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Festmahl im Mittelalter

von Wolfgang Hartung (1:72 Mirliton)

Festmahl im Mittelalter

Ein schöner Figurensatz aus Italien

Bei unserem letzten Besuch der Zinnfigurenmesse in Kulmbach 2013, dem El Dorado der Figurensammler und Dioramengestalter, hat meine Frau den Figurensatz von Mirliton entdeckt, von dem ich heute berichte. Die schön gestaltete Packung umfasst 29 Figuren, Tische und Bänke sowie Speis und Trank als Zubehör. Den Preis in Höhe von € 80,-- kann man gerade noch akzeptieren. Die Figuren sind alle mehrteilig. Oberkörper, Beine und Arme müssen zusammengefügt werden, was den Vorteil hat, dass man die Haltungen der Personen etwas variieren kann. Leider sind sie relativ grob gestaltet, so dass noch viel Feinarbeit nötig ist, bevor es an die Bemalung geht, mit der man dann doch noch einiges herausholen kann. Sehr schön finde ich die Zusammensetzung aus Fürst, Bischof, Mönch, Hofdamen, Gaukler, Musikanten und Gesinde. Schade, dass gerade sitzende Figuren in 1:72 noch Mangelware sind. Das wäre doch etwas für Valdemar oder Hecker & Goros. Der Maßstab für diese Figuren wurde vom Hersteller nicht angegeben (etwas größer als 1:72).

Gaukler
Gaukler

Ein leicht Beschwipster und das KüchenpersonalFestmahl im MittelalterFestmahl im MittelalterMönch und DameMusikanten Festmahl im MittelalterFestmahl im Mittelalter

Ein leicht Beschwipster und das Küchenpersonal

Ein leicht Beschwipster und das Küchenpersonal 

Das Diorama

Wenn ich schöne Figuren sehe, entwickelt sich bei mir automatisch geistig ein Diorama dazu (das muss eine Krankheit sein). In diesem Fall wurde der Dioramenplan etwas fremdgesteuert, da auf der Verpackung schon ein Rittersaal als Vorlage gezeigt wird. Den wollte ich natürlich nicht 1:1 nachbauen, sondern wie immer meine eigenen Ideen einsetzen. Das Material hatte ich sowieso schon von meinen früheren Dioramen vorrätig: Styrodur, Pappe, Papierborten, Transparentpapier, Ponal und Ölfarben.

Der Rittersaal besteht aus drei Seitenteilen und einem Fliesenboden. Besonders hat mich dieses Mal die Gestaltung des Kamins und der Fenster gereizt. Die Fenster sollten ein optisches Mosaik aus Glas (Transparentpapier) erhalten, so dass über die Rückwand des Dioramas das Licht durchscheinen kann und somit ein schöner Farbtupfer gesetzt wird. Die rechte Wand habe ich dann noch mit einem Sideboard aus Styrodur belegt. Die Ursache dafür war, dass ich einmal ein Relief aus Styrodur versuchen wollte (= Vorderseite des Sideboards). Das funktioniert ganz gut und so kann ich diese Technik für spätere Arbeiten, die ich noch vorhabe, auch wieder einsetzen (z.B. Römischer Ludus, Wikingerdorf, Mayatempel etc.) 

Bodenstruktur vor der BemalungBoden mit Terracotta-Fliesen Linke Seitenwand des Festsaals mit KaminRechte Seitenwand des Festsaals mit Aussparung für WandgemäldeRückwand des Festsaals mit Fensterrahmen und Aussparung für WandgemäldeDie Einzelteile des KaminsRückwand des Festsaals, bemalt, mit WandgemäldeDetail WandgemäldeLinke Seitenwand, bemalt, mit Kamin, Durchgang und WandgemäldeRechte Seitenwand, bemalt, mit WandgemäldeDetail Wandgemälde rechte SeitenwandDetail Durchgang und Wandgemälde linke Seitenwand, blaue Fresken aus Papierborten

Bodenstruktur vor der Bemalung

Bodenstruktur vor der Bemalung 

Der Kamin mit Zubehör aus der NaturDer Boden für die Hochwohlgeborenen ist etwas erhöht.Die Creme de la Creme hat bereits die Plätze eingenommen.Das Fenster mit Glasmosaik (Transparentpapier) ist lichtdurchlässig.Der Blick von oben zeigt schon mal einen Ausschnittt vom zahlreichen Zubehör.Bischof, Fürst, Fürst-Gemahlin und Lieblingszofe (des Fürsten oder der Gemahlin?)

Der Kamin mit Zubehör aus der Natur

Der Kamin mit Zubehör aus der Natur 

Tischsitten aus dem Mittelalter

Im Großen und Ganzen wurde im Mittelalter mit den Händen gegessen. Messer gab es in erster Linie aus Repräsentations- und Prestigegründen. Sie waren meist fein ziseliert und mit kostbarem Griff versehen. Daraus folgt, dass dieses feine Besteck damals nur dem Adel vorbehalten war. Man zog das kostbare Teil feierlich aus dem Futteral und küßte vor dem ersten Schnitt das Heft. Gabeln gab es zur Zeit meines Dioramas (14.Jh.) noch nicht. Sie wurden zuerst in Italien benutzt. Das ist naheliegend, wenn man bedenkt, dass dort schon die alten Römer mit Gabeln hantierten. Damals wurden die Gabeln aber primär zum Aufpicken von Brombeeren, dunklen Kirschen oder Heidelbeeren benutzt, um sich die Finger mit dem blutähnlichen Saft nicht zu beschmutzen. Löffel dagegen wurden im 14. Jh. schon benutzt. Aber nicht etwa, um wie heute damit Suppe zu löffeln. Die wurde aus Schüsseln getrunken. Nein, die Löffel dienten vornehmlich den Damen, um sich damit Konfekt zuzuführen. Sie bestanden aus edlen Metallen, Kristallen oder Korallen und waren erlesene Kostbarkeiten. Löffel und Messer waren also damals wertvolle Prestigestücke, die meist von den Gästen mitgeführt (nicht weggeführt) wurden. Es ist schon interessant, zu beobachten, wie sich das Prestigeverhalten von Löffel und Messer in der Neuzeit auf das Auto verlagert hat.

Es gab zur damaligen Zeit natürlich auch Tischsprüche. Der bekannteste dürfte wohl einer sein, den Martin Luther anläßlich eines Festessens ausgesprochen haben soll (ist aber historisch nicht belegbar): "Warum rülpset und furzet ihr nicht ? Hat euch das Essen nicht geschmacket ?" In diesem Sinne: Viel Spaß beim Festmahl. Die mittelalterlichen Tischsitten habe ich zum Teil aus "Kultur- und Sittengeschichte der Welt" vom Bertelsmann Verlag übernommen. (Natürlich nur für den Text!)

Ein Blick auf das Sideboard mit FreskenDie bunten Töpfe sind ursprünglich Teile für Modeschmuck-Ketten.Man sieht hier schön den Lichteinfall durch das transparente Fenster.Die Völlerei beginnt.Auch das Gesinde kommt auf seine Kost(en).Der Gaukler sorgt für Stimmung.

Ein Blick auf das Sideboard mit Fresken

Ein Blick auf das Sideboard mit Fresken 

Festmahl im Mittelalter

Festmahl im Mittelalter

Wolfgang Hartung

Publiziert am 28. August 2014

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