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Etrich Lohner Taube IV (1910)

von Jürgen Wagenknecht (1:72 Lüdemann-Modellbau)

Etrich Lohner Taube IV (1910)

Zum Vorbild

Die Etrich Taube war in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg das am meisten verbreitete Flugzeug weltweit. Obwohl die Flügelform an einen Vogel erinnert, war die Vorlage ein Pflanzensamen. Durch diese Form waren die Flugeigenschaften extrem gutmütig. So wurde sogar Flugschülern, die auf der Taube lernten, mitgeteilt, dass wenn das Flugzeug scheinbar außer Kontrolle geraten ist, einfach den Steuerhebel loszulassen, es stabilisiert sich von alleine.

Etrich Lohner Taube IV (1910)

Igo Etrich aus Österreich-Ungarn, der die Taube entwarf, wollte nach dem tödlichen Unfall von Otto Lilienthal ein Flugzeug entwickeln, welches eigenstabil war. Dabei entdeckte er ein Buch von Professor Ahlborn über den Samen der Zanonia Pflanze und seine eigenstabilen Flugeigenschaften. Diese Blattform war dann Basis für die weiteren Entwicklungen über Gleiter bis zum ersten erfolgreichen motorisierten Flugzeug Ende 1909. Auf Basis dieser Konstruktion wurde ein neues Flugzeug gebaut, die Etrich II, die nach ihrer Form erstmals den Beinamen „Taube“ erhielt.

Etrich Lohner Taube IV (1910)

Diese Maschine war so erfolgreich, dass sie alle österreichischen Rekorde brach. Ein neues Flugzeug mit einem stärkeren Motor (jetzt 60 PS anstatt zuvor 40 PS) wurde Etrich III „Möwe“ genannt. Erneute Verbesserungen führten zur Etrich IV die wiederum „Taube“ genannt wurde. Die meisten in Österreich gebauten Tauben wurden bei der Fa. Lohner gebaut. Die Lizenz wurde nach Deutschland an Edmund Rumpler vergeben, der aber nach kurzer Zeit keine Lizenzgebühren mehr zahlte, da er nach eigenen Angaben viele Verbesserungen hat einfließen lassen und es somit eine neue Konstruktion sei. Somit hießen seine Tauben dann nicht mehr Etrich Rumpler Taube, sondern nur noch Rumpler Taube.

Etrich Lohner Taube IV (1910)

Igo Etrich gab darauf hin seine Konstruktion frei, da er auch in Deutschland kein Patent auf seinen Flügel bekommen konnte, wegen dem hier zuvor erschienenen Buch von Professor Ahlborn. Damit fingen viele Hersteller an, eigene Tauben zu bauen. Einige verwendeten Stahlrahmen anstatt Holz, diese wurden dann Stahltauben genannt, für die sich auch das Militär interessierte. Die Taube wurde bis in den ersten Weltkrieg gebaut. Dann wurde ihr aber ihre hohe Eigenstabilität zum Verhängnis und sie wurde von der Front abgezogen.

Quellen:

  • Kenneth Munson: Flugzeuge der Jahre 1903 - 1914
  • Kenneth Munson: Kampfflugzeuge 1914 - 1919
  • Enzo Angelucci: Flugzeuge - Von den Anfängen bis zum 1. Weltkrieg
  • Fliegerrevue X Jahrgang 12, Heft 48
  • Fliegerrevue X Jahrgang 17, Heft 78

Etrich Lohner Taube IV (1910)

Der Bausatz...

...für meine Taube stammt von Luedemann Modellbau. Luedemann hat eine ganze Reihe von unterschiedlichen Tauben als Modell herausgebracht. Nicht alle sind derzeit beim Modellbaustudio Rhein Ruhr erhältlich, das die Modelle von Luedemann exklusiv vertreibt. Von der Meldung „ist Lieferbar“ bis zur Lieferung kann schon etwas Zeit vergehen.

Etrich Lohner Taube IV (1910)

Bei mir waren es fast zwei Jahre, da es Probleme mit der Herstellung der Flügel gab. Das merkt man dem Modell aber nur soweit an, dass die Flügel aus einem etwas helleren und härteren Resin bestehen. Alle anderen Teile sind in einem gelblichen Resin gegossen, ähnlich wie bei Omega. Die Detaillierung der Einzelteile ist hervorragend. Hier geht Luedemann an die Grenzen der Machbarkeit. Die Flügel sind hauchdünn und die Speichenräder des Hauptfahrwerks können mit PE-Teilen konkurrieren. Auch der Motor mit seinen Leitungen ist sehr schön wiedergegeben.

Etrich Lohner Taube IV (1910)

Wo viel Licht ist, ist aber auch Schatten: Luedemann geht an die Grenzen, aber leider auch des öfteren darüber hinaus. So war das Leitwerk bei mir so dünn, dass es Löcher aufwies und die Teile sind nicht ganz blasenfrei gespritzt. Gerade bei den filigranen Teilen führt das dann regelmäßig zu einem Bruch. Luedemann hat bei meinem Modell einen Zettel beigelegt, wo alle Baueile abgescannt waren. Ich hatte erst gedacht, dass es genau meine Teile wären, aber dann entdeckte ich dort ein beschädigtes Teil, welches bei mir unbeschädigt war. Somit kann davon ausgegangen werden, dass diese Beschädigungen normal sind.

Etrich Lohner Taube IV (1910)

Bei mir war u.a. das Hauptfahrwerk gebrochen, die Flügelbrücken bei jeder Horizontalstrebe, die Stoßstangen der Nockenwelle teilweise nicht ausgebildet usw. Man muss bei diesem Modell also damit rechnen, einige Teile zu reparieren, bevor sie verbaut werden können. Es liegen auch einige Teile doppelt bei oder Teile, die nicht zum Bausatz gehören. Da hatte ich wohl Glück, dass meine Taube vollständig war, denn eine Qualitätskontrolle bei der Verpackung des Bausatzes wird nach meinen bisherigen Erfahrungen mit Luedemann eher klein geschrieben.

Etrich Lohner Taube IV (1910)

Mein Modell

Der Bausatz bietet die Möglichkeit, eine Version von 1910 oder 1911 zu bauen. Bei der Version von 1910 muss man am Rumpf im Bereich des Cockpits noch etwas von der Seitenverkleidung abtrennen. Das Seitenleitwerk liegt für beide Varianten bei, auch unterschiedliche Nockenwellen für den Motor. Ich hatte mich für die Version von 1910 entschieden, da ich die Ausführung mit Spornrad interessanter fand als einen normalen Hecksporn.

Etrich Lohner Taube IV (1910)

Leider war gerade das Seitenleitwerk für meine Version gelöchert und auch die von mir benötigte Nockenwelle nicht ganz ausgebildet, was aber zu reparieren war. Dann mussten noch einige verzogene Teile (Höhenleitwerk, Fahrwerk) im heißen Wasser gerichtet werden. Die Angüsse sind nicht immer günstig gesetzt und da das Resin eher bröselig ist, kann man seine Erfahrung in der Reparatur von Kleinteilen gut vertiefen.

Etrich Lohner Taube IV (1910)

Die Bauanleitung ist handschriftlich mit Skizzen und nicht in allen Punkten eindeutig. Auch der Bespannungsplan, der in der Draufsicht nur von einer anderen Variante beiliegt, widerspricht sich teilweise in Drauf- und Seitenansicht, auch wenn man die zur Draufsicht passende Seitenansicht betrachtet. Insgesamt ist die Bauanleitung aber besser, als auf den ersten Blick befürchtet.

Etrich Lohner Taube IV (1910)

Als Farben kamen wieder Revell Aqua Colors zum Einsatz und für die Holzteile Ölfarbe zum Masern. Die Verspannung erfolgte wie bei mir üblich mit dünnen Drähten. Gebaut wurde komplett oob, außer der Steuerkette der Nockenwelle, die ich mit einem dünnen Faden nachgebildet habe und dem Tankdeckel.

Etrich Lohner Taube IV (1910)

Wenn man sich durch den Bausatz durchgekämpft hat, erhält man eine sehr schöne Replik dieses berühmten Flugzeuges. Es ist aber wahrlich kein Anfängerbausatz und ich bin auch recht froh, dass es nicht mein erster Resin-Kit war, denn dann könnte er auch abschreckende Wirkung haben.

Etrich Lohner Taube IV (1910)

Jürgen Wagenknecht

Publiziert am 04. September 2020

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