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Curtiss JN-4D Jenny

McCook Field 1918

von Peter Hochstrasser (1:72 Olimp)

Curtiss JN-4D Jenny

Geschichtliches

Von den 1.404 Stück JN-4D, die bei Curtiss gebaut wurden, erhielt die US Army 1.400 und die Navy drei Stück. Meine vorgestellt JN-4D mit der Seriennummer "12876" wurde als einzige Maschine vermutlich direkt vom US Army Air Service Engineering Center bestellt.

Das "P" auf dem Seitenruder für "Plane" wurde vom "US Army Air Service Engineering Center" auf dem McCook-Field für Testmaschinen verwendet, es war die Entwicklungs- und Forschungsstelle für die noch in den Anfängen stehende US-Luftwaffe. Die ganze Ausrüstung des McCook-Fields dislozierte dann 1927 zum Wright Field, das in der Nähe lag und größere Bedingungen bot. Auf dem einzigen Foto der "12876" das mir zur Verfügung steht, ist nicht genau ersichtlich, ob das Äußere irgendwo verändert wurde, sie wird aber als JN-4D in der Liste der Curtiss-Flugzeuge auf dem McCook Field mit der Nummer P4 aufgeführt.

Hunderte von Flugzeugen mit P-Nummern wurden dort getestet, umgebaut oder mit zusätzlichen Komponenten erprobt, wie Turbolader, neuer Propeller usw.

Curtiss JN-4D Jenny

Das Modell

Der Bericht ist ein wenig ausführlicher als sonst, weil es sich um eines meiner Lieblingsflugzeuge handelt, und dazu noch ein Doppeldecker ist, und mit diesem Beitrag möchte ich auch einmal zeigen, dass Modellbau meist nicht nur mit Zusammenkleben zu tun hat, sondern auch Philosophie, Musik und Außerirdisches beinhalten kann.

Das Modell meiner JN-4D entstand aus einem zweiten Bausatz der JN-4H, dem alle benötigten Teile für diese Version auch beilagen, offenbar ein Versehen des Herstellers!

Ich entschied mich für eine Maschine, die 1918 auf dem McCook-Field, Dayton, Ohio stationiert war, also mit diesen Decals nicht von Olimpmodels angeboten wird und deshalb bis auf die Hoheitszeichen selber erstellt wurden, wobei die Streifchen für die Klebenähte der Spanten am meisten Zeit beanspruchten. Die Leinenfarbe wurde aus Humbrol 71 und 121 gemischt und danach mit heller Ölfarbe modelliert.

Das Modell besteht außer aus einer neuen Bugsektion und Motor aus gleichen Teilen wie die JN-4H und hat mit den etwas zu dicken Flügeln auch die gleichen Schwächen.

Curtiss JN-4D Jenny

Zurüstung

Bei meiner heutigen Arbeitsweise gibt es (fast) kein Modell mehr, das nicht irgendein zusätzlich gekauftes Ausrüstungsteil bekommt, und sei es nur ein neuer Decalbogen. Und wenn es tatsächlich nichts zu kaufen gibt, wie bei dieser Jenny, dann wird einiges halt einfach selber gemacht! Zum Beispiel die Detaillierung des Motors, die Windschutzscheiben, Gurte, Armaturen, Decals und das Ersetzen sämtlicher Bügel für die Steuerkabel und die Umlenkrollen des oberen Flügels.

Das Bild zeigt den Oberflügel mit der Umlenkrolle rechts vorne, über die ein Steuerkabel über den Flügel durch eine Öse in der Mitte bis zur linken Rolle verläuft. Auch unter dem Flügel sind diese Umlenkrollen vorhanden, deren Kabel aber in den seitlichen Rumpf verlaufen, und auch die drei Befestigungskabel der Klappen sind unter dem Flügel vorhanden. All dies kann man nur aus Zeichnungen und Fotos aus dem Internet oder entsprechenden Publikationen ausfindig machen! Im Gegensatz zu der von mir bereits gezeigten JN-4H liegen die Hoheitszeichen weiter innen.

Curtiss JN-4D Jenny

Wie schon die erste Jenny, bekommt auch die JN-4D ein schönes Diorama mit einem Hangar, bzw. einem Teil davon, und sogar ein zweites Flugzeug werde ich dort später platzieren. Der Diorama-Ausschnitt entspricht natürlich nicht dem Original und wäre rein zufällig richtig.

Ein ähnliches Vorbild des Hangars sah ich auf einem Bild vom McCook-Field, allerdings mit der Nr.2, er war relativ klein und eine Jenny hatte mit ihrer Spannweite gerade schön Platz um hinein zu rollen. Was darin wirklich platziert wurde ist auch reine Spekulation, und der Hangar wäre natürlich viel länger.

Der Aufbau des Dioramas geschah wieder mit einer Strukturierung mit Moltofill, Vormalerei, Balsaholz, Alufolie, Papier, Streumaterial, Plastikprofile und Schleifpapier für den geteerten Vorplatz und für die Dachpappe. Weil solche Dioramen ebenso viel Zeit beanspruchen wie ein gut gebautes Modell, wirft es mein gewähltes Modell-Programm meist völlig über den Haufen, aber es haucht dem Modell mehr Leben ein, wenn es in seinem Umfeld zu sehen ist, statt auf dem neuen Badetuch ;-)

Curtiss JN-4D Jenny

Hier gibt es mal eine Standprobe auf dem fast fertigen Diorama, am Hangar sind die Schließvorhänge jetzt angebracht. Das ganze Feld misst 30x42 cm und zeigt dank 1:72er Maßstab optisch eine recht große Fläche. Später wird es noch ein weiteres Flugzeug dazu geben, das damals auf dem McCook Field stationiert war, außerdem Figuren und eventuell noch ein Fahrzeug. Etwas erstaunlich, dass dieser Hangar nur mit Tuchvorhang geschlossen wurde!

Curtiss JN-4D Jenny

Die lästigen Streben

Der Hersteller lässt uns über die korrekte Ausrichtung etwas rätseln, auch über die komplizierte Verspannung wird fast nichts gezeigt, wenn man vom recht gut gemalten Deckelbild absieht, das aber einem "Neuling" sicher nicht ausreicht.

Wenn man das Modell in waagerechter Position ausrichtet und auf ein Linienpapier klebt, kann man parallel zur vorderen Flügelkannte eine Linie im Abstand von 3mm ziehen. Die Strebe wird dann so geneigt, dass das obere Ende genau an die gezogene Linie stößt, und somit den genauen Neigungsgrad hat. Kontrolliert wird das Ganze immer mit einem Winkel (roter Balken), den man an die 3mm Linie hält.

Die kleineren Rumpfstreben werden dann auf die Flügelstreben ausgerichtet und erhalten dadurch einen etwas größeren Neigungswinkel. Alles braucht etwas Geduld, aber mit Hilfe guter Zeichnungen aus dem Internet wird es kein Problem.

Curtiss JN-4D Jenny

Kompromisse und Verspannung mit gezogenem Gießast

Es sind 101 (!) gezogene und abgemessene Gießästchen zu montieren, ganz zu schweigen, wenn man noch die doppelt geführten Spanndrähte realisieren würde, doch die sind oft auch auf guten Fotos kaum auszumachen, und deshalb erst in einem größeren Maßstab ein "Muss". Vieles das wir im Modell noch darstellen, wäre eigentlich in diesem Maßstab kaum mehr sichtbar, so auch die doppelt-geführten Spanndrähte, die selbst auf Werkzeichnungen in doppelter Modellgröße kaum mehr wiedergegeben werden können! Es sind also immer irgendwelche Kompromisse einzugehen, es sei denn, man baut das Modell in Originalgröße :-)

Ich habe wieder an den meisten "Kabeln" eine- oder zwei kleine Ösen aus sehr dünnem Draht angeklebt, auch das wäre in diesem Maßstab nicht unbedingt nötig.

Diese Arbeit habe ich weiter standardisiert wie auf dem Bild zu sehen ist. Links im Schälchen sind die fertigen Gießästchen für das Heck zu sehen, danach werden sie noch abgemessen und zugeschnitten. Das kleine Tischchen aus weißem Plastik wird für das waagerechte Befestigen der Ösen verwendet, die dort mit Sekundenkleber versehenem Gießast "aufgenommen" werden.

Curtiss JN-4D Jenny

Verspannung mit Gießast

Auch das Herstellen der Gießäste hat System, alle sollten ungefähr die gleiche Dicke aufweisen und es genügt nicht, dass man ein Stück herstellt, sondern es sollten fünf oder zehn gezogen werden, damit man eine gute Auswahl zur Verfügung hat. Und nicht jedes Plastik verhält sich gleich, da ist Erfahrung und Probieren angesagt. Wenn es gut wird, dann kann mit einem Stück Gießast ein 1,80m langer Faden gezogen werden, sofern die Armlänge das erlaubt.

Die Dicke eines perfekten Gießästchens variiert etwa zwischen 0,07 und 0,09 mm, es wäre hochgerechnet etwas zu dick, beim Modellbau muss es aber noch eine gewisse Stabilität aufweisen und nicht durchhängen, dazu ist unbedingt ein digitaler Messschieber nötig, um das Augenmaß zu entlasten.

Ich begann mit der Verspannung zuerst mit dem Heck, dann im Bereich des Cockpits und später beim Fahrwerk. Die beiden Steuerkabel an der Seite vom Heck zum Rumpf werden ganz am Schluss montiert, damit man das Modell dort immer wieder anfassen kann.

Vor dem Anbringen der Verspannung zwischen den Flügelstreben, werden alle Streben zuerst in die richtige Höhe "geschweißt". Dabei setze ich den Flügel auf und ermittle welche Strebe etwas zu hoch ist, diese werden dann mit der heißen Lötspitze ein wenig niedriger "gebrannt". Mehrmalig dauert diese Kontrolle, bis man den Flügel nur noch auf perfekt gleich hohe Streben aufsetzen kann. Auch für diese Arbeit braucht es Übung und Erfahrung, danach ist es nur noch Nonsens.

Curtiss JN-4D Jenny

Hier sind schon fast alle "Seile" montiert. Zugegeben, mein Verfahren steckt noch in den Kinderschuhen, und ob sich das Gießast-System durchsetzt, weiß ich noch nicht, dazu kommen immer bessere und feinere Werkzeuge, die diesen Zweifel hochleben lassen, möglich, dass ich später eine Verspannung mit Kunststoff-Faden doch als das Maß aller Dinge betrachte....?

Curtiss JN-4D Jenny

Blindes Vertrauen oder Recherche?

Wer sich im Modellbau in die Anfänge der Fliegerei wagt, also in die Zeit von 1914 bis ca. 1920, begibt sich auf sehr dünnes Eis! Eine falsche Interpretation von Schwarzweiß-Bildern in ein farbiges Modell, und schon befindet man sich im Reich der Fantasie, und blindes Vertrauen in den Hersteller garantiert noch längst kein korrektes Finish!

In vielen Publikationen wird über die korrekte Farbgebung von Flugzeugen dieser Zeit gerätselt, was zum größten Teil auch durch fehlerhafte Wiedergabe der damaligen SW-Filme verursacht wird. In dieser Sparte der Modellbauerei ist man also nie ganz sicher, ob sich nun der Hersteller irrt, oder eine Fachpublikation zum Beispiel ein dunkel wiedergegebenes Gelb als Schwarz bezeichnet!

Auch bei der Jenny mit Leinenfarbe gibt es starke Abweichungen, neben meiner Variante gibt es auch gelbliche Anstriche, die aber nichts mit einer speziellen Farbe zu tun haben, sondern diesen Gelbton durch einen weiteren Anstrich mit einem bestimmten Schutzlack erhalten haben!

Gerade in der Welt der Doppeldecker gibt es zum Teil krasse Wiedersprüche über Farbgebung, Zuordnung einer bestimmten Einheit oder wer die Maschine denn nun wirklich geflogen hat. Auch bei der Verspannung gibt es Rätsel und folglich falsche Kabelführungen am Modell, so können manchmal nur zusätzliche Steuer- oder Spannkabel zu einer neuen Flugzeugbezeichnung führen, z.B. Albatros D.V und D.Va. Es ist für einen Doppeldecker schlimm, wenn eine Verspannung gemacht wird wo keine hingehört, oder wichtige Steuerkabel einfach ausgelassen werden, dann lieber gar nichts, wie es im Internet oft zu sehen ist. Aber mal ehrlich, ein Doppeldecker ohne Verspannung? Ist doch wie ein Propellerflugzeug ohne Propeller? Das unvermeidliche Zauberwort heißt "Recherche", es bringt allmählich Licht ins Dunkel der Verspannungsknäuel, auch eigene Skizzen helfen zu einem besseren Verständnis.

Dazu noch ein kleiner Tipp: Die Bilder der Künstler auf den Modellschachteln entsprechen oft mehr der "Wahrheit" als die Angaben auf dem Modellplan!

Curtiss JN-4D Jenny

Musikalische Untermalung

Bei mir geht nichts ohne Musik! Da wird auch manche monotone Arbeit zum Klangerlebnis wenn dazu ein ganzes Oratorium gehört werden kann, und wenn die Arbeit locker von der Hand geht kann man sich dabei die ganze Rockgeschichte durch den Kopf dröhnen lassen! Ich habe das Glück, dass meine große Stereoanlage in der Nähe meines Arbeitsplatzes steht, und so wird jedes Modell auch ein entsprechendes Klangerlebnis! Für die Fummelei mit der Jenny waren aber sanftere Töne angesagt, um all die Kabel zu montieren.

Curtiss JN-4D Jenny

Die "Außerirdischen Wünsche"

Ungläubig schauen dich die Laien an, wenn man ihnen erklärt, dass es mehrere Wochen gedauert hat bis dieses kleine Modell fertig war, denn sie glauben, dass es wie beim Spielen geht, man stelle ein Klötzchen auf das andere und fertig ist das Türmchen. Dank Modellversium kann man die "Ungläubigen" dann auf den Bericht verweisen.

Man vermutete auch schon, ich sei ein Außerirdischer und könne mich auf 1:72 herunterbeamen, um so das Modell zu bauen, doch das sind typische Stammischwitze, die werden dann mit geheimnisvollem und wissendem Grinsen quittiert :-)

Welche Arbeit oft hinter einem kleinen Modell steckt, bis man überhaupt mit dem Bauen anfangen kann, liegt oft an den unzureichenden Informationen im Bauplan selbst! Da kann man von Glück reden, wenn es eine genaue Positionierung der Teile gibt, ganz zu schweigen von einer genauen Bezeichnung der Farben. Oft scheint es, dass einem Blumenmuster auf Toilettenpapier mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird als einem korrekten Modellpauplan! Wenn man oft eine Schachtel erwartungsvoll öffnet, gähnt einem nichts als ein lieblos hingeschmissenes Plastikgerödel entgegen, das mit "Hilfe" einer kaum lesbaren Kopie zu einem guten Modell gezaubert werden sollte. Das i-Tüpfelchen wären dazu noch verdruckte Decals und ein überrissener Preis (alles schon gehabt)!

Also, liebe Hersteller, gebt euch diesbezüglich gefälligst mehr Mühe, denn längst nicht jeder Modellbauer hat eine riesige Wandbibliothek und alle Infos über das zu bauende Modell, Internet hin oder her!

Curtiss JN-4D Jenny

Wie bereits erwähnt bekommt das Diorama dann noch ein zweites Flugzeug, wobei die Jenny dann etwas in den Hangar geschoben wird, weil sie größer ist. Ein Fahrzeug möchte ich auch noch darauf setzen, doch das ist ein rarer Artikel für die Zeit um 1918!

Curtiss JN-4D Jenny

Fazit:

Eines ist sicher: Ohne Übung und Erfahrung kommt und geht nichts in der Welt der Doppeldecker, und man darf wohl jeden ohne Lobhudelei als "Könner" dieser Sparte bezeichnen, dem ein komplett bespannter Doppeldecker wie eine Jenny gelingt, und davon will ich mich nicht ausschließen ;-) Es ist aber fast jedes Mal eine Gratwanderung zwischen jubeln oder heulen. Auch diese Jenny verlangte viel an Durchhaltewillen, eine ruhige Hand, und dazu ist eine gute Recherche für dieses Modell absolute Pflicht, (eigentlich für jedes Modell dieser frühen Zeitepoche) denn einfach so nach Bauplan zu bauen führt bei diesem Modell zu keinem guten Ergebnis! Aber nach allen gemeisterten Hürden steht am Schluss ein Modell auf dem Tisch, auf das man stolz sein kann!

Referenzen:

  • Peter M. Bowers - Curtiss Aircraft 1907 - 1947
  • Profile Publications: Nr. 37 - Curtiss JN-4
  • Albatros Publication: 2 Hefte über die Jenny aus der Windsock-Datafile Serie
  • Internet: Auf der Seite von arizonamodels.com findet man unter "Reference Drawings" sehr gute Werkzeichnungen, auch über MGs und Bomben aus dieser Zeit!

Peter Hochstrasser

Publiziert am 16. März 2013

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