Spielwarenmesse Nürnberg 2014 Teil 129. Januar – 03. Februar 2014Das Modellbaujahr hat zwölf Monate mit 365 Tagen. Aber es endet und startet nicht in der letzten Dezember- bzw. ersten Januarnacht, sondern ca. einen Monat später, und zwar in Nürnberg. So lässt sich, zugegeben etwas hochtrabend, die Bedeutung der Internationalen Spielwarenmesse für Modellbauer aller Sparten beschreiben. Dank Internet finden Neuheitenankündigungen heute natürlich schon im Vorfeld weltweite Verbreitung und die Tage, an denen man sehnsüchtig auf das Erscheinen der Messeausgabe seiner Lieblingshobbyzeitschrift wartete, um die Neuheitenlisten zu begutachten (ein zweites Weihnachten!), sind schon lange gezählt. Dennoch finden sich Jahr für Jahr Hersteller und Besucher aus aller Herren Länder in Nürnberg ein und sitzen auf kleinen und großen Messeständen zusammen, schließen Geschäfte ab, fotografieren die teils aufwändig präsentierten Neuheiten oder schweifen - wie auf jeder anderen Modellbauausstellung - in ausgedehnte Fachsimpeleien ab. Denn die Modellbau- und Modellbahnhallen sind auch am Messe-Wochenende gut gefüllt. Dann kommen vor allem die kleinen Hobbyshopbesitzer und semiprofessionelle Modellbauredakteure, die berufliches mit privatem Interesse verbunden haben, und informieren sich über Neuigkeiten und Trends in ihrer Branche, die auch gleichzeitig Hobby ist. In vielen anderen Hallen, in denen meterweise Hello Kitty Merchandise, Berge von Stofftieren und Plastikgartenspielgeräte aufgestellt sind, ist es dann gähnend leer. Denn die Chefeinkäufer wollen mutmaßlich lieber zuhause bei ihren Familien sein als ihre Freizeit auf in Rosa getauchten Plüsch-Messeständen zu verbringen. Oder sie sind zwar auf der Messe, stehen aber in einer der Trauben vor den toll gemachten Schauanlagen der Modellbahnhersteller - man wird sich ja noch belohnen dürfen. Zugegeben, in Halle 4A gibt es immer etwas Neues zu entdecken. So simuliert Märklin nun am Beispiel eines LINT Regionaltriebwagens das Öffnen und Schließen der Türen samt ein- und aussteigender Fahrgäste. Der Trend, durch immer mehr Elektronik immer realitätsgetreuer zu werden, scheint sich fortzusetzen.
In der RC-Halle wird man dagegen auf ganz andere Art und Weise mit der Realität konfrontiert. So scheint mittlerweile jeder namhafte Hersteller von ferngesteuerten Fluggeräten auch Drohnen im Angebot zu haben, die mit einer Kamera ausgerüstet werden können. Das verspricht in erster Linie natürlich ein Flugerlebnis aus der „Ich-Perspektive" - erlaubt im Zweifel aber auch mal einen Blick in Nachbars Garten. Vielleicht wird der den Eingriff in seine Privatsphäre etwas lockerer nehmen, wenn man nicht nur Bilder macht, sondern als Wiedergutmachung ein Fass Bier auf die Gartenparty liefert - natürlich auch auf dem Luftweg.
Doch wir lassen uns ablenken. Denn eigentlich sind wir natürlich wegen des Plastikmodellbaus hier. Mit „immer größer, immer detaillierter und immer ausgefallener" könnte man die Entwicklung kurz und knapp zusammenfassen. Die Neuentwicklungen in Maßstäben wie 1:32 und 1:24 für Flugzeuge, 1:16 für Militärbausätze oder 1:200 für (Schlacht-) Schiffe scheinen nahe zu legen, dass der Modellbauer heute viel mehr Platz für sein Hobby hat als noch vor einigen Jahren. Dass das wahrscheinlich nicht der Grund sein kann, wird den meisten wohl beim Blick auf die eigene Vitrinenstellfläche klar. Ob es dann doch eher an der „Überalterung" des Hobbys liegt, wodurch sich Großmaßstäbe mit besser sichtbaren und greifbaren Kleinteilen steigender Beliebtheit erfreuen? Dagegen würden die immer aufwändigeren Detaillierungsmöglichkeiten, auch in den kleineren Maßstäben, sprechen. Direkt in der Schachtel enthaltene Ätz- und Resinteile sind mittlerweile nichts Außergewöhnliches mehr. Insbesondere ältere Formen werden gerne mit diesen Zusatzteilen als „Upgrade" oder „Premium" Bausätze vermarktet. Die vielleicht schönste Entwicklung ist die steigende Diversifizierung in Sachen Vorbildauswahl. Früher waren Originale wie eine Lancaster mit Sternmotoren (Airfix, 1:72), eine Supermarine Swift (Airfix, 1:72), eine doppelsitzige F-106B (Trumpeter, 1:48) oder die aus einem bestimmten Werk stammende Bf 109 G-10 „Erla" (Revell, 1:32) das Hoheitsgebiet der Hersteller von Kleinserien-Resinkits und Conversion-Sets. Heute gibt es sie in Spritzguss-Großserie direkt aus der Schachtel. Selbst lange Zeit wenig beachtete Vorbilder wie die Fouga Magister werden nun zeitgleich mit zwei völlig neuen Bausätzen in 1:72 bedacht (Special Hobby, Valom). Die Aussage „Die Auswahl war noch nie so groß!" gilt also auch in diesem Jahr.
Dabei wird das Erstellen eines möglichst vorbildgetreuen Bausatzes trotz aller digitalen Möglichkeiten für die Hersteller nicht unbedingt einfacher. Ausgelernte 3D Zeichner verlassen ambitionierte osteuropäische Modellschmieden für höhere Löhne in den westlichen Nachbarländern. Rüstungsunternehmen zensieren Referenzmaterial, das bei offiziell anberaumten Fototerminen entstanden ist, und verzögern so den Abschluss der Recherchephase und damit die Veröffentlichung des neuen Modells. Oder aber man wartet vergeblich auf eine letzte Unterschrift zur Freigabe der Modellumsetzung eines militärischen Sonderanstrichs. Von den heute in Mode gekommenden Lizenzquerelen mit den Originalherstellern ganz zu schweigen. Von all dem bekommt der Endkonsument natürlich nichts mit. Außer vielleicht, dass sich der angekündigte Auslieferungstermin einer Neuheit mal wieder verzögert. Genug philosophiert. Schauen wir uns im Folgenden einmal ein paar der diesjährigen Neuheiten konkreter an. Aber, Academy und AirfixABER: Umfangreiche Zurüstteile für Tamiyas Tiger I Ausf. E (Tunesia) in 1:16. Aber beglückt vor allem den Militärmodellbauer mit neuen Zurüstsets, besonders gerne für Tamiya, mit denen man bereits in den letzten Jahren kooperierte. Doch es gibt auch Ausflüge in andere Bereiche, wie etwa den Automodellbau. Academy zeigt bereits bekannte Ankündigungen, die nun erhältlich sind, sowie Formvarianten. Die Highlights dürften die aus der Navy-Version F-4B hervorgegangene F-4C in 1:48 sowie die komplett neue F-35A in 1:72 sein. Airfix holt seit der Übernahme durch Hornby zusehends auf und zeigte auf seinem Stand wohl mit die größte Dichte an echten Formneuheiten. Dabei konzentriert man sich auf „typisch britische" wie auch deutsche Vorbilder. Weiterhin werden die 2014 anstehenden Jahrestage von D-Day und Beginn des Ersten Weltkriegs mit Wiederauflagen wie auch Formneuheiten begleitet. Ark Models, Avionix, Belkits und BrengunFormneuheit von Ark Models: Die Polikarpov I-185 in 1:48. Ark Models ist vor allem durch seine Wiederauflagen meist älterer aber durchaus gesuchter Bausätze bekannt. 2014 schafft es jedoch auch eine eigene Neuentwicklung ins Programm: die Polikarpov I-185 in 1:48. Avionix wurde durch Squadron/Signal u.a. mit einem Cockpitdetailset zur A-6A Intruder von Trumpeter in 1:32 repräsentiert. Belkits aus Belgien hat sich auf Ralleyfahrzeuge in 1:24 spezialisiert. Zu sehen waren u.a. der frisch mit einer Modell Fan Modell des Jahres Medaille ausgezeichnete Skoda Fabia S2000 Evo sowie eine Ankündigung für einen neuen VW Polo R WRC. Brengun bietet Zurüstsets in verschiedenen Maßstäben für Flugzeugmodellbauer an. Darüber hinaus befinden sich auch Komplettmodelle im Programm, die sich im Maßstab 1:72 mit ausgefallenen Flugzeugtypen des 2. Weltkriegs befassen. Eastern Express, Eduard und EmharEastern Express bringt eine An-22 Cock late Version in 1:144. Eastern Express engagiert sich im Airliner-Maßstab 1:144 mit u.a. An-22 late version, Mi-6 late version und Flugfeldzubehör. Eduard bleibt in Sachen Eigenentwicklungen der bisherigen Linie treu und bringt eine neue Bf 109 G-6 in 1:48. Später sollen G-2, -4 und -14 folgen. Der Jet-Liebhaber wird sich über die seit ein paar Monaten endlich erhältliche MiG-15bis in 1:72 freuen. Die Formen für dieses Modell wurden nach einem Bruch der ursprünglich neu konstruierten Formen noch einmal völlig neu erstellt. Detailsets noch und nöcher gibt es, wie nicht anders zu erwarten, vor allem für die aktuellen Neuerscheinungen der großen Hersteller. Emhar zeigte neben bekannten Kits wie Starfire und Demon in 1:72 auch zwei neue Sprösslinge der Bedford-Reihe in 1:24. Dragon, Encore und HasegawaDragon bietet den M103A1 in 1:35 unter dem neuen 'Black Label' an. Dragon ist CyberHobby ist Black Label. So oder so ähnlich könnte man die manchmal verwirrende Markenpolitik der Hong Konger umschreiben. CyberHobby war bisher schon als Dragon-Submarke bekannt. Nun kommt noch Black Label dazu. In diese Abteilung sollen in Zukunft Militärbausätze besonders rarer Vorbilder fallen, die es bisher noch nicht auf dem Markt gab. Den Anfang machen M103A1 Heavy Tank, MBT 70 (KPz 70) sowie M6AI Heavy Tank - alle in 1:35. Encore ist eine Eigenmarke von Squadron/signal und kombiniert bekannte Spritzgusskits anderer Hersteller mit neuen Decals sowie Ätz- und Resinteilen. Für dieses Jahr legt man den Fokus auf den Bereich WKI. Hasegawas Neuheitenblatt listet für die erste Hälfte 2014 gerade einmal zwei wirkliche Neuentwicklungen: zum einen eine F-35A in 1:72 sowie eine MV-22 Osprey als Egg Kit. Der große Rest besteht aus Decalvarianten und Conversions. An sich muss das nichts Schlimmes sein. Allerdings fragt man sich doch zum Teil, ob sich Hasegawa nicht etwas zu sehr auf seinem unbestritten sehr guten Ruf ausruht, während die wirklichen Neuheiten immer öfter aus anderen Teilen Asiens oder Europa kommen. In Teil 2 unseres Messerundgangs geht es u.a. mit Hauler, Heller und HK Models weiter. Bernd Korte Publiziert am 04. Februar 2014 Die Bilder stammen von Thomas Neuß, Bernd Korte. © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |