Blackburn Roc Mk.Ivon Roland Sachsenhofer (1:48 Special Hobby)
Über zwei Jahre hat dieses Modell der Blackburn Roc nun auf meinem Werktisch verbracht, mehr als einmal ist sie dabei auch in die Nähe des Mistkübels geraten. Die Gründe dafür werde ich im folgenden Text ein wenig ausführen. Allerdings, das darf ich sagen, bin ich schlussendlich sehr froh, durchgehalten und diesen seltenen Vogel zu einem herzeigbaren Ende gebracht zu haben!
Die Roc war die zweite britische Konstruktion, mit der das Konzept eines mit einem Geschützturm bewaffneten Jagdflugzeuges umgesetzt wurde. Nicht umsonst erinnert die Roc an die bekanntere Boulton Paul Defiant der RAF: beide Flugzeuge sollten mit ihren schweren „Breitseiten“ von vier 7,7mm MGs gegnerische Bomber bekämpfen. Der Gedanke dabei war, das Jagdflugzeug parallel zur Flugbahn des Bombers zu setzen und diesen mit seitwärts gedrehtem Waffenturm zu beschießen.
Im tatsächlichen Einsatz sollte sich jedoch bald zeigen, dass dieses Einsatzkonzept eine Kopfgeburt der Theoretiker war. Die Zeit der Kurvenkämpfe und des klassischen „dogfights“ war, anders als vorausgesagt, eben doch nicht vorbei. Abschüsse gelangen den „Turmjägern“ beinah nur dann, wenn sie selbst ihre Waffen gegen einen von hinten oben angreifenden Gegner zum Tragen bringen konnten, der von ihrer nach rückwärts gerichteter Feuerkraft nichts ahnte. Die wenigen Male, in denen eine Blackburn Roc Feindkontakt hatte, bestätigten dieses Bild. Der Abschuss einer Ju 88, die gemeinsam mit Skuas angegriffen worden war, gilt als einziger bestätigter Luftsieg.
Die Konstruktion selbst war eine Adaption der Blackburn Skua, der man einen von Boulton Paul entworfenen Drehturm - denselben übrigens, der auch in der Defiant eingebaut wurde - verpasste. Weiters wurden gerade Flächenenden anstelle der leicht nach oben geschwungenen der Skua eingebaut und die flache Mulde, welche die Bombenlast des Sturzkampfbombers halb aufnehmen konnte, weggelassen.
Die Einsätze in den ersten Kriegsmonaten zeigten, dass der Turm zu einer zu großen Beeinträchtigung an Geschwindigkeit und Beweglichkeit führte, als dass das Muster den Anforderungen eines zeitgemäßen Jagdflugzeugs hätte entsprechen können. Die meisten der rund 166 gefertigten Rocs wurden daher nach dem Frühling 1940 zu Zielschleppern oder Trainern umgebaut und in dieser Rolle bis gegen Kriegsende verwendet.
Mein Modell zeigt eine Blackburn Roc der No.759 NAS, die im Herbst 1939 von der RNAS Donibristle aus geflogen wurde. Die Maschine ist in Originalfotos ganz gut dokumentiert, was bei der Gestaltung eines möglichst realistischen Aussehens natürlich sehr half.
Der Bausatz, den Special Hobby 2007 auf den Markt brachte, besitzt zumindest eine unbestreitbare Qualität: als einzig verfügbarer lässt er den Bau einer Blackburn Roc zu. Wobei….. „lässt zu“ eine ganz treffende Formulierung ist, denn leider machen Layout wie Passgenauigkeit der Teile die Sache nicht ganz einfach. Fast jedes Teil muss, um auch nur einigermaßen passgenau verbaut werden zu können, nachbearbeitet werden. Einige Teile habe ich ob ihrer schaurigen Ausführung überhaupt weggelassen und mit selbst gebauten Teilen ersetzt. Dies gilt etwa für das stabilisierende Strebewerk vor den Zylindern des Perseus XII Motors. Der je vierteilige Aufbau der Tragflächen muss unbedingt nachverstärkt werden, aus der Schachtel gebaut wird er kaum eine stabile Verbindung ergeben können.
Die beiden Rumpfschalen weisen leider einen derart gewaltigen Verzug auf, dass ich mehrmals mit Cyanacrylatkleber die auftretenden Kräfte bändigen musste. Leider muss man auch dem als Klarsichtteil ausgeprägtem Kabinenaufbau ähnliches nachsagen; auch hier ergaben sich Spalte von mehreren Millimetern. Die Rückwand des Piloten-Cockpits fällt zu groß aus, sodass sie ordentlich zurechtgestutzt werden muss, um irgendwie noch verwendet werden zu können. Vorsicht ist auch bei Verwendung des Bauplans angesagt. Bauschritt 5 verlangt etwa zeichnerisch, die MG–Läufe an die Verschlusstücke zu kleben. Richtigerweise müssen sie aber auf der genau gegenüberliegenden Seite in die entsprechenden Vertiefungen geklebt werden.
Allerdings kann ich aber auch sagen, dass die Ausstattung des Bausatzes mit Ätzteilen und solchen aus Resin recht üppig ausfällt und einige schön Details ermöglicht. So ist die Darstellung der komplexen und recht kleinteiligen Bombenracks sehr eindrucksvoll darstellbar. Abschließend kann ich resümieren: das ist eindeutig ein Bausatz für den erfahrenen Modellbauer mit ausgeprägtem Langmut und dem wirklichen Willen, eine Blackburn Roc in der Vitrine haben zu wollen! Hat man diese Herausforderung bewältigt, wird man mit einem wirklich seltenen und interessanten Stück britischer Luftfahrtgeschichte belohnt.
Wenn ihr euch selbst ein Bild vom Bausatz und dem Bauprozess machen möchtet, kommt ihr hier zum Baubericht. Wie immer stehe ich für Anregungen und Fragen offen: ro.sachsenhofer@gmx.at Weitere Bilder
Roland Sachsenhofer Publiziert am 12. September 2017 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |