Messerschmitt Bf 108 Taifunvon Roland Sachsenhofer (1:48 Eduard)
Ein erster Blick auf die vorliegende Darstellung einer Bf 08 Taifun wird dem Kundigen schnell ein Stirnrunzeln ins Gesicht schreiben, denn weder die Kennung am Rumpf noch jene auf den Flächen scheinen Sinn zu machen oder gar mit einem realen Vorbild in Deckung zu bringen zu sein. Diese Analyse stimmt - wenn auch das vorliegende Modell auf eine Wirklichkeit Bezug nimmt, die für mich persönlich realer und prägender war, als es jeder historische oder technische Bezugsrahmen sein könnte.
Doch bevor ich zur Auflösung der Bedeutung von „S-AXI“, „14860“ beziehungsweise der im weißen Kreis gefassten Zahl „60“ komme, möchte ich ein paar Worte zu den sozusagen realen Anteilen dieses Modellbauprojekts verlieren. Die Stichworte vom historischen und technischen Bezugsrahmen sind ja schon gefallen, da ist es gut, dass die Bf 108 Taifun in beiden Kategorien einiges zu bieten hat!
Die Bf 108 steht am Beginn des Ganzmetallbaues bei Messerschmitt. Mit Eigenentwicklungen wie der M34 oder der M35 finanziell leidlich erfolgreich, hatte es Willy Messerschmitt mit hausgemachten Kabalen und Intrigen bis zu Beginn der 30er Jahre geschafft, es sich mit den Autoritäten des neuen „Dritten Reichs“ ordentlich zu verscherzen.
In der Person Erhard Milchs, damaliger Lufthansa-Direktor und als „General-Luftzeugmeister“ für die Beschaffungspolitik der sich neu aufbauenden Luftwaffe verantwortlich, fand er einen leidenschaftlichen Gegner, der Messerschmitt von den Fleischtöpfen der enthemmten Aufrüstung fern halten wollte.
So wurde die Messerschmitt AG an der Ausschreibung zum neuen Standard-Jagdflugzeug der Luftwaffe neben den etablierten Anbietern Arado, Focke-Wulf und Heinkel nur gnadenhalber eingeladen, niemand rechnete mehr mit einem konkurrenzfähigen Produkt des kalt gestellten und in diesem Bereich zudem völlig unerfahrenen Messerschmitt.
Doch die Messerschmitt AG hatte ein Ass im Ärmel. 1934 war auch das Geburtsjahr des Projekts M37, des ersten Ganzmetallflugzeuges dieses Herstellers. Als freitragender Tiefdecker mit Einziehfahrwerk konzipiert, wurde das Projekt als aerodynamisch hochwertiges Kabinen-Reiseflugzeug ausgelegt. Diese Konfiguration, gemeinsam mit der Anordnung der vier Sitze unter einer geschlossenen Kabinenhaube, sollte erstmals einen bis heute gültigen Standard leistungsfähiger Sport- und Reiseflugzeuge definieren.
Eine für Messerschmitt typische Eigenheit war der Aufbau nach dem Prinzip der selbstragenden Außenbeplankung. Das bedeutet, dass die Metallbeplankung der Rumpfhalbschalen die Stabilität gewährleistete, entsprechendes Innenleben verstärkte die so zugrunde gelegte Festigkeit nur mehr. Die auf diese Weise ermöglichte Gewichtsersparnis war ganz nach dem Geschmack des Leichtbau-Fanatikers Messerschmitt.
War der Entwurf allein schon durch diese konstruktive Auslegung ein wahrer „Überflieger“, legte Messerschmitt noch nach: die Maschine wurde mit damals neuartigen, auftriebserhöhenden Spaltklappen an den Flächenvorderkanten, Landeklappen sowie einem Einziehfahrwerk ausgestattet. Die Bf 108 war für die damalige Zeit revolutionär - und in jeder Weise ein Sieger.
Schnell folgten auch international vielbeachtete Siege beim Europarundflug 1934, 2. und 4. Platz im Oasenrundflug 1937, sowie Siege etwa im Sternflug nach Hoggar sowie jenem nach Dinard 1938, die eindrucksvoll die überragenden Leistungen der Bf 108 belegten. Die weitere Karriere sollte die Bf 108 als weitverbreitetes Kurier- und Verbindungsflugzeug in die Luftwaffe führen. Dank einer Lizenzproduktion in Frankreich war auch nach 1945 die Geschichte der Bf 108 noch lange nicht beendet.
Für die Messerschmitt AG selbst lag der größte Erfolg der 108 wohl in der Rettung der Jäger-Ausschreibung von 1934. Die Erfahrungen, die man mit der Konstruktion der Taifun hatte, ermöglichten Messerschmitt mit der „109“ einen Entwurf in das Rennen um die neue Luftwaffen-Jagdmaschine zu senden, der sich nicht nur schlussendlich als der Gewinner der Ausschreibung zeigen sollte, sondern mit über 33000 gebauten Bf 109 zu einer der großen Flugzeuglegenden werden sollte. Vergleicht man Bf 108 und 109, stimmt das technische Layout von den revolutionären automatischen Spaltklappen bis zu den neuartigen selbsttragenden Rumpfschalen überein.
Zum Schluss darf ich das Rätsel um die seltsamen Kennungen an meiner Bf 108 auflösen. Dieses Modell entstammt einem parallel gebauten Triplett des Bausatzes von Eduard. Eines der Modelle wollte ich als Geburtstagsgeschenk meinen lieben Bruder widmen, der diese Tage seinen 60. Geburtstag feiert. An welchem Tag? Man kann an der Zahlenkombination der Kennung den 14. August festmachen! „Saxi“ ist ein Beiname, der sowohl meinen Bruder wie mich selbst seit Kindheitsbeinen in vertrautem Kreis begleitet. Die Zahl 60 kommentiere ich nach diesen Ausführungen nicht mehr weiter.
Dieses Geschenk ist ein kleines augenzwinkerndes Dankeschön für die geschwisterliche Zuneigung und die Geduld, mit der er als um sieben Jahre älterer „großer Bruder“ den kleinen Roland an eigenen Modellbauabenteuern hat teilnehmen hat lassen. Meine Erinnerungen an die Kindheit werden bis heute um die Stunden gemeinsamen Flugzeugmodell-Bastelns und des uns verbindenden Interesses an der Fliegerei bereichert. Letzteres ist uns beiden geblieben, ersteres habe ich für mich wieder aufleben lassen. So war für mich dieses Projekt eine gute Gelegenheit, zu gratulieren und an diese schöne Zeit zu erinnern!
Ein abschließendes Wort zum Modell: da die Maschine im Flug dargestellt wird, war ein drehender Propeller eine Notwendigkeit. Wie inzwischen schon bei mehreren Modellen, habe ich auch hier als Annäherung an dessen Erscheinungsbild dünne Klarsichtfolie vorsichtig mit dem Airbrush bearbeitet. Mehrere Proben sind notwendig, um aus den besseren Exemplaren die brauchbarste Darstellung zweier wirbelnder Props auswählen zu können. Die Illusion funktioniert am dreidimensionalen Original leidlich gut, das zweidimensionale, die Zeit „einfrierende“ Foto schmeichelt dem Eindruck aber ganz sicher zusätzlich. Die „Flugaufnahmen“ entstammen einer Spielerei mit einem geeigneten Bildbearbeitungsprogramm.
Wenn Ihr Euch selbst ein Bild vom Bausatz und dem Bauprozess machen möchtet, kommt Ihr hier zu einem ausführlichen Baubericht auf „Scalemates“. Wie immer stehe ich für Anregungen und Fragen offen: ro.sachsenhofer@gmx.at Roland Sachsenhofer Publiziert am 14. August 2020 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |