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Curtiss JN-4H Jenny

von Peter Hochstrasser (1:72 Olimp)

Curtiss JN-4H Jenny

Geschichtliches

Die Curtiss "Jenny" hatte 1916 ihren Erstflug und von insgesamt 19 Versionen wurden zwischen 1916 und 1926 total 6813 Maschinen gebaut! Die "Jenny" wurde der wichtigste Trainer in den USA und Kanada, wobei von ihren WW-I Piloten ca. 95% auf der JN-4 ausgebildet wurden.

Wer schon mal eine Ju-52 mit knapp 200 km/h in der Luft "stehen" sah, der muss sich noch mehr wundern, eine Jenny mit 120 km/h Spitzenleistung am Himmel kleben zu sehen (!). Das war auch ein Grund, dass dieses langsame Flugzeug in vielen beliebten Flugshows nach dem Krieg als "Stuntflugzeug" eingesetzt wurde, und als Plattform für unglaubliche Akrobatikeinsätze den Zuschauern wohl oft die Haare zu Berge stehen ließ! Auch der berühmte Charles Lindberg betätigte sich in den frühen 20er Jahren als "Wing-Walker" und Kunstflieger auf einer gekauften "Jenny".

Meine dargestellte JN-4H war mit einem 150PS Hispano-Suiza Motor ausgerüstet, wobei das Kürzel "H" darauf hinweist, und entsprach einer verbesserten JN-4D, wobei die H-Version mit knapp 150km/h etwas schneller unterwegs war. Frühere "Jennys" waren mit einem Curtiss-Reihenmotor OX-5 mit ca. 90PS ausgestattet.

Curtiss JN-4H Jenny

Das Modell

Das Modell von Olimp-Models ist ein "Short-Run" Bausatz, und ich musste mit Erstaunen feststellen, dass die Teile sehr sauber gespritzt wurden. Das Modell ist gut detailliert und macht einen guten Eindruck, dass keine Passtifte vorhanden sind, ist bei einem Kleinserien-Hersteller ja schon fast normal.

Ich habe den Hispano-Suiza-Motor noch zusätzlich detailliert, die etwas zu dicken Lederwulste habe ich abgeschliffen und durch Draht ersetzt und die Armaturenbretter durch Drucke. Wer nun denkt, dass das ein locker zu bauendes Modell ist, dem möchte ich hier eine Vorwarnung geben: Es ist viel Denkarbeit dabei (!), vor allem bis man den umfangreichen "Kabelsalat" enträtselt hat, da der Plan nur andeutungsweise darauf hinweist! Das komplizierte Gewirr an Drähten beschränkt sich nicht nur zwischen den Tragflächen sondern auch auf den Tragflächen gibt es eine Menge davon, und das Höhen- und Seitenruder ist ebenso rammelvoll. Doch mit Hilfe aus Zeichnungen und Fotos (Internet) lässt sich dieses Problem gut lösen. Der echte Horror war es, die zwölf einzelne Streben richtig auszurichten, da ist eine Lehre aus dicker Klarfolie schon obligatorisch, Doppeldecker-Fans wissen, was ich damit meine.

Curtiss JN-4H Jenny

Der Kühlerrahmen wurde mit Alclad Pale-Gold gespritzt und dann mit Silber auf "Poliertes Messing" getrimmt. Den Propeller habe ich mit Revell 17 grundiert und dann mit Farbstiften die Holzzeichnung gezeichnet und anschließend mit Klarlack versiegelt. Einige Propeller hatten Verstärkungen aus Metall, doch auch meine Version habe ich gesehen.

Auch die beim Original bewegliche mittlere Fahrwerkachse musste mit Plastikprofil dargestellt werden, und die hellen Stellen an den Streben wurden mit Decals realisiert. Der Messingring um die Propellerachse entstammt aus meinem Teilesortiment, es sind gerade solche Kleinigkeiten, die einem Modell den nötigen Pfiff geben! Die Rippenstruktur der Flügel ist gerade noch akzeptabel, doch im allgemein dürften die Tragflächen filigraner sein, es wäre sicher besser geworden, wenn Olimp-Models auch die Jenny in ihre Pro-Resin Linie aufgenommen hätte! Übrigens musste am oberen Cockpitteil seitliche Kerben geschliffen werden, um den kleinen Streben Platz zu geben, im Bausatzteil waren sie nur angedeutet!

Curtiss JN-4H Jenny

Das hier provisorisch aufgesetzte Höhen- und Seitenruder wurde gespritzt. Das Rumpfgrau entstand mit einer Mischung von Humbrol 147 und 127 und das Tragflächen-Chromgelb mit Humbrol 154 und 69. Außerdem habe ich mich bei der Farbgebung an das Deckelbild des Künstlers gehalten, was sich schon oft als richtig erwies! Alle Streben und Kleinteile der Klappensteuerung wurden massiv dünner geschliffen, die Streben erhielten noch kleine Messingteile und Detailbemalung oben und unten. Auch die Fußtritte seitlich am Rumpf mussten aufgebohrt werden und erhielten dann eine Ätzteilumfassung aus meinem Teilesortiment. Eine schlotterfreihe Hand, schwarze Ölfarbe und Pinselgröße 00 braucht man für das Bemalen der seitlichen Kühlschlitze!

Die nächste Arbeit wäre dann das Anbringen der Decals, doch da kommt die nächste Warnung: Bei meinem Bausatz lösten sich die Decals nach dem lauwarmen Wasserbad in tausend Stücke auf...! Das hatte zur Folge, dass ich den Bausatz nochmals kaufen musste!

Curtiss JN-4H Jenny

Die Markierungen zeigen eine Maschine, die 1922 auf dem "Marine Flying Field" in Miami, Florida stationiert war. Das Hoheitszeichen in dieser Form wurde ab August 1919 wieder eingeführt, nachdem während des I. Weltkrieges das amerikanische Hoheitszeichen mit Rondellen aus Rot, Blau und Weiß der alliierten Form angepasst worden war! Das römische Zeichen "X" am Rumpf ordnet das Flugzeug einer Marine-Aufklärungseinheit zu.

Auch die Farbstreifen am Seitenruder hatten vom Scharnier weg gesehen wieder die Reihenfolge Blau, Weiß und Rot, nachdem während des Einsatzes der USA im Ersten Weltkrieg in der Regel die Reihenfolge Rot, Weiß, Blau war. Doch die Kennungen an US-Flugzeugen, speziell bei der Navy, ist ein relativ kompliziertes Wissensgebiet, für das es im Internet bereits viele Hinweise gibt und ich hier nicht weiter darauf eingehen möchte. Verwirrend wird das Ganze auch, wenn man Verbandsflüge sieht, bei denen Flugzeuge mit alten und andere mit neueren Markierungen gemeinsam fliegen!

Die Hoheitszeichen mit dem roten Punkt entstammen einem Bogen von "Eagle Strike", auf dem alle Größen für den 72er Maßstab vorhanden sind, und der rote Punkt jeweils separat beiliegt. Die Hoheitszeichen mit dem roten Punkt waren nach dem I. Weltkrieg von August 1919 bis Mai 1942 die Regel.

Curtiss JN-4H Jenny

Ich widme mich zurzeit nur den Doppeldeckern, und so werden gewisse Vorgehensweisen getestet, verworfen oder auf verbesserte Weise gemacht, das gilt auch für die Verspannung, die von Typ zu Typ oft stark abweicht, abhängig von der Größe des Flugzeugs und Anzahl und Form der Streben. So habe ich mich nun entschlossen, definitiv keinen Kunststoff-Faden mehr zu spannen, es sei denn, es gäbe überlange Kabel vom Rumpf zum Heck! Da ich ausschließlich nur 1:72er Modelle baue, ist diese Arbeitsweise vertretbar.

Deshalb wurde auch die "Jenny" nur mit gezogenen Gießästchen "verspannt", die nach einem Fadenmuster verglichen und in die nötige Länge geschnitten wurden. Danach bekam jedes Gießästchen kleine Ösen aus sehr dünnem Kupferdraht, je nach Verwendungsort brauchte es sogar an jedem Ende eine Öse!

Diese Verdickung mit der Öse wurde dann jeweils dunkler bemalt. So brachte ich mit der Zeit an die 100 Gießästchen an das Modell, das klingt nach viel Arbeit, ist aber zeitlich nicht zu aufwändig wenn dabei die Nerven mitspielen, der Realität entsprechend aber in diesem Maßstab wohl nicht besser zu machen.

Die sehr dünnen Kupferdrähtchen entstammen aus farbigen Kabeln eines ausgeschlachteten PCs.

Das Bild zeigt links so angebrachte Ösen mit einem Teil der Pinzette! Rechts oben ist der "Kabelsalat" am Heck von unten zu sehen und darunter der linke Teil der oberen Tragfläche mit den rundlichen Teilen der Umlenkrollen.

Curtiss JN-4H Jenny

Hier beginne ich mit der Verspannung der Hauptstreben, nachdem die "Drähte" beim Cockpit und Heck bereits montiert sind. Die langen Steuerkabel vom Rumpf zum Heck kommen ganz am Schluss, weil das Modell dort immer wieder angefasst werden musste. Wenn alle Kabel montiert sind, wird die Tragfläche nur noch aufgesetzt, das bedingte natürlich ein genaues Abstimmen der Strebenhöhe mit probeweisen Aufsetzen des Flügels, dabei mussten einzelne Streben mit Plastikplättchen noch etwas aufgestockt werden. Gut ist hier auch das Ankerzeichen mit der Weltkugel und Adler zu sehen.

Hier ist die Verspannung komplett, doch Verbesserungen bei der nächsten Jenny sind schon programmiert!
Hier ist die Verspannung komplett, doch Verbesserungen bei der nächsten Jenny sind schon programmiert!

Curtiss JN-4H Jenny

Der Hangar

Als ich meine intensive Recherche über die amerikanischen "Flying Fields" in der Zeit etwa 1915 bis 1925 begann, bekam ich so viel zu sehen, dass es schon schwierig wurde, mich für ein Objekt zu entscheiden. So entschloss ich mich, ein paar Einflüsse in diesen Hangar zu bauen, wie etwa das Karo-Muster auf dem Dach, oder die gestreiften Tore. Es könnte so auch ein ziviler Hangar gewesen sein, der dann vom USAAS übernommen wurde. Allerdings würde ich mich nicht wundern, wenn auf einem der tausenden "Flying Fields" tatsächlich genau diese Variante stehen würde. Von den oft schon riesigen "Flying Fields" ergaben sich später noch größere Airports wie wir sie heute kennen, andere wurden später überbaut. Der "Trip" in diese Zeit der US-Luftfahrt hat mich auf sehr sehr viele Ideen gebracht, aber auch viel zum Staunen und Schmunzeln angeregt: Es gab Kurioses, Unglaubliches aber auch sehr Schönes zu sehen, und manchmal konnte ich es kaum glauben, dass aus diesem "Gerödel" mal die weltstärkste Luftwaffe entstand!

Der Hangar besteht aus Balsaholz, Plastik, Papier und Klarfolie und beansprucht ein Brett von 30x42cm Fläche. Die mit der korrekten Anzahl Sternen versehene Flagge entstand am PC und wurde als Decal auf Alufolie gebracht, das gleiche auch für das Werbeplakat aus dem Jahr 1918, auf dem sogar eine "Jenny" abgebildet ist. Den Innenraum habe ich nicht speziell detailliert, da der Hangar hier "nur" als schmückendes Beiwerk steht. Definitiv ist dieses Diorama für eine JN-4D vom US Army Air Service vorgesehen, dazu noch ein- oder zwei Fahrzeuge aus dieser Zeit.

Curtiss JN-4H Jenny

Manchmal liest man, dass die Gießast-Kabel mit der Zeit brechen sollen, doch so etwas ist bei meiner langjährigen Modellbauerei noch nie vorgekommen!

Ich bin mit dieser Art der Verspannung sehr zufrieden und das Ergebnis ist sehenswert, außerdem ist es für diesen Maßstab für mich heute das geeignetste Verfahren, doch das muss aber jeder für sich entscheiden, was denn besser wäre.

Curtiss JN-4H Jenny

Mit der Curtiss JN-4 hatte die amerikanische Fliegerei das geeignete Flugzeug für die Ausbildung. Da auch die US-Luftwaffe damals noch ihre ersten "Gehversuche" absolvierte, wurde mit tausenden von Jennys doch ein Grundstein für zukünftige US-Piloten gelegt, und wenn man den "Riesen" dann einmal aufweckt, so ist der Himmel bald voll von Flugzeugen...siehe II. Weltkrieg!

Auch Kanada war ein intensiver Nutzer dieses Flugzeugtyps, und dafür gäbe es einen schönen Decalbogen bei Blue Raider Publishing, allerdings hatten kanadische Maschinen eine andere Form des Seitenruders und auch die Verspannung ist zum Teil anders angeordnet, ebenso die Klappensteuerung!

Curtiss JN-4H Jenny

Die Figuren sind von Preiser und Revell und wurden zum Teil in meiner "Chirurgischen Abteilung" seziert und neu zusammengesetzt. Dabei muss man auch einiges verspachteln, schleifen oder wie die Hüte, neu erstellen, aber so, dass daraus keine Frankenstein-Klone werden :-) Auf diesem Bild ist auch das Steuerkabel quer über den Flügel erkennbar.

Curtiss JN-4H Jenny

Hier ist die Flagge gut zu sehen, fotografiert wurde das Ganze bei Minus-Temperaturen von ca. 10 Grad, und dabei haben sich, so scheint es mir, sogar einige Kabel leicht gebogen!

Curtiss JN-4H Jenny

Fazit:

Der Bausatz selbst ist etwas "durchzogen", einiges gut, anderes weniger! Alle Mängel und Versäumnisse muss man selber ausbessern, ersetzen oder enträtseln, deshalb ist es eher ein Modell für erfahrene Modellbauer! In der Kategorie Doppeldecker war es bisher das schwierigste Modell für mich!

Ich habe damit wieder einiges gelernt, und meine Arbeitsweise für die Doppeldecker-Verspannung weiter standardisiert. Aber mit der "Jenny" bekommt man im wahrsten Sinne des Wortes ein Prunkstück in die Vitrine, aber ich weiß, dass die nächste Jenny noch verbessert werden kann!

Ich hoffe, dass ich damit einigen Modellbauern die Spezies "Doppeldecker" etwas schmackhaft gemacht habe?

Quelle: Internet, (besonders die auf dem Bauplan angegebenen Seiten)

Peter Hochstrasser

Publiziert am 05. März 2012

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