Northrop B-2 SpiritBu.No 821068, "Spirit of New York"von Martin Pohl (1:72 Testors)Die Odyssee dieser B-2: ich habe lange gebraucht, um das Teil zu bauen; der Baubeginn ist mittlerweile schon so einige Jahre her und ich habe noch länger gebraucht, diesen Artikel fertigzustellen. Aber eins nach dem anderen; erst mal zur Geschichte dieses Flugzeugs: Jeder, der sich mit modernen Flugzeugen auseinandersetzt, wird seit gut 20 Jahren an dem Begriff „Stealth“ nicht vorbeikommen. Es gibt mittlerweile so einige Bücher darüber, so dass es leichter geworden ist, sich damit detaillierter zu beschäftigen. Wirklich spannend an der Geschichte zu Stealth finde ich jedoch, wie es anfing, nämlich bereits 1974, als die DARPA (Organisation zur Erforschung neuer Technologien für die US-Streitkräfte) im Rahmen des „Projekts Harvey“ Studien über Fluggeräte mit geringer Entdeckungswahrscheinlichkeit durchführte. Die älteren unter uns werden sich an Harvey erinnern, ein unsichtbarer Hase aus dem Film „Mein Freund Harvey“ mit James Steward. Mit Harvey sollte eine Maschine entstehen, die vollständig durch ihre Stealth-Eigenschaften geschützt wurde. 1975 erhielten McDonnell Douglas und Northrop Aufträge für entsprechende Entwürfe. Mitarbeiter von Lockheed bekamen Kenntnis von dem Projekt und so wurde dort auf eigene Kosten ebenfalls eine Studie erarbeitet. Dies zahlte sich aus, denn die DARPA wählte Northrop und Lockheed aus, um Experimental Survivable Testbed (XST) genannte Modelle zu entwickeln. Die XST waren nicht flugfähig, besaßen jedoch vollen Radarquerschnitt und wurden für Radartests auf der Holloman Air Force Base verwendet. 1976 ging Lockheed als Gewinner der Ausschreibung hervor, was am Ende dann zur F-117 Nighthawk führte. Northrop war zwar ausgeschieden, wurde aber aufgefordert, Vorschläge für das neue Assault Breaker Programm zu machen. In diesem Projekt entstand dann der Forschungsprototyp Tacit Blue (zu Deutsch etwa: „stilles Blau“). Der Erstflug des Prototyps fand im Februar 1982 statt, dem in den nächsten drei Jahren 134 weitere Flüge folgten. Das Projekt wurde dann 1984 gestoppt. Noch während des Assault Breaker Programms wurde vom Pentagon eine neue Studie in Auftrag gegeben. Gefordert wurde eine Stealth-Maschine, die in der Lage sein sollte, völlig selbstständig Ziele aufzuklären und präzise zu bekämpfen. Lockheed reichte relativ schnell einen Entwurf ein, der im Wesentlichen eine vergrößerte F-117 war. Auch Northrop wurde aufgefordert, ein Konzept einzureichen. Northrop griff dabei auf die Erfahrungen mit der YB-49 zurück. Argument hierfür waren die deutlich besseren Tarnkappeneigenschaften eines fliegenden Dreiecks im Vergleich zu konventionellen Flugzeugen. 1981 wurde dann das Konzept von Northrop als Sieger für das mittlerweile ATB (Advanced Technology Bomber) genannte Programm bekanntgegeben und so entstand dann ein Flugzeug, das sicher noch immer seines Gleichen sucht.Wer hätte gedacht, dass ein niedlicher Film aus den 50/60er den Namen für ein Projekt geben würde, dass am Ende zu einem solchen Flugapparat führen sollte. So, genug damit, jetzt zum Modell. Der Bausatz von Testors in 1:72 stammt laut ScaleMates von 1981. Das halte ich etwas für zu früh angesetzt, aber richtig dürfte sein, dass Testors in den 80ern Pläne gesehen hat, die zu einem erstaunlich korrekten Bausatz führten, wenn man bedenkt, was damals davon tatsächlich bekannt gewesen sein dürfte. Das Wort „korrekt“ ist hier natürlich nicht wörtlich sondern bildlich gemeint. Baut man dieses Beast, sieht es am Ende auch wie eine B-2 Spirit aus; hundertprozentig korrekt ist das Modell sicher nicht, vieles an der B-2 ist ja immer noch streng geheim. Der Bausatz von Testors kommt in einer recht großen Schachtel daher. Darin findet man allerdings nur ein paar wenige Teile. Ich habe sie damals nicht gezählt, aber sehr viel mehr wie 40 werden es nicht gewesen sein. Das Flugzeug an sich besteht aus sechs Teilen für Ober- und Unterseite, plus dem Fahrwerk, ein bisschen Cockpit und den Teilen der Lufteinlässe sowie dem rotierenden Bombenmechanismus – das ist alles. Dazu hatte ich mir noch die Ätzteile von Eduard besorgt und einen Abziehbilderbogen von Begemot. Mehr war 2010 nicht zu bekommen. Also, ganz einfach, etwas Kleber, bisschen Farbe – fertig. Ja, könnte man machen – ich habe dafür dann fast ein Jahr gebraucht. Zu allererst: die großen Teile waren alle in alle Richtungen verbogen. Also anwärmen und mit entsprechenden Verstärkungen innen gerichtet und dann verklebt. Hat man das soweit geschafft, kann man jeweils drei Teile für Ober und Unterseite montieren und nochmal zueinander richten. Danach klebt man dann die beiden Hälften zusammen. Na ja, und jetzt fährt man zum Baumarkt und holt sich eine ordentliche Portion Spachtelmasse, weil davon wird man reichlich brauchen. Ich habe allerdings, bevor ich Ober- und Unterseiten zusammengeklebt habe, erst innen noch ein Cockpit selbst gebaut. Dazu wurde das gelieferte Teil nach hinten verlängert, zusätzlich Schleudersitze von Neomega (jene für die frühen F-15) und Ätzteile von Eduard verbaut. Die Verlängerung nach hinten war notwendig, um den Einstieg samt Leiter auch noch selbst zu bauen.
Sieht man sich Bilder im Netz von der B-2 an, fällt auf, dass die auf dem Klarsichtteil des Cockpits geprägten Querstreben verkehrt herum sind; ergo schleift man das Teil plan, graviert neue Querstreben und poliert die Verglasung dann wieder. Der Tauchbad-Trick mit „Future“ (eine Bodenversiegelung aus USA – heißt heute „Pledge Floor Finish“) hilft dabei sehr. Der Einbau der Verglasung ist auch alles andere als simpel, da das Teil nicht so ganz passt, zu kurz, zu niedrig, zu überhaupt. Man baut die Scheibe also schon recht früh ein, damit man auch noch von innen dran kommt, zwecks verfüllen und schleifen und so - was bei mir dazu führte, dass es zweimal wieder ausgebrochen ist. Für den Bombenschacht und die Fahrwerke helfen die Eduard-Ätzteile sehr, es schadet aber auch nicht noch selbst kreativ zu werden, da die Schächte richtig groß sind und sonst doch schon sehr leer aussehen würden.
Motorisierte Flugzeuge, egal welcher Bauart, haben, wie der Name schon vorgibt, eine Motorisierung. Dies trifft natürlich auch auf eine B-2 zu. Die hat insgesamt vier Triebwerke. Betrachtet man die am Bausatz geformten Gruben, dann passt das hinten und vorne nicht. Benannte Gruben werden also komplett entfernt und durch selbstgebaute Rahmen ersetzt, in die dann zwei Triebwerke je Seite eingesetzt werden und das möglichst so, dass die Triebwerkseinlass-Abdeckungen des Bausatzes am Ende auch wieder passen. Und, weil ich gerade so in Eigenbau-Fahrt war, hab ich die vier Triebwerke dann auch gleich selbst gebaut. Das kann man auch einfacher haben, indem man sich vier F-15 Triebwerke besorgt und diese ohne Nachbrenner verbaut. Ihr dürft jetzt raten, wann ich das festgestellt habe... Gut, und dort wo Luft eingesaugt wird, muss irgendwo Luft auch wieder ausgeblasen werden. Damit das nicht einfach nur schwarz ist, habe ich vier Triebwerksdüsen gebaut und diese dann entsprechend eingesetzt. Stimmt sicher nicht zu hundert Prozent sieht aber definitiv besser aus.
So, nachdem man also das Cockpit und die Triebwerke entsprechend gebaut und eingepasst hat, kann man dann die Ober- und Unterseite zusammenkleben und entsprechend einspannen, damit sich das nicht wieder verzieht. Und weil ich schon dabei war, wollte ich dann auch noch alle Leitwerke etwas angewinkelt darstellen. Dazu wurden sie ausgeschnitten und entsprechend neu positioniert. Ich hatte es ja schon erwähnt, an dem Modell wird viel gespachtelt und geschliffen. Vorteil dabei ist, dass eine B-2 nicht klassisch gebaut ist, sondern aus Verbundmaterial verklebt ist; sogenannte „Panel Lines“ sucht man vergeblich; ergo muss man solche auch nicht gravieren. Schlussendlich geht es dann an die Farbe. Tja, eine B-2 ist nunmal einfach eher mittel-dunkel-grau. Man sagt das Plastik des Bausatzes hätte die perfekte Einfärbung. Auch hier: studiert man Fotos der B-2, dann fällt auf, dass es diverse Nuancen in dem Grauerlei gibt. Als Anmerkung: man kann sehr schöne Bilder der B-2 bei der Luftbetankung finden, die dazu sehr viel hergeben. Ich hab mir also diverse Grautöne gemischt und Unter- und Oberseite jeweils komplett getrennt bemalt und mit Schiebebildchen versehen.
Eine B-2 ist ziemlich groß, in 1:72 sind das immerhin noch ca. 73 cm Spannweite. Diese Größe stellt beim Anbringen der diversen Decals, besonders auf der Oberseite, eine echte Herausforderung dar. Es ist bei der Größe gar nicht so einfach, die Schiebebildchen korrekt und auch symmetrisch auf den Vogel zu bekommen. Hilfslinien mit dünnem Klebeband sind dabei sehr hilfreich. Einige der Detailbemalungen werden auch erst nach Anbringen der Decals gemacht, weil dann die hoffentlich korrekt sitzenden Decals wiederum als Orientierung dienen. Wie schon geschrieben, der Bau dieses Vogels hat etwas länger gedauert, etwa ein Jahr. Es entstanden einige andere Flugzeugmodelle nebenher, auch weil ich nach so manchem Rückschlag eine Pause von dem Ding brauchte. Abschließend noch eines: wer so ein Teil bauen will, sollte sich vorab Gedanken machen, wo man so ein Brett unterbringt; bei mir passt es nur auf der Nase stehend in die Vitrine. Und trotzdem, auch wenn sie oder gerade weil sie mit ihrer Nase in ein Stückchen Schaumstoff gedrückt an der Rückwand der Vitrine steht, das Teil ist schon beeindruckend. Ich hatte in den USA mal die Ehre, eine B-2 im niedrigen Vorbeiflug zu sehen; ein wirklich spannendes Flugzeug!
Martin Pohl Publiziert am 01. Oktober 2022 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |