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Grunau Baby IIb

von Roland Sachsenhofer (1:48 Fly)

Grunau Baby IIb

Wer hätte gedacht, dass sich hinter diesem kleinen und unscheinbaren Segelflugzeug Weltrekorde verbergen? Noch dazu, wo der Typname „Baby“ ja auch nicht gerade Vorstellungen von großer Bedeutung oder weltweiter Verbreitung auslöst! Und doch ist es so: die Grunau Baby ist gemeinsam mit SG 38 und Waco CG-4 tatsächlich eines der drei meistgebauten motorlosen Flugzeuge der Welt!

Grunau Baby IIb

Zum Original: Grunau Baby IIb

Die genaue Anzahl der gebauten Exemplare ist bemerkenswerterweise nicht mehr festzustellen, denn der robuste kleine Segler war von Anfang an auf den Lizenzbau durch private Vereine ausgelegt. Wie viele tatsächlich bei Grunau in Deutschland, beim französischen Hersteller Nord, als Zlin-34 in der Tschechoslowakei oder mit der Bezeichnung Se-102 in Schweden sowie bei unzähligen Segelflugvereinen weltweit in Lizenz gebaut worden sind, lässt sich nicht mehr mit Sicherheit sagen, meist wird aber von 6.000 bis 7.000 insgesamt produzierten Exemplaren ausgegangen. Diese beachtliche Menge an Grunau Babys erklärt auch ihre weltweite Verbreitung; in faktisch allen segelflugbetreibenden Ländern war über lange Jahrzehnte und in vielen Adaptionen und Varianten die Grunau Baby anzutreffen.

Grunau Baby IIb

Grunau Baby IIb

Mit dieser Erfolgsbilanz hat die Konstruktion die Aufgabe mehr als erfüllt, für die sie ihr Schöpfer Edmund Schneider, Konstrukteur und Hersteller von Segelflugzeugen aus dem schlesischen Ort Grunau, konzipierte hatte. Im Winter 1930/31 waren die Pläne für ein neues robustes und einfach zu bauendes Segelflugzeug fertiggestellt worden. Die neue Konstruktion sollte sowohl für die Grundschulung wie auch für den ruppigen, fordernden Betrieb als Vereinsflugzeug genutzt werden können.

Grunau Baby IIb

Interessant ist, dass die „Baby“ getaufte Neukonstruktion von Beginn an für den Nachbau mit einfachen Mitteln ausgelegt worden ist. Heute erstaunt es, dass Edmund Schneider ursprünglich noch Sorge hatte, die Baby könnte zu wenig Aufmerksamkeit und Interesse wecken. So wurde Segelflug- und Ingenieurslegende Wolf Hirth um Erlaubnis gebeten, mit seinem Namen Werbung zu betreiben; dies wurde übrigens zur Quelle eines auch heute noch kolportierten Missverständnisses, dass Wolf Hirth als Konstrukteur hinter dem Erfolgsentwurf gestanden hätte.

Grunau Baby IIb

Grunau Baby IIb

Durch den unkomplizierten Aufbau des im Querschnitt sechseckigem Rumpfes aus Sperrholz und einer Tragfläche, bei der 24 der 44 Rippen ident waren, konnten sich auch Private und Vereine über den Aufbau einer Grunau Baby wagen. Einmal fertiggestellt, stand der Segler mit 13,50 m Spannweite und einer Länge von 6,15 m vor den stolzen Besitzern. Eine Flächenbelastung von 17,6 kg/qm sowie eine Gleitzahl von 17 (bei 60 km/h) zeigen, dass die Baby nie ein Hochleistungssegler sein wollte. Der grundlegende Entwurf wurde über die Jahre in mehreren Modifikationen und Varianten produziert; neben reinen Segelflugzeugen findet sich sogar eine ab 1938 unter dem Namen „Motorbaby“ aufgelegte kleine Serie eines Grunau Baby-Motorseglers.

Grunau Baby IIb

Die hier gezeigte Variante IIb vertritt eine der meistgebauten Versionen. Sie besaß eine im Vergleich zur Baby II verlängerte Spannweite, Schempp-Hirth Sturzflugbremsen sowie ein vergrößertes Querruder. Nach dem Krieg wurde die Produktion der IIb vielerorts in Ost wie West weitergeführt: so in der DDR, wo 400 Exemplare gefertigt wurden, aber auch in Großbritannien und in Polen entstanden um die 100 neue Exemplare. Die Grunau Baby IIb wurde auch in Österreich produziert: im Kärntner Seeboden am Millstätter See wurde in den Fünfzigerjahren vom Flugzeugbauer Oberlerchner eine Serie von Baby IIb - erkennbar am modifiziertem runden Seitenruder - hergestellt.

Grunau Baby IIb

Grunau Baby IIb

Die Heimat des Vorbilds meines Modells ist jedoch exotischer: diese Baby mit der Kennung PT-PDH flog in Brasilien.

Grunau Baby IIb

Grunau Baby IIb

Grunau Baby IIb

Grunau Baby IIb

Grunau Baby IIb

Zu Bausatz und Bauprozess

Modellbausätze von Segelflugzeugen, gar von zivilen! - stellen ja eher ein Nischenprodukt dar. Umso erfreuter war ich, als ich auf den Bausatz der Grunau Baby von Fly gestoßen war. Noch dazu, wo die Kunststoffteile nach erster Durchsicht durchaus vertrauenserweckend aussahen und vernünftig gemacht zu sein schienen. Dazu kommt ein weiterer erfreulicher Umstand: Fly bietet die Grunau Baby mit einer erstaunlichen Bandbreite an Decalversionen an.

Grunau Baby IIb

Grunau Baby IIb

Der Bau selbst bietet wenig Überraschungen und kann im Prinzip rasch von der Hand gehen. Dass ich mich dann tatsächlich länger mit der Grunau Baby beschäftigt habe, liegt an einer bestimmten Eigenheit von bespannten Tragflächen: an manchen Originalen der Baby sieht man deutlich, wie transparent die stoffbespannten Areale wirken können! Zwar kommt es beim Grad der Transparenz auf die Art von Lackierung und Firnis an, trotzdem wollte ich diesen reizvollen Umstand zumindest andeuten.

Grunau Baby IIb

Grunau Baby IIb

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Zu diesem Zweck habe ich in einem ersten Schritt jene Tragflächenpartien abgedeckt, durch durchscheinend wirken sollten. Danach wurde mit dunkelbrauner Farbe grundiert, so dass die resultierenden hellen und dunklen Partien unter der sehr dünn aufgetragenen Oberflächenfarbe noch durchscheinen konnten. Als Endresultat wirken die Tragflächen nun tatsächlich einigermaßen glaubhaft in durchscheinende und opake Zonen eingeteilt.

Grunau Baby IIb

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Die Grunau Baby IIb war für mich ein abwechslungsreiches und dabei erkenntnisreiches Modellbauprojekt. Die Kunststoff- wie Ätzteile sowie die Decals des Bausatzes sind absolut in Ordnung und fügen sich komfortabel in wenigen Schritten zu einer stimmigen Nachbildung dieses vielgebauten und vielgeflogenen Flugzeuges zusammen, so dass ich mir ziemlich sicher bin, dass es nicht bei einer einzigen Grunau Baby in meiner Vitrine bleiben wird!

Grunau Baby IIb

Grunau Baby IIb

Grunau Baby IIb

Wenn Ihr Euch selbst ein Bild vom Bausatz und dem Bauprozess machen möchtet, kommt Ihr hier zu einem ausführlichen Baubericht auf Scalemates.

Wie immer stehe ich für Anregungen und Fragen offen: ro.sachsenhofer@gmx.at

Roland Sachsenhofer

Publiziert am 15. Januar 2024

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