hier Referenzen zu Rate ziehen. Insgesamt erntet der Bausatz im Internet aber großen Applaus - und das zu Recht! Volle Punktzahl hätte es von mir gegeben, wenn diesem Flugzeugklassiker-Bausatz ein paar Figuren als Bomberbesatzung oder Wartungspersonal beigelegt worden wären, wie wir das von den frühen Monogram-Bausätzen gewohnt sind. Hey - man wird ja wohl noch träumen dürfen...
Die Decalvarianten und BemalungICM bietet uns vier Decalvarianten von Ju 88A-5, die an verschiedenen Kriegsschauplätzen dabei waren: ob eine im hohen Norden (Finnland) oder zwei in Griechenland bzw. Italien eingesetzte Maschinen, jeweils im Standard-Splintertarn RLM 65/70/71 mit den jeweiligen Szenario-Markierungen ausgestattet, oder eine in Russland an der Ostfront stationierte in weißer Wintertarnung: da dürfte für jeden was dabei sein. Die Decals kommen in tadellosem Druck und guter Farbsättigung daher. Es wird sich zeigen, ob ICM im Vergleich zu früheren Modellen bei der Qualität seiner Abziehbilder dazu gelernt hat. Aus den Stimmen einiger Bastler lässt sich nämlich heraushören, dass die Decals der zuvor bei ICM erschienenen Do-215 nicht alle Modellbauer überzeugen konnten. Hier werden erste Bauberichte des vorliegenden Bausatzes abzuwarten bleiben, um sich ein Urteil bilden zu können.
Zusammenfassendes Rating:Skala zwischen 0/"schlecht"/"schwer" bis 5/ "einfach"/"Spitze": 1. Detaillierungsgrad 4 von 5 - mit wenigen Abstrichen super! 2. Formtreue 4 von 5 - es gibt keine gravierenden Mankos; 3. Oberflächentextur 3 von 5 - ein paar schöne Nietreihen wären fein gewesen; 4. Handling/Einfachheit des Zusammenbaus 4 von 5 - komplex, aber gut zu bewerkstelligen! 5. technische Darstellungsvielfalt 4 von 5 - Klappen anstellbar, Motordarstellungen, verschiedene Kanzeltypen: prima! 6. Variantenvielfalt 4 von 5 - da ist für jeden was dabei! 7. Ausstattung mit Zubehör 3 von 5 - Standardausstattung (Bomben) ohne Auffälligkeiten. 8. Passgenauigkeit - lässt sich erst nach mehreren vorliegenden Bauberichten erfassen. 9. Preis-Leistung 5 von 5 - definitiv preiswert!
Darstellbare Maschinen:
Stärken:
Schwächen:
Anwendung: Zahlreiche und feine, kleine Bauteile, viele Konfigurationsmöglichkeiten - erfahrene Bastler sind gefragt! Fazit:Am Gesamteindruck, mit kleinen Abstrichen im Detail (Gurte, Motorkühler), gibt es nichts zu mäkeln. Ein preiswerter und konkurrenzfähiger Bausatz. Empfehlenswert! Weitere Infos:Referenzen:
Diese Besprechung stammt von Alexander Jost - 07. März 2016 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |
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