Messerschmitt Me 209 V4von Roland Sachsenhofer (1:72 Special Hobby)
Das Phänomen „Fake News“, heute ja ein recht populärer Begriff, hat es schon früher gegeben. So wenig überraschend diese Feststellung ist, so griffig wird sie, wenn man vor einem konkreten Beispiel steht: die hier als Modell gezeigte Me 209 V4 darf als klassisches Beispiel propagandistischer Desinformation gelten. Welche Geschichte dahinter steht, möchte ich im Folgenden kurz umreißen.
Die 209 war bei Messerschmitt als experimentelle Rennmaschine auf ein Ziel hin entworfen worden: sie sollte den Geschwindigkeitsweltrekord nach Deutschland holen- was im April 1939 mit der V1, pilotiert von Fritz Wendel, auch gelang.
Nach Kriegsausbruch und spätestens mit den ernüchternden Erfahrungen der „Luftschlacht um England“ wurden die Grenzen der Bf 109 sichtbar. Bei Messerschmitt begann man, nach Alternativen zu suchen. Eine Option wurde in der Rekordmaschine Me 209 vermutet.
In der Auslegung als Rennmaschine, deren kompromissloses Design auf die anfällige und in keiner Weise alltagstaugliche Oberflächenkühlung setzte und mit der der eingebaute Hochleistungsmotor nach wenigen Flügen nur mehr Schrottwert hatte, konnte man eine Serienfertigung nicht andenken.
Daher wurde eine Reihe von Maßnahmen gesetzt, um die Me 209 truppentauglich zu bekommen. Darunter fiel die Vergrößerung der Tragflächen, an deren Unterseiten nun auch herkömmliche Kühler ihren Platz fanden. Zur Erhöhung der Seitenstabilität vergrößerte man die Heckflosse. Weiters wurde eine mögliche Bewaffnung in Form einer 20 mm Motorkanone MG FF/M sowie zwei 7,62 mm Maschinengewehre MG 17 eingebaut und erprobt.
Was jedoch erhalten blieb, waren die mehr als kritischen Flugeigenschaften, welche die Me 209 zu einem nur schwer beherrschbaren Flugzeug, geeignet nur für wahre Testpiloten-Naturen, machte. Der Todesstoß des Projekts war aber wohl die Tatsache, dass durch all die Kompromisse und Einbauten die Flugleistungen nicht über jenen der gerade in Dienst gestellten Bf 109 F lagen. Das Projekt wurde nach kurzer Zeit eingestellt.
Die nationalsozialistische Propaganda versuchte allerdings wenigstens über die Lüge Mehrwert aus dem missglückten Projekt zu schlagen. Schon vor der Erprobung der V4 bestand Goebbels auf die mediale Benennung der Maschine als „Me 109R“, um so den Ruhm des Weltrekordfliegers auf den Standardjäger der Luftwaffe scheinen zu lassen.
Bei der V4 ging man noch einen Schritt weiter: die Me 209 V4 bekam nun eine fiktive Einheitskennung und flog als „Rote 14“, komplettiert mit einer auf beiden Rumpfseiten aufgepinselten rot-weißen Schlange. Mein Modell zeigt genau diesen Lackierzustand aus dem Sommer 1940.
Ähnlich wie bei dem Konkurrenzprojekt Heinkel He 100, die ja etwa zur selben Zeit als Bildmotiv für die NS-Propaganda mit“ gefakten“ Einheitsmarkierungen geflogen ist, sollte eine uneinholbare Überlegenheit der Luftwaffe behauptet werden- auch wenn man dafür zur blanken Lüge greifen musste.
Der Bausatz von Special Hobby gibt dagegen nichts vor, was nicht auch zu halten wäre. Die stabile Schachtel mit attraktivem Deckelbild beinhaltet, wenig überraschend, nur wenige Teile. Diese sind aber durchgehend von hoher Qualität und befriedigender Passgenauigkeit. Der Bau macht bis auf einen Umstand keinerlei Probleme und geht flink von der Hand.
Was ein wenig aufhält, ist die Schwierigkeit, einen sauberen und durchgehenden Verlauf der Rumpfkontur hinter und vor dem Kabinenteil zu erhalten. Hier muss tatsächlich aktiv gespachtelt und geschliffen werden, da das Klarteil über den Rumpfrücken nach oben ragt und auch die Vorderseite nicht bündig auf dem Rumpf aufliegt. Mit ein wenig Spachtelmasse und gefühlvollem Schleifen ist es jedoch nur eine Frage der Zeit und der Geschicklichkeit, bis man auch diese Herausforderung gelöst hat.
Zum Abschluss möchte ich mein Resümee zum Bau der Me 209 V1 wiederholen: mein Dank gilt Special Hobby, die sich wunderbarerweise auch der exotischen Muster in so gediegener Art und Weise annehmen!
Bei Interesse verweise ich hier auf meinen Modellversium- Galeriebeitrag zur Me 209 V1. Wenn Ihr Euch selbst ein Bild vom Bausatz und dem Bauprozess machen möchtet, kommt Ihr hier zum Baubericht auf Scalemates. Wie immer stehe ich für Anregungen und Fragen offen: ro.sachsenhofer@gmx.at Roland Sachsenhofer Publiziert am 20. Januar 2020 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |