Saab J 35Ö Drakenvon Gabriel Basurco (1:144 Pit Road)Den Bausatz der Draken im Bonsaimaßstab habe ich mit Vorsatz nicht beim bekannten online-Auktionshaus erstanden, sondern bei einem japanischen Modellbauversand, „1999.co.jp“. Die dortige Auswahl an Bausätzen in 1:144 und besonders von Platz und F-toys und einigen anderen Exoten, denen man in Europa nachjagt, ist beglückend. Letzten Dezember habe ich mir ein Herz gefasst und eine Bestellung aufgegeben - damit es sich lohnt, gleich sechs Kits und weil ich so geizig bin, als unversichertes Seefrachtpaket. Kostet dann ca. 15 Euro für den Versand, Bezahlung per Kreditkarte. Danach begann eine bange Zeit des Wartens, aber siehe da, Anfang April kam das Paket an, flugs noch den Zoll bezahlt (25 Euro) und ich konnte meine Schatzkiste öffnen: alles bestens! Bis ich den Inhalt verbaut habe, wird es einige Zeit dauern. Als erstes war die Draken an der Reihe, der Doppelbausatz bietet Abziehbilder für zwei Sonderlackierungen und Einsatzmaschinen mit verschiedenen Nummern zur Auswahl. Zum VorbildDer einstrahlige Abfangjäger wurde in den Sechzigerjahren bei Saab in Linköping entwickelt und sollte auf die Bedrohung durch moderne sowjetische Bomber antworten. Bereits um 1950 wurde dazu das Experimentalmuster Saab 210 „Lilldraken“ getestet, die besonderen Doppeldeltaflügel erwiesen sich als sehr erfolgreich. Die Draken übertraf die geforderten Leistungsdaten und wurde ab 1959 an die schwedische Luftwaffe ausgeliefert. Pit road schreibt in der Bauanleitung: „J 35 wurden nach Dänemark, Finnland und Österreich exportiert. Im März 1985 machte Österreich einen Vertrag mit dem Hersteller und plante, 24 ausgemusterte J 35 D zu übernehmen. Sie sollten die J 29 Tunnan beim Fliegerregiment 1 und die Saab 105 beim Fliegerregiment 2 ersetzen. Obwohl Schweden seine J 35 in den Neunzigern durch die J 37 Viggen ersetzte, blieben die J 35 in Österreich bis zum Jahr 2005 in Betrieb. Danach wurden sie dort durch den Eurofighter Typhoon abgelöst, also nicht durch die schwedische Gripen.“ Laut Wikipedia wurden die Tunnan jedoch schon 1972 ausgemustert und die Draken ersetzte ab 1988 die Saab 105 Ö. Ich entschied mich für die „Ostarrichi 996“ und eine Einsatzmaschine, beide sind im Modellversium schon vertreten, aber nicht in 1:144. Der gute Eindruck des Bausatzes vor dem Bau weckte die Hoffnung, mal einfach ohne Firlefanz aus dem Kasten zu bauen, tatsächlich verlief alles fast ohne Probleme und fast ohne Eigenbau. Die Passung der großen Teile ist sehr gut. Allerdings würde ich beim Rumpf-Flügel-Zusammenbau von der Bauanleitung abweichen. Die Außenflügel sind von Pit road mit Laschen versehen, die am Ende noch eine Art Schwalbenschwanz aufweisen, daher sollen die Außenflügel in eine der Rumpfschalen plaziert werden und die zweite Rumpfschale darübergestülpt werden. Bei der Trockenpassung mag das noch ganz gut aussehen, aber als ich die Verklebung gemacht hatte zeigte sich, dass die Rumpfhälften an der Anschlussstelle der Außenflügel leicht gesperrt haben. Der Spalt war nicht riesig, aber trotzdem ärgerlich. Im Nachhinein hätte ich in Ruhe erst die Rumpfhälften verbinden sollen, dann an den Außenflügeln die Schwalbenschwänze einfach abschneiden und man kann die Laschen in den Schlitz der Innenflügel einschieben und gut kontrollieren, ob das schon passt oder nicht. Ein wenig Spachtelmasse braucht man am Bauteil mit der Maschinenkanonenmündung und an der Flugzeugnase. Ich fand diesmal den Aufwand für eine Tiefziehcockpithaube nicht angemessen, weil das Bausatzteil so gut ist. Positiv fiel auf, dass vernünftig dimensionierte Pins gut in entsprechende Löcher passten, beim Abschnitt Fahrwerk, Pylone und Außenlasten war das ein großes Plus. Auch überraschend, wie gut die Fahrwerksklappen in die Schächte passen, für die Darstellung der fliegenden Maschine. Dabei habe ich allerdings die Bugfahrwerksklappe scratch aus einem Teil gebaut, die zwei schmalen originalen Teile waren mir zu widerspenstig. Zusatzgewichte kamen bei der Einsatzmaschine in den Bereich der Lufteinlässe, im Radom ist wirklich kein Platz dafür. Bei der fliegenden Maschine habe ich den Fuß des Modellständers reichlich beschwert, der Fuß ist hohl und wurde nach dem Befüllen mit einer Sockelplatte verschlossen. Der spannendere Teil ist wohl die Lackierung und das Finish. Die Einsatzmaschine wurde mit trockenem Pigment in Schwarz und Ockergelb dezent gealtert. Die Fahrwerke und der Triebwerksauslass bekamen ein Washing mit verdünnter Brühe aus Revell Schwarz und Revell Gelb klar. Zumindest sollte „Gelb klar“ in dem Döschen sein, was ich vor einiger Zeit im Spielzeugladen kaufte. Tatsächlich ist der Inhalt wie Karamellsoße, vielleicht jahrelang gereift. Auf jeden Fall nehme ich das sehr gerne für Washings auf Metall, weil in entsprechender Verdünnung das Washing wunderbar verläuft. Die Ostarrichi-Lackierung war der Beitrag der österreichischen Luftstreitkräfte zur Tausendjahrfeier der ersten urkundlich gesicherten Erwähnung Österreichs in der damaligen Form „Ostarrichi“ - wenn man so will, der Geburtsstunde Österreichs als Nation. Der Schriftzug „Ostarrichi“ ist orginalgetreu übertragen aus besagter Urkunde, zusätzlich wurde die Jahreszahl 996 in das Design hineingenommen. Mit einem Augenzwinkern ergänze ich, dass die Urkunde bayerischer Herkunft ist und im Staatsarchiv München wohl aufbewahrt wird. Das zweite Element der Sonderlackierung ist die Nationalflagge, die sich als dynamisch schräggestellte Balken über das Flugzeug zieht und mit ihrer Blockhaftigkeit interessant mit der altertümlichen Schrift kontrastiert. Der Kontrast der Farben Rot, Weiß und Schwarz wirkt auch sehr kraftvoll und die Beschränkung auf zwei Designelemente gefällt mir sehr gut. Last not least stellt das Gesamtkunstwerk auch eine harmonische Verbindung von Alt und Neu, Tradition und Moderne dar, was will man mehr!? Bei der Recherche fand ich immer wieder den Hinweis, man müsse den richtigen Rotton treffen, der etwas dunkler als das Rot der Kokarden ist. Der Sage nach handelt es sich beim Rot der Flagge nicht um Krebsrot oder Rosenrot, sondern um Blutrot, medizinisch betrachtet wohl eher das Rot von spritzendem arteriellem Blut, aber das wäre für die Ostarrichi-Draken zu hell. Ich bin bei Revell Ferrarirot gelandet, mit Schwarz abgetönt, passt schon. Für das Weiß habe ich Revell Weiß glänzend genommen. Das Abkleben soll so erfolgen, dass die Balken von oben respektive unten betrachtet gerade sind - wer darstellende Geometrie beherrscht, ist hier im Vorteil, ich dagegen musste probieren und bei den Zusatztanks gar von Hand malen. Die Blechstöße auf dem roten Grund habe ich mit Dunkelrot nachgezogen, damit sie optisch gleichziehen mit den Blechstößen auf dem weißen Grund. Nach dem Aufbringen der Abziehbilder bekam das Modell ein Finish in Klarlack glänzend. Die Fotos zeigen auch die gerasterten Farben der Abziehbilder am Lufteinlass oder bei der grauen Schattierung des Schriftzuges, eigentlich schade, aber beim Betrachten mit unbewaffnetem Auge wenig auffallend. Das Hintergrundbild ist echtes Österreich, am Weißsee, Salzburg. Ich hoffe es gefällt, fröhliches Basteln! Gabriel Basurco Publiziert am 27. Juni 2022 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |