TrebuchetFiligranes in Balsavon Wolfgang Hartung (1:72 Green Line)Historische und technische WeisheitenTrebuchet ist der französische Ausdruck für eine Blide, die auch Tribock genannt wird. Diese Art von Katapult funktioniert durch die Hebelwirkung des Wurfarmes, bei dem an dem kurzen Ende des Arms ein bewegliches, bis zu 15 t schweres Gewicht angebracht und durch Rotation in Bewegung gesetzt wird. Das Trebuchet nutzt die Hebelwirkung perfekt und wurde im Mittelalter so ab dem 12. Jh. eingesetzt. Man erreichte damit eine relativ große Reichweite und Wucht der Geschosse. Die Präzision war allerdings nicht sehr groß. Das Gerät bestand vollständig aus Holzteilen und konnte zum Transport zerlegt werden. Es wurde also nicht, wie hin und wieder dargestellt, auf Rädern zum Zielort bewegt. Räder dienten allenfalls der Feinjustierung vor Ort. Der lange Wurfarm konnte schwere Steine bis zu 450 m weit schleudern. So konnte man Wehrgänge und Mauern einer Burg stark beschädigen. Außer Steinen sollen auch von der Pest befallene Leichen als Geschosse gedient haben mit dem Zweck, eine Burgbesatzung zu infizieren und Nahrungsvorräte zu verunreinigen. So gesehen wohl die erste biologische Waffe! Unter den "edlen Rittern" gab es also schon ganz schön perverse und heimtückische Kerlchen. Man kann sich vorstellen, dass die Bedienung eines solchen Geschützes je nach Schwere des Gegengewichts sehr personalintensiv gewesen sein muss. Es wurden bei 15 Tonnen bis zu 50 Mann benötigt, um die Schleuder in ihren Ausgangspunkt zu ziehen. Wohl dem, der das Prinzip eines Flaschenzugs zu nutzen wusste.
Fingerspitzengefühl ist gefragt!Beim Bau muss man die Teile zunächst mit einem scharfen Bastelmesser herauslösen und mit feinem Schmirgelpapier an den Schnittsstellen etwas nachschleifen. Sinnvoll ist es, die Einzelteile vor dem Zusammenbau farblich zu gestalten, denn nach dem Zusammenbau erweist sich das Streichen als relativ schwierig aufgrund der feinen Einzelteile, die bei dem Material sehr fragil sind. Ein kleiner Druck zuviel reicht aus, um die feinen Leisten zu zerbrechen! Wenn das passiert, ist so ein Betriebsunfall mit Ponal jedoch leicht zu beheben. Das ist ein Erfahrungswert! Bei der Farbgebung ist ebenfalls vorsichtiges Behandeln angesagt. Da ich diesbezüglich keine Erfahrung mit Balsaholz hatte, war es zweckmäßig auf dem überschüssigen Material ein paar Probeanstriche zu machen. Ich habe eine Grundierung mit matter, weißer Revellfarbe vorgenommen und festgestellt, dass das Holz die Farbe überdurchschnittlich aufsaugt. Man darf also die Farbe nicht zu dick, aber auch nicht zu dünn auftragen, damit ungewollte farbliche Effekte vermieden werden. Vielleicht wäre es da sinnvoll und einfacher gewesen, eine Beize zu verwenden. Ein Hinweis wäre hier in der Bauanleitung hilfreich. Das ist aber in meinen Augen das einzige Manko bei dem wunderschönen Bausatz vom Conny Schulte. Ich habe bei der Bemalung wieder auf meine bewährten Ölfarben zurückgegriffen. Letztendlich hat da jeder seine eigenen Material-Vorlieben.
Es muss nicht immer Plastik seinDer sehr schöne Bausatz von Green Line besteht aus Balsaholz und ist in 1:72 sehr filigran gestaltet. Das Trebuchet wird, wie alle Modelle von Green Line, originaltreu dargestellt. Das laserbearbeitete, passgenaue Material lässt sich mit der beiliegenden Bauanleitung relativ leicht zusammenbauen. Als Klebstoff empfiehlt sich Ponal. Ich habe die Klebestellen jeweils mit dem Pinsel bestrichen. Damit kann man wesentlich genauer arbeiten, als wenn man Tuben benutzt. Ich nehme dazu immer die preisgünstige Classic-Variation dieses Holzleimes in dem 750 g Behälter, den man längere Zeit aufbewahren und bei Bedarf mit Wasser verdünnen kann. Ponal gibt es übrigens auch in einer Form, die wasserdichtes Kleben ermöglicht.
Das fertige Objekt
Trebuchet freut sich auf DioramaDen schönen Bausatz bekommt man bei Fredericus Rex (www-fredericus-rex.eu), meinem Lieblingslieferanten in Sachen Mittelalter, bei dem man auch die schönen Valdemar Figuren sowie historisch genaue Nachbildungen von mittelalterlichen Gebäuden bestellen kann (siehe auch Kulmbach - Bericht von 2015 im modellversium). Dieses Trebuchet soll in Bälde zusammen mit einem Haufen wilder Söldner ein neues Diorama schmücken, das ich gerade in Bearbeitung habe.
FazitAlles in allem hat Conny Schultes Green Line mit dem Trebuchet eine wichtige Lücke beim Mittelalter-Zubehör in hervorragender Weise geschlossen. Am Preis-Leistungs-Verhältnis ist bei einem Kaufpreis von € 19,75 nichts auszusetzen. Man erhält dafür ein filigranes, historisch gut recherchiertes Modell, das Dioramenfreunde mit Sicherheit begeistert.
Wolfgang Hartung Publiziert am 16. Januar 2016 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |