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Henri IV

Französisches Küstenpanzerschiff im Jahr 1902

von Jim Baumann (1:700 Kombrig)

Henri IV

Der Resinbausatz der Henri IV in 1:700 gehört zur neuesten Generation wunderschön entworfener und hergestellter Produkte aus dem Hause Kombrig. Die Abmessungen des Modells entsprechen dem Vorbild nahezu perfekt. Alle schwierigen Details wie die runden und rechteckigen Lüfter sind fein ausgeführt. Der Hauptnachteil ist, dass die Dreierreihen aus quadratischen Luken an den Rumpfwänden nicht richtig wiedergegeben wurden. Am Vorbild handelte es sich um quadratische Fenster - mit quadratischen Klappläden - innerhalb derer ein rundes Bullauge eingebaut war. Der Modellrumpf weist nur die runden Bullaugen auf, hat also die Läden in der geschlossenen Stellung.

Ich überlegte, ob ich mit sorgsamer Bemalung die geschlossenen Läden andeuten könnte - doch das Ergebnis war ... unterirdisch! Auf den verfügbaren Originalfotos schienen die Luken praktisch stets offen zu sein; also beschloss ich, die quadratische Öffnung durch zu einzelnen Quadraten zurechtgeschnittene Teile von fotogeätzten Leitern wiederzugeben. Deren Inneres wurde sorgsam dunkler bemalt, der hochgeklappte Laden wurde aus mit Sekundenkleber verstärktem Papier hergestellt.

Henri IV

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Das kostete Zeit - aber das Endergebnis lohnte die Mühe, denn der Rumpf sah sowohl interessanter als auch vorbildgetreuer aus!

Weiteres Fotostudium zeigte mir die Lage einer Anzahl von Türen sowohl am Rumpf als auch am Aufbau.

Die Niedergänge an der Brücke wurden schon in einer frühen Bauphase angebaut, da sie später nicht mehr zugänglich sein würden.

Die Henri IV hatte ein ausgeklügeltes System aus großen Kranauslegern und Davits, um die Boote von den schmalen Aufbauten über das ausladende Wetterdeck hinweg zu Wasser zu lassen. Die Masten von Kombrig sind etwas vereinfacht, ihnen fehlen die x-förmigen Verstrebungen sowohl vorn und achtern als auch an den Unterseiten. Ich stellte diese aus dünnen Stücken von Messingstreifen von Ätzteilbögen her.

Henri IV

Diese Bäume wurden in Fahrt voraus und achteraus längsseits der Schornsteine nach oben gewinkelt gefahren; vor Anker hingegen wirkte das Schiff mit den in verschiedenen Winkeln herausragenden Bäumen wie eine riesige Spinne. Also fiel die Entscheidung leicht, das Schiff vor Anker zu zeigen. Ich entschied mich für das Jahr 1902, weil sie zu dieser Zeit die höchsten Masten fuhr und ihre unteren Schornsteinringe schwarz gestrichen waren - ein „Look", der mir sehr gut gefiel.

Die durchdachte Aufteilung des Bausatzes erleichterte das Anbringen der zahlreichen einzeln gegossenen Lüfter mit sauberen Farbgrenzen sehr. Eine kleine Ätzteilplatine enthielt die vorderen Gefechtsmarsen als Faltteile. Die einzelnen geätzten Stützen darunter - obwohl eine Herausforderung - verbesserten das Aussehen der fertigen Marsen sehr.

Henri IV

Die Vorbildfotos sowie das schöne Modell im Musée de la Marine in Paris zeigen auf der Plattform ein Rahmenwerk für ein Sonnensegel, das - soweit ich feststellen konnte - stets ein Sonnensegel trug. Manchmal waren die Seiten komplett ausgerollt, manchmal waren sie teils hochgezogen – und zwar egal ob in Fahrt oder vor Anker. Ich entschied mich für die teils hochgezogene Variante – einfach, weil sie visuell am meisten hergab! Ich stellte den Rahmen aus feinem Kupferdraht her und umgab ihn mit gezogenem Gußast. Dieser Rahmen wurde mit verdünntem Weißleim ausgefüllt, um das Segeltuch nachzubilden. Zusätzlich aufgetragener Weißleim gab die aufgerollten Seitenteile des Sonnensegels wieder.

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Zur gleichen Zeit wurden die Sonnensegel über der Brücke sowie die Segeltuchbespannung der Relings in der gleichen Technik angefertigt, wobei ich auf eine saubere Trennlinie zwischen Segeltuch und Reling achtete.

Henri IV

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Das Studium der Photos zeigte, daß die Henri IV vor Anker ausgedehnte Sonnensegel trug. Inspiriert durch eine der vielen schönen Postkarten der Henri IV aus meiner Sammlung fühlte ich mich versucht, das große Sonnensegel nachzubilden, das manchmal über dem Achterdeck ausgespannt wurde, ich hatte jedoch das Gefühl, es könnte das Modell aus der optischen Balance bringen. Glücklicherweise zeigten andere Bilder ein kleines Sonnensegel, nur über dem achteren 14cm - Geschütz ...! Dieses Sonnensegel wurde hergestellt wie oben beschrieben.

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In diesem Baustadium entschied ich mich, das Diorama-mit-ankerndem-Schiff optisch durch die Zugabe eines besegelten bretonischen Fischerboots etwas interessanter zu gestalten.

Ich ließ mich durch die hoch aufragende Takelung der “Bisquinen” inspirieren, das sind Grundfischer, die die Austernbänke vor St. Malo befischten. Dazu bedarf es erheblicher Vortriebskraft – deshalb die große Segelfläche. Zu Regatten trugen diese Boote zusätzliche Bramsegel; der großartige Anblick dieser hohen, riesigen Takelung, an unverspannten Pfahlmasten in divergierenden Winkeln … faszinierte mich einfach!

Ein wenig Nachforschung lieferte bald eine Unmenge nützlicher Hintergrundinformationen sowie Photos und Pläne. 

http://perso.orange.fr/turbert-granvillaise/fp-bisq-eng.html

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Mittlerweile war meine Begeisterung für die geschichtlichen Aspekte der Segelfischerei voll entbrannt … Ich beschloss, das Schiff ankernd vor einer kleinen bretonischen Stadt zu zeigen – und zwar während der Regatta der örtlichen Fischer … was mir ermöglichen würde, eine kleine Hommage an die bretonischen Arbeits–Segelboote in Miniatur einzubauen

Der Rumpf der Bisquine wurde aus Hartholz geschnitzt, das Schanzkleid mit einem kleinen Bohrer in einem Elektrowerkzeug herausgearbeitet, Decksausrüstung und Luken aus Polystyrolstreifen angefertigt. Die hohen konischen Pfahlmasten wurden aus feinem Schweißdraht aus rostfreiem Stahl hergestellt; sie wurden in ein Bohrfutter eingespannt und mit Feilen und Schleifpapier konisch geschliffen. Zur gleichen Zeit begann ich mit den anderen Rümpfen …

Henri IV

Ein besonders interessantes Fahrzeug war die Sardiniere aus Douarnenez mit ihren nahezu unglaublich hohen Luggersegeln an unverspannten Masten.

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Und ein weiterer regionaler Typ unter anderen ist dieser hier:

Henri IV

Die Rümpfe wurden zum gewünschten Neigungswinkel zurechtgeschnitzt – es war gerade eine frische Brise aufgekommen – und dann auf der Wasserbasis befestigt, bevor Segel und Gaffeln angebracht wurden.

Die Segel entstanden aus dünnem Papier, sie wurden mit Zahnstochern geformt, um die besondere Wölbung und Verwindung wiederzugeben, die Segel ohne Baum und Baumniederholer in frischem Wind aufweisen. Sobald ich mit der Form zufrieden war, wurden sie mit verdünntem Weißleim an den Masten befestigt und dann mit Sekundenkleber getränkt.

Die Rundhölzer wurden mit Mattlack in Überlänge angeklebt und nach dem Trocknen auf die richtige Länge gekürzt.

Das Schiff und die Regattasegler wurden großzügig mit angepaßten und umbemalten bedruckten Figuren von Eduard bemannt.

Henri IV

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Eine Gig wurde längsseits des Schiffs platziert – die Besatzung aus Seeleuten pullt, was das Zeug hält …

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Die restlichen Arbeiten liefen ziemlich geradeheraus – wenn auch etwas knifflig wegen der überall vorstehenden Bäume …

Die Ankerboje wurde aus Polystyrolresten hergestellt, die schweren Festmacher aus dünnem Bleidraht. Boje und Schiff wurden sorgfältig positioniert, wobei die dargestellte Windrichtung und die an der bretonischen Küste vorherrschenden starken Tidenströme berücksichtigt wurden.

Die 47 mm – Geschütze erhielten die auf allen Fotos sichtbaren Segeltuchüberzüge; diese wurden aus geformtem Weißleim angefertigt.

Auf der Brücke wurden die Masten mit den großen Kugeln daran (deren Zweck sich mir noch nicht erschlossen hat) aus Kupferdraht und Weißleim hergestellt. Den an sich schönen Bausatzteilen fehlte die obere Fortsetzung des Mastes …

Henri IV

Der letzte Mattlacküberzug vor der Takelung brachte fast das Ende des Projekts … Eine „schlechte“ Sprühdose mit mattem Klarlack machte das ganze Diorama zu einer Szene aus der Arktis – zwar mit wundervollen Eiseffekten, aber kaum angemessen für einen windigen Sommertag vor der französischen Küste…

Henri IV

Nachdem ich den Schock überwunden hatte, zuzusehen, wie dieses Projekt binnen Sekunden womöglich ruiniert wurde … suchte ich nach einer Lösung, auf die ich durch Zufall stieß.

Merkwürdigerweise stellte sich Zap Kicker, das Spray zur Abbindebeschleunigung von Sekundenkleber, als wirkungsvoller Farbwiederhersteller heraus. Mit einem weiteren Überzug aus (gutem) Mattlack war das Projekt gerettet – und ich hatte eine Lektion gelernt – immer erst einen Test durchführen, bevor man Farbe spritzt!!! 

Die Takelung wurde komplett aus gezogenem Gussastmaterial ausgeführt, und zwar in schwarz und verschiedenen Brauntönen, um den Unterschied zwischen stehendem und laufendem Gut zu zeigen.

Henri IV

Die französische Fahne, die von einem bemerkenswert hohen Flaggstock wehte, wurde aus dünnem Papier und Buntstiften angefertigt, die Farbgrenzen wurden mit Tamiya Tape abgeklebt.

Henri IV

Das Modell wurde mit Humbrol Schwarz bemalt, mit „Washings" mit dunkelgrau und Revell 75 Mattgrau. Das ist vielleicht etwas dunkel, aber es entspricht dem Modell der Henri IV in Paris gut und sieht „stimmig" aus.

Zusammenfassend hat Kombrig einen erstklassigen Ausgangspunkt für ein Modell dieses innovativen, jedoch in Vergessenheit geratenen französischen Schlachtschiffs geliefert. Abgesehen von dem erwähnten Problem mit den Bullaugen sind Abmessungen und Detaillierungsgrad einfach erste Klasse. Es ist eindeutig kein Bausatz für Anfänger.

Ich habe es zutiefst genossen, dieses ungewöhnliche Schiff zu erforschen und zu bauen. Es ist bestimmt nicht mein letzter französischer Pre-Dreadnought gewesen.

Ich danke allen meinen virtuellen E-Freunden, die mir sofort auf meine Anfrage hin eine Anzahl ausgezeichneter Bilder dieses doch etwas obskuren Schiffs geschickt haben.

Jim Baumann

Publiziert am 11. November 2009

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