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Bauer Flugapparat “Himmelswagen” (1763)

“Erstes deutsches Flugzeugprojekt”

von Jürgen Wagenknecht (1:72 Eigenbau)

Bauer Flugapparat “Himmelswagen” (1763)

Das Original

Melchior Bauer wurde 1733 als Sohn eines Handfronbauers in Lehnitzsch bei Altenburg geboren und war ein sehr frommer Mensch. In seiner Freizeit studierte er die Bibel und war zur Überzeugung gelangt, dass es dem Menschen bestimmt sei, über alle drei Elemente Erde, Wasser und Luft zu herrschen. Somit begann er mit der Konstruktion eines  Flugapparates, den er auch Himmelswagen nannte. Da er auf Basis seiner Herkunft über keinerlei finanzielle Mittel verfügte, wandte er sich nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges 1763 nach England an den dortigen König Georg III um Geld für seinen Flugapparat zu erhalten. Dieses war nicht von Erfolg gekrönt und es ging ihm im selben Jahr auch nicht besser, bei seiner Bitte um Unterstützung beim preußischen König Friedrich II. Als letztes versuchte er es noch 1767 beim Graf Heinrich XI von Reuß-Greiz, an dem er seine 1765 mit Zeichnungen komplettierte Flugzeughandschrift schickte. Dieses Schreiben wurde nie beantwortet und es verschwand in den Greizer Archiven, wo es erst 1921 wieder entdeckt wurde.

Bauer Flugapparat “Himmelswagen” (1763)

Die Spur von Melchior Bauer verliert sich um 1770, als er seinen Heimatort mit unbekannten Ziel verließ.

Obwohl seine Konstruktion keinerlei Einfluss auf die weitere Entwicklung des Flugzeuges ausübte, da zu der Zeit verschollen und unbekannt, nahm sie bereits viele Details der weit über 100 Jahre später entwickelten Flugzeuge voraus. So hatte er bereits einen starren Flügel mit leichter V-Stellung, ein stabilisierendes Seitenleitwerk, Fahrwerk und ein Antriebssystem berücksichtigt. Auch wenn sein Antrieb noch ein Schlagflügel war, so war er doch seiner Zeit wesentlich voraus. Als Baumaterial sah er eine verspannte Holzkonstruktion vor, wie sie dann bei den ersten Flugzeugen bis in den Ersten Weltkrieg hinein Standard sein sollte. Sein Flugapparat wollte er mit Messingdrähten verspannen und die Flügel mit Seide bespannen.

Ob seine Konstruktion flugtauglich gewesen wäre, ist bis heute nicht geklärt, wird aber nicht ausgeschlossen, da Melchior Bauer einen Start über eine abschüssige Strecke vorsah. Auch den Schwerpunkt seiner Konstruktion zur Flugstabilisierung hat er dabei berücksichtigt.

Quellen: Die Flugzeughandschrift des Melchior Bauer von 1765, Greifenverlag zu Rudolstadt 1982; Wikipedia; Fliegerrevue X Jahrgang 19, Heft 89

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Bauer Flugapparat “Himmelswagen” (1763)

 

Das Model

Aufmerksam auf den Bauer Flugapparat wurde ich durch einen Leserbrief in der Flieger Revue X Nr. 89 mit dem Nachbau in 1:10 des „Himmelswagens“. Danach besorgte ich mir über ein Buchantiquariat die Flugzeughandschrift für nicht einmal 10 €. Was ich darin fand hat mich sehr überrascht. Melchior Bauer hatte seinen Flugapparat bis ins Detail konstruiert. In der Flugzeughandschrift finden sich maßstäbliche Ansichten in Drauf-, Seiten- und Vorderansicht sowie einige Details inkl. Verspannungsplänen. Durch den Text erhält man alle Angaben zum Baumaterial und den Abmessungen. Eine ideale Vorlage für einen Eigenbau, an dem ich mich dann auch versuchte.

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Bauer Flugapparat “Himmelswagen” (1763)

 

Gebaut wurde das Modell im Wesentlichen aus Evergreenprofilen. Da die Räder Holzspeichenräder waren, kamen leider keine Fotogeätzten Speichen in Frage, sondern sie mussten selbst gebaut werden. Hierfür  kam ein Teilstück eines alten Kugelschreibers, von denen ich mir die Ringe zuschnitt und Draht für die Speichen zum Einsatz. Als Nabe fungiert ein Rundprofil von Evergreen. Für das Gitter des Bodens musste ein feines Küchensieb herhalten. Da das Original mit Messingdraht verspannt werden sollte, besorgte ich mir den feinsten Draht, den ich bekommen konnte. Der 0,1 mm Draht hat mich aber überrascht. Entgegen dem von mir üblicherweise verwendeten Silberdraht lies er sich nur sehr schlecht gerade ziehen, durch seine sehr hohe Federrate. Bespannt wurde das Modell durch das noch vorhandene restliche Spannpapier aus den Renwal-Bausätzen.

Beim Bau hielt ich mich sehr genau an die Vorlage aus der Flugzeughandschrift und vermied die Abweichungen des 1:10 Modells. Bemalt wurde mit Pinsel und Revell Aqua Color, die Holzmaserung wurde mit Ölfarbe erstellt.

Bauer Flugapparat “Himmelswagen” (1763)

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Für die Figur des Melchior Bauer mussten wieder meine noch vorhandenen Figuren des RAF-Personals herhalten. Melchior Bauer wurde aus insgesamt acht verschiedenen Figuren zusammen gesetzt. Die Unterschenkel stammen dabei von der Luftwaffenhelferin, wodurch ich die damals übliche Fußbekleidung erstellen konnte, denn Stiefel wären hier unpassend. Auch der Kopf stammt von einer anderen Frauenfigur, womit ich auch die längeren Haare bekam. Die Bekleidungskonturen der Basisfiguren wurden abgeschliffen. Dann wurde die Weste aus Verpackungsfolie und der Gehrock aus einer Lage Papiertaschentuch erstellt. Auch die damals üblichen Ärmelaufschläge stellte ich so her. Am Ende erhielt ich dann eine Figur, die keine Ähnlichkeit mehr mit ihrer Herkunft erahnen lässt und der zeitgenössischen Erscheinung recht gut entspricht.

Mit der Fertigstellung des Modells umfasst meine Sammlung nun einen Zeitraum von über 150 Jahren, auch wenn ich nur Modelle aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg baue.

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Jürgen Wagenknecht

Publiziert am 31. Januar 2022

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