Antoinette VII (1909)von Jürgen Wagenknecht (1:72 Entex)Hiermit möchte ich das letzte Modell aus der Dreierpackung "Early Birds" von Entex vorstellen, die Antoinette VII von 1909. Die Antoinette wurde in mehreren Versionen (Antoinette IV - VII) gebaut, die sich alle sehr ähnlich sehen. Berühmt wurde die Maschine (Antoinette IV) durch den ersten, wenn auch erfolglosen Versuch, den Ärmelkanal zu überfliegen. Auch der zweite Versuch (Antoinette VII), kurz nach Blériots erfolgreichem Versuch, endete mit einer Wasserung wg. Motorschaden. Bei der Flugwoche in Reims wurde die Maschine zweite im Geschwindigkeitswettbewerb und stellte einen neuen Höhenweltrekord (155 m) auf. Die Antoinette-Eindecker wurden bis 1910 gebaut. Ich hatte gedacht, dass sich die Antoinette als Eindecker am einfachsten bauen lassen würde, leider stellte sich das direkte Gegenteil heraus. Im Gegensatz zu den beiden anderen Bausätzen besitzt die Antoinette eine ganze Reihe von Fehlern, die ausgebessert werden müssen. Zuerst fiel mir auf, dass der vordere Wasserbehälter hinter dem Motor fehlte. Da hier auch der entsprechende Einbauraum nicht vorhanden ist, habe ich die Flugzeuglänge kontrolliert. Diese ist im Bausatz ca. 1 cm zu kurz. Da der Flugzeugrumpf im Bereich der Seitenkühler sowieso komplett verzogen war, habe ich mich entschlossen, ihn zu verlängern. Dazu habe ich die Verbindungsstege herausgetrennt. Der Rumpfkiel wurde durch einen neuen verlängerten Rumpfkiel ersetzt, den ich aus einem der Gussäste geformt habe. Dazu habe ich einen der sehr dicken Gussäste gespalten und in die richtige Form geschliffen. Die Halterung für den Mast wurde vom ursprünglichen Kiel abgetrennt und an richtiger Stelle am neuen Kiel platziert. Die Seitenteile hinter dem Kühler sind beim Original in einem nicht verkleideten Holzfachwerk gehalten, damit es dort auch keinen Wärmestau gibt. Verwendet man die vorgesehenen Kühler, ist dort eine glatte Fläche zu sehen, da die Kühler nur von einer Seite profiliert sind. Ich habe mir das benötigte Holzfachwerk mit einem CAD-Programm aufgezeichnet, ausgedruckt und laminiert. Anschließend mit einem Skalpell sauber ausgeschnitten. Da mir ein laminiertes Teil zu dünn erschien, habe ich zwei aufeinander geklebt. Das ergibt ein sehr stabiles Verbundteil: Plastik-Papier-Plastik-Sekundenkleber-Plastik-Papier-Plastik. Diese Teile sind dann auf beiden Rumpfseiten eingesetzt worden und mit Hilfe von etwas Spachtelmasse sauber auf den neuen Kiel angepasst worden. Durch die Rumpfverlängerung sind die alten Seitenkühler leider auch etwas zu kurz geraten. Diese musste ich also neu bauen. Dazu habe ich 0.25 mm Draht in entsprechender Anzahl nebeneinander gelegt und mit Sekundenkleber verklebt. Das geht relativ gut, wenn man Draht für Draht über eine offene Plastikpackung spannt, z.B. einen Deckel einer Schraubenpackung aus dem Baumarkt. Die Drähte sind dann erst einmal nur an der kleinen Auflage der Deckelkante angeklebt. Erst wenn ausreichend Drähte nebeneinander liegen, werden sie von oben mit schnell verstrichenem Sekundenkleber miteinander fixiert. Anschließend kann man die Drähte auf die richtige Länge zuschneiden. Der Kühleranfang und das Endstück wurden vom Originalteil verwendet. Das sich neu ergebene Teil sieht sogar besser aus, als der beiliegende Kühler. Damit war das Rumpfvorderteil soweit in Ordnung gebracht, aber auch das Hinterteil benötigte Nacharbeit. Hier wurde nicht berücksichtigt, dass das Rumpfoberteil auch eine gewisse Dicke hat. So war bei den Seiten schon ein oberer Querbalken vorhanden, der durch das Oberteil dann doppelt so dick ausfiel, wie er sein sollte. Ich habe den Querbalken der Seitenteile fast komplett weg geschliffen, wodurch sich die korrekte Höhe ergab. Leider ist das Seitenruder auf die falsche Höhe ausgelegt, wodurch dieses ebenfalls angepasst werden musste. Das Höhenruder besitzt einen Verbindungsbalken mit einem Fixierloch für das Seitenruder. Dieser würde beim Modell oberhalb des Rumpfes liegen, wo er nichts zu suchen hat. Ich habe ihn herausgetrennt und in das Rumpfoberteil integriert. Die eigentlichen Höhenruder wurden vom Dreiecksflügel getrennt, da das Ruder sonst zu sehr unter Spannung steht. Somit lassen sich die Ruder als Einzelteile problemlos anbauen. Die nächste Baustelle ist der Motor. Dieser sitzt bei der Antoinette direkt an der Spitze des Rumpfs offen und sehr gut zu sehen. Die für die Antoinette typischen hochgezogenen Auspuffrohre sollten hier über zwei Platten dargestellt werden, die seitlich am Motor angebracht werden und auf denen sie aufgeprägt sind. Dadurch ist die gesamte Form des Motorblocks nach oben falsch. Ich habe den Motorblock oben abgeschnitten, mit einer Platte und Spachtelmasse verschlossen. Dann wurde der Block so geschliffen, dass die Zylinderbänke den korrekten 90°-Winkel haben. Hier war es von Vorteil, dass die Kunststoffteile eine entsprechende Dicke aufweisen. Die Zylinder wurden aus Kunststoffrundmaterial geformt. Da ich kein im Radius passendes Material hatte und ich beim Langziehen unter Hitze kein akzeptables Ergebnis hinbekommen habe, wurde der Gussast in meine Proxxon eingespannt und mit Hilfe von Schleifpapier auf den richtigen Durchmesser gedreht. Aus dem gleichen Rundmaterial wurden dann noch kleine Scheiben abgeschnitten und oben an die Zylinder geklebt, um die Ventilabdeckung darzustellen. Die Stößelstangen wurden aus Draht ergänzt. Aus etwas dickerem Draht wurden dann die Auspuffrohre geformt und angebaut. Aus dem gleichen Draht wurden die charakteristischen, in der Höhe gestaffelten Ansaugrohre gebaut. Somit ist ein ganz passabler Motor entstanden. Die beiliegenden Benzintanks sind etwas dünn geraten. Deshalb habe ich sie durch etwas Dickere, die ebenfalls wieder aus Gussast entstanden sind, ersetzt. Einer der beiden Benzintanks wurde gleich als Wasserbehälter weiterverwendet. Die Auflagekonsolen wurden aus einer dünnen Plastikplatte geschnitten. Zum Schluss wurden der Motor, die Kühler und der Wassertank durch die entsprechenden Wasserleitungen verbunden. Glücklicherweise gibt es im Internet hier sehr gute Farbfotos von Museumsmaschinen bzw. direkt vom Motor. Ich hatte mich entschieden, die farblich attraktive Variante der Antoinette zu bauen, die auf der Packung abgebildet ist. Die dunkelorangene Maschine ist bei den ganzen Beigetönen der Vorkriegsmaschinen ein richtiger Eyecatcher. Bei dieser Maschine handelt es sich um eine Antoinette VII. Auffälligster Unterschied zwischen der Antoinette IV und VII ist das Fehlen der Steuerungsklappen an den Flügelenden, da hier die Quersteuerung über Flügelverwindung ausgeführt wird. Dies kam mir auch entgegen, da die Steuerungsklappen dem Bausatz sowieso nicht beiliegen. Ein zweiter Unterschied zwischen den beiden Varianten sind die Steuerräder: Bei der Antoinette VII haben diese fünf Speichen, wie auf der Packung dargestellt. Die beiliegenden Steuerräder sind zum einen viel zu klein, zum anderen haben sie nur vier Speichen. Deshalb mussten auch sie neu gebaut werden. Für das eigentliche Rad habe ich Draht entsprechender Dicke mehrfach um einen Schraubenzieher gewickelt und dann längs geschnitten. Dadurch habe ich eine Reihe dünner Kränze erhalten, die nur noch an der Schnittstelle verklebt und ein bisschen geschliffen werden mussten. Die Speichen habe ich wieder aus einem laminierten Teil mit einem scharfen Skalpell ausgeschnitten. Für die Verstrebungen im vorderen Rumpfbereich, die beim Modell leider komplett fehlen, habe ich überzählige laminierte Teile verwendet, die ich auch für die Rumpfverlängerung verwendet habe. Die Steuerknüppel sind aus Draht. Die vordere Kufe ist nach meinen Unterlagen etwas zu lang, diese wurde entsprechend gekürzt. Damit sind alle Arbeiten am Rumpf beschrieben, weiter geht es mit den Flügeln. Die Flügel scheinen in der Tiefe nicht ganz korrekt zu sein, dieses habe ich aber nicht verändern können. Ich habe aber auch Fotos gefunden, wo die Flügeltiefe zu passen scheint. Wenn die Flügel mit der korrekten V-Stellung angebaut werden, sind bereits die Balken zur Rumpfbefestigung schräg. Diese waren aber waagerecht. Ich habe die Balken deshalb unten schräg angeschliffen und im oberen Befestigungsbereich dass sich dann bildende Loch gespachtelt. Somit habe ich die korrekte Optik erhalten. Die Gleitkufen an den Flügelenden sind aus einer dünnen Plastikplatte geschnitten. Im Internet gibt es übrigens ein Foto, wo eine Antoinette mit dem Flügelende den Boden berührt. Es ist also kein Wunder, dass diese Kufen hier später angebracht wurden. Der Rumpf wurde, bevor er mit dem Spannpapier bezogen wurde, mit dünnem Draht verspannt. Dadurch erhielt ich an der Oberfläche die gewünschte verspannte Optik. Den orangenen Farbton habe ich durch Vermischen von Revell 15 Gelb und Revell 36 Rot erhalten. Die Holzstruktur wurde wieder über einen Ocker Grundanstrich und eine Maserung mit Ölfarbe Burnt Sienna dargestellt. Alle bespannten Flächen wurden matt, die Holzflächen glanzversiegelt. Die Startnummer wurde aus alten Abziehbildern aus der Grabbelkiste zusammen geschnitten. Verspannt wurde mit dünnem Draht, die Ruderhörner sind aus dünnen Plastikplatten geschnitten. Wer glaubt, dass ein Eindecker weniger Verspannung benötigt, als ein Doppeldecker, der täuscht sich. Insgesamt wurden an dem Modell an Verspannungs- und Steuerdrähten fast 100 Drähte verbaut. Der Bau der drei Modelle hat viel Spaß gemacht und ist ein schöner Grundstock für eine Sammlung von Flugzeugen aus der Pionierzeit. Jürgen Wagenknecht Publiziert am 18. Oktober 2011 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |