Canadair CL-215von Roland Sachsenhofer (1:72 Heller)
Dass die Erfindung des Flugzeuges und das Meistern des Fliegens die Welt verändert hat, ist ein Allgemeinplatz, dem niemand widersprechen wird. Konkreter wird es, wenn ein Bereich näher in den Blick genommen wird, bei dem der Einsatz von Flugzeugen Dinge ermöglicht, an die davor nicht zu denken waren: die Bekämpfung von Waldbränden profitiert wesentlich von den Möglichkeiten des Flugzeuges. Vor allem bei der Eindämmung von großflächigen Bränden können Flugzeuge rasch und punktgenau gewaltige Mengen Löschmittel in festgelegte Zielzonen abwerfen, um entweder die Brandherde direkt zu löschen oder das Feuer einzudämmen.
Interessant ist, dass Flugzeuge nicht nur zum Abwurf von Löschmitteln verwendet werden, sondern sich auch in zwei weiteren Rollen bei der Bekämpfung von großflächigen Bränden unentbehrlich gemacht haben. So transportieren eigens dazu adaptierte „Jumper Planes“, wie es im Englischen heißt, speziell ausgebildete Feuerwehrleute ins Gefahrengebiet, die abspringen, um per Fallschirm in Arealen zu landen, die über den Landweg nicht mehr zu erreichen sind. Wie risikoreich diese Einsätze sowohl für die Flugzeugbesatzungen wie auch für die „Jumper“-Feuerwehrleute sind, ist wohl vorstellbar, tragische Vorfälle und getötete Feuerbekämpfer legen leider immer wieder Zeugnis ab, welch hohes Risiko dieser Arbeit innewohnt.
Eine weitere Rolle, in der Flugzeuge eine ganz neue Qualität ermöglicht haben, ist die Feuer-Beobachtung. Dies kann zum einen die Überwachung potentiell gefährdeter Gebiete vor Ausbruch eines Feuers meinen, vor allem aber sind damit aber jene Missionen gemeint, bei der ein Einsatzleiter in einem direkt über dem Brandgebiet kreisenden Flugzeug zu Einschätzungen gelangen, Entscheidungen treffen und das Vorgehen der Feuerwehrleute am Boden wie das der Löschflugzeuge in der Luft koordinieren kann. Zur Canadair CL-215
Nach dieser Vorrede überrascht es wahrscheinlich nicht, dass nicht nur bestehende Flugzeugkonstruktionen für die Herausforderungen der fliegenden Brandbekämpfung modifiziert worden sind, sondern auch eigens für diese Aufgabe konstruiert wurden. Die hier gezeigte Canadair CL-215 kann für sich in Anspruch nehmen, zu den ersten speziell entworfenen Feuerlöschflugzeugen zu zählen. Nicht umsonst wurde das Vorhaben dazu bei einem Symposium zur Waldbrandbekämpfung in Ottawa im Jahr 1963 formuliert und an den Flugzeughersteller Canadair übergeben, im Oktober 1967 hob der Prototyp des neuen Feuerlöschflugzeugs zum Erstflug ab.
Die Canadair CL-215 ist durchaus ein beeindruckendes und mächtiges Flugzeug, das, ähnlich militärischen Flugzeugen, auf Robustheit, Wartungsfreundlichkeit und kraftvolle Leistung ausgelegt ist. Dies kommt etwa in der Motorisierung zum Ausdruck: zwei Pratt & Whitney R-2800 Sternmotoren mit dröhnenden 2.500 PS Leistung verleihen der beladen rund 19.000 kg wiegenden Konstruktion die benötigte Kraft und Wendigkeit. Die Spannweite der 19,80 m langen CL-215 beträgt 28,60 m, die Reichweite beläuft sich auf rund 2.000 Kilometer bei einer Reisegeschwindigkeit von 291 km/h (in 3.500 m Höhe).
Ein ausgeklügeltes System von Klappen erlaubt es den Piloten, ihre flüssige Last zielgenau abzusetzen. 455 Liter Wasser und Löschkonzentrat umfasst diese Ladung; dazu befinden sich noch 710 Liter Löschkonzentrat in eigenen Tanks an Bord. Das Wasser wird in einem „Touch and go“-Verfahren aufgenommen, bei dem mit rund 150 km/h Geschwindigkeit knapp über der Wasseroberfläche fliegend zwei spezielle Tank-Hutzen ausgefahren werden, durch die in Sekundenschnelle die Tanks wieder gefüllt werden. Abgelassen wird der Tankinhalt über zwei Klappen im Rumpfboden.
Die kanadische Provinz Quebec mit 20 und der französische Zivilschutz mit 10 eingesetzten CL-215 waren die ersten Halter, die den als Amphibium ausgelegten neuen Typ zur Überwachung und als Löschflugzeug übernommen haben. Insgesamt wurden bis Ende des Produktionszeitraums, der respektable einundzwanzig Jahre umfasste, 125 Exemplare dieses leistungsfähigen Feuerlöschflugzeugs hergestellt. Mit Beginn der Neunzigerjahre ließ man die Produktion auf die verbesserte und mit Turboprops ausgestattete CL-415 übergehen, die bis 2015 gefertigt werden sollte. Beide Typen stehen immer noch im verbreiteten Einsatz. Anrainerstaaten des Mittelmeers wie Griechenland, Spanien, Portugal oder Türkei setzen die beiden Muster bis heute ein, viele Urlauber haben das große Amphibium von Canadair bei der Bekämpfung der saisonal aufflammende Waldbrände schon erlebt. Kein Wunder also, dass die CL-215/415 zu den bekanntesten Silhouetten zählt, wenn es um große Feuerlöschflugzeuge geht! Mein Modell zeigt die Canadair CL-215 „1045“ der griechischen Luftwaffe im Aussehen vom November 2014. Zu Bausatz und Bauprozess
Der dem Modell zugrundeliegende Bausatz stammt aus dem Jahr 1980 und darf damit zu den Bausatz-„Oldies“ zählen. Das muss aber kein Nachteil sein - ganz im Gegenteil! Ich war über zwei Umstände besonders erfreut: zum einen ließ sich eine formentechnische Eigenheit jener Tage ganz einfach und vielleicht sogar zum Vorteil für den Bau beheben: die Bausatzteile starren buchstäblich vor überproportionierten Nietenreihen, denen die zum Teil erhaben dargestellten Blechstöße an Übergröße nicht nachstehen wollten. Wieso war das kein Problem, ja sogar eine Sache, die mir gefiel? Das Original zeigt tatsächlich Nietenreihen und die Blechstöße wirken recht hemdsärmelig, teilweise überlappen sie einander. Mit ausschließlich versenkten Panellinien am Modell wäre man dem Original da nicht nahe gekommen. Die übertriebene Höhe der Nieten (und der erhabenen Strukturen) lässt sich ganz leicht mit dem Schleifpapier korrigieren. Die Klebenähte sind übrigens überwiegend so gesetzt, dass beim Versäubern derselben kein Schaden an den erhabenen Strukturen entstehen muss.
Der zweite Umstand, der mir gut an dem betagten Heller Modell gefallen hat, ist die ausgezeichnete Passgenauigkeit der Teile. So konnte der Bau auch recht zügig ablaufen, was wiederum Energie und Motivation übrig gelassen hat, um noch das Ätzteil-Set für innen und Außenbereich von „NH Details“ zu verbauen. Dies ist ein ausgesprochener Gewinn und kann besten Gewissens als eine sinnvolle (und kleine) Investition empfohlen werden. Vor allem das Cockpit und die Motorendarstellung profitieren, aber auch andere Bereiche sehen mit den Ätzteilen entschieden besser aus. Hier sind etwa die beiden Strömungsleitbleche an den Tragflächen zu nennen. Detaillierungen in Eigenregie entstanden rund um die Muring-Anlage am Bug, die aus Draht und Blechteilen neu aufgebaut wurde. Ebenfalls selbstgebaut sind Pitotrohr und Antennenanlage aus passenden Drahtstiften.
Die Decals sind – wie stets bei Heller - von hervorragender Qualität. Ich habe aus Einfachheit die roten Streifen am Rumpf gemeinsam mit den roten Bereichen an den Flügeln abgeklebt und mit dem Airbrush gesprayt; so war gewährleistet, dass in all diesen Zonen derselbe Rotton zu finden sein würde.
Als Fazit kann ich diesen Bausatz nur empfehlen. Dafür spricht nicht nur der Umstand, dass Heller nach wie vor der einzige Anbieter dieses eigenwillig schönen und auch wichtigen Flugzeugtyps ist, sondern auch die Tatsache, dass der Bausatz trotz seines Alters einfach Freude macht und mit ein wenig „Nachfrisieren“ auch heutigen Ansprüchen gerecht werden kann!
Wenn Ihr Euch selbst ein Bild vom Bausatz und dem Bauprozess machen möchtet, kommt Ihr hier zu einem ausführlichen Baubericht auf „Scalemates Wie immer stehe ich für Anregungen und Fragen offen: ro.sachsenhofer@gmx.at Roland Sachsenhofer Publiziert am 07. Mai 2024 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |