Grumman EA-6B ProwlerVAQ 135 Black Ravens, 1998von Alexander Jost (1:48 Italeri)Aus dem Eindringling wird ein Herumtreiber...Die ersten Prototypen der Grumman EA-6B Prowler wurden Ende der 60er Jahre gebaut. Ihre langjährige Karriere, die in 1971 mit der US Navy begann, machte sie zu einem der berühmtesten Flugzeuge der elektronischen Kriegsführung der gesamten Luftfahrtsgeschichte. Die „Prowler" leitet sich vom Bodenkampf-Marineflugzeug A-6 Intruder ab, von dem sie den größten Teil des Rumpfs und des Flügelprofils erhielt. Die Prowler war durch ihre der elektronischen Kriegsführung gewidmete Konfiguration mit der großen "Zwiebel" auf dem Leitwerk und die doppelte Kabine mit nebeneinander liegenden Sitzen gekennzeichnet. Die EA-6B war bis zu ihrer Außerdienststellung im Jahr 2019 bei den Marineflugzeugverbänden der US Navy, bei den Marines und der USAF im Einsatz. Sie hat an den letzten Kämpfen in Afghanistan, auf der Balkan-Halbinsel und in Irak teilgenommen. Außer der herkömmlichen Aufgabe der Störung und der elektronischen Kriegsführung sind ihre neuesten Ausführungen, die mit Raketen AGM-88 HARM ausgestattet sind, auch in der Lage, Einsätze zur Vernichtung der feindlichen Luftabwehr (supression of enemy air defence - SEAD) zu fliegen. Quelle: Bauanleitung von Italeri, Anpassungen durch Autor Der Bau des DickschiffsVor gut sechs Jahren habe ich mit dem Bau dieser fetten Keule hier begonnen. Der imposante 48er Kinetic-Kit war anno 2012 von Italeri mit der Nr. 2698 aufgelegt worden und macht mit ein paar Eduard-Ätzteilen für Cockpit, Rumpf und Flügel für verschiedene Klappen und Abdeckbleche und als Verkleidung der Fahrwerkschäche sowie ein wenig Scratchbau ordentlich was her. Dieses Modell ist wuchtig und schwer, es wiegt im montierten Zustand ganze 260 Gramm. Daher ist mir Stabilität wichtiger als Ästhetik. So wurde das Hauptfahrwerk mit Drahtstücken stabilisiert, weil es ohne Modifikationen doch recht wacklig ist, da keine Fassungen bzw. nur kleine Verstiftungen als Verbindungspunkte vorgesehen sind. Die Bauteile wurden auch mit Druckleitungen aus Bleidraht nachdetailliert. Das Bugfahrwerk wurde mit Eduard-Ätzteilen detailliert und mit reichlich Sekundenkleber und Granulatpulver stabil und ohne Verwindungsmöglichkeit in den Fahrwerkschacht eingeklebt. Die Klebespuren sind am fertigen Modell nicht mehr ohne Umdrehen des Modells zu sehen. Das Hauptfahrwerk wurde mit Drahtstücken stabilisiert Außerdem stabilisierte ich die Tailerons, die ich mit einer Stahlachse verband, was auch zu einer besseren Symmetrie führte.
Zudem fertigte ich vier kleine Lufthutzen aus dünnem Alublech an und platzierte sie oberhalb bzw. unterhalb der Triebwerksauslässe. Sie dienen beim Original als Abluftöffnung der davor liegenden Triebwerkstechnik.
Im Cockpit...... verfeinerte ich die Schleudersitze mit Eduard-Ätzteilen und ein wenig Spachtelmasse als Sitzpolster-Imitation. Außerdem sind dort sind zahlreiche Remove Before Flight-Fähnchen zu finden, die ich teils mit Eduard-Wimpeln, teils scratch aus doppelt gelegtem Tamiya-Klebeband oder auf Papier kopierten Decals sowie dünnem Silberdraht als Zugleinen anfertigte. Auf den Cockpiträndern brachte ich insgesamt sechzehn (je Seite acht) Verriegelungsbolzen aus gefaltetem Alublech an, dazu die jeweiligen Verriegelungsmechanismen, angedeutet durch Ätzteilreste. Die geöffnete Trittklappe auf der Backbordseite wird von einer hauchdünnen Konstruktion aus teils gefaltetem, teils gerade zurechtgeschnittenem Alublech gehalten.
Die getönte KanzelBei der Prowler ist das dezent goldfarben getönte Canopy (zur Strahlenminimierung für die Besatzung) ein wesentliches Kennzeichen des Cockpitbereiches. Ich habe die lasierenden Tamiyafarben X19 (smoke) und X24 (clear yellow) etwa im Verhältnis 1:5 mit reichlich Tamiya Thinner vermischt und nach gründlicher Reinigung der Cockpitkanzel von innen dünn mit dem Pinsel aufgestrichen. Ein Versuch mit dem Airbrush war zuvor gescheitert, denn es bildete sich ein matter, grober Sprühnebel. Pinseln geht besser. Es ist bei diesem Modell übrigens ein kniffliges Thema für sich, die beiden Hälften des in der Mitte geteilten Canopys zusammenzufügen und fest zu verbinden. Hier kam selbstklebende Kupferfolie mit reichlich von oben eingelassenem Sekundenkleber zum Einsatz. Weitere Detaillierungsversuche umfassten den Mittelsteg (aus Plastikresten) im Innern der Cockpitkanzel. Außerdem darf man natürlich nicht die vier Kabellampen vergessen, die am jeweiligen Mittelsteg im Canopy hängen, zwei im vorderen und zwei im hinteren Cockpitbereich. Ich nutzte die ca. 1 mm dünne Kunststoffhülle eines Elektrokabels als Lampenkörper und aufgerollten Bleidraht (0,2 mm) als Kabel. Die goldene Einfassung der Canopys wurde aus dünn zurechtgeschnittenem goldfarbenem Metallic-Klebeband von außen auf die Cockpitkanzeln aufgeklebt. Tamiyafarben X24 (clear yellow) und X19 (smoke) zum Tönen der Cockpitkanzeln Die KlappflügelDer Flügelfaltmechanismus ist ootb bereits ganz gut gemacht. Ich habe allerdings auch hier auf Ätzteile von Eduard und scratch erstellte Leitungen aus Bleidraht und auf Plastikreste zurückgegriffen. Außerdem fertigte ich ein kleines, gern übersehenes Detail aus dünnem Kartonpapier an: die rote Signalkelle, die nach dem Ausklappen der Flügel vor der Faltstelle auf jeder Seite aus dem Flügel fährt und den Abschluss des Klappvorgangs signalisiert.
Rote Abdeckplanen - Schutz vor foreign object damage (FOD)Ich fertigte die Abdeckplanen der Lufteinlässe aus zurechtgeschnittenem Zellstoff (Kosmetik-/Gesichtsreinigungstücher) und reichlich Weißleim an. Ich legte diese "Pampe" auf die gewünschten Stellen, modellierte sie ein wenig mit Q-Tips und Zahnstocher, und ließ sie durchtrocknen. Überschüssige Reste des Weißleims auf der Modelloberfläche können dabei ganz einfach mit einem kleinen Fetzen eines trockenen Tuchs oder mit einem Wattestäbchen aufgenommen werden, leicht angetrocknete Reste lassen sich mit einem angefeuchteten Tuch o.ä. prima entfernen. Durch die Konsistenz des getrockneten Weißleims haben die Covers eine plastikähnliche, glatte Oberfläche. Revells Acryl-Aquacolors in seidenmattem Rot unterstützen den Eindruck der gummierten Kunststoffoberfläche des Originals. Ich ergänzte nur noch die Verzurrriemen an den Enden der Abdeckungen aus angemaltem Tamiya-Tape.
...und hinten die KappenBei den FOD-Abdeckkappen der Triebwerksöffnungen handelt es sich beim Original um meist stark verwitterte Kunststoffdeckel mit Verspannmechanismus, Handgriffen und einem "Remove Before Flight (RBF)"-Wimpel. Am Modell sind die Zutaten überschaubar: selbstklebende Kupferfolie, die kranzförmig um eine Rundform (ausgestanztes Plastikplättchen) gelegt wird, ein wenig Draht und Plastikreste. Das Ganze Hellrot/Orange angemalt, in die Triebwerksöffnung eingesetzt, RBF-Wimpel dran. Fertig!
Die LackierungDas Cockpit wurde mit Maskol und Kip-Kreppband abgedeckt. Zum Vorschattieren nutze ich bei Navy-Flugzeugen sehr gerne gelöcherte Masken mit Zufallsmustern, so wie Vallejo und Eduard (als Messing-Ätzteil) sie anbieten. Mit den Stencils kann man Fleckmuster quasi als Grundierung sprühen und dann nach flächigem Auftrag des Sichtschutzlacks - hier verschiedene Grautöne - dezente Schatteneffekte erzielen. Nachdem das gesamte Modell dieses Prozedere durchlaufen hat, treibe ich das Spielchen verkehrt herum und sprühe auf das graue Tarnschema mit weißer Farbe aufgehellte Flecken mit der feinsten Schablone auf. Diese fleckigen Stellen werden durch Airbrushauftrag frei Hand ergänzt, so dass auf der gesamten Modelloberfläche ein Zufallsmuster aus hellen und dunklen Flächen entsteht.
Markierungen, DecalsNach dem Abschluss der unterschiedlichen Schablonen-Mottlings und dem Auftrag erster Alterungs-/Abnutzungsspuren wurde das Modell wie immer mit Glanzlack (Future-Acryl) gefirnisst. Nun ging es an die Decals! Als Variante soll die Markierung "B", US Navy, VAQ 135 "Black Ravens", Bu No. 163527, aus 1998 an Bord der USS Carl Vinson dargestellt werden. Italeri bringt uns in der Box für diese und vier weitere Varianten wunderbare Decals von Daco, die sich problemlos anbringen lassen. Etwas knifflig ist das Aufbringen der Markings am Leitwerk, weil hier die fetten Avionik-Buckel ein glattes Aufkleben verhindern. So ist vorsichtiges Zurechtschieben und die Nutzung von Decal-Weichmachern erforderlich. Die auf dem Foto erkennbaren Schnittstellen, an denen die Farbe fehlt (hier das schwarze Decal) wurden nach dem Aufbringen mit Acrylfarbe ausgebessert, teilweise auch die blauen und grünen Streifen. Konturierung/SchattierungEin Washing auf glatter Modelloberfläche dient zum einen der Konturierung/Schattierung tiefer liegender Details (Niet- und Panellines, Klappenspalten, Gitteröffnungen etc.), zum anderen auch ein wenig der Alterung (Spuren von Schmierstoff, Ablagerung von Schmutz etc.). Ich nutze vorzugsweise Ölfarben und geruchlosen Verdünner (odorless thinner). Verdünner von Emaillefarben (Revell, Humbrol etc.) gehen aber auch. Das FinishNach dem Washing und Firnissen/Versiegeln mit Emaille-Seidenmacklack (Model Master) wurden sämtliche Oberflächen des Modells in stundenlanger Kleinarbeit mit Pinseln und dunklem Pastellkreidenstaub schattiert, um den stark verwitterten Original nahezukommen. Danach trug ich eine finale Schicht Mattlack unregelmäßig auf die besonders hervorstechenden Ecken, Kanten und Rundungen sowie einige Panels des Flugzeugs auf. FazitWie immer ist die Fertigstellung kniffliger Bausätze eine große Belohnung für den Bastler, spätestens dann, wenn man das komplettierte Modell unfallfrei in die Vitrine bugsiert hat. So auch bei dieser Prowler, bei der mir insbesondere die recht instabile Fahrwerkkonstruktion und das Anpassen der Faltflügel sowie die fummelige Cockpitkanzel Schweißperlen auf die Stirn trieben. Aber nun ist der Navy-Knüppel fertig und es heißt: auf zu neuen Ufern! Quellenverzeichnis
November 2022 Alexander Jost Publiziert am 12. Dezember 2022 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |