Westland Wyvern S.4von Peter Ohlenmacher (1:72 Trumpeter)„Die Wyvern ist ein schlangenähnlicher Drache mit Flügeln. Sie hat zwei Beine mit Krallen wie ein Adler. Der Schwanz der Wyvern ist mit einem Widerhaken versehen. Die Wyvern symbolisiert Krieg, Pest, Neid und das Laster.“ Aus: Enzyklopädie der Monster und Mythen. Disappointing multi-role aircraftIm Verlauf des zweiten Weltkrieges zeigte sich zunehmend der Bedarf nach einem einsitzigen Trägerkampfflugzeug, dass die Rolle eines Sturzkampf- und Torpedobombers in sich vereinigen konnte. Bei der US-Navy führte dieser Umstand zur Entwicklung der Douglas Skyraider, einem der erfolgreichsten Marineflugzeuge, das jemals hergestellt wurde. Das Resultat auf britischer Seite war die Westland Wyvern, sicherlich eines der frustrierendsten Flugzeuge der Nachkriegsgeschichte. Den 10 Jahren, die das Flugzeug bis zur Einsatzreife benötigte, stehen gerade einmal 4 Jahre effektive Dienstzeit gegenüber, bevor die Wyvern endgültig vom technischen Fortschritt eingeholt wurde und in die Schrottpressen wanderte. Bereits zu Beginn ihrer Entwicklung im Jahre 1944 berücksichtigten die Ingenieure bei Westland die Möglichkeit, anstelle eines gängigen Kolbentriebwerks auch einen fortschrittlichen Turboprop-Antrieb einzubauen. Die Royal Navy orderte jedoch zunächst sechs mit einem Rolls-Royce Eagle Kolbentriebwerk ausgerüstete Prototypen, die im Dezember 1946 ihren Jungfernflug absolvierten. Aufgrund von vielen Problemen mit Motor und Propeller wurde die Kolbentriebwerkversion letztendlich verworfen und man konzentrierte sich auf den neuen Turboprop-Antrieb. Vorgesehen war der Rolls-Royce RB.39 Clyde, den der Hersteller im Dezember 1945 zu liefern versprach. Der erste mit einem solchen Triebwerk ausgerüstete Prototyp flog aber erst im Januar 1949 und wie nicht anders zu erwarten, gab es auch hier wieder viele Probleme. Da Rolls-Royce aufgrund von Kapazitätsengpässen keine Weiterentwicklung des Clyde betreiben konnte, hatte man zwischenzeitlich einen weiteren Hersteller mit ins Boot genommen: Armstrong-Siddeley erreichte mit seinem Python-Triebwerk als einziger Anbieter die für die Wyvern geforderten Leistungsdaten. Und so hatte bereits im März 1949 eine weitere Wyvern-Version ihren Erstflug. Doch die Turboprop-Technologie steckte zu diesen Zeiten noch in den Kinderschuhen, und so gab es vor allem Probleme mit der Schubregelung. Erst mit einer Trägheitskontrolleinheit (Inertia Control Unit) lieferte Rotol die Lösung, da jetzt die Befehle des Piloten tatsächlich sofort in Schub umgesetzt werden konnten. Nach der Integration dieses Systems und weiteren Verbesserungen an dem Rotol-System waren nun endlich auch Einsätze auf Flugzeugträgern möglich – der Umgebung, für die die Wyvern ja eigentlich entwickelt wurde. Ab Mai 1953 wurden endlich die ersten Wyvern bei der Royal Navy in Dienst gestellt, sie ersetzten die seit langem veralteten Fairey Firebrand. Im November 1956 nahmen Wyvern der 830 Squadron im Rahmen der Operation Musketeer an der englisch/französischen Intervention am Suez-Kanal teil und griffen Fahrzeugkolonnen, Brücken und Flugplätze mit Bomben und Raketen an. Während der 79 geflogenen Einsätze gingen 2 Maschinen durch Flak-Feuer verloren, deren Piloten sich aber mit dem Schleudersitz retten konnten. Schon im März 1958 wurde die letzte mit Wyvern ausgerüstete Einheit aufgelöst und die Flugzeuge im Laufe des folgenden Jahres verschrottet. Insgesamt wurden gerade einmal 127 Wyvern gebaut; das einzige noch erhaltene Flugzeug stellt eine nie geflogene TF Mk.1 dar, die heute im Yeovilton Royal Navy Fleet Air Arm Museum besichtigt werden kann. Mit diesem Bausatz hat Trumpeter den Sprung in die Modellbau-Oberliga geschafft, zumindest im 72er Maßstab. Detaillierung, Gravuren, Passgenauigkeit, hier stimmt praktisch alles. Auch die Ausstattung kann sich sehen lassen: ein 25teiliges Cockpit, sämtliche Flügelklappen separat ausgeführt, die Tragflächen können gefaltet dargestellt werden und auch die RATOG-Ausrüstung liegt bei. Bei den Außenlasten hat man folgende Auswahl: 3x 1000lb Bomben, 1x 18“ Torpedo, 16x 60lb Raketen oder zwei 90-gal Zusatztanks. Nur bei der Kombination der verschiedenen Außenlasten liegt Trumpeter ein bisschen daneben, hier sollte man sich an der 4+ publication 016, Westland Wyvern orientieren.Als Änderung habe ich die AN/APS-13 Tail Warning Antennen am Seitenleitwerk entfernt und die, im Bausatz faltbaren, Tragflächenrandbögen festgeklebt, denn beides war an den späten Maschinen, und nur solche sind mit den beigelegten Decals darstellbar, nicht mehr vorhanden. Der gesamte Bau verlief relativ unspektakulär, lediglich am hinteren Rumpf/Flächenübergang musste ein wenig gespachtelt werden, ansonsten konnte die Spachtelmasse da bleiben wo sie mir am liebsten ist, nämlich in der Tube. Für die Lackierung habe ich erstmals die Xtracrylix-Farben von Hannants verwendet. Leider hatte ich bei der Verarbeitung der Farben leichte Schwierigkeiten und bin letztendlich nicht überzeugt von ihnen. Dafür passen sie von den Farbtönen ganz hervorragend:
Vor der eigentlichen Lackierung erhielten die Fahrwerksschächte und die Klappenöffnungen in den Flächen einen Überzug mit Humbrol Aluminium. Nach einem Washing mit verdünnter dunkelbrauner Ölfarbe gefolgt von seidenmattem Klarlack wurden die Öffnungen mit Tamiya-Tape maskiert. Auf ein „Preshading“ (Vorschattierung der Gavuren) habe ich bewusst verzichtet, da die Lackierung der Maschinen auf Bildern allesamt relativ neuwertig aussieht. Dann folgte ein Farbauftrag in Sky und nach dem Abdecken der entsprechenden Flächen das Extra Dark Sea Gray. Trumpeter hat den Verlauf der Tarnung nicht ganz korrekt angegeben, denn die Oberseitentarnung setzt sich auch noch ein Stück auf den Tragflächen- und Höhenruderunterseiten fort. Anschließend erhielten alle Teile eine Schicht Future-Fußbodenversiegelung, auf die dann die Decals aufgebracht werden. Ich habe mich für eine Maschine von der HMS Ark Royal aus dem Jahre 1957 entschieden, die an ihrer Nase das Bild der Cartoon-Figur „Flook“ trägt. Die Decals sind sehr gut gedruckt und ließen sich mit Gunze-Weichmacher prima verarbeiten, wenn man denn endlich herausgefunden hat, wo sie hingehören. Man muss die Anleitung schon sehr genau studieren, trotzdem bleibt hier so einiges im Dunkeln; die Propellerdecals sind z.B. überhaupt nicht erwähnt. Definitiv falsch ist die Ausführung der Walkways auf den Tragflächen mit Radien anstatt Ecken, verwendet habe ich sie trotzdem. Nach einer weiteren Schicht Future über den Decals wurden alle Gravuren mit verdünnter Ölfarbe Umbra Natur ausgelegt. Um dem Ganzen noch ein bisschen mehr Tiefe zu verleihen, habe ich im Anschluss alle Gravuren noch einmal mit hoch verdünntem Smoke von Tamiya nachlackiert. Den Abschluss bildete ein Überzug aus jeweils 50% mattem und seidenmattem Klarlack von Humbrol. Peter Ohlenmacher, Publiziert am 17. August 2006 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |