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Martin B-26B Marauder

Luftpost aus Übersee, falsch zugestellt!

von Jörg Teller (1:48 Revell)

Martin B-26B Marauder

Das Original

Die Martin B-26 Marauder war ein zweimotoriger amerikanischer Mittelstreckenbomber mit sehr hohen Flugleistungen. Von 1940 bis 1945 wurden 5.157 Maschinen gebaut. Das Flugzeug kam während des Zweiten Weltkriegs zunächst im Pazifikkrieg zum Einsatz und erlebte seine Feuertaufe am 5. April 1942 bei einem Angriff auf das von Japan besetzte Rabaul.

Im Juli 1942 beschloss die US Army Air Force drei B-26 Bomb Groups als Vorbereitung auf die Operation Torch, die Invasion Nordafrikas, in England zu stationieren. Sie sollten die ersten mit B-26 ausgerüsteten Einheiten über Europa sein und dort als Teil der 8. Luftflotte Kampferfahrung sammeln.

Am 21. September 1942 begann die 319th Bomb Group mit der Überführung ihrer Maschinen. Die Reise führte über Neufundland, Grönland, Island und Schottland nach Horsham St. Faith in England. Von den 75 gestarteten Flugzeugen erreichten jedoch nur 34 planmäßig ihr Ziel.

Martin B-26B Marauder

Eine der Maschinen, die ihr Ziel in England nicht erreichte, war die B-26B mit der Seriennummer 41-17790 der 437th Squadron. Die Besatzung um Pilot Lt. Clarence C. Walls hob am Morgen des 3. Oktober von Island ab und flog in Richtung Schottland. In tief hängenden Wolken verlor die Besatzung die Orientierung und peilte daraufhin ein vermeintlich in Schottland stehendes Funkfeuer an. Das Funkfeuer war jedoch eine Finte des deutschen Abwehrdienstes, denn es befand sich auf deutschem Boden. Unbeirrt das falsche Funkfeuer anpeilend, überflog die B-26 Schottland und England in Richtung europäisches Festland. Über der Nordsee wurde schließlich der Treibstoff knapp und nach Ausfall eines Motors musste Lt. Walls die Maschine notlanden. Trotz widriger Umstände gelang ihm eine sanfte Bauchlandung am Strand der holländischen Insel Noord Beveland - auf von Deutschen besetztem Gebiet!

Martin B-26B Marauder

Für die deutsche Luftwaffe war die B-26 von großem Interesse, schließlich handelte es sich um einen neuartigen und unbekannten Flugzeugtyp, welcher noch nie über Europa eingesetzt wurde. Zudem war die notgelandete Maschine nagelneu und kaum beschädigt; einzig die Propellerblätter erlitten bei der Bauchlandung irreparable Schäden.

Eine erfahrene Bergungsmannschaft des holländischen Flughafens Gilze-Rijen wurde mit der sofortigen Bergung der Maschine beauftragt. Das Flugzeug wurde noch am Strand mit deutschen Hoheitsabzeichen versehen, Flügelunterseiten und Seitenleitwerk wurden gelb lackiert und ein schmales gelbes Rumpfband wurde aufgemalt. Nach Ausfahren des Fahrwerks wurden die beschädigten amerikanischen Vierblattpropeller durch (deutsche?) Dreiblattpropeller ersetzt. Dank der neuen Luftschrauben konnte die Maschine aus eigener Kraft durch die Dünenlandschaft auf festen Boden rollen. Dort wurde sie zerlegt und auf dem Landweg nach Gilze-Rijen transportiert (eine andere Quelle berichtet von einem Überführungsflug von Noord Beveland nach Gilze-Rijen mit Dreiblattpropellern).

Martin B-26B Marauder

Die B-26 verblieb noch bis Anfang 1943 zur gründlichen Inspektion auf der Flugwerft in Gilze-Rijen. Nachdem ein passender Satz amerikanischer Vierblattpropeller erbeutet und montiert wurde, konnte die Maschine zur Erprobungsstelle der Luftwaffe nach Rechlin geflogen werden. Dort begannen im Juni die ersten Testflüge, u.a. durch den berühmten Testpilot Hans-Werner Lerche, der dabei wegen einer Fehlfunktion der Propellerverstellung beinahe abstürzte.

Martin B-26B Marauder

Über den weiteren Werdegang der B-26 bei der Luftwaffe ist wenig bekannt. Bilder zeigen die Maschine im November 1943 auf dem Flugplatz Lärz bei einer Beuteflugzeugausstellung; dort trägt sie die Kennung 6+7. Für die Zeit danach existieren weder Aufzeichnungen noch Fotos; vermutlich ging die Maschine bei einem Testflug zu Bruch oder sie wurde durch alliierte Bomberangriffe zerstört.

Martin B-26B Marauder

Das Modell

Wo Revell anno 2003 drauf steht, ist Monogram anno 1978 drin. Doch trotz seines Alters kann sich der Bausatz sehen lassen: Die etwas grobschlächtigen Teile sind sauber gespritzt. Die Passgenauigkeit ist gut; an den Flügelansätzen, an den Motorgondeln und vor allem im Heckbereich musste gespachtelt werden. Eine fein detaillierte Pilotenfigur und zwei Bordschützenfiguren sind schöne Zugaben.

Martin B-26B Marauder

Das Modell zeigt die B-26B im Zustand nach ihrer Überführung auf dem Flugplatz Gilze-Rijen im Frühjahr 1943. Die Maschine trug den Standardanstrich der US Army Air Force in Olive Drab und Light Gray; die amerikanischen Hoheitsabzeichen waren übermalt und durch deutsche ersetzt, die Unterseiten der Flügel und Motorgondeln waren in Gelb RLM 04 lackiert, ebenso der vordere Teil des Leitwerks, außerdem war ein gelbes Rumpfband aufgemalt.

Martin B-26B Marauder

Lackiert wurde das Modell mit Farben von Humbrol und Revell. Maskierfolie von Eduard erleichterte die Bemalung vor allem im Bereich von Cockpit-, Heck- und Bugverglasung. Auf exzessive Alterung wurde verzichtet, da es sich beim Original um eine fabrikneue Maschine handelte. Die Decals entstammen größtenteils der Restkiste.

Martin B-26B Marauder

Die amerikanischen Vierblattpropeller waren durch (deutsche?) Dreiblattpropeller ersetzt. Die Dreiblattluftschrauben entnahm ich dem Hobby-Craft-Bausatz einer Ju-88G; sie scheinen mir etwas zu klein.

Martin B-26B Marauder

Beim Modell verzichtete ich fast gänzlich auf Bewaffnung, da vermutlich auch das Original beim Überführungsflug keine Bordwaffen mit sich führte. Den Heckstand musste ich in Scratchbauweise komplett neu gestalten. Die von mir am Modell seitlich angebrachten Waffengondeln und die beiden MGs am Drehturm waren beim Original augenscheinlich nicht vorhanden - Nietenzähler sollten dies beim Nachbauen berücksichtigen!

Martin B-26B Marauder

Quellen

  • Kössler, K. (1989). Ein nagelneues Beutestück. In: Flugzeug 2/89.
  • Lerche, H.-W. (1977). Testpilot auf Beuteflugzeugen.
  • Stapfer, H.-H. (1988). Strangers in a Strange Land.

Jörg Teller

Publiziert am 18. Juni 2010

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