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Spielwarenmesse Nürnberg 2013

30. Januar - 04. Februar 2013

Copyright: AlexSchelbert.de / Spielwarenmesse eG
Copyright: AlexSchelbert.de / Spielwarenmesse eG

Es gibt Tage, an denen man im Grunde froh sein kann, den Modellbau und die Berichterstattung darüber „nur" als Hobby zu betreiben. Freitag der 01. Februar war solch ein Tag. Keine 24 Stunden vor Abfahrt in Richtung Nürnberg musste sich MV-Fotograf Nr. 1. der winterlichen Erkältungs- bzw. Grippewelle geschlagen geben. Ein paar Stunden später war - in einer anderen Stadt - auch die Anzeige des Fieberthermometers von Fotograf Nr. 2 in Bereiche gestiegen, die nichts Gutes ahnen ließen. Einen halben Tag vor dem geplanten Messebesuch war somit die ursprünglich eingeplante MV-Fotokompetenz komplett außer Gefecht gesetzt. Zu wenig Zeit, um noch für adäquaten Ersatz zu sorgen. Aber der ICE war für 6 Uhr morgens ab Hamburg reserviert und das Hotel gebucht. Und da insbesondere Letzteres zu Nürnberger Messezeiten schon ein kleines Kunststück für sich ist, kam eine Komplettabsage überhaupt nicht mehr in Frage.

Mit Bordmitteln wurde versucht, immerhin ein paar Ambient-Fotos zu schießen, um Material für einen Beitrag zu erhalten, der aus der Not geboren einmal weniger produktbezogen als sonst gewohnt von der Messe berichten sollte. Und vielleicht gelingt es uns so, den Lesern einmal ein generelles Bild der Messe zu vermitteln, das zwischen den Neuheitenauflistungen sonst nur schwer zu finden ist.

Nach viereinhalb Stunden Fahrt, von denen die ersten zwei noch in kompletter Dunkelheit, sozusagen im Einklang mit der eigenen körperlichen Verfassung, erfolgten, erreicht man aus Hamburg kommend Nürnberg. Während im ICE noch keine Anzeichen davon zu sehen waren, dass aktuell die wichtigste Spielwarenmesse der Welt in Nürnberg stattfindet, ändert sich dies auf dem Bahnsteig der Ubahn-Linie 11 Richtung Messe schlagartig. Anzugträger mit Rollkoffern, halbprofessionelle Hobbyisten mit Märklin-Schirmmütze und nur auf den ersten Blick erstaunlich viele Asiaten drängen sich in die Ubahn, um möglichst schnell vom Hauptbahnhof auf das Messegelände zu gelangen. Die historische und geschichtsträchtige Nürnberger Altstadt zieht derweil ein paar Meter höher ungesehen vorbei. Wer Angst hat, den Messebahnhof zu verpassen - was nicht passieren wird - achtet auf den vorherigen Haltepunkt „Bauernfeindstraße", dessen Name jedes Jahr aufs Neue für amüsierte Gesichter unter den Angereisten sorgt.

Copyright: Photopool / Spielwarenmesse eG
Copyright: Photopool / Spielwarenmesse eG

Aber auch nach Betreten der Messehallen geht die Reise für den Modellbauer noch ein Stück weiter. Vom Eingang Mitte nahe der Ubahnhaltestelle nimmt der Lauffaule (oder Schlaue?) entweder den Shuttlebus Richtung Eingang Ost, oder quert Hallen voller Teddybären, Pluschtiere, Sandkastenspielzeug und Faschingskostüme bis er im Modellbaumekka der Hallen 7 und 7a ankommt. Das ist zwar bei weitem anstrengender, aber auch um einiges interessanter. So finden sich Aussteller, die an ihrem Stand ausschließlich falsche Bärte anbieten oder mit den ausgestellten Flummis einen Kleinwagen füllen könnten.

Mit diesen ersten Eindrücken sucht man sich im Pressecenter Ost ein freies Schließfach und stärkt sich mit den bereitgestellten Salzbrezeln und einem Glas Cola, wobei man schon einmal ein paar französische Kollegen dabei beobachten kann, wie sie Modelleisenbahnneuheiten auf einem eigens dafür mitgebrachten Modulstück mit passendem Fotohintergrund für ihre Zeitschrift ablichten. Drei sehr professionell anmutende Spiegelreflexkameras liegen kurzzeitig unbeobachtet wie in der Auslage auf einem der Stehtische. Es wäre so einfach gewesen....

Aber wir wollen ja auch im nächsten Jahr wiederkommen dürfen, und so geht es nur mit Block und Stift bewaffnet auf Entdeckungstour. Kennt man die Messe bereits aus den vorherigen Jahren, so findet man sich Dank der größtenteils gleich bleibenden Aussteller- und Hallenbelegung schnell zu Recht.

Am Italeri-Stand wird man von der auf Endlosschleife gestellten James Bond Erkennungsmelodie begrüßt, was automatisch ein bemitleidendes Gefühl für die Standbesetzung hervorruft, die hier die vollen sechs Messetage ihren Dienst tut. Die Italiener widmen dem im aktuellen Film „Skyfall" vorkommenden Schurken-Hubschrauber vom Typ Agusta Westland 101 ein 1:100 Fertigmodell sowie eine lizensierte Version des bekannten 1:72er Spritzgussmodells. Warum die Film-Designer übrigens für das Logo der Bösewichtorganisation fast zu 100% die österreichische Kokarde übernommen haben, bleibt mir bis auf weiteres ein Rätsel.

Nicht ganz so viel Tam Tam wird um die beiden neuen Display-Sets in 1:72 gemacht, von denen eins zur Darstellung eines Pazifikflugfeldes im 2. WK genutzt werden kann, während das zweite einen Ausschnitt eines modernen US Trägerdecks mit Katapult zeigt. Italeri rückt damit nach den Neuheiten der letzten Jahre (Bunker, Brücken, Baracken, Stadthäuser) immer weiter in den Dioramenbau vor, was gut für des Modellbauers Geldbeutel ist, da er auf teure Resinbausätze (teils) verzichten kann.

Und wer weiß, was die Zukunft bringt? Vielleicht sind 3D Drucker bald ja so günstig zu haben, dass man - den richtigen Umgang mit 3D PC-Programmen vorausgesetzt - ganze Bauteile bis hin zum kompletten Bausatz selbst in Heimarbeit konstruieren und herstellen kann. Immer häufiger sieht man diese Technologie jedenfalls auch als Endverbraucherlösung auf der Messe. Wenn auch der vorgeschlagene Anwenderbereich momentan noch eher in Richtung Basteln/Dekorieren als Maßstabsmodellbau geht.

Die Bestandteile der QuickBuild Steckbausätze erinnern stark an Lego-Steine.
Die Bestandteile der QuickBuild Steckbausätze erinnern stark an Lego-Steine.

Wer einmal solche High End Lösungen kaufen soll, muss natürlich irgendwann klein angefangen haben. Vorlackierte und ohne Kleber zu steckende EasyKits sind daher bei den meisten großen Herstellern bereits ein fester Sortimentsbestandteil. Airfix macht da keine Ausnahme und präsentiert sogar ein neues Konzept names QuickBuild. Flugzeuge aus Lego-ähnlichen Bausteinen, die jedoch so individuell gestaltet sind, dass die Spifire oder der Eurofighter einwandfrei zu erkennen sind. Der Vorteil liegt gerade beim sehr jungen Publikum auf der Hand: Wenn ein „herkömmlicher" Steckbausatz einmal eine Bruchlandung hinlegt, können Passstifte brechen und Teile nicht mehr zu befestigen sein. Die Lego-ähnliche Konstruktion soll dies nun verhindern.

Den Nachwuchs so früh wie möglich für den Modellbau zu gewinnen kann nicht verkehrt sein, ist das Hobby doch - der Ausdruck sei entschuldigt - überaltert. Davor fürchten sich vor allem auch die Print-Verlagshäuser, die Modellbauzeitschriften zu ihrem Repertoire zählen. Und so hoffen nicht nur die großen wie Spiegel, Focus &Co. auf den Erfolg ihrer digitalen Angebote, sondern auch die Spartenmagazine. Mojoon war in Deutschland ein Versuch, eine kostenpflichtige digitale Modellbauzeitschrift zu etablieren, wurde jedoch wieder eingestellt. Das belgischstämmige Magazin „Art of Modelling" möchte dies nun besser machen und launcht das nach eigenen Angaben erste wirklich interaktive Modellbaumagazin auf Deutsch, Französisch, Englisch und Holländisch. Erhältlich ist es im google Play Store sowie als iPad App. Die Messe-Demo machte dabei mit full HD Bildern, 360° Fotos sowie nett animierten „Vor/Nach der Lackierung" Bildern einen guten Eindruck.

Viele Hersteller fahren auf ihren Ständen große Geschütze auf, wie hier Tamiya.Minichamps integriert sogar eine kleine Cocktailbar in die Standarchitektur.Und Wilesco hat seinen Pavillon in Gestalt einer Dampfmaschine aufgebaut.Andere Hersteller setzen im Gegenteil auf eine eher spartanisch anmutende Präsentation, wie hier HobbyBoss.

Viele Hersteller fahren auf ihren Ständen große Geschütze auf, wie hier Tamiya.

Viele Hersteller fahren auf ihren Ständen große Geschütze auf, wie hier Tamiya. 

A propos full HD: Nicht alle Hersteller scheinen bei ihrem Messeauftritt Wert auf Hochglanz zu legen. Während Revell, Tamiya, Hasegawa oder Airfix jedes Jahr eine aufwändig arrrangierte Neuheitenpräsentation vorlegen, beschränken sich Trumpeter und Hobbyboss auf ein paar weiße Standardmesseregale. Gleichgültigkeit? Die Discounter-Aussage „Seht her, wir sind günstig, weil wir kein Geld in überflüssiges Marketing verpulvern!" kann es angesichts des zumindest auf Revellniveau liegenden Preisniveaus jedenfalls auch nicht sein. Revell hat traditionell einen der aufwändigsten Stände unter den Plastikmodellherstellern.

Immerhin fanden sich die Chinesen in guter Nachbarschaft, will sagen in den Modellbauhallen 7/7a. Nicht ganz so glücklich dürfte man dagegen bei MENG gewesen sein, die ihre mit stark positivem Echo belegten Neuheiten weitab in Halle 11 zeigen mussten. Selbst die netten Messemitarbeiterinnen vom Infostand benötigten mehrere Anläufe, bis sie den Standort des Messeneulings herausfinden konnten. Ein Schicksal, das Heller aus früheren Zeiten auch noch wohlbekannt sein dürfte.

Zum Schluss haben wir hier ein paar Links zu Bildergalerien und Neuheitenlisten zusammengestellt, die mehr als geeignet sind, die Fotolosigkeit des diesjährigen MV Messeberichtes vergessen zu machen:

Bernd Korte

Publiziert am 05. Februar 2013

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