Du bist hier: Home > Galerie > Flugzeuge Zivil > Macchi-Castoldi M.C.72

Macchi-Castoldi M.C.72

Werksnummer MM 179

von Roland Sachsenhofer (1:48 AMP - Accurate Model Parts)

Zum Original: Macchi-Castoldi M.C.72 /MM 179

Die Macchi-Castoldi M.C.72 ist bis zum heutigen Tage eine zweifache stolze Rekordhalterin. Zum einen existiert eine objektiv messbare Weltbestleistung: am 23. Oktober 1934 donnerte eine M.C.72 mit 709 km/h Durchschnitt durch die Messstrecke - und schlug damit alle vergleichbaren Konkurrenten im Rennen um das schnellste Flugzeug der Welt deutlich aus dem Feld. Den Geschwindigkeitsweltrekord, allerdings eingeschränkt auf den Titel des schnellsten von einem Propeller angetrieben Wasserflugzeugs, hält sie bis zum heutigen Tag. Der zweite Rekord ist etwas schwieriger zu messen, aber um nichts weniger eindeutig: denn ist die M.C.72 nicht klarer Sieger für den Titel des schnittig-schönsten Flugzeugs der Welt?

Macchi-Castoldi M.C.72

Ursprünglich für die Teilnahme an der Schneider-Trophy des Jahres 1931 entworfen, benötigte die Zähmung dieses kraftvollen Biests Zeit, so dass die M.C.72 erst zwei Jahre später zur Höchstform auflief: sukzessive 1933 und 1934 gelangen Macchi-Testpilot Francesco Agello mit der hochgezüchteten Maschine die Geschwindigkeits- Bestzeiten. Der Sieg im Ringen um den Weltrekord hatte allerdings auch seinen Preis, denn von den fünf gebauten M.C.72 verunfallten drei, zwei der Piloten ließen dabei ihr Leben.

Macchi-Castoldi M.C.72

Wenn Ihr ausführlicheres zur Macchi M.C.72 und der spannenden Geschichten, die mit ihr geschrieben worden sind, lesen wollt, darf ich Euch auf meinen ersten Artikel zum Thema verweisen. Ein Grund dafür ist, dass ich dieses fordernde Modell von AMP parallel zweimal gebaut habe. Das erste Modell mit dem Vorbild der M.C.72 W-Nr. MM 181 wurde daher mit dem Schwerpunkt auf ihre Geschichte verfasst, während die Präsentation zweiten Modells, der M.C.72 W-Nr. MM 179, Anlass geben wird, das Baugeschehen näher zu beleuchten.

Macchi-Castoldi M.C.72

Zu Bausatz und Bauprozess

In der Schachtel findet man Ausstattung und Qualität der Teile in gehobener Short run-Manier. Das bedeutet zwar einerseits eine Vielzahl von eher rustikal-massiven Angusszapfen, dickwandig gegossene Kunststoffteile und das Fehlen von Passstiften, andererseits aber auch eine gediegene Ausstattung mit einer sinnvoll bestückten Ätzteilplatine, hervorragenden Decals und einer wirklich feinen und gelungenen Ausprägung von Oberflächendetails und Strukturen.

Macchi-Castoldi M.C.72

Das Cockpit, dessen Inneres am fertigen Modell übrigens kaum einzusehen ist, kann mit schönen Details ausgestattet werden, wenn man auch hier allein schon wegen der ungeschlachten Teile ans Improvisieren danken muss. Ansonsten ist die Passgenauigkeit der Teile einfach sehr gut, der Zusammenbau von Rumpf, Schwimmern und Tragwerk daher auch nicht weiter schwierig. Mit Spachtelbedarf ist allerdings zu rechnen, etwa im Bereich des Übergangs Tragflächen/ Rumpf an der Unterseite.

Macchi-Castoldi M.C.72

Drei Besonderheiten, die beachtet werden wollen

Was das Modell aber zu einer besonderen Herausforderung macht und daher unbedingt ins Kalkül gezogen werden muss, liegt in der Natur, besser gesagt: in der Technik der M.C.72! Drei Dinge sind hier zu beachten. Der erste Punkt: die Oberflächen sind in großen Teilen mit den Abdampfflächen der Verdunstungskühlung bedeckt. Diese werden gold- bzw. messingfarbig dargestellt und sollten, um ein schönes Ergebnis zu liefern, von Kleberresten, Kratzern oder Farbausbesserungen möglichst frei bleiben. Damit ist Vorsicht und Bedachtsamkeit beim Verarbeiten dieser Sektionen höchstes Gebot! So habe ich bei meinen Bemühungen nicht nur auf ein möglichst sauberes Kleben, Verspachteln und Schleifen achtgegeben, sondern auch alle Bohrungen, die man für die Verspannungsdrähte benötigt, möglichst früh im Bauprozess gesetzt.

Macchi-Castoldi M.C.72

Auf einer gelben Grundierung wurde Gunze H3 Rot in mehreren Schichten aufgetragen, um eine schön glänzende Oberfläche zu erzielen. Diese Grundierung verhilft dem Rot zu einem warmen Farbton und erhöhter Leuchtkraft, die es bei einer Maschine wie der M.C.72 unbedingt haben sollte. Alternativ dazu könnte auch Weiß als Grundierung verwendet werden, das Resultat bekommt aber schnell einen Stich in Richtung Rosa, was hier in die falsche Richtung laufen würde. Nach sorgfältigem Abkleben konnte ich mit Aclad II Brass die Abdampfflächen „vergolden“. Weiter oben habe ich ja angemerkt, dass Ausbesserungen dieser Messingflächen möglichst vermieden werden sollten. Mir selbst ist das leider nicht vollständig gelungen, einzelnen Ungenauigkeiten musste ich mit dem Trockenpinsel und Gunze H9 Gold zu Leibe rücken - nicht optimal, aber dank eigenem Ungeschick offenbar nicht zu vermeiden.

Macchi-Castoldi M.C.72

Ein zweiter Punkt: die schnittigen Linien der M.C.72 schreiben vor, dass die Pylone der beiden Schwimmer nur an jeweils zwei sehr schmalen Kontaktflächen mit dem Rumpf verbunden werden. Diese stehen in einem Winkel nahe 45 Grad von den Rumpfunterseiten ab, die Schwerkraft zieht nach unten. Das ergibt, wie leicht vorzustellen ist, Stabilitätsprobleme und führt weiters zu Schwierigkeiten beim Ausrichten der Schwimmer in allen drei Achsen. Ich habe versucht, auf folgender Weise mit der Herausforderung umzugehen: zum einen wurden mit kurzen implantierten Drahtstücken an den Pylon-Enden und mit entsprechenden Bohrungen am Rumpf die Klebefläche zu vergrößern, um die Stabilität so zu erhöhen. Zur korrekten Ausrichtung hat AMP dem Bausatz eine Lehre beigegeben, die ich, allerdings stark modifiziert, auch verwendet habe. Dabei kann ich nur empfehlen, genau zu planen, sich die Dinge, so wie sie einem selbst am besten zu passen scheinen, zurechtzulegen und an Passproben nicht zu sparen, um dann in Ruhe an ein erfolgreiches Befestigen gehen zu können.

Macchi-Castoldi M.C.72

Ein drittes Thema sind die zahlreichen Verspannungen: hierzu legt AMP ein Set der benötigten flachen Spanndrähte bei. Bei meinen beiden Modellen habe ich mich aber aus dem eigenen Fundus bedient; die Bausatzdrähte sind mir etwas zu dünn und vor allem zu kurz erschienen. Anfangs hatte ich vor, jeweils nur ein Ende der Drähte in den Bohrungen zu verkleben, während die anderen Drahtstückenden in die gegenüber liegende Bohrung ausschließlich hineinragen sollten, um so beweglich zu bleiben. Damit wollte ich vermeiden, dass sich einzelne Drähte verbiegen würden, wenn die Belastungen wechseln. Schlussendlich hat sich aber das als übertriebene Vorsicht herausgestellt, so dass ich alle Verbindungen fixieren konnte.

Macchi-Castoldi M.C.72

Fazit

Mit der Macchi-Castoldi M.C.72 bietet AMP dankenswerterweise zum ersten Mal die Gelegenheit, dieses wichtige und formschöne Wasser-Rennflugzeug im attraktiven „Quarterscale“ zu bauen. Ausstattung und Teilequalität machen den Bau zu einer bewältigbaren und schönen Herausforderung, die sich an den eher fortgeschrittenen Modellbauer richtet. Dieser wird die hier notwendige Erfahrung in der Planung von Bauschritten und dem Umgang mit Ätzteil-Spanndrähten mitbringen, die unbedingt anzuraten ist. Ist dies alles glücklich von der Hand gegangen, wird man mit einem wirklich sehenswerten und in seinen Rot- und Goldtönen leuchtenden Meilenstein der Flugzeuggeschichte belohnt. Eine Herausforderung, der zu stellen sich durchaus lohnt!

Macchi-Castoldi M.C.72

Wie immer stehe ich für Anregungen und Fragen offen: ro.sachsenhofer@gmx.at

Weitere Bilder

Macchi-Castoldi M.C.72Macchi-Castoldi M.C.72Macchi-Castoldi M.C.72Macchi-Castoldi M.C.72Macchi-Castoldi M.C.72Macchi-Castoldi M.C.72

Macchi-Castoldi M.C.72

 

Roland Sachsenhofer

Publiziert am 15. Juli 2025

Du bist hier: Home > Galerie > Flugzeuge Zivil > Macchi-Castoldi M.C.72

© 2001-2025 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links