Mayflower als Wrackvon Bruno Schilli (1:450 Airfix)Was macht man mit Bausatzresten, die nur ein unvollständiges Modell ergeben können? Beim Stöbern bei einem Antiquitätenhändler, der auch Haushaltsauflösungen durchführt, stieß ich auf eine Kiste mit einem Stapel alter identischer Airfix-Bausätze und losen Teilen. Kurzerhand habe ich mehrere Bausätze und alle losen Teile erstanden. Es handelt sich um den Uralt-Airfix-Bausatz der Mayflower, wahrscheinlich im Maßstab 1:450. Nach Scalemate basiert der Bausatz auf einem Werkzeugsatz von 1957, der unveränderte Bausatz wurde 1973 herausgegeben. Der Bausatz kommt in einem sogenannten Blister-Pack daher. Auf einer Pappe ist eine tiefgezogene Klarsichttasche aufgeklebt, die die Bauteile enthält. Auf der Rückseite befindet sich der Bauplan, den man aufklappen kann. In drei Schritten wird der Zusammenbau erklärt. Nach dem Auspacken liegen ein paar Bausatzteile auf dem Tisch, die dem Alter und Maßstab geschuldet sehr rudimentär ausgefallen sind:
Auf dem Rumpf befinden sich zwei Pins, die nach Studie der Bauanleitung die Anlenkung für das Fock- und Großschot sein sollen. In der Regel werden die Schots allerdings durch die Rumpfbeplankung geführt und Innenbords an Kreuzhölzern belegt. Die Geländer am Rumpf und beiliegend für den Innenausbau sind zu grob. Bugspanten sind nicht vorhanden. Die Masten sind zu dick und an einem Stück. Die Segel sind an den Rahen angegossen, pro Mast gibt es ein Bauteil mit allen Rahen und Segeln. Rüsten und Jungfern sind lediglich angedeutet. Details wie Nagelbänke, Knechte, Kreuzhölzer oder gar Spills sind aufgrund des Maßstabs nicht vorhanden. Ebenfalls vermisse ich Aufgänge zwischen den Decksebenen und eine Detaillierung der Deckswände. Eine Takelage ist im Plan nicht vorgesehen. Nach dem Sortieren der losen Teile ergab sich ein Sammelsurium an folgenden Teilen: 1 Rumpfschale, 1 einteiliges Deck, 3 Masten, 1 Mastkorb, 1 Anker, 3 Geländer und mehrere Rahen mit Segel. Es fehlten zum Bau eines vollständigen Modells die zweite Rumpfschale, der Bugspriet, die restlichen Mastkörbe und das Beiboot. Die erste Idee war, ein Halbmodell mit Innenausbau zu erstellen. Den Gedanken habe ich schnell verworfen, da sowohl die Innenstruktur der Rumpfschale als auch das Deck zu grob gestaltet sind. Schließlich entschied ich mich dazu, zum ersten Mal ein kleines Diorama zu bauen und das Schiff als untergegangenes, im Sand versunkenes Wrack darzustellen. Folgende Verbesserungen wurden beim Rohbau vorgenommen:
Im Anschluss erfolgte die Farbgebung des Rumpfes und der Decks mit diversen Brauntönen und Schwarztönen von Revell Aquacolor, überwiegend Nass in Nass aufgetragen, um ein ramponiertes Aussehen eines Wracks zu erreichen.
Schließlich kniff ich mit einer Beißzange die Stengen von Fock-, Groß- und Besanmast ab und zerteilte sie in mehrere Teile, um sie als Reste von Bugspriet und Flaggstock zu verwenden. Die Untermasten für Fock-, Groß- und Besanmast wurden eingeklebt und am Großmast der Mastkorb angebracht. Um etwas Resttakelage darzustellen, habe ich als stehendes Gut die drei Hauptstags angebracht und als Reste des laufenden Guts zwei dünne Fäden als Großschot und Fockschot durch die Bordwand geführt. Als nächstes schnitt ich mit der Kreissäge ein paar Brettchen aus gerauchter Eiche, um daraus einen Kastenrahmen für das Diorama zu bauen. Hierbei orientierte ich mich bei den Maßen an einer bereits vorhandenen Glasscheibe, die als Abdeckung vorgesehen war und der zu erwartenden Tiefe des Modells. Die Brettchen erhielten auf beiden Seiten ein Absatzprofil für die Rückwand und die Glasscheibe. Nach Verleimung von Rahmen und Rückwand erhielt der Rahmen innen einen Farbauftrag mit Guache in Hellblau. Nun machte ich eine erste Stellprobe mit dem Modell und einem Riff. Für ein potentielles Riff hatte ich schon länger Schlacke aus einem Kohleofen im Keller liegen. Schlussendlich positionierte ich zwei Schlackestücke auf der Rückwand und fixierte sie mit etwas Weißleim. Mit verschiedenen Guachefarbtönen verpasste ich nun dem Riff typische Farbtupfer und gab dem Untergrund einen roten Grundton. Sodann fixierte ich das Modellwrack mit etwas Weißleim auf dem Boden des Dioramas in seiner engültigen Position. Nun erfolgte eine weitere Premiere, das Eingießen eines Modells in ein Diorama. Als Gießmaterial verwendete ich Stewalin, welches dünnflüssig wie Milch ist und sehr stabil aushärtet. Das Stewalin wurde angerührt und mit Guachefarbe eingefärbt. Nach dem Eingießen musste das Ganze über Nacht ruhen. Nach diesem ersten Durchgang erschien mir die Oberfläche zu glatt. Ich habe daher eine zweite, dünnere Stewalinschicht eingegossen und dann mit einem Hozstäbchen die Oberfläche während des Trocknens etwas modelliert. Ein paar Mast- und Rahenreste habe ich dann noch auf dem Riff verteilt. Abgeschlossen wurde der Bau dann mit Einsetzen der Glasscheibe und Sichern mit dünnen Holzleisten. Das Diorama war dann ein kleines Mitbringsel bei einer Geburtstagsfeier.
Bruno Schilli Publiziert am 17. Dezember 2022 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |