Vickers Super VC10 1151G-ASGB, BOACvon Michael Bartnick (1:144 Roden)Try a little VC Tenderness...Hier zeige ich eine Vickers 1151 Super VC10 der ehemaligen BOAC (British Overseas Airways Corporation) in deren letzter und zeitloser Livery... ein wahrer Klassiker der Luftfahrt. Die gemäß einer Ausschreibung der British Overseas Airways Corporation (BOAC) von Vickers-Armstrongs (Aircraft) Ltd. entwickelte und gebaute VC10 war ein vierstrahliger Langstrecken-Jet. Bei der Konstruktion des Flugzeuges griff Vickers im Kern auf den bereits im Jahre 1955 gecancelten Entwurf des geplanten Militärtransporters V-1000 und dessen zivilem Ableger VC7 zurück, wobei die wesentliche Veränderung zunächst die Positionierung der Triebwerke am Heck in Verbindung mit einem T-Leitwerk war, um aerodynamisch „sauber“ gestaltete Tragflächen mit weiten Vorflügeln und großen, jeweils fünfteiligen Fowler-Klappen zu erhalten. Die VC10 war speziell für den Einsatz auf Langstrecken von den kürzeren Start- und Landebahnen der damaligen Zeit sowie für den Betrieb an besonders heißen und/oder hochgelegenen Flughäfen konzipiert, weshalb das Flugzeug auch von einer Reihe anderer Fluggesellschaften im Nahen Osten und in Afrika eingesetzt wurde; dazu gehörten Air Ceylon, Air Malawi, East African Airways, Ghana Airways, Middle East Airlines, Nigeria Airways und Gulf Air.
Der VC10 Prototyp mit der Herstellerbezeichnung Type 1100 (G-ARTA) absolvierte seinen Erstflug am 29. Juni des Jahres 1962, die erste Serienmaschine Type 1101 folgte am 08. November. Nach einer umfassenden Flugerprobung erging schließlich die Musterzulassung am 23. April 1964, und die für ca. 135-150 Passagiere ausgelegte VC10 nahm einige Tage später bei BOAC den Liniendienst auf der Strecke London-Lagos (Nigeria) auf. Aufgrund der zunehmenden Konkurrenz durch die Boeing 707 und die DC-8 hatten die Konstrukteure parallel bereits eine weitere, verlängerte Version mit leistungsstärkeren Conway-Triebwerken entwickelt, welche als Super VC10 (Type 1150) bezeichnet wurde – die erste Super VC10 Type 1151 absolvierte ihren Jungernflug am 07. Mai 1964. Das Vorbild für mein Modell ist die Super VC10 „G-ASGB“ mit der C/N 852; diese Maschine hatte ihren Erstflug am 29. September 1964 und wurde am 30. April 1965 an BOAC geliefert.
Am 1. April 1965 nahm BOAC den Liniendienst mit der Super VC10 auf der Strecke London - New York auf. Zu diesem Zeitpunkt war die Fluggesellschaft jedoch bereits verstärkt an der leistungsfähigeren Boeing 707 interessiert. Der staatliche Druck, ein in Großbritannien produziertes Flugzeug zu kaufen, führte aber dazu, dass die (staatliche) BOAC weitere VC10 beschaffte. In den Jahren 1964–1965 wurden insgesamt 12 Typ 1101 (Standard) VC10 gekauft, gefolgt von 17 Typ 1151 Super VC10 in den Jahren 1965–1969. Die Maschine wurde sowohl bei den Passagieren als auch bei den Besatzungen zu einem äußerst beliebten Flugzeug der BOAC-Flotte, wobei ganz besonders der hohe Komfort sowie der niedrige Kabinengeräuschpegel gelobt wurden.
Die um 3,96 m verlängerten Super VC10 standen übrigens nur bei BOAC/BA (Type 1151) und East African Airways (Type 1154) im Dienst, letztere inkl. verstärktem Kabinenboden und einer Frachtluke für gemischten Betrieb. Letztendlich war der VC10/Super VC10 jedoch kein wirtschaftlicher Erfolg beschieden – es wurden insgesamt lediglich 54 Exemplare gebaut und der elegante Jet war das letzte Passagierflugzeug des britischen Herstellers Vickers-Armstrong. Zum Bau des Modells
Eine VC10 (egal, welche!) möglichst korrekt zu bauen, ist ganz dünnes Eis! Man darf sich dabei von einzelnen Bildern nicht täuschen lassen - die VC10 war in jeder Hinsicht sonderbar; im Grunde war fast jede VC10 ein Einzelstück, so viele Änderungen (auch aerodynamischer Art) wurden beim Bau der Maschinen vorgenommen. Es sollen sogar irgendwelche Schalter nicht unbedingt immer dort platziert gewesen sein, wo vorgesehen, sondern auch mal dort, wo gerade der Kabelstrang zu Ende war... Eine ganz große und sehr(!) umfangreiche Hilfe zum Thema VC10 ist die großartige Homepage vc10.net - A Little VC10derness Für diese spezielle Maschine habe ich mich entschieden, weil „G-ASGB“ ein seltenes Exemplar der Super VC10 war, welches noch Ende der 60er mit allen vier ursprünglichen Schubumkehrern unterwegs war*...und das im Zusammenspiel mit der gewählten Antennen-Konstellation sowie der bis zum Heck durchlaufenden Cheatline...! Wer ein Foto von einer identisch ausgestatteten Super VC10 bei BOAC findet, bekommt ein Eis! * Die Anzahl der Schubumkehrer wurde nach einigen Betriebsproblemen i.d.R. auf lediglich zwei (außen) reduziert.
Der verwendete Bausatz stammt von Roden (Vickers 1151 Super VC-10 BOAC), die Decals von TwoSix/26decals – die Bausatzdecals wurden der berühmten „Rundablage“ übergeben. Der Bausatz sieht tatsächlich erst einmal sehr gut und natürlich um Längen besser aus als die (ur-)alte Airfix-Variante, aber wie zu erwarten, ist es auch Roden nicht wirklich gelungen, die etwas kompliziert geformten Triebwerkspylone der Super VC10, ebenso wie die Triebwerke selbst einwandfrei nachzubilden - bei letzteren war sogar Airfix (im Kern) etwas aufmerksamer... Der englische Patient...
Die Triebwerke stehen - oob wie aus dem Kasten vorgesehen - nicht in einer Achse mit dem Rumpf, sondern deutlich nach außen. Ich kann das so am Original beim besten Willen nicht feststellen. Die originalen Triebwerksgehäuse beschreiben zwar einen Bogen, aber die Einlässe stehen 90° zum Rumpf. Um dies zu korrigieren, habe ich wieder mal massiv eingegriffen; die Pylone wurden teilweise befeilt und nun mit neu entstandener Lücke an den Rumpf „angespachtelt“...
Zweiter Fehler: Die Nacellen der beiden äußeren Triebwerke sind am Original an der Vorderkante etwas kürzer, deutlich sichtbar - das hatte sogar Airfix vor über 40 Jahren schon bemerkt... Um dies zu erreichen, wurde an den Einlässen ca. 1 mm abgeschliffen. Ebenfalls stumpf abgeschliffen wurde der spitze hintere Konus zwischen den Triebwerken, denn die spitze Variante wie im Bausatz gab es zunächst/ursprünglich nur bei der 1154 von East African Airways, bevor später auch British Airways ihre "geerbten" VC10 (zusammen mit einer Änderung am Triebwerkspylon) entsprechend umrüstete.
Das Abschleifen der äußeren Vorderkanten verstärkte dann leider einen weiteren Bausatzfehler: die Fanschaufeln liegen bei den Kit-Triebwerken ohnehin schon zu weit vorn, durch das Verkürzen wurde der Weg nun noch kürzer – darum gab es am Ende einfach einen Satz TW-Abdeckungen, vorn und hinten. Ist ja auch ein schöner roter Farbtupfer... Einige Verbesserungen bzw. Vervollständigungen konnten auch die Tragflächen der VC10 vertragen: da es sich bei dem Roden-Kit nicht um eine Standard-, sondern um eine Super-VC10 handelt/handeln soll, fehlen an der Vorderkante der Tragfläche jeweils zwei kleine - aber für die "Super" eben markante - Grenzschichtzäune. Diese wurden mit etwas Sheet nachgerüstet und zurechtgefeilt. Es hat allerdings wesentlich mehr Zeit in Anspruch genommen, die exakten Positionen dafür zu recherchieren. Die beiden großen Grenzschichtzäune nahe dem Rumpf wurden ebenfalls durch Eigenbauten ersetzt, da die Bausatzteile a) zu flach sind und ihnen b) die Ausrundung an der Vorderkante fehlt (die Zäune des Originals beschreiben an der Vorderkante eine leichte "Kurve" nach außen)...
Die Belohnung für die diversen Fleißaufgaben:
Hier noch einmal die beiden Modelle aus den vorher gezeigten Bildern zusammen im Vergleich – Super VC10 (1:144) und Boeing 707-436 (Starfix 1:288):
Auch mehrere Luftstreitkräfte betrieben diverse VC10-Varianten, und viele der zivilen Flugzeuge wechselten nach ihrer Ausmusterung bei den Airlines noch für einen längeren Einsatz zum Militär. Die britische RAF war dabei der größte Betreiber und nutzte die Maschinen als Transport- und Betankungsflugzeug. Die VC10 kann prinzipiell mit der etwas größeren sowjetischen Iljuschin Il-62 verglichen werden, wobei diese beiden Typen die einzigen vierstrahligen Verkehrsflugzeuge mit am Heck angeordneten Triebwerken sind (abgesehen von der wesentlich kleineren Lockheed JetStar).
Michael Bartnick Publiziert am 27. September 2023 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |