Junkers Ju 88 V-5 „Glasveranda“von Enrico Friedel-Treptow (1:72 Lüdemann-Modellbau)Geschichte
Als im Juni 1939 die ersten Ju88 vom Band liefen, wurden die Junkers-Werke vom RLM beauftragt mit der Entwicklung eines mittleren Kampfflugzeugs (Bomber B) zu beginnen. Dieses Flugzeug sollte der Nachfolgetyp für die Ju88 und He111 darstellen. Die Arbeiten begannen unter der Bezeichnung EF78 (Entwicklungsflugzeug 78). Im August 1939 tauchte dann erstmalig die Bezeichnung Ju288 auf. Obwohl der Typ diese Bezeichnung erhielt, hat er keinerlei Verwandtschaft mit der Ju88/Ju188/Ju388-Reihe, sondern stellt eine eigenständige Neukonstruktion dar. Und trotzdem gibt es eine enge Beziehung zur Ju88. Im November 1939 lief ein gigantisches Versuchsprogramm an, in das unter anderem auch Prototypen der Ju88 einbezogen wurden. Die Ju88 V1 war mit Tankschnellablass-, Höhenruder- und Regensichtversuchen belegt. Bei der Ju88 V2 baute man unter anderem eine Kabinenattrappe an, die der Ju288 Kabine ähnlich war. Die Ju88 V8 und V16 dienten Ruderversuchen, mit der V17 testete man Bordaggregate. An der V23 und V42 untersuchte man die Höhenflossen-Nachlauftrimmung. Das Flugzeug
Neben den genannten Flugzeugen war auch die Ju88 V5 in das Versuchsprogramm eingebunden. Ursprünglich wurde die V5 als Rekordflugzeug gebaut. Sie erhielt eine unverglaste, aerodynamisch verfeinerte Rumpfnase. Außerdem wurde die Kabinenverglasung abgesenkt. Mit dieser Maschinen flogen Seibert und Heintz zwei Geschwindigkeitsrekorde: am 19.03.1939 wurden 517,004 km/h mit 2000kg Nutzlast auf einer 1000-km-Strecke erreicht; am 30.06.1939 flog die Maschine 500,786 km/h mit 2000kg Nutzlast auf einer 2000-km-Strecke. Im Frühjahr 1940 kam sie dann zum Ju288-Programm. Sie erhielt eine Kabinenattrappe, die der Kabine der späteren Ju288 sehr ähnlich sah. Die Attrappe wurde an den Bug der V5 gebaut, die ursprüngliche Kabine blieb erhalten, was dem Flugzeug ein recht ungewöhnliches Aussehen verlieh. Im Ergebnis der Versuche wurden der Kabine ausgezeichnete Sichtverhältnisse bescheinigt. „So empfand man das Fliegen in der Kanzel als sehr angenehm, auch bei böigem Wetter. Die Sicht für Zielanflug, Sturzflug und Tiefflug waren ausgezeichnet.“(2) Die Dreiblatt-(Holz)Propeller der Rekordmaschine wurden gegen Vierblatt-Metallpropeller ausgetauscht. Außerdem testete man eine Doppelhaube, die an der Ju288 V5 und V6 wieder auftauchten. Die Haube ergab jedoch nicht den erhofften Geschwindigkeitsgewinn und minderte die Kühlleistung um 7 bis 8%. Weiterhin testete man die neuartige Sturzflugbremse (hier noch fest installiert), die dann bei der Ju288 in die Landklappe einfahrbar gestaltet wurde. Auch der Erprobung der Verdampfungskühlung diente die Ju88 V5. Ab August 1940 erhielt die V5 auch das Leitwerk der Ju288. Werksfotos zeigen, dass die Maschine dann auch wieder Dreiblatt-Metallpropeller erhielt. Der Erstflug in dieser zweiten Umbau-Variante erfolgte am 2.Oktober 1940. Das Modell
Die Firma Luedemann hat sich dieses ungewöhnlichen Flugzeugs angenommen und einen Resin-Bausatz in 1:72 auf den Markt gebracht. Er stellt den ersten Umbauzustand der Ju88 V5 dar: Kabinenattrappe am Bug und Vierblatt-Propeller ohne Doppelhaube. (siehe meine Bausatzbesprechung der Junkers Ju88 V5 „Glasveranda“)
Die Spinner wurden auf der Rückseite aufgebohrt und mit einem Messingrohr als Welle versehen. Die Motorenblöcke wurden für die Aufnahme der Propeller ebenfalls aufgebohrt. Auch die Tragflächen wurden mit Hilfe von Messingrohren mit dem Rumpf verbunden. Auf allen mir bekannten Bildern der ersten Umbauphase trägt die Maschine starre Sturzflugbremsen sowohl auf als auch unter der Tragfläche. Jedoch befanden sich diese Bremsen nicht wie bei der Ju88-Serienmaschine in der Nähe der Vorderkante, sondern hinten vor den Klappen. Diese Lage entspricht fast der Position, die bei der Ju288 gewählt wurde. Hier befanden sie sich jedoch auf den Klappen und wurden in diese eingefahren. Offensichtlich wurden diese Bremsen ständig verändert und teilweise mit Messvorrichtungen versehen. Dem Bausatz lagen die Sturzflugbremsen der Serienmaschinen bei, die eine völlig andere Struktur haben und hier nicht verwendet werden können. So fertigte ich neue Bremsen mit Teilen aus der Restekiste. Auf die Messapparatur habe ich verzichtet. Das Leitwerk aus dem Bausatz wurde nicht verwendet sondern gegen ein Teil von Zvezda ausgetauscht, denn die Ausgleichfläche am Ruder tauchte erst bei der A-4 auf (ab 1941). In der Kanzel wurde der Klappsitz entfernt, außerdem musste ein neues Instrumentenbrett gefertigt werden. Die Kanzel der Ju288-Attrappe des Bausatzes war völlig ohne Innenleben. Aber es müssen auch mal Leute drin gesessen haben, um die Sicht aus der neuen Kabine zu testen. Also spendierte ich der Kanzel zwei Sitze aus der Restekiste. Dabei orientierte ich mich an der Kabine der Ju288. Die Gurte für die Sitze stammen von Airmodel products. Leider ist das Klarsichtteil für die aufgesetzte Kanzel um gute 2mm zu kurz. So musste der Anschluss verschlossen und verspachtelt werden. Mir ist auch nicht ganz klar, warum dieses Klarsichtteil aus gelb getönter Plaste hergestellt wurde. Versiertere Modellbauer ziehen sich an dieser Stelle wahrscheinlich eine neue Kanzel.
Die Decals für die Kennung sind dünn und legen sich bereits ohne Weichmacher sehr gut an die Modelloberfläche an. Zur Sicherheit habe ich noch mit etwas Mr. Mark softer nachgeholfen. Außerdem wurden alle Buchstaben einzeln ausgeschnitten und angebracht. Die gelben Bänder am Rumpf habe ich aus den Decalbögen von AirDOC entnommen und entsprechend zugeschnitten.
Die Farbgebung erfolgte mit den Acryl-Farben von Revell, die Versieglung der Oberfläche habe ich mit AV Vallejo Satin Varnish vorgenommen. Erstmals habe ich die Blechstöße mit leichten Bleistiftstrichen etwas hervorgehoben. Auf Verunreinigungen habe ich verzichtet. Bei der „Glasveranda“ handelte es sich um eine Versuchsmaschine von Junkers, die im Vergleich zu Frontmaschinen relativ wenig flog und ständig gewartet und gepflegt wurde. Die Ju288V1 war mit 800.000RM versichert, die Versicherungssumme der V5 war sicher nicht viel geringer. Solch eine Maschine hält man in Ordnung. Quellen
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Enrico Friedel-Treptow Publiziert am 06. September 2012 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |