Spielwarenmesse Nürnberg 2011 Teil 103. – 08. Februar 2011
Spätestens wenn sich die Neuigkeiten der Nürnberger Spielwarenmesse Anfang Februar so langsam ihren Weg durch Foren und Internetseiten auf die Bildschirme der interessierten Hobbyisten bahnen, wird jedem klar, dass schon wieder ein Jahr vergangen ist und eine neue Saison beginnt. Und so machte sich auch das Team von MV wieder gen Süden auf, in das einwöchige Mekka aller Maßstabsfetischisten und Klebstoffschnüffler. Rund 76.000 internationale Besucher wurden dieses Jahr erwartet, die von 2.683 Ausstellern auf ihren Ständen mit den neuesten Trends und Entwicklungen in Sachen Spiel und Spaß versorgt wurden. Traditionell konzentrierte sich der Maßstabsmodellbau wieder auf die Hallen 7 und 7A, während die artverwandten Modellbahner gleich nebenan in Halle 4 präsent waren. Während die letze Messe 2010 ganz im Zeichen von Krise und Insolvenz stand, man erinnere sich nur an die Probleme bei Airfix, Faller und Märklin, gab es in diesem Jahr keine neuen Hiobsbotschaften, sondern es wurde allerorts mit festem Blick nach vorn geschaut. Für den Moment scheinen sich die Strukturen in der Modellbauindustrie damit wieder gefunden zu haben, was nach den Umbrüchen in den letzten Jahren ja auch erklärtes Ziel gewesen sein muss. So zeigt sich Branchenprimus Revell mit den aktuellen Verkaufszahlen sehr zufrieden, und das nicht nur auf den Plastikmodellbau bezogen: Denn die Bündener suchen ihr Glück schon seit längerem auch im RC-Bereich, der in den letzten Jahren beständig wachsen konnte. Und das ist nicht nur am Sortiment zu erkennen, sondern auch am Messestand an sich, der dieses Jahr flächenmäßig fast schon halb und halb zwischen Plastik- und RC-Modellbau aufgeteilt war. Dass ferngesteuerte Funktionsmodelle für die Branche immer wichtiger werden, wurde auch an der großen Anzahl meist aus Fernost stammender Firmen deutlich, die insbesondere ferngelenkte Mini-Hubschrauber in allen Größen und Formen präsentierten. Wenn sich dieser Trend in den nächsten Jahren so fortsetzt, muss die Messeleitung wohl über eine eigene Luftraumüberwachung nachdenken, um Zusammenstöße zwischen den an jedem dritten Stand stattfindenden Demonstrationsflügen zu vermeiden.
So wie auch der RC-Boom nichts wirklich Neues ist, so gab es auch anderweitig für die nach echten neuen Trends Ausschau Haltenden nicht wirklich viel zu notieren. Der stärkste Trend in diesem Jahr war im Grunde der, dass im letzten Jahr gestartete Trends verfolgt und ausgebaut wurden. Dies trifft insbesondere auf die Lasercut-Technologie zu, bei der aus Holz oder Pappe feinste Bauteile mittels Lasertechnik hergestellt werden können. Durch diese Produktionsweise können insbesondere Kleinserienhersteller hochdetaillierte neue Modelle zu günstigen auf den Markt bringen, da es keine hohen Fixkosten für neue Resin- oder Spritzgussformen gibt, die amortisiert werden müssen. Im Eisenbahnbereich gestartet, hat sich Lasercut mittlerweile auch im Maßstabsmodellbau etabliert, und das besonders in der Zubehör- und Dioramenindustrie. Da war es auch nicht verwunderlich, dass in diesem Jahr gleich mehrere Anbieter mit der passenden Hardware auf der Messe präsent waren, und ihre Lasercut-Maschinen in Aktion vorführten. Ein anderer Trend, der sich weiter gefestigt hat, ist das Engagement der Mainstreamhersteller wie Revell, Heller, Academy oder Hasegawa auf dem Zubehörmarkt. Immer mehr „Upgraded Kits" werden direkt ab Werk inklusive Ätz- und Resinteile angeboten, oder diese separat verkauft. Im aktuellen Revell-Katalog beispielsweise lässt sich anhand eines kleinen Icons neben den einzelnen Bausätzen direkt erkennen, ob ein Ätzteilsatz separat erhältlich ist.
Im letzten Jahr fiel besonders die Modellbahnindustrie mit Bio-Kunststoff (Vollmer) und Lasercut-Bausätzen als Innovator auf. Dieses Bild konnte man auch diesmal wieder gewinnen, wenn man in den Märklin Neuheitenprospekt schaute. Mittels einer herunterzuladenden App kann man dort nämlich seit neuestem iPhone oder iPad zur digitalen Fahrzentrale seiner Modellbahnanlage machen. Zugegeben, der statische Plastikmodellbau bietet sich hier für eine Adaption eher nicht an, aber die Richtung ist klar zu erkennen: Das Hobby soll verjüngt und entstaubt werden. Verjüngen tut sich auf den Plastikmodellbau bezogen immerhin die Ausstellerschaft. Während die etablierten Big Player natürlich fast schon ein Gewohnheitsrecht auf ihre Stände auf der Messe haben, mischt sich das Angebot an Kleinserienherstellern und neuen Start Up Firmen von Jahr zu Jahr neu durch. In diesem Jahr gab es besonders für alle Fans des Maßstabs 1:32 Grund zum Feiern, denn gleich zwei neue Firmen zeigten beeindruckende Neuentwicklungen in diesem Bereich: Wingscale aus den Niederlanden hatte seine B-25 Mitchell Familie im Gepäck und Zonkei-Mura aus Japan eine 1:32er Skyraider, deren Detaillierung jedem Fan das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt.
Begleitet uns nun auf einem virtuellen Messestreifzug von A wie Aber bis Z wie Zvezda. Aber, Academy und AirfixAber Ätzteilset für JSU-152 in 1:35 Aber bringt wieder eine Vielzahl an neuen Ätzteilsets und gedrehten Rohren heraus. Ganz neu im Programm sind Ätzteile für Militärfahrzeuge des Maßstabs 1:72. Academy bereitet u.a. komplett neue Bausätze des T-50 Trainers und der F-4B Phantom in 1:48 vor. Desweiteren einen komplett neuen M1151 mit Zusatzpanzerung und den Jagdpanzer Hetzer in 1:35. Die Schiffsmodellbauer dürfen sich u.a. auf eine neue H.M.S. Warspite freuen. Airfix legt bei seinen kompletten Neukonstuktionen vermehrt das Augenmerk auf den „Brot und Butter" Maßstab 1:72 und bietet neue Formen von Mitsubishi Zero A6M2b, Fairey Swordfisch Mk.I, Curtiss P-40B, Folland Gnat T1, Spitfire Mk.I/IIa oder auch Canadair Sabre F.4. In 1:48 wird es u.a. die Westland Lynx HMA8 geben. Im selben Maßstab können die Militärmodellbauer bald den Land Rover erstehen und für die Marineinteressierten entwickelt Airfix einen 1:350 Kit der H.M.S. Darin Type 45 Destroyer. Ark Models, Dragon und EduardArk Models britischer Valentine Panzer in 1:35 Ark Models aus Russland ist ein neuer Fabrikant, der hauptsächlich Formen von Frog, Alanger und Maquette in seinem Bestand hat. Allerdings soll es auch Neuentwicklungen geben, darunter eine I-16 Type 24 in 1:48 sowie den britischen WWII Valentine Panzer in 1:35. Dragon macht es dem Modellbauer nicht gerade einfach, wenn es darum geht, die echten Neuheiten herauszufiltern. Mittlerweile haben die Chinesen so viele Untermarken eingeführt (SmartKit, Gen2, DragonZimmert, 3in1, Premium Edition, WingTech, CyberHobby...), dass man leicht den Überblick verlieren kann. Drei der Top-Neuheiten sind jedoch die U.S.S. Independence CVL-22 in 1:350 mit kompletter „Inneneinrichtung", der Tiger I MID in 1:35 sowie das Sd.Kfz.10/5 mit 2cm Flak 38, ebenfalls in 1:35. Eduard setzt seine Brassin-Serie weiter fort und bietet Ätzteile für die neuesten Spritzgussmodelle der großen Hersteller. Die eigene Modellpalette wird mit der MiG-21 MF in 1:48 erweitert. Interessante Accessoires wie das Instrumentenbrett einer Bf 110 in 1:4 oder flexible Tarnnetze runden das Programm ab. Government Issue, Hasegawa und HellerGovernment Issue: Das Thermonuclear Rodeo in 90mm aus dem Film Dr. Stragelove (Dr. Seltsam) Am Stand von Squadron/Signal war eine Figur namens Thermonuclear Rodeo von Government Issue zu sehen, die eine Szene aus dem Film „Dr. Strangelove" darstellt. Hasegawa hatte neben vielem Altbekannten in neuen Schachteln auch ein paar echte Neuheiten vor Ort, die u.a. für alle Sci-Fi Fans interessant sein sollten. Flugzeugmodellbauer können sich über eine 1:72 Su-33 Flanker D aus neuer Form freuen. Heller war in diesem Jahr zum ersten Mal bei den anderen Modellbauherstellern in Halle 7 angesiedelt. Früher hatte sich die Firma wegen der durch sie ebenfalls vertriebenen Marke Joustra im Kleinkindumfeld platziert. Top-Neuheit ist dieses Jahr ein 1:35 Modell des französischen Radpanzers VBCI (Véhicule Blindé de Combat d'Infanterie), der im September erscheinen soll. Ebenfalls aus neuen Formen wird es den Citroen C4 in 1:43 und 1:24 geben. Ansonsten baut man das Angebot an Upgrade-Bausätzen aus, die bereits Ätz- und Resinteile beinhalten. Weil die bisherige Kette des AMX-30 viel Kritik geerntet hat, bringt Heller nun eine Einzelgliederkette separat auf den Markt. Vorbildlich! HobbybossDie tschechische 152 mm ShkH Dama Von Hobbyboss in 1:35 ist bereits ausgeliefert worden. Hobbyboss präsentierte seine Neuheiten abermals gewohnt schlicht auf weißen Regalen mit kleinen Schildern daneben. Dabei ist die Neuheitenauswahl originell und reichhaltig und muss sich keinesfalls verstecken. In Teil 2 des Messerundgangs geht es dann mit „I" wie IBG Models weiter. Bernd Korte Publiziert am 08. Februar 2011 Die Bilder stammen von Thomas Neuss. © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |