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USS Constitution - Teil 2

Die Geschichte der "Old Ironsides"

von Frank Brüninghaus (1:96 Revell)

USS Constitution - Teil 2

Auf der Helling

Beim Bau des Rumpfes ging es dann auch schon los mit den Unklarheiten: Ich fand nicht heraus, was an dem Schiff alles umgebaut wurde. Eines der wichtigsten Details waren die Geschützpforten (Bild 13). Das Schiff hat heute horizontal geteilte, zweiteilige Pforten. Die für mich erreichbaren bildlichen Darstellungen der Fregatte zeigen hinsichtlich dieser Einrichtung aber kein einheitliches Bild. Einige Bilder zeigen das Schiff nach 1807 mit geteilten Pforten, andere hingegen mit einfachen Pforten. Ich ging dann den deutlich einfacheren Weg und ließ die Pforten wie sie waren.

Die wohl auffälligste Veränderung ist der Einbau einer geschlossenen Kuhlreling. Im Bausatz waren hier nur Finknetzkästen vorgesehen. Dies war relativ einfach zu bewerkstelligen. Pro Reling wurden zwei Streifen Plastiksheet auf die Höhe der Bordwände zugeschnitten und zusammengeleimt, um die richtige Stärke der Bordwände zu erhalten. Den oberen Abschluss der Reling bildet ein etwa 3mm breiter Handlauf. Die Reling schließt die Kuhl bis auf einen kleinen Durchgang an der Außenbordstreppe. Der vordere Teil der Kuhlreling erhielt eine große Aussparung zur Aufnahme der Ankerfluken (Bild 4).

Damit bin ich schon bei der nächsten Erweiterung: Seegehende Schiffe dieser Zeit führten mindestens fünf Anker in unterschiedlichen Größen mit, vier davon waren in der Regel am Bug außenbords an den Fockrüsten gestaut (Bild 2). Weitere, meist kleinere Anker wurden im Schiffsraum aufbewahrt. Da ich das Schleppmanöver darstellen wollte, fiel ein Anker weg, trotzdem musste ein weiterer her. Irgendwo in meiner umfangreichen Kramkiste fand ich dann auch ein passendes Teil. Der endgültige Anbau der Anker erfolgte allerdings erst nach Fertigstellung des stehenden Riggs. Die Buganker sind zum einfacheren Auffinden mit einer Ankerboje versehen. Diese baute ich aus etwa einen Zentimeter langen, so genannten Olivenperlen aus dem Bastelbedarf. Die Ankerbojen mit dem aufgeschossenen Bojenreep hängen am jeweils ersten Want des Fockmastes (Bild 2). Der Einbau der Ankertrossen erfolgte, wie auch die Belegung der Fock- und Großschoten, an den Nagelbänken auf dem Kanonendeck vor dem Schließen des Rumpfes.

Bild 13: Steuerbordansicht mit der Kuhlreling
Bild 13: Steuerbordansicht mit der Kuhlreling

Schanzkleiderhöhung

Die Finknetzkästen zur Aufnahme der zusammengerollten Hängematten der Besatzung als zusätzlicher Splitterschutz waren im Bausatz nur als dünne Plastikgabeln dargestellt. Es war klar, dass diese Teile beim weiteren Bauen schnell wieder abbrechen würden, ohnehin waren sie nicht vollständig. Ich fand im Fachhandel ein aus Messing geätztes, feinmaschiges Netz mit rautenförmigen Maschen, welches sonst für Lüftungsgitter von Panzern und ähnlichen Maschinen verwendet wird. Die Finknetzgabeln werden im Abstand von etwa zwei Zentimetern auf die Reling aufgebracht und mit schwarzem Garn verbunden. Das Messingnetz wurde nun so zugeschnitten, dass es zwischen zwei Gabeln passte und um es L-förmig gebogen, um die Unterkante auf die Reling stellen zu können. Das Netz war im Original wahrscheinlich geteert. Da schwarze Farbe die feinen Maschen sicherlich füllen würde, bemalte ich das Netz nach dem Einbau mit einem wasserfesten Filzstift. Die Hängematten selbst fertigte ich aus zusammengerollten Taschentuchstreifen. Diese kleinen Röllchen wurden mittig gefaltet und zu je vieren in einen Finknetzkasten gesteckt. Insgesamt mussten 104 Hammocks gerollt und eingesteckt werden. Erst nach dem Einstecken bemalte ich die Bündel recht zurückhaltend mit sehr dünnem Braun und Ocker. Ein vorsichtiges Übergießen mit verdünntem Holzleim ergab eine recht feste Konstruktion. Beim Original wurden aus diesen Netzen bald richtige Kästen. (Bilder 2, 4, 14, 17)

Bild 14: Galion mit vollständiger Takelage, Anker, Finknetzen und Halsauslegergeeren
Bild 14: Galion mit vollständiger Takelage, Anker, Finknetzen und Halsauslegergeeren

Das Heck mit Bootsdavits

Die nächste Änderung erfolgte am Heck des Schiffes (Bilder 3, 15). Die Kapitänsgig hängt an kranbalkenähnlichen Davits, die im Bausatz binnenbords an der Reling befestigt werden sollten und dann durch das Hackbord nach außen führten. Die vorliegenden Darstellungen und Fotos von anderen Modellen zeigen diese Davits aber auf der Reling befestigt. Die Davits entstanden aus drei Lagen versetzt übereinander geklebten Styrenestreifen, die dann in Form geschliffen wurden. An der Nock bohrte ich zwei Löcher als Scheibgatts und am anderen Ende klebte ich eine Klampe zum Belegen der Bootstaljen auf. Die Boote selbst hängen an den Davits, nicht nur an den Taljen, sondern in breiten Haltebändern aus Segeltuch. Diese Bänder baute ich aus an den Klebeseiten aufeinander geklebtem Paketklebeband. Mit Sekundenkleber fügte ich ein kurzes Stück Zwirn an, um die Bänder an den Davits befestigen zu können. Schwarz bemalt war das Klebeband sehr flexibel und schmiegte sich dem Bootskörper an. Das Boot am Heck ist abgefiert, die Haltebänder sind an den Davits nur lose eingehängt.

Ein unverständliches Versäumnis des Modellkonstrukteurs ist das Fehlen des Skylights über der Kapitänskajüte. Dieses Oberlicht ist ein kleiner Decksaufbau zwischen Kreuzmast und Heckreling, der das darunterliegende Deck mit Licht versorgt. Dieses sechseckige Oberlicht baute ich aus Zeichenkarton, die Schwierigkeit hierbei war das Fehlen jeglicher Maße. Ich konnte die Größenverhältnisse nur ungefähr aus den Fotos des Originals entnehmen. Nach den letzten Recherchen ist dieses Skylight eine eher jüngere Applikation. Das ursprüngliche Skylight war rechteckig.

Bild 15: Der Heckspiegel mit abgefierter Gig, Sorgketten für das Ruder und Jakobsleiter aus Zwirn und Drahtabschnitten
Bild 15: Der Heckspiegel mit abgefierter Gig, Sorgketten für das Ruder und Jakobsleiter aus Zwirn und Drahtabschnitten

Die Takelage des stehenden Guts

An den Spieren des Bausatzes gibt es eigentlich nichts auszusetzen. Aufgrund ihrer geringen Stärke tauschte ich nur die Bram- und Royalstengen und den Klüverbaum gegen Holzteile aus, denn selbst bei einem Modell treten erhebliche Zugkräfte auf, die dünnen Plastikspieren wären damit sicherlich überfordert gewesen. Trotz des umfassenden Takelplans war u. a. der Einbau von Seitentakeln nicht vorgesehen. Diese wichtigen Arbeitstakel wurden zum Steifsetzen der Wanten, zum Fieren der Stengen und beim Verladen benötigt. Während der Fahrt waren sie an den Rüsten eingehängt. Da die hierfür benötigten Blöcke nicht im Bausatz waren, griff ich auf Teile aus einem anderen Bausatz zurück.

Die beigefügten Fertigwanten überantwortete ich den örtlichen Müllentsorgungsbetrieben. Sie waren aus viel zu dünnem Kunststoff und zudem noch in gleichmäßiger Stärke gespritzt. Es ist nur logisch, dass die Unterwanten stärker dimensioniert sind als die Mars- und Bramstengewanten. Ich fertigte die Wanten also unter Verwendung der beiliegenden Rüsten und Jungfern aus stärkerem Garn mit entsprechenden Durchmessern, das in die Jungfern eingebunden wurde und über das Mars entweder zur anderen Schiffsseite oder wieder zurück zur nächsten Jungfer gezogen wurde.

Bild 16: Aufenternder Matrose in den Großmarswanten
Bild 16: Aufenternder Matrose in den Großmarswanten

Alle Wanttaue wurden zunächst nur provisorisch befestigt, um den Mast durch den Zug der Wanten gerade zu stellen. So ließ es sich bewerkstelligen, dass alle Wanten gerade gespannt waren und sie nicht irgendwo durchhingen. Zusammen mit den Stagen waren die Masten nun nahezu unbeweglich (Bilder 1, 13, 14, 15).

Die nächste Aufgabe bestand darin, die Wanten mit den Webeleinen auszuflechten. Um den richtigen Abstand einhalten zu könnnen, fertigte ich Schablonen aus Karton an, die ich zwischen Rüstbrettern und Mars einklemmte. Nun begann das langwierige Ausflechten der Wanten. Die Stage, das heißt die Taue, welche die Masten nach vorn stützen, befestigte ich in der originalen Art. Sie wurden nicht einfach am Mast fest geknotet, sondern mit einer großen Schlinge um das Masttopp gelegt. Die unteren Stage, d. h. Groß- und Fockstag, sind durch eine im Zickzack laufende Verschlingung mit den parallel laufenden Borgstagen verbunden.

Bild 17: Fockmars-, Bram- und Royalsegel mit Reffbändern. Die Bramsaling von unten.Bild 18: Die Guncrews zwischen Besan- und Großmast. An der Gräting vor dem Gangspill liegt Bereitschaftsmunition – diese und die kleinen Pützen sind aus einem anderen Bausatz entnommen. Das Maling auf dem Gangspill ist frei erfunden.Bild 19: Die Stars and Stripes. Die Flagge selbst hat eine sehr interessante Geschichte. Diese ist auf Bleifolie gemalt, die Sterne sind Decals. Ich muss sie aber wohl austauschen, da sie nur elf Streifen hat statt 13 bzw. 15.Bild 20: Blick von der Marsrah aufs AchterdeckBild 21: Das Schiff von vornBild 22: Studioaufnahme des Modells auf dem HolzbrettBild 23: Eine weitere Aufnahme aus dem Studio

Bild 17: Fockmars-, Bram- und Royalsegel mit Reffbändern. Die Bramsaling von unten.

Bild 17: Fockmars-, Bram- und Royalsegel mit Reffbändern. Die Bramsaling von unten. 

Das laufende Gut: running rigging

Nach der Anbringung zweier Ladetakel an den Großstagen konnte ich also mit dem laufenden Gut beginnen. Grundsätzlich gilt, je leichter und kleiner ein Segel, desto dünner sind die verwendeten Taue. Während ich an der Takelage der Rahen arbeitete, besaß meine Frau die unendliche Güte, mir die Segel für das Modell zu nähen. Die tiefgezogenen Modellsegel dienten nur als grobe Vorlage für den Zuschnitt der Stoffsegel, die endgültigen Maße wurden jedoch am Modell abgenommen. Mir verblieb noch das Einfassen der Segel mit dem Liektau und das Einknoten der Reffzeisinge, kurze Taustücke, die dazu dienten, die Segelfläche zu verkleinern oder die Segel an der Rah zu befestigen. Die Reffzeisinge steckte ich mit einer Nadel durch die Reffbänder und befestigte sie auf einer Seite des Tuches. Da das Schiff in der Flaute gezeigt werden sollte, mussten die Reffzeisinge natürlich senkrecht herunter hängen. Das wurde mit einem kleinen Tropfen Holzleim erreicht, der über das Garn gestrichen wurde. Mit einer Pinzette kurz angedrückt, blieben die Zeisinge in Position (Bild 1, 16).

Die Takelung der Rahen und die Anbringung der Segel an die Rahen erfolgte getrennt von den Masten. Erst nachdem alles fertig war, wurden die Rahen mit den Segeln an die Masten montiert. Die Aufhängung der Rahen an den Masten wurde auch dem Original entsprechend erweitert: Die Rahfallen wurden mit großen, hölzernen Zwei- und Dreifachblöcken aus dem Fachhandel getakelt. Nach der Anbringung an die Masten fügte ich den Marssegeln noch Refftakel an, eine Einrichtung an den Seitenlieken der Segel, die das Reffen der Segel unterstützen soll.

Eine weitere sehr wichtige Einrichtung sind die Bulinen, recht dünne Seile, die an den Seitenlieken der Rahsegel angeschlagen das Luvliek bugwärts ziehen sollen, um möglichst hoch am Wind segeln zu können. Eine besondere Herausforderung bestand darin, den Großteil des laufenden Gutes auf den Nagelbänken an Deck zu befestigen. Insgesamt mussten etwa 160 Taue an Deck belegt werden, ein weiterer Teil war in den Marsen oder an Klampen in den Wanten zu befestigen. Die aufgeschossenen Tauenden fertigte ich ebenfalls außerhalb des Schiffsrumpfes auf einem speziell hierfür hergestellten Holzblock. An Deck liegende Taurollen sind einfach herzustellen. Auf einem Stück Plastik wurde ein Tropfen Holzleim verstrichen und ein kurzer Moment trocknen gelassen. Hier hinein legte ich nun das gewachste Garn, in der Mitte beginnend flach im Kreis um das Zentrum gewickelt, bis die gewünschte Größe erreicht war. Mit dünnflüssigem Leim getränkt ließen sich die Rollen ohne Probleme von dem Plastikstreifen abnehmen. Diese Taurollen legte ich an verschiedenen Stellen des Decks ab (Bild 17). Die Flaggen stellte ich aus bemalter Bleifolie her. Die Sterne sind nicht aufgemalt, sondern stammen aus einem Decalbogen (Bild 18).

Die Crew und das Meer

Ohne die Besatzung wirkt das Modell wie ein Geisterschiff: Die dem Bausatz beiliegenden 20 Figuren reichen bei weitem nicht aus. Laut Horgan hatte die CONSTITUTION 400 Mann Stammbesatzung, die bei der Bestückung mit Karronaden auf bis zu 500 Mann erhöht wurde. In einer ModellFan-Ausgabe fand ich die Anzeige eines Vertreibers von Zinnfiguren. Nach Anfrage bekam ich einen sehr umfassenden Katalog zugeschickt. Überrascht von dem Preis bestellte ich etwa 200 Figuren von zwei verschiedenen Herstellern. Die Figuren von Minifigs und Essex waren sehr sauber gegossen, viele der Matrosen hatten sogar angeformte Zöpfe, Messer, Halstücher und Gürtel. Bei Offiziersfiguren waren Epauletten, Knöpfe und schreiende Münder dargestellt. Den Begriff "Teerjacken" im Kopf, entschloß ich mich für schwarze Jacken und weiße Hosen. Die Bootsbesatzungen stellte ich aus H0-Figuren "Sitzende Passagiere" zusammen. Durch die räumliche Distanz zu den Figuren auf dem Schiff fällt der Größenunterschied kaum auf. Insgesamt stehen auf dem Schiff etwa 180 Figuren. Das Großboot ist mit einem Bratspill ausgerüstet, um den schweren Anker unter dem Boot bewegen zu können. (Bilder 5, 11, 13, 16, 19)

Während der Verfolgung durch das britische Geschwader wird die See als spiegelglatt beschrieben. Dies darzustellen ist nicht sonderlich schwierig. Hierfür benutzte ich eine Styroporplatte, belegte sie mit Gipsbinden und grundierte diese mit weißer Acrylfarbe. Hierauf erfolgte die Farbgebung des Wassers mit einem recht dunklen Grün. Um Glanz und etwas Tiefe in das "Wasser" zu bekommen lackierte ich diese Oberfläche mehrfach mit Acrylglanzlack. Um das Modell vor Staub und meinen vier mittlerweile acht- bis zwölfjährigen Kindern zu schützen, baute ich einen Sturz aus Glas und Holzleisten. Insgesamt benötigte ich für den Bau bis zum Überstülpen des Glassturzes mit einigen Unterbrechungen vier Jahre. Inzwischen, etwa acht Jahre nach Fertigstellung des Modells  erschien Karl-Heinz Marquardt tolles Buch aus der Reihe "Anatomy of the Ship" über die 44-Gun Frigate USS Constitution. Mit diesem Buch hätte ich sicher einiges anders gemacht.

Bild 24: Am Abend während der Verfolgungsjagd zieht ein Gewitter auf. Im Hintergrund der britische Verband.
Bild 24: Am Abend während der Verfolgungsjagd zieht ein Gewitter auf. Im Hintergrund der britische Verband.

Fazit

Für mich ist der Bausatz (Art.Nr. 05602) das beste Modell einer schweren Segelfregatte in diesem Maßstab. Dem Kit liegt eine sehr intensive Recherche am Original und einem zeitgenössischen Modell zugrunde. Trotz alter Spritzformen ist er uneingeschränkt empfehlenswert. 

 

Als Literatur zum Thema kann ich empfehlen: 

Thomas P. Horgan: Old Ironsides

Time Life Bücher: Die Fregatten

K. H. Marquardt: Bemastung und Takelung von Schiffen des 18. Jahrhunderts

 

Zusätzlich verwendete Materialien:

Verdünnter Weißleim, Raminholzstäbe für die Stengen und Bugspriet, Photogeätzte Messingrautengitter, Paketklebeband, Styropor, Acrylfarben für das Meer, feiner Baumwollstoff, Holzblöcke, Bleifolie, Zinnfiguren( Essex und Minifigs ).

 

Bauzeit:

Über vier Jahre verteilt ca. 900 Stunden

Frank Brüninghaus

Publiziert am 29. Juni 2016

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