McDonnell Douglas DC-10N612AX, 10 Tanker Air Carriervon Roland Sachsenhofer (1:144 AMP - Accurate Model Parts)
Bei manchen Modellbauprojekten ist es recht klar, was einen zu diesem Bau motiviert hat. Im Fall der hier vorliegenden seltenen DC-10-Modifikation kann ich das recht gut an drei Faktoren festmachen, die ich im Folgenden vorstellen möchte. Faszination Nummer eins: die Technik
Ist es nicht höchst erstaunlich, dass ein derart mächtiges Flugzeug wie die DC-10 für den Einsatz als Feuerlöschflugzeug herangezogen wird, wo doch Beweglichkeit und kleinräumiges Manövrieren bei diesen herausfordernden Einsätzen eine unbedingte Forderung sind? Tatsächlich war der Einsatz von Großraumflugzeugen zur Bekämpfung von Waldbränden lange umstritten. Bedenken zur eingeschränkten Beweglichkeit und den hohen Kosten standen dabei gegen die verlockende Möglichkeit, konzentriert gewaltige Mengen an Löschmitteln zum Einsatz bringen zu können. So ist es interessant, dass sich zur Jahrtausendwende das texanische Unternehmen „10 Tanker Air Carrier“ der Aufgabe verschrieben hat, große Passagierflugzeuge als Löschmittelträger einsatzfähig zu machen. Seit 2002 liefen die Vorbereitungen und vor allem die Auswahl eines geeigneten Großraumjets, in deren Rahmen man sich auf die DC-10 als geeignetsten Großraumjet festlegte. Ausgestattet mit einem System aus drei miteinander verbundenen Einzeltanks, das aus dem bewährten „Erickson Air Crane“ Tanksystem abgeleitet worden war, testete man das Potential an einem angekauften DC-10-10 Passagierjet. Die Erprobungen verliefen so erfolgreich, dass „10 Tanker Air Carrier“ die so modifizierten Großraumjets seit 2006 als Löschflugzeuge einsetzt, Basis sind dabei der im Süden Kaliforniens gelegene Southern California Logisitcs Airport bei Victorville sowie der Sacramento McClellan Airport im Norden des Bundesstaates. Nach der Stilllegung der ersten DC-10 betreibt das Unternehmen derzeit noch vier der zum Feuerlöschflugzeug umgebauten DC-10.
Das aus drei Einzeltanks bestehende „Erickson Air Crane“ Tankbehältnis wird mit kleinem Abstand unter den Rumpf der DC-10 montiert. In der flachen Oberseite des Tanks sitzen leistungsfähige Belüftungsventile, die sicherstellen, dass sich die 45 Tonnen Löschmittel und Wasser präzise in acht Sekunden entleeren lassen. Nach der Landung dauert das Wiederauffüllen der Tanks, abhängig von der Leistung der externen Pumpen, durchschnittlich 15 bis 20 Minuten. Bemerkenswert an dieser spektakulären Konstruktion ist auch die geringe Bodenfreiheit: ganze 38 Zentimeter trennen die Unterseite des Tanks von der Rollbahn.
Die ursprünglichen Bedenken in Bezug auf die mangelnde Manövrierbarkeit hat die Praxis beseitigt. Die zum Löscheinsatz betankte DC-10 startet im Schnitt vierzig Prozent unter ihrem „Maximum Gross Takeoff Weight“ (MGTOW), dies hält sie in allen Flugzuständen weit innerhalb der vorgeschrieben Sicherheitsgrenzen, was wiederum bedeutet, dass sie bis an ihre Limits „ausgeflogen“ werden kann. Ein spektakulärer Auftritt ist ihr bei den Löscheinsätzen also garantiert! Faszination Nummer zwei: „die action“
Die Löschmittelladung wird von den modifizierten „Air Tanker“ DC-10 auf eine Fläche von 91 Metern Breite und 1,6 Kilometern Länge gelegt. Was sich hier so simpel schreiben lässt, war der zweite Umstand, der mich an diesem Projekt schwer begeistert hat! AMP hat sicher auch aus gutem Grund den Moment des Löschmittelabwurfs als Motiv für das Deckelbild gewählt: eine fliegende DC-10 ist per se schon eine höchst eindrucksvolle und alle Sinne strapazierende Angelegenheit; wenn diese nun, kraftvoll langsam und knapp über dem Boden, innerhalb weniger Sekunden tonnenweise Wasser in gewaltigen Kaskaden entlässt, muss das ein in jeder Weise atemberaubendes Erlebnis sein. Eine Zeit habe ich damit spekuliert, mein Modell auf diese Weise in Szene zu setzen, nur die dafür notwendigen aufwendigen Umbauten der verschiedenen Tragflächenklappen haben mich von dieser schönen Idee abgehalten.... Nichtsdestotrotz bleibt dies sozusagen eine Schlüsselszene, die mich zur Inangriffnahme dieses Projektes verführt hat.
Persönlich finde ich die DC-10 von „10 Air Tanker Carrier“ nicht nur fliegend und im Einsatz sehenswert, sondern auch, wenn sie am Boden stehen. Die Lackierung der hier im Modell gezeigten N612AX zeigt die für das Unternehmen typischen Farben Rotorange und Weiß. Blickt man etwa genauer hin, bemerkt man dazu noch eine Besonderheit: die Aufschrift „NSW Rural Fire Service“ verweist auf die Einsätze von „10 Air Tanker Carrier“ in Australien. Zum ersten Mal 2009/10, dann in den Saisonen 2015/16, 2017/18 und 2019/20 verlegten einzelne DC-10 in verschiedene australische Bundesstaaten, um bei der Bekämpfung und Eindämmung von Buschfeuern zu helfen. Die hier dargestellte Maschine war ab September 2015 auf dem RAAF Stützpunkt Richmond/ New South Wales stationiert, sie flog in den kommenden fünf Monaten in Victoria, NSW und Tasmanien insgesamt 32 Feuerlöscheinsätze. Faszination Nummer drei: der Bausatz
Dem Bausatz der DC-10 von AMP war ich schon länger auf der Spur. Einige online zu findende hervorragende fertiggestellte Modelle haben in mir die Vorstellung eines gut gemachten, gut ausgestatteten und mit interessanten Versionen gut versorgten Modellbausatzes geweckt. Kurz gesagt: dies war ein Bausatz, den ich unbedingt wollte! Als ich dann auf die Ausgabe als Feuerlöschflugzeug gestoßen bin, war es soweit.
Der Inhalt der Schachtel hat die hohen Erwartungen durchaus erfüllt. Die Klarsichtteile für das Cockpit hätten es möglich gemacht, auf das durchaus ambitioniert detaillierte Cockpit zu blicken. Wie meistens in diesem Maßstab habe mich allerdings auch hier entschieden, die Cockpitfenster mit den beiliegenden Decals aufzubauen: die Fensterränder erscheinen mir so präziser dargestellt und einer Umsetzung dem Maßstab besser angemessen.
AMP bietet hier Kunststoffteile an, die der Definition von „short run“ entsprechen. Das bedeutet vor allem, dass keine Passstifte vorhanden sind und man mit teils recht dickwandige Angüsse – auch für recht filigrane Teile - vorfindet. Andererseits ist die Passgenauigkeit gar nicht schlecht, die Teile selbst zeichnen sich durch feine Strukturen sowie versenkten Panellinien aus. Durchdacht zeigt sich der Bausatz im Teile-Layout, etwa in der Art und Weise, wie man zu scharfen Tragflächenhinterkanten kommt.
Einzelne Baugruppen sind aber durchaus komplex. Als Beispiel können hier die beiden unter den Tragflächen montierten Triebwerke dienen. Für diese Treibwerke muss eine Vielzahl von teils sehr zierlichen Einzelteilen verbaut werden - und akkurat hier lässt auch die Genauigkeit der Passungen zu wünschen übrig. Ganz um Schleifen und vorhergehendem Fillern kommt man auch im Bereich rund um das Hecktriebwerk nicht herum, insgesamt hält sich derartiger Mehraufwand aber in Grenzen und ufert nicht aus.
Als Ergänzung meinerseits wurde die DC-10 noch mit Hydraulikleitungen an den Fahrwerksbeinen versehen, ansonsten ist das Modell hier aus der Schachtel gebaut zu sehen.
Alles in allem darf man sagen: hier liegt ein wirklich toller Bausatz vor. Das fertig gestellte Modell punktet, selbst im Maßstab 1:144, durch Größe, Volumen und „Vitrinen-Präsenz“, so dass ich zum Abschluss noch Faszination Nummer vier vorstellen kann: das AMP Modell der DC-10 als Feuerlöschflugzeug weiß zu begeistern - und wird von mir wärmstens empfohlen!
Wenn Ihr Euch selbst ein Bild vom Bausatz und dem Bauprozess machen möchtet, kommt Ihr hier zu einem ausführlichen Baubericht auf „Scalemates.
Wie immer stehe ich für Anregungen und Fragen offen: ro.sachsenhofder@gmx.at Roland Sachsenhofer Publiziert am 27. April 2024 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |