Ural 4320carrying a cargo of grass in Tajikistanvon Dirk Zoberbier (1:35 Trumpeter)
So lautet die Bildunterschrift im Wikipedia-Artikel über den russischen Laster, der auf diesem beeindruckendem Bild voll zivil daherkommt, eine militärische Vergangenheit als Kofferaufbau deutet sich mit dem „Dachgepäckträger“ sowie dem fehlenden Reserverad an, zu finden hier. Grundlage dieses Modelles bilden die beiden Kits von Trumpeter (375d und 4320) in 1:35. Warum gleich zwei Bausätze? Weil ich es mir recht einfach gemacht habe und die Bausatzpritsche mit den nun vorhandenen beiden Teilen verlängert und auch den größeren 375er Tank sowie die Motorhauben-Halterungen verwendet habe. Und - leider - lässt sich aus dem Ural 375d von Trumpeter kein wirklich überzeugendes Modell bauen, also ab damit in die Restekiste. Der wirklich schwierige Teil, dieses Foto in ein 3D-Modell umzusetzen, ist die Grasladung (und der Umstand, dass es eben nur diese eine Perspektive gibt, den Rest also aus den Fingern saugen). Gras klingt nach Modellbahn, jedenfalls für mich. Also habe ich mich auf die Suche nach dem passenden „Stoff“ im riesigen Modellbahnangebot gemacht. Lange Grasfasern, also bis 50 mm, bietet Woodland Scenics sogar in vier verschiedenen Farbtönen an. Erschien mir maßstabsgerecht, naja, ziemlich teuer und nach dem Auspacken eher enttäuschend, mikrofeine Kunstfasern, ineinander verknäult und eben ultradünn. Damit ging es dann so weiter: Die grüne Platte ist ein passend zurecht geschnittenes Stück Styrodur, schick bemalt, reicht bis zur Unterkante der Ladebordwände, um das teure Gras einzusparen. Anschliessend Schicht für Schicht aus dem reichlichen Woodland-Vorrat möglichst weit auseinander gedröselt mit einem (Modellbahner-Standard-Methode) Wasser-Weißleim-Gemisch aus der Glasreiniger-Sprühflasche fixiert. Das dauerte einige Tage, über das Ergebnis darf gestritten werden. Ich war jedenfalls zufrieden, auch wenn das Originalbild andere Strukturen und Farben zeigt. Man kann nicht alles haben. Die Ladung ist endlich fertig, also soll sie irgendwo rauf. Der Pritschenaufbau basiert auf dem verlängerten Bausatzteil (siehe oben) sowie der Bausatz-Heckklappe (Fantasie) und entstand ansonsten im kompletten Eigenbau aus Buchenholzleisten, 0,5 mm stark und geschnitten (Holzkami-Ebay), U-Profilen (1 mm Evergreen), detailliert mit Resinbolzen von Masterclub.ru sowie Ätzteilen aus der Restekiste. Typisch für russische Ladebordwände ist ein Vierkantholz, das über den Scharnieren befestigt ist und der Stabilisierung dient(??). Die Verwendung von „richtigem“ Holz in diesem Maßstab ist delikat und bedarf diverser Vorarbeiten (Wässern - Schleifen - Beizen - Schleifen - Einlaßgrund - Schleifen, zuletzt Mattlack). Und das alles mit enormer Vorsicht bei dieser Materialstärke. (An dieser Stelle Dank an den Kollegen Harald Weber für das Tutorial „Holzbearbeitung“!) Die Befestigungsplatten an der Stirnwand sind aus 0,12 mm Messingblech (Albion Alloys), die Stirnwand aus 0,3 mm Polystyrolplatte. Diese verzog sich aus unerfindlichen Gründen, daher habe ich sie mit den U-Profilen verstärkt. Und das krumme Rohr an der Seitenwand gehört so (siehe Link). Das Faszinierende des Wikipedia-Bildes ist die „Action“ des Schnappschusses. Der Typ auf dem Trittbrett, die Wellen in der „Fahrbahn“, die vermeintliche Bergaufbewegung des Lasters, (der vollbeladen wohl eher bergab fährt), all das wollte ich umsetzen. Um das zu erreichen, musste die hintere Doppelachse möglichst beweglich gestaltet werden, damit das fertige Modell so richtig in diese Bodenwelle sinkt. Dazu habe ich das Rohbauchassis solchen Versuchen unterzogen:
Um zumindest eine eingeschränkte Beweglichkeit zu ermöglichen, habe ich an diversen Drehpunkten auf Klebstoff verzichtet und einige Teile mit Draht verstiftet. Im Nachhinein wäre es besser gewesen, erst das Gelände bzw. den Fahrweg durchzugestalten, dann das Chassis anzupassen und die Veränderungen zu fixieren. Bei mir steht alles unter zu hoher Spannung und neigt dazu, den Normalzustand wieder anzunehmen. Die Räder stammen von DEF-Model, haben eine mit angegossene Luftdruckregulierungsanlage und sind etwas zu sehr abgeflacht. Das machte das gleichmäßige Abschleifen des Reifenprofils wie auf dem Vorbildfoto (die Reifen, die da zu sehen sind, gehören in die Altgummi-Verwertung) nicht einfacher. Und die original nicht mehr vorhandene Luftdruckanlage liess sich zwar auch entfernen, aber mit bescheidenem Ergebnis, so dass ich auf Grundlage eines weiteren Vorbildfotos diese Einrichtung mit Hilfe von 0,4 mm Draht ohne Abdeckung darstelle. Fällt nicht mehr ganz so auf.
Das sind auch schon die wesentlichen Eigenbauten. Das übrige Modell wurde nach Anleitung zusammengesetzt. Die Passgenauigkeit ist sehr ordentlich. Die Kabine sollte unbedingt nach Bauanleitung montiert werden, dies habe ich aus bemalungstechnischen Gründen leider nicht getan und hatte große Probleme bei der Endmontage. Ergänzt bzw. umgebaut habe ich sämtliche Verbindungen der Abgasanlage mit dem Motor, die schlicht fehlen im Kit. Auf Leitungen habe ich komplett verzichtet. Einige der Ätzteile, die sehr dünn ausfallen und entsprechend empfindlich sind, wurden durch Draht oder das schon erwähnte Messingblech ersetzt. So kann auch das Teppichmonster seine Prozente kriegen. Wer sich das Originalbild anschaut, erkennt schnell den „abgerockten“ Zustand des Urals. Um dem nahe zu kommen, habe ich zunächst schwarz grundiert (Vallejo), dann rostbraun gespritzt, dafür nehme ich Tamiya „Hull Red“. Und dann die Salzmethode: Viel Wasser, möglichst wenig fein gemörsertes Speisesalz, vor allem an Ecken und Kanten aufgetragen und gut trocknen lassen (sehr gut bebildert beschrieben auf „Die Leitplanke“, Website von Guido Kehder). Dann der Decklack: für das Fahrerhaus habe ich “Zashchitniy Zeleno“ XB 518 von Ammo by MIG verwendet. Die Diskussion über das korrekte russische Grün habe ich mir reingezogen und dann so entschieden. Das Chassis Mattschwarz, alles mit dem Luftpinsel, teilweise auch mit der Dose. Dann wird es spannend: Nicht wochenlang warten, sondern nach Abtrocknen des Decklacks wieder rein ins Wasser. Am besten sind die Decklackteile, die wie von selbst im Wasserbad verschwinden. An anderen Stellen muss mit äußerster Vorsicht nachgeholfen werden, z. B. mit dem bewährten Zahnstocher. Ich weiß, es gibt andere Methoden. Aber Haarspray kommt mir nicht ins Haus, und die auch getestete „Heavy Chipping Fluid“ von AK interactive agiert ähnlich aggressiv wie Salz und muss fix verarbeitet sprich entfernt werden. Der zweite wesentliche Punkt des Weathering ist der Staub auf dem Fahrzeug, der möglichst mit der Farbe des Geländes korrespondieren sollte. Dafür habe ich eine Mischung aus vier verschiedenen Pigmenten (z. B. „Africa Dust“ von AK) mit Mattlack und ordentlich Verdünnung durch die Spritzpistole auf ein Testobjekt gejagt. Effekt: eher mau, aber weniger ist in diesem Fall mehr. Aber hallo, auf den dunklen Farben des Urals sah das schnell sehr anders aus. Könnte etwas dezenter sein, aber: hält, bleibt knackmatt und braucht wie immer noch mehr Übung.
Für die Figuren habe ich zunächst auf einen Satz von Masterbox sowie einen von Miniart zurückgegriffen („Russian Tankmen “ und „British Armoured Crew“). Tolle Posen, viele Einzelteile zum Kombinieren, aber alles etwas überdimensioniert. Um die beiden Herren überhaupt in die Kabine zu kriegen, habe ich zwei Resinfahrerfiguren von TB Models.cz sowie von “Black Dog Models“ gefunden, die aber auch erst nach diversen Anpassungsarbeiten sitzen wollten. Entweder ist die Kabine nicht maßstäblich, oder die Figuren sind es. Star des Abends ist natürlich der Trittbrettfahrer. Er entstand aus dem „Syrian SDA Fighter“ von „Djiti Productions. Chirurgisch vom militärischen Oberteil getrennt, frankensteinmäßig mit neuem Oberkörper, Kopf und Armen sowie vier weißen Decalstreifen versehen. Figuren zu bemalen war noch nie mein Ding, auch diverse Tutorials und ein spezielles Farbset von MIG halfen nicht wirklich. Die Jeansweste verdanke ich dem bereits erwähnten Guido Kehder und seinen frei zugänglichen „Warnwesten“, modifiziert, aus einfachem Papier. Die Decals, also die Nummernschilder auf der Pritsche, stammen von Peddinghaus, stimmen vom Schrifttyp überhaupt nicht, waren aber die einzigen weißen kyrillischen Buchstaben in 1:35, die ich finden konnte. Das Nummernschild vorne habe ich zusammengestückelt, wieder das Problem mit den Kyrillen. Vor Kurzem fand ich fotogeätzte, individuell gestaltbare russische Nummernschilder (tadschikische sind sehr ähnlich) von Microdesign. Das nächste Mal dann...
Die „Landschaft“ besteht aus Styrodur-Resten, mit Moltofill überzogen, dabei Splitt sowie Spur 1-Schotter eingearbeitet. Eingefärbt mit der o. a. Pigmentmischung sowie braunen Pigmenten, damit es nicht allzu eintönig wirkt. Die Büsche stammen von MBR, Polen sowie von Martin Welberg, Holland, der auch eine fertige Geländematte lieferte, die kleinteilig verarbeitet und an den Rändern mit „Turf“ von Woodland Scenics kaschiert wurde. Alles Modellbahnmaterial, die Verarbeitung hat am meisten Spaß gemacht, so dass alles grüner geworden ist als mal geplant. Sämtliche Bilder vom fertigen Gelände hat mein Bruder Bert aufgenommen, sowie ordentlich Material gesponsert. Herzlichen Dank! Dirk Zoberbier Publiziert am 08. Juni 2020 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |