Projekt "Mittlerer Traktor" Germaniavon Bernd Hauser (1:35 Eigenbau)Nun wollte ich doch noch einmal einen deutschen Panzer der ersten Projekte vorstellen. Es soll keine Spekulation sein, sondern basiert auf folgenden Überlegungen (Auf Basis des NbFz Rheinmetall von Trumpeter baute ich das Fahrzeug zurück auf einen mittleren Traktor): Im Oktober 1932 bat das Wa Prü6 die beiden Firmen Rheinmetall und Krupp um Vorschläge (jedoch noch nicht um Konstruktionszeichnungen!) für einen mittleren Traktor. Da die Unterlagen von Rheinmetall verloren gegangen sind, können weitere Schlüsse nur aus dem Schriftverkehr von Wa Prü6 mit der Fa. Krupp abgeleitet werden. Es wurde um jeweils zwei Projekte betreffs Bewaffnung/Turm und Antrieb (Vorder-/Heckantrieb) gebeten. Im Laufe des Jahres 1933 wurde die Auswahl weiter präzisiert, so dass ein Panzer mit einem Gewicht von 15 t bis zu 22 t angedacht war. Das mündete schließlich in der bekannten ersten Reißbrettzeichnung für das Neubaufahrzeug von Rheinmetall , welches noch die Fahrer- und Funkerluke des Großtraktors, sowie das höhere Chassis besitzt. Dennoch dürfte es auch weitere Entwürfe gegeben haben. So kann man dem Schriftverkehr entnehmen, dass die gedienten Generäle noch eine andere Auffassung hatten als die neuen Ingenieure im Waffenamt. Die Generäle forderten einen mittleren Unterstützungspanzer. Demzufolge wurde der Tarnbegriff Großtraktor Neubau und dann "mittlerer Traktor" eingeführt. Er sollte ein kleinkalibriges bewegliches Panzerabwehrgeschütz im Turm haben (möglichst 5 cm) und auch ein 7,5 cm Geschütz mitführen, mit dem sich harte Ziele bekämpfen lassen. Zusätzlich wurde auf möglichst vier oder mehr MG Wert gelegt. Das entsprach dem Zeitgeist. Wie sich am Grote-Panzer TG-1 und ähnlichen Modellen aus Frankreich und England ablesen läßt, wurde das auch von anderen Panzerherstellern so gesehen: Ein schweres Geschütz in der Wanne oder im Turmsockel, das leichtere oben. Der Großtraktor Rheinmetall hatte schon ein MG im Bug der Wanne. Kurz danach bevorzugte man drei Türme auf dem Chassis. So entschied ich mich für diese Variante. Den Gußturm und das 7,5 cm Geschütz hätte das Nachbarwerk "Maschinenfabrik und Eisengießerei Germania" in Düsseldorf-Derendorf geliefert. Die gehörte bereits seit 1906 zu Rheinmetall. Einer der Inhaber, Ing. Erhardt hatte übrigens die moderne Rohrrücklauflafette erfunden. Das in Kama erprobte Fahrgestell vom Großtraktor Rh wurde generell verbessert. Das Wa-Prü6 hatte auch auf einer niedrigen Silhouette bestanden. Die Anordnung des 7,5 cm Geschützes im Rumpf hätte dies ermöglicht. Entsprechend des Einsatzzwecks konnte es starr ausgebildet sein, mit geringem Höhenschwenkbereich. Der Panzer konnte also gegen Bunker oder befestigte Anlagen direkt wirksam werden. Der tief liegende Schwerpunkt mit dem schweren Geschütz ermöglichte außerdem ein ruhigeres Schießen aus der Fahrt heraus. Der drehbare Turm mit der Pak 3,7 cm würde dadurch ebenfalls nicht so schwer. Der vom Großtraktor war nur 1,20 m im Durchmesser. Ich habe hier den etwas größeren Turm des RhNbFzI genommen. Dabei wendete ich den Hauptturm und erhielt so den gleichen Frontbereich wie beim Großtraktor. Nun galt es noch die offenen Lücken zu schließen und zu verspachteln. Es sind kleine Mängel geblieben, die man als "dem Guß geschuldet" einordnen kann. Die Rohre sind wieder von der Firma Aber, wie immer in super Qualität. Die Positionslampen und der Hauptscheinwerfer entsprechen den Varianten auf den Pz I bzw. II, die Hupe der ersten Ausführung am Pz I. Als Heckturm wählte ich einen der neu entwickelten MG Türme des Panzers Rh Nr. I mit zwei MG-Dreyse. Die Lüfterabdeckung habe ich ebenfalls wieder etwas vereinfacht, angelehnt an die Zeichnung. Auspuffrohr verwendete ich nur eines! Nur ein dickes Rohr besaß auch das NbFz Rh Nr. 1 bei der Geländeerprobung. Das Foto liegt mir vor. Jedoch lag dieses Rohr direkt auf der Kante neben den Revisionsklappen für den Motor, da die Schutzbleche noch nicht angebracht waren. Für eine Geländefahrt habe ich die Federn des Fahrgestells unterschiedlich gekürzt. Wir stellten den Panzer auch wieder vor ein zeitlich passende Maschinenfabrik von ca 1920. Ein Kompromiß: denn in Derendorf gibt es im Original außer dem sanierten Verwaltungsgebäude leider nichts mehr. Doch existierte auch dort Ziegelmauerwerk und Sandputzfläche (jedoch nicht diese Ausführung). Als das Modell fertig war, musste ich feststellen, daß es so eine optimale Höhe hat. Die Techniker hatten auf Grund der Wünsche des Wa Prüf6 eine 5,0 cm Kwk oder eine 7,5 cm KwK einbauen sollen. Dabei spielt auch eine Rolle, wo und wie viel Munition man unterbringt. Die machbarste, ökonomischste und zeitlich naheste Variante war zu diesem Zeitpunkt - November 1933 - allerdings nur der Einbau der einer 3,7 cm Kanone. Zur Realisierung dieses Projektes, mußte ich mich noch einmal in die Zeit hineindenken - wie ich es bereits auch bei meinen vorgegangenen Modellen tat. Es sollte kein Phantasieprodukt werden! Wir müssen heute im Nachhinein vorsichtig sein, zu viel darstellen zu wollen. Ich habe mich nochmals in die vorhanden Literatur vertieft, sowie vergleichende Untersuchungen des damaligen europäischen Panzerbaues durchgeführt. So auch bei Fritz Heigl nachgesehen, wie er seine Panzer gedacht hatte. Seine Zeichnungen liegen heute im Archiv von Landsverk. Übrigens: Die erhaltenen Unterlagen weisen folgende Tendenz auf: das Wa Prüf6 war oft zu zögerlich in seinen Entscheidungen. Theoretiker schienen gegen militärische Praktiker zu diskutieren, parallel dazu die Techniker und Ingenieure. Vor allem auch: persönliche und Parteiinteressen wirkten sich auf Entscheidungsfindungen aus. Der fachliche Meinungsstreit kann durchaus zu optimalen Lösungen führen. Die Suche danach erfordert es, möglichst unterschiedliche Faktoren zu berücksichtigen. Zu einem bestimmten Zeitpunkt musste dann eine Entscheidung getroffen werden, die Zeichnung und evtl. ein Modell erstellt und das Fahrzeug gebaut werden. Jetzt immer mehr auftauchende Fahrzeugentwürfe aus den Archiven bestätigen, dass es für jedes Projekt immer mehrere Entwürfe gab! Auch das Porsche/Hacker Projekt K3342 (T-100) von 1944 unterschied sich von der ersten Zeichnung bis zum Prototyp wesentlich. So sehe ich mein Modell als einen der Entwürfe für einen mittleren Traktor von November 1933. Er hätte vielleicht, auf Grund des hohen Anteils der Firma von Erhardt & Heyde den Spitznamen "Germania" getragen. Außerdem war dies eine der beiden Figuren auf dem Sims über dem Hauptportal des Verwaltungsgebäudes von Rheinmetall 1926 in Derendorf. Die Farbgebung des Panzers entnahm ich den Blechpanzern der Firmen GAMA und Hausser- Elastolin. Diese Spielzeugpanzer reflektierten die verschiedenen aktuellen Tarnfarben der Fahrzeuge jener Zeit authentisch! Die Tarnfarbe wurde bereits werkseitig aufgespritzt. Bernd Hauser Publiziert am 23. Februar 2022 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |