Convair B-58A Hustlervon Roland Sachsenhofer (1:72 Italeri)
Dass die Convair B-58 Hustler ein wahrhaft spektakuläres Flugzeug ist, sieht man auf den ersten Blick. Aber nicht nur das rasante Äußere, auch die „inneren Werte“ dieses mehr als zweifach schallschnellen Flugzeugs können faszinieren! Diese Behauptung möchte ich mit ein paar Hinweisen belegen, die auf das beziehen, was sich unter dem hitzefesten Metall der Verkleidung verbirgt.
Das düsterste Fakt rund um dieses rekordbrechende Flugzeug ist wohl sein Verwendungszweck. Vor dem Hintergrund des immer wieder „heiß“ zu werden drohenden kalten Krieges war die B-58 Zeit ihres Einsatzlebens auf eine Rolle festgelegt: als Atombomber den nuklearen Tod über die Städte des Ostblocks zu tragen. Die Hustler stellte in den 1960er Jahren ein Hauptinstrument der „nuklearen Abschreckung“ der USA dar.
Einige Zeit war sie mit nicht nur für einen Bomber unglaublichen Mach 2,1 (etwa 2300 Km/h) schneller als alle damaligen Jagdflugzeuge; erst die MiG 21 hätte sie theoretisch einholen können.
Die Entwicklung bodengestützter Luftabwehrraketen zwang ihr schlussendlich ein Einsatzprofil auf, für das sie nicht entworfen worden war: extremer Tiefflug in Überschallgeschwindigkeit. Der dadurch bedingte hohe Verschleiß und die in dichten Luftschichten gesunkenen Flugleistungen brachten schließlich 1970 nach einer nur zehnjährigen Einsatzdauer mit der Ausmusterung der letzten B-58 aus den Einsatzverbänden das Ende. Eine auffallend hohe Unfallrate wie auch die exorbitant hohen Betriebskosten beschleunigten diesen Prozess.
Convair hatte sich beim Konzept der B-58 weit vorgewagt. Um die Anforderung, eine große und auch voluminöse Nutzlast mit den komplexen aerodynamischen Forderungen eines im hohen Überschallbereich agierenden Flugzeugs zu verbinden, verfiel man auf die Idee, Nutzlast und Flugzeugzelle baulich zu trennen.
Der nach den Vorgaben der Flächenregel entworfene Rumpf blieb auf diese Weise schlank und wies den geforderten kleinen Durchmesser auf, während ein abwerfbarer Behälter unter dem Rumpf nicht nur die Hauptmenge des Treibstoffes beinhaltete, sondern auch die tödliche Nutzlast in Form einer nuklearen Freifallbombe.
In der späteren Einsatzgeschichte wurden verschiedene Nutzlastträger entwickelt sowie die Möglichkeit geschaffen, zusätzlich vier Freifall-Atombomben an Aufhängepunkten unter dem Rumpf mitzuführen; dass oben angeführte Konzept blieb aber bestehen.
Um der dreiköpfigen Besatzung bei derart hoher Fluggeschwindigkeit eine zumindest theoretische Chance auf Rettung im Notfall zu geben, wurden erstmals teilautomatische Rettungskapseln entwickelt und verbaut. Diese im Normalbetrieb aufgeklappten Konstruktionen verriegelten in Sekundenbruchteilen und umschlossen das Besatzungsmitglied hermetisch, bevor die Kapsel in den Fahrtwind geschossen wurde.
Ein Superlativ darf die Hustler auch in Hinsicht Lautstärke für sich verbuchen: Die vier GE J79 Triebwerken produzierten im Betrieb einen derart infernalischen Lärm, dass sie der Hustler den schönen Titel des „lautesten Flugzeugs der Geschichte“ verschafften.
Ein weiteres Novum ist auch mit Schallwellen, wenn auch lieblicherer Art, verbunden. Die B-58 wies auch das erste gesprochenen Informationssystem mit weiblicher Stimme auf. Die Besatzung wurde durch die Stimme einer Sprecherin über bestimmte einsatzrelevante Umstände hingewiesen. Dies sollte eine beruhigende und entspannende Wirkung haben.
Geschichte schrieb die Hustler aber auch in Form einer ganzen Reihe von Geschwindigkeitsweltrekorden. So wurde 1961 die Strecke Paris - New York in der Weltrekordzeit von 3 Stunden, 19 Minuten und 58 Sekunden bewältigt.
Einen weiteren Rekord erflog am 16. Oktober 1963 die Besatzung Major Sidney J. Kubesch, Major John Barrett und Captain Gerard Williamson mit einer B-58 der 305th Bomb Wing im Rahmen der „Operation Greased Lightning“. Der „geölte Blitz“ erreichte für die Strecke von Tokyo nach London eine neue Weltbestzeit: 8 Stunden, 35 Minuten und 20,4 Sekunden! Dieser Rekord wurde bis heute nicht überboten.
Der originale „Geölte Blitz“ kann heute noch im Strategic Air and Space Museum in Ashland, Nebraska, bewundert werden. Bei Interesse darf ich auf den folgenden Link verweisen.
Eine zweiundsiebzigfache Verkleinerung genau dieser Maschine ist auch Gegenstand des aktuellen Artikels: Convair B-58A-20 CF 61-2059 „Greased Lightning“ ist eine von insgesamt sechs Decaloptionen, die im wahrlich nicht mehr taufrischen, aber immer noch gut baubaren Bausatz von Italeri angeboten wird.
Die Formen gehen auf das Jahr 1984 zurück, was auch nicht zu leugnen ist. Die hochwertigen Decals, deren Verwendung problemlos und deren Wirkung dank hauchdünnem, aber nicht zerbrechlichem Trägerfilm hervorragend ist, wurden 2011 hinzugefügt.
Die Details in den Cockpits sind spärlichst, was eingedenk der Tatsache, dass von den beiden hinteren buchstäblich nichts, vom vorderen nur sehr wenig zu sehen ist, verschmerzbar ist. Nachdetailliert habe ich dafür die zwar präzise, aber zu detailarm gestalteten Fahrwerksbereiche. Gerade an den „Storchenbeinen“ der B-58 kann man sich an der Nachbildung diverser Leitungen austoben, diese tragen dann auch wesentlich zur Erscheinungsform bei.
Völliger Neubau sind die beiden Landescheinwerfer am Bugrad. Diese wurden aus zurechtgeschnittenen Klarsichtteilen aus der Restekiste improvisiert. Aftermarket Zukäufe sind zum einen die Bugsonde aus Metall sowie ein Ätzteil-Strebewerk der beiden Stützen des Bugfahrwerks. Weiters wurden die Bausatz-„nozzles“ der vier Triebwerke gegen solche aus Resin ausgetauscht.
Für die Darstellung der Naturmetalloberflächen wurden – wie immer, darf ich sagen - unterschiedliche Alclad II Metallfarben verwendet. Gerade bei einer Oberfläche wie dieser, wo zigmal abgeklebt werden muss, bin ich um ein so verlässliches und gut verarbeitbares Produkt froh. So war die Gestaltung der komplexen „Metalloberfläche“ ein zwar angemessen zeitintensives aber lohnendes Unterfangen.
Die B-58 Hustler im Modell steht durchaus eindrucksvoll auf dem Werktisch –und natürlich auch in der Vitrine. Wer immer sich für die Eleganz und die Geschichte des Vorbilds begeistern lässt, ist mit dem Bausatz von Italeri nach wie vor sehr gut beraten!
Wenn Ihr Euch selbst ein Bild vom Bausatz und dem Bauprozess machen möchtet, kommt Ihr hier zum Baubericht auf Scalemates. Wie immer stehe ich für Anregungen und Fragen offen: ro.sachsenhofer@gmx.at Roland Sachsenhofer Publiziert am 19. März 2020 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |